Mit guten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen den Wissenschafts- und Innovationsstandort NRW stärken

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Julia Eisentraut Februar 2023

I. Ausgangslage:

Nordrhein-Westfalen ist ein attraktiver Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Bildungsstandort und ist in vielen Belangen das soziale Gewissen der Bundesrepublik Deutschland. Wir wollen Auf­stieg durch Bildung ermöglichen. Unser Land soll schneller, moderner und digitaler werden. Diese Ziele des Zukunftsvertrags von CDU und GRÜNEN lassen sich nur mit einer starken Wissenschaft erreichen. Nordrhein-Westfalen hat eine der höchsten Dichten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Europa und daher beste Voraussetzungen die Herausforde­rungen unserer Zeit zu bewältigen.

Herausragende Leistungen in Forschung und Lehre lassen sich dauerhaft nur erreichen, wenn auch die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft auf einem sehr guten Stand sind. Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler verdienen ein auskömmliches Einkommen, ein angeneh­mes Arbeitsumfeld und ein gewisses Maß an Planbarkeit für ihre Karriere. Das gilt für Profes­sorinnen und Professoren genauso wie für wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter. Ihre Arbeit wäre zudem nicht möglich, ohne die Zusammenarbeit mit Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern in Technik und Verwaltung sowie die Unterstützung durch stu­dentische Beschäftigte. Daher müssen gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigtengrup­pen herrschen.

Der rechtliche Rahmen für die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen wird durch verschie­dene Regelungen auf Landes- und Bundesebene gesetzt. Neben dem allgemeinen Arbeits­recht und dem Tarifvertrag der Länder sind vor allem zu nennen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz des Bundes, das Hochschulgesetz des Landes und das Landesbeamtengesetz sowie der Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal in Nord­rhein-Westfalen. Daher bestehen unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitssituation.

Der weitere Rahmen für die Gestaltung der Arbeitssituation an den Hochschulen wird durch die finanziellen Gegebenheiten abgesteckt. Neben der Grundfinanzierung der Hochschulen durch das Land werden Stellen und Arbeitsbedingungen derzeit wesentlich durch den „Zu­kunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ (ZSL) von Bund und Ländern sowie die landeseige­nen Qualitätsverbesserungsmittel finanziert. Gerahmt und zugesichert werden die finanziellen Säulen und Grundlagen durch die Hochschulvereinbarung zwischen der Landesregierung und den Hochschulen des Landes.

Die Situation des wissenschaftlichen Mittelbaus steht im Fokus der meisten Debatten um gute Arbeitsbedingungen an Hochschulen. Bei diesen Diskussionen geht es vor allem um eine faire und attraktive Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, um verlässliche, besser planbare und neue Karrierewege an den Hochschulen sowie um das Verhältnis von befristeten zu unbefris­teten Beschäftigungsverhältnissen.

Der Fachkräftemangel hat auch die Hochschulen längst erreicht. Dabei geht es nicht nur um wissenschaftliches Personal, sondern auch um Fachkräfte in Technik und Verwaltung, insbe­sondere in den IT-Abteilungen. Nur wenn Hochschulen auch in diesen Bereichen attraktive Arbeitsbedingungen bieten, kann die für sie notwendige Infrastruktur weiter betrieben werden.

Vielfach liegt es in der Hand von Professorinnen und Professoren, wie die Arbeitssituation für Beschäftigte an den Hochschulen gestaltet wird. Aber auch Hochschullehrerinnen und Hoch­schullehrer haben einen berechtigten Anspruch auf gute Arbeitsbedingungen.

Familienfreundlichkeit ist nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Anliegen für Beschäftigte an Hochschulen, aber der Anspruch ist durch die Situation der letzten Jahre gestiegen. Dabei sind Maßnahmen wie hochschulnahe oder -eigene Kinderbetreuungsplätze und Möglichkeiten für mobiles Arbeiten wichtig, aber nicht ausreichend. Gerade die zum Teil nicht gegebene Ver­einbarkeit von akademischem und Schuljahr bzw. vorlesungs-/prüfungsfreier Zeit und Schul­ferien ist für viele Beschäftigte mit Kindern eine enorme Herausforderung, der es zu begegnen gilt.

