Nächtliche Lärmbelastungen durch Verspätungen am Flughafen Düsseldorf wirksam reduzieren

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I.       Ausgangslage
Planmäßig dürfen Flugzeuge am Düsseldorfer Flughafen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens weder starten noch landen. Laut Betriebsgenehmigung dürfen verspätete Linien- und Charterflüge noch in der Zeit von 23:00 bis 23:30 landen. Verspätete Linien- und Charterflüge mit einem Wartungsschwerpunkt (Home Base) in Düsseldorf dürfen bis 24 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr landen. Dabei handelt es sich um Ausnahmeregelungen, doch werden diese Aus-nahmen immer häufiger in Anspruch genommen. Denn laut Statistik des NRW-Verkehrsministeriums landeten im Jahr 2017 insgesamt 2.032 Flugzeuge zwischen 23 Uhr und 6.00 Uhr in Düsseldorf. In 2013 waren es 807 Flugzeuge, in 2014 1.230 Flugzeuge, in 2015 1.391 Flugzeuge und im Jahr 2016 2.018 Flugzeuge.
Im Gegensatz zum Land NRW treten andere Bundesländer wie Hessen und Hamburg den dort auftretenden Verspätungen und Verletzungen der Nachtruhe an den Flughäfen weit entschiedener entgegen.
Beispielsweise wurde 2017 der Zuschlag für Starts und Landungen nach 23 Uhr in der Entgeltordnung des Hamburger Flughafens auf bis zu 700 Prozent angehoben und in fünf Stufen zeitlich gestaffelt. In der Zeit von 23.00 Uhr bis 23.14 Uhr liegt der Zuschlag nun bei 350 Prozent, in der Zeit zwischen 23.15 bis 23.29 Uhr bei 400 Prozent, in der Zeit von 23.30 bis
23.44 Uhr bei 450 Prozent und in der Zeit von 23.45 bis 23.59 Uhr bei 550 Prozent. Der höchste Zuschlag erfolgt in der Zeit von 00.00 bis 05.59 Uhr mit 700 Prozent.
Häufig verkehrende Flugzeuge der Lärmklasse 4 (z.B. Airbus 320 oder Boeing 737) zahlen am Hamburger Flughafen pro Start und Landung einen Lärmzuschlag von 122 Euro in der Zeit zwischen 6.00 und 21.59 Uhr. Zwischen 23.15 und 23.29 Uhr beträgt der Lärmzuschlag in dieser Lärmklasse 488 Euro und zwischen 00.00 bis 05.59 Uhr 854 Euro.
Zum Vergleich die Entgeltregelung für den Düsseldorfer Flughafen: Ein Airbus 320 oder eine Boeing 737 (Lärmklasse 4) zahlt in Düsseldorf zwischen 06.00 und 21.59 Uhr einen Lärmzuschlag von 47 Euro, zwischen 22.00 und 22.59 Uhr 188 Euro, zwischen 23.00 und 23.59 Uhr
bzw. 05.00 bis 05.59 Uhr 312,55 Euro und zwischen 00.00 – 04.59 Uhr 329 Euro.
Am Hamburger Flughafen wird darüber hinaus die Inanspruchnahme der Verspätungsregelung verstärkt verfolgt. Für den Fall, dass die Verspätung durch eine bessere Planung hätte verhindert werden können, gibt es die Möglichkeit der Verhängung von Bußgeldern. Die Vermeidbarkeit einer Verspätung wird angenommen, wenn eine Verbindung eine Verspätungsquote von 25 Prozent in einem Monat übersteigt (bei mindestens 3 Verbindungen pro Woche). Daraufhin werden am Hamburger Flughafen Ordnungswidrigkeitsverfahren seitens der Aufsichtsbehörde eingeleitet.
Zum Beispiel fordert der Hamburger Fluglärmschutzbeauftragte von der Billig-Fluglinie easyjet insgesamt 468.000 Euro wegen 21 verspäteter Starts nach London und Edinburgh im Jahr 2017. Mit dem Betrag sollen die Gewinne abgeschöpft werden, die easyjet durch die verspäteten Starts erzielt hat. Dabei wurden sowohl die gesparten Hotelübernachtungskosten und eventuelle Transferkosten mit Bussen etc. als auch die im Falle eines Starts am nächsten Morgen fällige Entschädigung nach Fluggastrechteverordnung in Rechnung gestellt. So ergibt sich ein addierter Betrag, der der Fluggesellschaft sämtliche durch den verspäteten Start nach 23 Uhr erzielten wirtschaftlichen Vorteile wieder nimmt.
Schließlich gibt es seit April 2016 die sogenannte Pünktlichkeitsoffensive, in welcher sich alle relevanten Fluggesellschaften am Standort Hamburg darauf verständigt haben, alles zu tun, um Verspätungen zu vermeiden (http://www.hamburg-airport.de/de/7592.php). Mit der Unterzeichnung der Pünktlichkeitsoffensive verpflichten sich die Airlines, der Hamburger Fluglärmschutzbeauftragten detailliert die Gründe für die Verspätungen nach 23 Uhr unaufgefordert monatlich mitzuteilen.
