I. Ausgangslage
Die Provenienzforschung ist ein bedeutender Zweig der historischen Kulturwissenschaften. Sie widmet sich der umfassenden Untersuchung der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken, kulturellen Artefakten und Sammlungsobjekten. Ihr Hauptziel besteht darin, den Ursprung, den Besitz und dessen Veränderungen im Verlauf der Geschichte eines Objekts zu rekonstruieren. Diese Forschungsdisziplin gewinnt insbesondere an Bedeutung im Kontext der historischen Enteignungen im Zuge der Kolonialherrschaft, der NS-Zeit aber auch die unter Zwang entzogenen Kulturgüter der ehemaligen DDR sowie kriegsbedingt verlagertem Kulturgut.
Die Provenienzforschung dient nicht nur der wissenschaftlichen Neugier, sondern trägt maßgeblich dazu bei, moralische und ethische Verantwortung im Umgang mit Kulturgütern zu fördern, indem sie zur Rückführung von gestohlenem sowie anderweitig entzogenen Kulturgut beiträgt und historische Ungerechtigkeiten aufdeckt. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung und dem Schutz des kulturellen Erbes weltweit.
Mit der Einrichtung der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen“ (KPF.NRW) 2022, hat das Land Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit den beiden Landschaftsverbänden (Rheinland und Westfalen-Lippe) eine aktive Rolle übernommen und sein Engagement für die Erhaltung und Wertschätzung unseres kulturellen Erbes bekräftigt. Dies spiegelt sich u.a. in der Aufnahme des Themas im KulturGB NRW, § 5 Absatz 2.
Das Land beweist damit einen verantwortungsbewussten Umgang mit seiner Geschichte und unterstützt Museen, andere kulturelle Einrichtungen, Kommunen, aber auch den Kunsthandel bei der Identifizierung von geraubten Objekten. In jüngster Zeit haben viele Institutionen ihre Bemühungen intensiviert, um eine umfassende Provenienzforschung durchzuführen. Dieser Ansatz unterstützt nicht nur die Wissenschaft, sondern schafft Sicherheit über die Eigentumsverhältnisse und trägt zur Erhaltung der moralischen und ethischen Integrität entsprechend der Washingtoner Prinzipien im Umgang mit Kulturgütern bei.
Dank dieser Arbeit, zu der die Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW) beiträgt, genießen Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen ein hohes Ansehen auf dem Gebiet.
Die Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen spielt eine entscheidende Rolle im Bemühen, die Herkunftsgeschichte von Kulturgütern aufzuklären. Diese spezialisierte Einrichtung widmet sich der systematischen Erforschung und Dokumentation von Sammlungsbeständen in nordrhein-westfälischen Kultureinrichtungen. Die Arbeitsfelder der KPF.NRW umfassen unter anderem die Beratung und Vernetzung von kulturellen Institutionen im Bereich der Provenienzforschung. Zudem fungiert sie als zentraler Ansprechpartner für Kommunen, Museen und andere kulturelle Einrichtungen.
Die dreijährige Pilotphase der KPF.NRW endet zum 31.12.2024. Angesichts des breiten Aufgabenspektrums der KPF.NRW und der maßgeblichen Bedeutung der Provenienzforschung für die historischen Kulturwissenschaften setzen sich die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der CDU für den Erhalt und die Stärkung der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen ein.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Die Provenienzforschung ist ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalens.
- Die bisher geleistete Arbeit der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen ist ein großer Erfolg.
- Die Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen gilt als positives Beispiel für Deutschland und muss weiter gefördert werden.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen vorhandener Mittel:
- Sich gemeinsam mit den Landschaftsverbänden für eine dauerhafte Förderung der Koordinierungsstelle Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen einzusetzen.
- Vor dem Hintergrund erinnerungspolitischer Entwicklungen und auf der Grundlage der bisherigen Evaluation während der dreijährigen Pilotphase die Arbeit der Koordinationsstelle für Provenienzforschung weiterhin regelmäßig auszuwerten und zu begleiten sowie zu ermitteln, welche Bedarfe für eine zukunftsfähige Arbeit nötig sind.
- Sich auch auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Provenienzforschung im Rahmen der Einrichtung einer gemeinsamen Schiedsgerichtsbarkeit für Rückgabestreitigkeiten über NS-Raubgut grundsätzlich gestärkt wird. Dabei sollen die etablierten Strukturen auf kommunaler und Länderebene – wie es die KPF ist – mit eingebunden werden.