Vielfalt und Chancengerechtigkeit sind wesentliche Bedingungen für eine gerechte, leistungs­fähige und qualitativ hochwertige Wissenschaft. Hier bestehen noch Herausforderungen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Forschung, Lehre und Wissenstransfer sind wichtige Pfeiler unserer Gesellschaft und ihrer Innovationskraft. Die Corona-Pandemie hat sehr deutlich gemacht, dass Wissen­schaft in Deutschland und weltweit eine wesentliche Rolle spielt. Gute Arbeitsbedingun­gen und Karrieremöglichkeiten nutzen den Beschäftigten an den Hochschulen und indi­rekt der Gesellschaft insgesamt. Nur mit guten Arbeitsbedingungen lassen sich beste Bedingungen für Forschung, Lehre und Wissenstransfer in Nordrhein-Westfalen dauer­haft sicherstellen.
  • Herausragende Leistungen in Forschung und Lehre setzen eine verlässliche Beschäfti­gungsstruktur voraus. Um exzellente Forschung und Lehre betreiben und dauerhaft Qualität sicherstellen zu können, sind Kontinuität, Verlässlichkeit und Planbarkeit unab­dingbar. Dies gilt nicht nur für die Statusgruppe der Professorinnen und Professoren. Die Erhöhung des Anteils an Dauerstellen im wissenschaftlichen und künstlerischen Mittel­bau ist nicht nur deshalb zentral, weil prekäre Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen dadurch abgebaut werden. Kontinuität im Mittelbau sollte vielmehr als Mittel der Qualitäts- und Exzellenzsicherung an Hochschulen begriffen werden.
  • Gute Arbeitsbedingungen brauchen einen guten und verlässlichen Rechtsrahmen. Das Hochschulgesetz und insbesondere der Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal enthalten wichtige Regelungen, die auf Landesebenegestaltet werden. Weitere Regelungen auf Bundesebene müssen aber ebenso ambitio­niert weiterentwickelt werden.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung aus vorhandenen Mitteln:

  • Im Dialog mit den autonomen Hochschulen die Rahmenbedingungen für gute Arbeits-und Beschäftigungsbedingen an den Hochschulen allgemein weiter zu verbessern, ins­besondere:
  • um faire und attraktive Bedingungen zu schaffen, verlässliche und besser planbare sowie neue Karrierewege an den Hochschulen sicherzustellen und eine bessere Balance zwischen befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen zu schaffen,
  • mit einer weiterhin verlässlichen Umsetzung des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ und der Hochschulvereinbarung 2026 dafür zu sorgen, dass die finanziellen Grundlagen für mehr Dauerstellen an den Hochschulen vorhanden sind,
  • mit einem regelmäßigen und möglichst einheitlichen Monitoring im Rahmen des ZSL nachzuhalten, wie viele zusätzliche befristete und Dauerstellen an den Hoch­schulen aus den Mitteln des ZSL geschaffen werden,
  • attraktive Karrierewege an Hochschulen auch jenseits der Professur zu unterstützen, indem landesrechtliche Regelungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden und indem mit den Hochschulen entsprechende Karrierewege vereinbart und im Rah­men der gegebenen Finanzierung umgesetzt werden.
  • gemeinsam mit den Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie nach Lösungen zu su­chen, wie Hochschulen im Bereich der Tätigkeiten von Technik und Verwaltung attrakti­vere Arbeitgeber werden können, unter anderem um ausreichend IT-Fachkräfte gewin­nen zu können.
  • zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an den Hochschulen,
  • gemeinsam mit den Hochschulen eine Regelung zu mehr Flexibilität bei der Ur­laubsgestaltung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzu­streben,
  • mit den Universitäten einen Dialog darüber zu führen, ob das Semester, wie an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, bereits im September bzw. März beginnen kann,
  • den Hochschulen nahezulegen, Prüfungsphasen möglichst in Zeiträume zu legen, in denen keine Schulferien sind.
  • die Hochschulen weiterhin dabei zu unterstützen, die Diversität unter den Hochschulbe­schäftigten zu fördern und sie dazu anzuhalten, den Diskriminierungsschutz im Sinne der Vielfalt und der Geschlechtergleichstellung zu beachten.
  • gemeinsam mit den Hochschulen Kriterien zu entwickeln, wie Geschlechterungerechtig-keiten abgebaut werden können, unter anderem indem in der Arbeitssituation und bei Personalentscheidungen ungleiche und verstärkte Belastungen, beispielsweise durch Familienzeiten, Sorgearbeit oder einen erhöhten Aufwand in der Lehre, systematisch und längerfristig berücksichtigt werden.
  • die gemeinsam mit den Hochschulen erarbeitete Erklärung zum Gender Pay Gap in der Vergütung von Professorinnen und Professoren umzusetzen.
  • zur Verbesserung der Inklusion in Beschäftigungsverhältnissen mit allen Berufs- und In-teressensvertretungen an den Hochschulen einen Dialog darüber zu führen, wie die aka­demische Karriereplanung bei Vorliegen einer Behinderung besser unterstützt werden kann und wie in diesem Sinne die Bedingungen in Lehre, Forschung und Verwaltung inklusiver gestaltet werden können.
  • gemeinsam mit den Hochschulen nach Lösungen zu suchen, wie der Wiedereinstieg insbesondere nach längerer Abwesenheit aus gesundheitlichen Gründen in die Wissen­schaft erleichtert werden kann.