Mit einem Stufenplan Planbarkeit und Verlässlichkeit schaffen – Impf- und Teststrategien ausweiten

Entschließungsantrag der GRÜNEN im Landtag zur Sondersitzung des Plenums

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Portrait Josefine Paul
Mehrdad Mostofizadeh

Entschließungsantrag

zu dem Antrag „Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bun­deskanzlerin am 10. Februar 2021 zum weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie: Pande­mie weiter ernsthaft bekämpfen – faktenbasierte Entscheidungen treffen – Wege in eine Nor­malisierung aufzeigen“

  1. Ausgangslage

In der aktuellen Situation sind die Einschränkungen in nahezu allen gesellschaftlichen Berei­chen weiterhin notwendig, um die Infektionszahlen weiter zu senken und Menschenleben zu retten. Auch wenn sich die 7-Tages-Inzidenz aktuell in eine positive Richtung entwickelt, so ist die Zahl der Todesopfer nach wie vor hoch und die Virus-Mutationen stellen eine akute Bedro­hungslage dar. Die Lage ist weiterhin ernst.

Mit einer erneuten gemeinsamen Anstrengung, seit den verschärften Maßnahmen ab Novem­ber, konnte zumindest das deutliche Wachstum der Neuinfektionen unterbrochen werden. Weiterhin bleibt das Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Neben der Versorgung der COVID-19-Patientinnen und -patienten, muss auch die Versorgung von Pati­entinnen und Patienten mit anderen Erkrankungen sichergestellt sein.

Vor diesem Hintergrund bleiben Einschränkungen zur Vermeidung von Kontakten und einer weiteren Ausbreitung des Corona-Virus weiterhin notwendig. Die Erkenntnisse über deutlich ansteckendere Virus-Mutationen müssen zu besonderer Vorsicht mahnen. Es bedarf eines sehr genauen Monitorings der Pandemie-Entwicklung, um eine unkontrollierte Ausbreitung zu vermeiden. Dazu gehört, einen höheren Anteil an positiven Corona-Tests zu sequenzieren.

Gleichzeitig sind auch die sozialen und wirtschaftlichen Belastungen durch die Einschränkun­gen und Schließungen hoch. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind durch die Schließung von Schulen, die Einschränkungen bei den Kitas, die geschlossenen Jugendeinrichtungen und untersagten Sport- und Freizeitangebote sowie die Kontaktbeschränkungen stark betroffen. Schon jetzt wissen wir, dass Kinder und Jugendliche Lern- und Entwicklungsrückstände

erleben, die sie nur schwer werden wieder aufholen können. Aber auch mit Blick auf die ge­samte Gesellschaft lässt sich eine gewisse „Pandemie-Ermüdung“ spüren. Daher sind trotz der schwierigen Voraussetzungen bezüglich der noch zu hohen Zahl an Neuinfektionen und der Corona-Mutationen verlässliche Perspektiven notwendig.

Die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten (MPK) mit der Kanzlerin hat bei ihrer letzten Sitzung am 19.01.2021 beschlossen, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus den Chefs und Chefinnen der Staats- und Senatskanzleien sowie dem Chef des Kanzleramts, ein „Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ bis zur nächsten MPK am 14.02.2021 vorlegen soll. Mehrere Länder haben bereits Stufen- und Perspektivpläne in die Debatte eingebracht.

Die wichtigste Waffe im Kampf gegen die Pandemie ist die Solidarität und das Vertrauen der Bevölkerung. Deshalb braucht es eine bundeseinheitliche Verständigung auf Rahmenbedin­gungen. Neben den derzeit notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, muss eine vorsichtige Öffnungsstrategie mit möglichen Lockerungen vorbereitet werden, wenn das Pandemiegeschehen dies zulässt. Zum anderen braucht es einen Stufenplan mit klaren Vorgaben, ab welchen Inzidenzwerten Öffnungen erfolgen dürfen bzw. bei gleichbleibenden oder stei­genden Inzidenzzahlen weitere Einschränkungen vorgenommen werden müssen. Die Landes­regierung ist aufgefordert, diese Rahmenbedingungen durch einen eigenen Stufenplan in kon­krete Maßnahmen für NRW zu übersetzen.

  1. Impf- und Teststrategie nachschärfen, Planbarkeit schaffen sowie Betroffene un­terstützen

Der Start der Impfungen ist ein Lichtblick – insbesondere für den Schutz der besonders ge­fährdeten Personen. Doch bis ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung geimpft ist, wird es – selbst wenn die zugesagten Impfstoffe demnächst hoffentlich rechtzeitig eintreffen – noch viele Monate dauern. Deshalb braucht es neben einer verbesserten Impfstrategie weiterhin eine deutliche Verringerung der Fallzahlen, um die Kontaktnachverfolgung durch die Gesund­heitsämter wieder besser zu ermöglichen. Zudem braucht es einen klaren Stufenplan mit kla­ren Vorgaben, ab welchen Inzidenzwerten Öffnungen erfolgen dürfen bzw. bei gleichbleiben­den oder steigenden Inzidenzzahlen weitere Einschränkungen vorgenommen werden müs­sen.

