Nordrhein-Westfalens Landwirtschaft soll gentechnikfrei bleiben! –

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundesregierung muss Opt-out-Regelung ermöglichen

Am 11. Februar 2014 stimmte der Rat der Europäischen Union für die Zulassung der gentechnisch veränderten Maislinie 1507 in der EU. Der von dem US-Konzern Pioneer/DuPont entwickelte Gen-Mais 1507 ist durch eine gentechnische Veränderung resistent gegen den Herbizidwirkstoff Glufosinat  und gegen bestimmte Schädlinge aus der Familie der Schmetterlinge, insbesondere den Maiszünsler.
In der Abstimmung haben sich 19 der 28 Ratsmitglieder gegen die Genehmigung des Anbaus der Maislinie 1507 ausgesprochen, dennoch war dies nicht die nötige qualifizierte Mehrheit für eine Ablehnung der Zulassung.
Die Bundesregierung hat sich bei der Abstimmung in Brüssel enthalten, obgleich der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich eine Zulassung dieser gentechnisch veränderten Pflanze in Europa weder für erforderlich noch für sinnvoll hielt. Sein Nachfolger Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bestätigte diese Position in einem Interview mit der Rheinischen Post.
In Nordrhein-Westfalen haben sich, wie in den anderen Teilen der Bundesrepublik, die Menschen mit einer sehr großen Mehrheit gegen den Anbau gentechnisch-veränderter Pflanzen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, eine europäische „Opt-out“-Regelung zu entwickeln, die es in Zukunft ermöglicht, auf nationaler Ebene Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zu erlassen. Diese nationalen Anbauverbote müssen das eindeutige Entscheidungsprimat der Politik vorsehen, rechtssicher sein und ohne zeitliche Befristungen Gültigkeit erlangen können. Darüber hinaus sollen Anbauverbote nicht nur mit nachgewiesenen Umwelt- oder Gesundheitsrisiken begründet werden können.
Es ist auch dringend zu beachten, dass für die Ökologische Lebensmittelproduktion die Zulassung aufgrund des gegenwärtig geltenden Haftungsrechts eine ökonomische Bedrohung darstellt. Denn die Kosten der Koexistenz werden den Wirtschaftsbeteiligten aufgebürdet, die gentechnikfrei wirtschaften wollen und müssen. Den betroffenen Unternehmen entstehen erhebliche Kosten für die Warenstromtrennung, Qualitätssicherung und Analysen. Gentechnikfreie Produkte werden so mit zusätzlichen Kosten belastet. Diese Situation würde sich massiv verschärfen, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell angebaut werden dürften.
Auch vor diesem Hintergrund ist es notwendig, eine europäische „Opt-out“-Regelung zu entwickeln, um so die heimische ökologische Lebensmittelwirtschaft zu schützen.

Nordrhein-Westfalen muss weiterhin „gentechnikfreie Region“ bleiben

Nordrhein-Westfalen ist aufgrund eines Landtagsbeschlusses vom 19.01.2011 am 10. Oktober 2011 dem "Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen" beigetreten.
Das Netzwerk tritt für das Recht einzelner europäischer Regionen auf eine gentechnikfreie Landwirtschaft, den Schutz von traditionellem und ökologischem Saatgut vor gentechnischer Kontamination und die Etablierung des Verursacherprinzips („the polluter pays principle“) ein. Diese Forderungen werden in der „Charta von Florenz“ festgehalten. Über die Aufnahme einer „Gentechnik-Ausschlussklausel“ in die Pachtverträge kann ein Bundesland verbindlich festlegen, dass auf den landeseigenen Flächen kein gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut verwendet werden darf.  
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es inzwischen 211 gentechnikfreie Regionen und Initiativen, davon befinden sich allein 23 in Nordrhein-Westfalen. Für regionale Anbauverbote existiert derzeit keine Rechtsgrundlage. Angesichts der Regionen übergreifenden Warenströme wäre eine Sicherung des gentechnikfreien Anbaus mit regionalen Anbauverboten nicht möglich.
Insbesondere die Erzeugung von gentechnikfreiem Honig ist zwingend an gentechnikfreie Pflanzen gebunden und die aktuellen positiven Entwicklungen der Imkerinnen und Imker und ihrer Bienen in Nordrhein-Westfalen dürfen nicht gefährdet werden.

Beschluss

Der Landtag Nordrhein-Westfalen lehnt den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab. Er spricht sich auch weiterhin für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Imkerei in ganz Nordrhein-Westfalen aus. Der Landtag erwartet von der Landesregierung, dass sie sich auf allen Handlungsebenen aktiv für den Erhalt der gentechnikfreien Landwirtschaft und Imkerei in Nordrhein-Westfalen und für Lebensmittel ohne Gentechnik einsetzt.
Der Landtag Nordrhein-Westfalen fordert die Landesregierung auf,

  • bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass diese das bisherige Zulassungsverfahren für den Genmais 1507 juristisch überprüft und gegebenenfalls Klage gegen die Zulassung erhebt,
  • bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Voraussetzungen für ein nationales Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen gemäß der Schutzklausel der EU-Freisetzungsrichtlinie geschaffen werden (Opt-out-Regelung),
  • über den Bundesrat bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, auf nationaler Ebene alle Mittel auszuschöpfen, mit denen im Rahmen des geltenden EU-Rechts ein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen eingeschränkt und der Schutz der gentechnikfreien Produktion in Deutschland gewährleistet werden kann,
  • sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die bisherigen Regelungen der EU-Honigrichtlinie Fortbestand haben,
  • die Förderung der Regionalvermarktung dahingehend zu entwickeln, dass Gentechnik-Freiheit zu einem Qualitätsmerkmal der nordrhein-westfälischen Landwirtschaft wird.