NRW feiert 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland!

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN im Landtag

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
  1. Ausgangslage

2021 wird im Rahmen eines Festjahres an die 1.700-jährige Geschichte des Judentums nörd­lich der Alpen erinnert. Im Jahr 321 erlaubte der römische Kaiser Konstantin den Kölner Rats­herren, Juden in den Rat berufen zu dürfen. Dieses Gesetz gilt als der älteste Beweis jüdischen Lebens nördlich der Alpen. Es ist daher historisch besonders bedeutend, da es zeigt, dass jüdische Gemeinden spätestens seit dieser Zeit integrativer Bestandteil unserer Gesellschaft sind.

Der im Jahr 2018 gegründete Verein „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ koordiniert und gestaltet die verschiedenen kulturellen und künstlerischen Veranstaltun­gen, die im kommenden Jahr in Nordrhein-Westfalen und bundesweit stattfinden sollen. Dabei wird der Blick gerade weniger auf die jahrhundertelange Geschichte der Verfolgung, sondern vor allem auf die vielfältigen Akzente jüdischen Lebens in Deutschland damals und heute ge­richtet. Die Stadt Köln steht als Heimat der ältesten jüdischen Gemeinde in Deutschland im besonderen Fokus der Feierlichkeiten, da in der Rheinmetropole der Eröffnungsfestakt statt­finden wird. Insbesondere aufgrund der aktuell wieder verstärkt auftretenden antisemitischen Vorfälle liegt es im gesteigerten Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen, Veranstaltungen zu unterstützen, die einen Einblick in historisches und gegenwärtiges jüdisches Leben geben. Damit soll ein wichtiger Beitrag zum Abbau von Vorurteilen geleistet und ein von gegenseiti­gem Verständnis geprägtes Miteinander gefördert werden. Der Verein „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ hat sich nach eigener Darstellung zur Aufgabe gemacht, „kulturelle, politische und interreligiöse Debatten innerhalb der Gesellschaft anzu­stoßen und deutliche Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus zu setzen“. Er versteht sich als Portal für alle Interessierten sowie Plattform für alle, die aktiv einen Beitrag zum Fest­jahr 2021 leisten möchten. Eingeladen sind dazu Institutionen, Parteien, Verbände, Kirchen und Religionsgemeinschaften genauso wie Einzelpersonen.

In einer Resolution (Drs. 16/13405) hat der Landtag Nordrhein-Westfalen festgehalten, dass jüdisches Leben mehr als 70 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur heute wieder ein wichtiger Teil Nordrhein-Westfalens ist: „Es ist ein Geschenk für unser Land, dass das jüdische Leben mit seiner Kultur und Religion in Nordrhein-Westfalen wieder feste Wurzeln geschlagen hat. Dass heute jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen mit neuen Synago­gen, neuen Gemeindezentren und neuen Schulen sichtbar vertreten ist und blüht, darüber empfindet der Landtag Nordrhein-Westfalen Freude und Dankbarkeit.“

Weiter heißt es in der Resolution: „Zugleich empfindet es der Landtag als beschämend, dass Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens sowie jüdische Einrichtungen auch in unserem Bundesland Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind. Ihrem Schutz durch die Polizei und der Beobachtung antisemitischer Organisationen durch den Landesverfassungsschutz kommt daher besondere Bedeutung zu.

Die jüdischen Gemeinden leisten auch einen wichtigen Beitrag zu einer lebendigen Erinne­rungskultur. Die Mahnung an die grausamen Verbrechen des Nationalsozialismus und die will­kürliche Entrechtung jüdischer Menschen in Deutschland will der Landtag Nordrhein-Westfa­len wachhalten, gerade auch, weil absehbar keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr davon berichten können.“

  1. Beschlussfassung
    Der Landtag stellt fest:
  • Jüdisches Leben und jüdische Kultur sind eng verflochten mit der Geschichte und Identität unseres Landes. An Phasen des friedlichen Zusammenlebens und Austauschs gilt es ge­meinsam anzuschließen, wie es heute vielfältig geschieht und noch stärker gefördert wer­den soll. Die Phasen leidvoller Verfolgung und Vertreibung gehören ebenso zur gemein­samen Geschichte und müssen als stete Warnung bewusst gehalten werden.
  • Nach dem Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten an der jüdischen Bevölkerung ist es ein großes Glück, dass Jüdinnen und Juden wieder Vertrauen in Deutschland ge­fasst haben und es heute wieder ein vielfältiges jüdisches Leben gibt. Dieses gilt es als selbstverständlichen Bestandteil unserer Gesellschaft zu schützen und zu unterstützen.
  • Der Landtag begrüßt vor diesem Hintergrund die Aktivitäten des Vereins „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ und alle Bemühungen, im Rahmen des Festjahres 2021 an die 1.700-jährige Geschichte des Judentums nördlich der Alpen zu erinnern und für unser Zusammenleben fruchtbar zu machen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Verein „321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ Projekte in Nordrhein-Westfalen zu entwickeln und zu fördern, um das Festjahr 2021 angemessen zu begehen.