  1. Stufenplan entwickeln Planbarkeit und Verlässlichkeit schaffen

Auch wenn die Impfungen ein Lichtblick sind, so wird es noch viele Monate dauern, bis alle, die dies wollen, auch wirklich geimpft werden können. Deshalb müssen wir für die nächsten Monate von einem risikobasierten Umgang mit dem Virus ausgehen. Das öffentliche Krisen­management kann sich nicht länger von MPK zu MPK hangeln. Es braucht eine längerfristige Strategie. Und das auf der Basis eines Stufenplans.

Ein solcher Stufenplan kann sich weder an einem Datum orientieren, noch sollte er sich rein auf Inzidenzwerte beziehen. Vielmehr müssen unterschiedliche Parameter einbezogen wer­den, um zu einem umfassenderen Berechnungsfaktor zu kommen, der Werte wie Hospitalisierungsgrad, Mortalitätsrate, Auslastung der IST-Betten, Impfrate oder die Dynamik des In­fektionsgeschehens mit aufgreift. Ein solcher Faktor muss wissenschaftlich erarbeitet werden. Zudem sind bei der Erarbeitung eines Stufenplans unterschiedliche Perspektiven einzubezie­hen.

Solch ein Stufenplan schafft Verlässlichkeit, denn bei einem Stufenplan wissen die Bürgerin­nen und Bürger welche Einschränkungen bei hohen Inzidenzwerten und anderen Parametern notwendig sind, um die Pandemie effektiv zu bekämpfen. Ein solcher Stufenplan gibt der Be­völkerung auch eine verlässliche Perspektive über den weiteren Umgang mit der Pandemie und ist deshalb unverzichtbar. Darüber hinaus muss der Stufenplan auf die Gefahr einer star­ken Ausbreitung von gefährlichen Corona-Mutationen reagieren können. Diese machen not­falls ein schnelles Handeln erforderlich, welche schon vorher festgelegt werden sollten.

Um Akzeptanz für den Stufenplan zu gewinnen, muss dieser dem Parlament vorgelegt sowie eine geeignete öffentliche Debatte darüber gewährleistet werden. Transparenz ist maßgeblich für das Vertrauen in das Krisenmanagement.

  1. Impfstrategie verbessern

Die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union sind den richtigen Weg gegangen, die Impf­stoffe gemeinsam zu beschaffen. Wir können kein Interesse an nationalen Egoismen haben. Denn das Virus macht vor keiner Landesgrenze halt. Das Virus bekämpfen wir nur durch eine gemeinsame globale Kraftanstrengung. Allerdings war die Impfstoffbeschaffung zu wenig am­bitioniert. Die EU war länger damit beschäftigt, interne und nationale Streitigkeiten beizulegen, als professionelle und zielgerichtet die Bedingungen für eine höhere Impfproduktion vorzube­reiten. Dazu gehörte auch zu klären, in welchem Umfang eine Produktion der jeweiligen Vak­zine im internationalen Maßstab möglich wäre und welche unterstützenden Maßnahmen, wie der Aufbau von Zuliefererketten, weltweiter Produktionskapazitäten und Logistikstrukturen be­reit stehen oder geschaffen werden mussten und müssen. Wäre hier seitens der Europäischen Union schneller Verträge und in viel größerem Umfang mit entsprechenden Abnahmegaran­tien geschlossen worden, sähen wir uns den derzeitigen Schwierigkeiten des Impfstoffmangels nicht oder möglicherweise in geringerem Umfang ausgesetzt. Die Impfkapazitäten müssen jetzt dringend durch eine stärkere Produktion erhöht werden. Die Erhöhung der Produktions­kapazitäten ist für Menschen in Europa und weltweit lebensnotwendig. Dazu müssen zügig mehr Produktionsstandorte auf der ganzen Welt geschaffen werden. Die regionalen Vertei­lungsmechanismen müssen verbessert werden. Im Rahmen der COVAX-Strategie müssen die Mittel erhöht werden, damit eine größere Auslieferung des Impfstoffs möglich ist.

Um die Beschleunigung der Impfstoffproduktion zu erreichen, muss als letztes Mittel aber auch über die Freigabe der Lizenzen intensiv diskutiert werden. Die Bundesregierung wäre dazu befugt, die Freigabe anzuordnen. Zuvor soll die Bundesregierung durch konzertierte Aktionen Kooperationen unter den Unternehmen fördern, indem sie unter anderem Abnahmegarantien ausspricht und die Zusammenarbeit anbietet.

