I. Ausgangslage:
Nordrhein-Westfalen ist ein attraktiver Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Bildungsstandort und ist in vielen Belangen das soziale Gewissen der Bundesrepublik Deutschland. Wir wollen Aufstieg durch Bildung ermöglichen. Unser Land soll schneller, moderner und digitaler werden. Diese Ziele des Zukunftsvertrags von CDU und GRÜNEN lassen sich nur mit einer starken Wissenschaft erreichen. Nordrhein-Westfalen hat eine der höchsten Dichten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Europa und daher beste Voraussetzungen die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.
Herausragende Leistungen in Forschung und Lehre lassen sich dauerhaft nur erreichen, wenn auch die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft auf einem sehr guten Stand sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verdienen ein auskömmliches Einkommen, ein angenehmes Arbeitsumfeld und ein gewisses Maß an Planbarkeit für ihre Karriere. Das gilt für Professorinnen und Professoren genauso wie für wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Arbeit wäre zudem nicht möglich, ohne die Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Technik und Verwaltung sowie die Unterstützung durch studentische Beschäftigte. Daher müssen gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigtengruppen herrschen.
Der rechtliche Rahmen für die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen wird durch verschiedene Regelungen auf Landes- und Bundesebene gesetzt. Neben dem allgemeinen Arbeitsrecht und dem Tarifvertrag der Länder sind vor allem zu nennen das Wissenschaftszeitvertragsgesetz des Bundes, das Hochschulgesetz des Landes und das Landesbeamtengesetz sowie der Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal in Nordrhein-Westfalen. Daher bestehen unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitssituation.
Der weitere Rahmen für die Gestaltung der Arbeitssituation an den Hochschulen wird durch die finanziellen Gegebenheiten abgesteckt. Neben der Grundfinanzierung der Hochschulen durch das Land werden Stellen und Arbeitsbedingungen derzeit wesentlich durch den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ (ZSL) von Bund und Ländern sowie die landeseigenen Qualitätsverbesserungsmittel finanziert. Gerahmt und zugesichert werden die finanziellen Säulen und Grundlagen durch die Hochschulvereinbarung zwischen der Landesregierung und den Hochschulen des Landes.
Die Situation des wissenschaftlichen Mittelbaus steht im Fokus der meisten Debatten um gute Arbeitsbedingungen an Hochschulen. Bei diesen Diskussionen geht es vor allem um eine faire und attraktive Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, um verlässliche, besser planbare und neue Karrierewege an den Hochschulen sowie um das Verhältnis von befristeten zu unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen.
Der Fachkräftemangel hat auch die Hochschulen längst erreicht. Dabei geht es nicht nur um wissenschaftliches Personal, sondern auch um Fachkräfte in Technik und Verwaltung, insbesondere in den IT-Abteilungen. Nur wenn Hochschulen auch in diesen Bereichen attraktive Arbeitsbedingungen bieten, kann die für sie notwendige Infrastruktur weiter betrieben werden.
Vielfach liegt es in der Hand von Professorinnen und Professoren, wie die Arbeitssituation für Beschäftigte an den Hochschulen gestaltet wird. Aber auch Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer haben einen berechtigten Anspruch auf gute Arbeitsbedingungen.
Familienfreundlichkeit ist nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Anliegen für Beschäftigte an Hochschulen, aber der Anspruch ist durch die Situation der letzten Jahre gestiegen. Dabei sind Maßnahmen wie hochschulnahe oder -eigene Kinderbetreuungsplätze und Möglichkeiten für mobiles Arbeiten wichtig, aber nicht ausreichend. Gerade die zum Teil nicht gegebene Vereinbarkeit von akademischem und Schuljahr bzw. vorlesungs-/prüfungsfreier Zeit und Schulferien ist für viele Beschäftigte mit Kindern eine enorme Herausforderung, der es zu begegnen gilt.
Vielfalt und Chancengerechtigkeit sind wesentliche Bedingungen für eine gerechte, leistungsfähige und qualitativ hochwertige Wissenschaft. Hier bestehen noch Herausforderungen.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Forschung, Lehre und Wissenstransfer sind wichtige Pfeiler unserer Gesellschaft und ihrer Innovationskraft. Die Corona-Pandemie hat sehr deutlich gemacht, dass Wissenschaft in Deutschland und weltweit eine wesentliche Rolle spielt. Gute Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten nutzen den Beschäftigten an den Hochschulen und indirekt der Gesellschaft insgesamt. Nur mit guten Arbeitsbedingungen lassen sich beste Bedingungen für Forschung, Lehre und Wissenstransfer in Nordrhein-Westfalen dauerhaft sicherstellen.