Am Flughafen Düsseldorf wurden laut Auskunft der Bezirksregierung Düsseldorf in den letzten 10 Jahren lediglich 14 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoß gegen die Nachtflugbestimmungen abgeschlossen. Dabei wurden in diesen 10 Jahren insgesamt nur Bußgelder in der Höhe von insgesamt 49.600 Euro erhoben.
Auch das hessische Verkehrsministerium geht entschieden gegen Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkungen am Flughafen Frankfurt vor. Das Problem hat sich verschärft, seit im März 2017 die Low-Cost-Fluggesellschaft Ryanair eine Basis am Frankfurter Flughafen eröffnet hat.
Die Fluglärmschutzbeauftragte und die Luftaufsicht des hessischen Verkehrsministeriums überprüfen regelmäßig, ob sich systematische Auffälligkeiten bei verspäteten Landungen ergeben. Im Falle einer Vermutung, dass systematische Verstöße erfolgen, werden folgende Maßnahmen gegenüber den Luftfahrtunternehmen ergriffen:
·           Schriftliche Aufforderung zur Angabe von Verspätungsgründen auffälliger Flugbewegungen.
·           Einbestellung zum Gespräch durch die Fluglärmschutzbeauftragte und die Luftaufsicht. Dabei wird deutlich gemacht, dass die Verspätungen verboten sind, die sich aus der Flug- plangestaltung ergeben. Die Gründe für die jeweiligen Verspätungen werden angefordert.
·           Schriftliche Erklärungen von den Piloten einer verspätet landenden Maschine noch in der Nacht.
·           Anforderung der Flugpläne, gegebenenfalls Aufforderung zu Maßnahmen zur Abhilfe, wie zum Beispiel Vorverlegung des Slots deutlich vor das Ende der regulären Betriebszeit (20
– 45 Minuten) oder Abänderung der Geschwindigkeitsvorgaben an die Piloten.
·           Enge Abstimmung mit dem Flughafenkoordinator des Bundes bei der Adressierung auffälliger Flugbewegungen.
·           Bei sich häufig wiederholenden Verspätungen kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden und ein Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.
·           Weiterhin gibt es Planungen, die Vergabe von späten Slots an zusätzliche Nachweise zu knüpfen, z. B. daran, wie häufig die Airline die Flug- und Bodenzeiten eingehalten hat.
Das zentrale Instrument der Aufsichtsbehörden am Flughafen Düsseldorf zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung der Verspätungsregelung am Flughafen Düsseldorf stellt das
„Slot Performance Monitoring Committee“ (SPMC) dar. Das SPMC wurde mit der Genehmigung zur Änderung der Betriebsregelung für das Parallelbahnsystem des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 9. November 2005 als Unterausschuss des Koordinierungsausschusses am Flughafen Düsseldorf eingerichtet. Das SPMC soll unter Beachtung der Zuständigkeiten des Flughafenkoordinators der Bundesrepublik Deutschland (FHKD) durch kontinuierliche Überwachung einer ordnungsgemäßen Slot-Nutzung die planerische und operative Auslastung der vorhandenen Start- und Landebahn-Kapazitäten am Flughafen Düsseldorf optimieren sowie die operationelle Qualität des Flugbetriebs sichern. Laut Betriebsgenehmigung sollen die für die Einhaltung der Slot-Zeiten erforderlichen Maßnahmen (Ordnungsverfügungen bis hin zu Verkehrsverboten) durch das Bundesverkehrsministerium ergriffen und durchgeführt werden.
Allerdings agiert diese Gremium intransparent und ohne eine für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Qualitätskontrolle. Trotz wiederholter Aufforderung der Fluglärmkommission Düsseldorf hat sich das NRW-Verkehrsministerium bislang geweigert, die Ergebnisprotokolle des SPMC zumindest dem Vorsitzenden der Fluglärmkommission zugänglich zu machen. Selbst die Bezirksregierung Düsseldorf gehört dem SPMC nicht an, obwohl sie als Luftaufsicht für die Überwachung von Verspätungsflügen am Flughafen Düsseldorf zuständig ist.
Die Landesregierung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen auf die Frage, in wie vielen Fällen das SPMC seit seinem Bestehen nachweislich Fehlplanungen von Umläufen, also eine nicht ordnungsgemäße Slot-Nutzung feststellen konnte, folgendes geantwortet (Landtagsdrucksache 17/2521): „Dazu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Der Fokus der Landesregierung richtet sich auf Verspätungen in den Tagesrandzeiten. Diese werden vom Flughafenkoordinator für den Flughafen Düsseldorf gesondert ausgewertet. Dabei steht nicht die Sanktionierung im Vordergrund, sondern die Optimierung.