- Herausragende Leistungen in Forschung und Lehre setzen eine verlässliche Beschäftigungsstruktur voraus. Um exzellente Forschung und Lehre betreiben und dauerhaft Qualität sicherstellen zu können, sind Kontinuität, Verlässlichkeit und Planbarkeit unabdingbar. Dies gilt nicht nur für die Statusgruppe der Professorinnen und Professoren. Die Erhöhung des Anteils an Dauerstellen im wissenschaftlichen und künstlerischen Mittelbau ist nicht nur deshalb zentral, weil prekäre Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen dadurch abgebaut werden. Kontinuität im Mittelbau sollte vielmehr als Mittel der Qualitäts- und Exzellenzsicherung an Hochschulen begriffen werden.
- Gute Arbeitsbedingungen brauchen einen guten und verlässlichen Rechtsrahmen. Das Hochschulgesetz und insbesondere der Vertrag über gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal enthalten wichtige Regelungen, die auf Landesebenegestaltet werden. Weitere Regelungen auf Bundesebene müssen aber ebenso ambitioniert weiterentwickelt werden.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung aus vorhandenen Mitteln:
- Im Dialog mit den autonomen Hochschulen die Rahmenbedingungen für gute Arbeits-und Beschäftigungsbedingen an den Hochschulen allgemein weiter zu verbessern, insbesondere:
- um faire und attraktive Bedingungen zu schaffen, verlässliche und besser planbare sowie neue Karrierewege an den Hochschulen sicherzustellen und eine bessere Balance zwischen befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen zu schaffen,
- mit einer weiterhin verlässlichen Umsetzung des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ und der Hochschulvereinbarung 2026 dafür zu sorgen, dass die finanziellen Grundlagen für mehr Dauerstellen an den Hochschulen vorhanden sind,
- mit einem regelmäßigen und möglichst einheitlichen Monitoring im Rahmen des ZSL nachzuhalten, wie viele zusätzliche befristete und Dauerstellen an den Hochschulen aus den Mitteln des ZSL geschaffen werden,
- attraktive Karrierewege an Hochschulen auch jenseits der Professur zu unterstützen, indem landesrechtliche Regelungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden und indem mit den Hochschulen entsprechende Karrierewege vereinbart und im Rahmen der gegebenen Finanzierung umgesetzt werden.
- gemeinsam mit den Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie nach Lösungen zu suchen, wie Hochschulen im Bereich der Tätigkeiten von Technik und Verwaltung attraktivere Arbeitgeber werden können, unter anderem um ausreichend IT-Fachkräfte gewinnen zu können.
- zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an den Hochschulen,
- gemeinsam mit den Hochschulen eine Regelung zu mehr Flexibilität bei der Urlaubsgestaltung von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzustreben,
- mit den Universitäten einen Dialog darüber zu führen, ob das Semester, wie an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, bereits im September bzw. März beginnen kann,
- den Hochschulen nahezulegen, Prüfungsphasen möglichst in Zeiträume zu legen, in denen keine Schulferien sind.
- die Hochschulen weiterhin dabei zu unterstützen, die Diversität unter den Hochschulbeschäftigten zu fördern und sie dazu anzuhalten, den Diskriminierungsschutz im Sinne der Vielfalt und der Geschlechtergleichstellung zu beachten.
- gemeinsam mit den Hochschulen Kriterien zu entwickeln, wie Geschlechterungerechtig-keiten abgebaut werden können, unter anderem indem in der Arbeitssituation und bei Personalentscheidungen ungleiche und verstärkte Belastungen, beispielsweise durch Familienzeiten, Sorgearbeit oder einen erhöhten Aufwand in der Lehre, systematisch und längerfristig berücksichtigt werden.
- die gemeinsam mit den Hochschulen erarbeitete Erklärung zum Gender Pay Gap in der Vergütung von Professorinnen und Professoren umzusetzen.
- zur Verbesserung der Inklusion in Beschäftigungsverhältnissen mit allen Berufs- und In-teressensvertretungen an den Hochschulen einen Dialog darüber zu führen, wie die akademische Karriereplanung bei Vorliegen einer Behinderung besser unterstützt werden kann und wie in diesem Sinne die Bedingungen in Lehre, Forschung und Verwaltung inklusiver gestaltet werden können.
- gemeinsam mit den Hochschulen nach Lösungen zu suchen, wie der Wiedereinstieg insbesondere nach längerer Abwesenheit aus gesundheitlichen Gründen in die Wissenschaft erleichtert werden kann.