II.      Der Landtag stellt fest

Die am Flughafen Düsseldorf festgelegten Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Einhaltung der Betriebsgenehmigung in Bezug auf die Nachtruhe sind nicht ausreichend. Verspätete Landungen sind statt seltene Ausnahmen immer häufiger die Regel, das Problem verschärfte sich in den letzten Jahren zusehends. Es ist zu vermuten, dass die Fluggesellschaften die im Vergleich zu anderen Flughäfen laxen Sanktionen ausnutzen, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Hier ist dringender Handlungsbedarf von Seiten der Landesregierung, um ordnungsgemäße Zustände am Flughafen Düsseldorf zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner wieder herzustellen.

III.     Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

Umgehend die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl der Verspätungslandungen am Flughafen Düsseldorf auf ein unvermeidbares Maß zu reduzieren.
Dafür sollen die Aufsichtsbehörden rigoroser vorgehen, wenn sich anhand des konkreten Flugbetriebs Hinweise ergeben, dass es zu systematischen Häufungen von Verspätungen bei einer bestimmten Flugbewegung kommt.
Folgende Maßnahmen sollen daher von der Landesregierung umgesetzt werden:
·           Die lärmabhängigen Landeentgelte sollen nach dem Vorbild des Hamburger Flughafens zwischen 23 Uhr und 23.59 Uhr alle 15 Minuten aufwachsend drastisch erhöht werden. In der Zeit zwischen 0 Uhr und 4.59 Uhr sollte der höchste Zuschlag von 700 Prozent gegenüber dem Lärmzuschlag in der Zeit zwischen 6.00 und 21.59 Uhr erfolgen.
·           Nach dem Hamburger Vorbild sollen Gewinne bei Fluggesellschaften abgeschöpft werden, die dadurch erzielt werden, dass deren Linienflüge in Folge einer vermeidbaren zu knappen Flugplanung nachts regelmäßig zu spät kommen.
·           Nach dem Vorbild der hessischen Aufsichtsbehörden am Frankfurter Flughafen soll am Düsseldorfer Flughafen regelmäßig überprüft werden, ob sich systematische Auffälligkeiten bei verspäteten Landungen zeigen. Sollte dies der Fall sein, ist wie am Frankfurter Flughafen entschieden dagegen vorzugehen, das heißt:
o    eine schriftliche Erklärung von den Piloten oder des „Accountable Managers“ (verantwortliche Betriebsleiters) einer verspätet landenden Maschine noch in der Nacht einzufordern,
o    die betroffenen Luftfahrtgesellschaft zum Gespräch durch den Fluglärmschutzbeauftragten und die Luftaufsicht einzubestellen,
o    die Flugpläne entsprechend zu ändern, zum Beispiel durch Vorverlegung des Slots deutlich vor das Ende der regulären Betriebszeit oder Abänderung der Geschwindigkeitsvorgaben an die Piloten.
·           Auf den Flughafenkoordinator des Bundes ist von Seiten der Landesregierung einzuwirken, dass die Flugplanung längere Pufferzeiten vorsieht, um mögliche Verspätungen besser auffangen zu können.
·           Es soll quartalsmäßig ein Bericht im Internet veröffentlicht werden, der die Verspätungen in den Abendstunden am Düsseldorfer Flughafen dokumentiert und auswertet sowie darstellt, welche Maßnahmen jeweils mit welchem Erfolg ergriffen wurden, um die Verspätungen zu reduzieren.
·           Auf den Flughafenkoordinator des Bundes ist von Seiten der Landesregierung einzuwirken, dass eine für die Öffentlichkeit nachvollziehbare Qualitätskontrolle der Arbeit des Slot Performance Monitoring Committee (SPMC) als zentraler Institution zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung der Verspätungsregelung am Flughafen Düsseldorf erfolgt.