Aber auch auf Landesebene muss die bisherige Impfstrategie deutlich verbessert und ange­passt werden. Die zentralen Impfzentren in den Kreisen und kreisfreien Städten wurden auf möglichst viele Impfungen pro Tag ausgelegt. Derzeit fehlt es vor allem an Impfstoff, aber auch beim Transport der Menschen zu den Impfzentren ergeben sich Probleme. Denn neben den Menschen in den Pflegeheimen müssen jetzt und in den nächsten Wochen die vielen hundert­tausenden oftmals pflegebedürftigen Menschen oder Menschen mit kognitiven Einschränkun­gen, schweren Behinderungen, insbesondere auch der Sinnesorgane, geimpft werden, die in häuslicher Umgebung leben. Dazu sollten umgehend die von Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Pflege, den Kommunen und den Hausärztinnen und Hausärzten vorgelegte Konzepte dezentraler Impfungen aufgegriffen werden. Denkbar sind der Einsatz von Impfbus­sen, zentralen Einrichtungen oder in Pflege-Wohngemeinschaften, die ohnehin oft in der Nähe von Pflegeheimen liegen in Kooperation mit Kommunen und den Ärztinnen und Ärzten. Dabei sollte dringend in ständiger Kommunikation auf die Kompetenzen und Möglichkeiten der Prak­tikerinnen und Praktiker vor Ort sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und For­schung zurückgegriffen werden, um diese aufsuchenden Konzepte zu erarbeiten und umzu­setzen.

Für die Perspektive, Lockerungen im Bereich von Kitas, Tagespflege und Grundschulen vor­nehmen zu können, brauchen die hier tätigen Menschen rechtzeitig höheren Schutz. Deshalb plädieren wir dafür, diese von der 3. in die 2. Anspruchsgruppe der Corona-Schutzimpfung hochzustufen.

Um zu vermeiden, dass der derzeit noch knappe Impfstoff nicht für die vorgesehene erste Prioritätenliste verwendet wird, weil ursprünglich vorgesehene Personen einen Impftermin nicht wahrnehmen, sollten Reservelisten pro Impfdurchgang angelegt werden, damit diese Personen aufgesucht und der übriggebliebene Impfstoff verabreicht werden kann.

  1. Teststrategie ausbauen

Neben der Impfstrategie wird eine deutlich verstärkte Teststrategie bei der Beschränkung der Ausbreitung des Virus des Virus entscheidend sein. Das Material und das Personal für weiter­greifende Testungen sind nun vorhanden und müssen zielgenau an den Punkten eingesetzt werden, wo entweder einer höhere Gefahr für die Betroffenen besteht, am Virus schwer zu erkranken, oder wo Personenkontakt unvermeidlich ist. Dazu gehören neben den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern in den Pflegeheimen auch die Erzieherinnen und Erzieher sowie Leh­rerinnen und Lehrer. Diese sollten ein Angebot bekommen, sich weitaus regelmäßiger testen zu lassen, als bisher, wenn sie in direkten Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen kommen. Schnelltests sollten diesen und Berufsgruppen mit unvermeidbaren Personenkontakt zu an­deren Menschen sogar täglich zur Verfügung stehen. Für die Kinder in Kita- und Grundschul­alter müssen Gurgeltests zur Verfügung stehen.

  1. Nachverfolgung sichern

Zudem muss die Personalstärke der Gesundheitsämter kurzfristig weiter hochfahren, um die Nachverfolgung sichern zu können. Im November waren die Gesundheitsämter überlastet und die Nachverfolgung konnte nicht mehr gewährleistet werden. So konnte sich das Virus ohne wirksame Unterbrechung der Infektionsketten schneller ausbreiten. Dem muss entgegenge­wirkt werden, indem nun die Gesundheitsämter noch einmal personell aufgestockt werden, zum Beispiel über eine Ausweitung des Freiwilligenregisters auf nicht-medizinische Berufe. Zudem ist die Digitalisierung der Gesundheitsämter weiter voranzutreiben. Es ist nicht akzep­tabel, dass die Gesundheitsämter ein Jahr nach der Pandemie immer noch mit Exceltabellen und Faxen arbeiten müssen. Bund und Länder haben vereinbart, dass bis Ende Februar das Programm „Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System“ (SORMAS) in allen Gesundheitsämtern installiert sein soll. Die einheitliche Software für die Erfassung und Nachverfolgung von Infektionen soll die Zusammenarbeit von Behörden, Laboren und Daten­banken erleichtern und die Meldung von Infektionszahlen beschleunigen. Allerdings wird nach derzeitigem Stand bezweifelt, dass die Kommunen in NRW flächendeckend rechtzeitig um­stellen werden – bisher nutzen erst sieben die Software. Die Landesregierung hat es versäumt frühzeitig bei den Kommunen dafür zu sensibilisieren und darauf zu drängen, die Software zu nutzen. Stattdessen wurde zu lange ein Flickenteppich von nicht kompatiblen Anwendungen zugelassen. In Krisenzeiten muss das Land nötigenfalls per Erlass durchgreifen.

Des Weiteren muss eine Abfrage unter allen Gesundheitsämtern in NRW stattfinden, worin abgefragt wird, bis zu welchen Parametern die tagesaktuelle Nachverfolgung von Infektions­ketten möglich ist. Daraus würde sich ergeben, wo noch besonders hoher Handlungsbedarf besteht.

  1. Auszahlung der November- und Dezemberhilfen kommt für Betroffene viel zu spät, Überbrückungshilfen bleiben ein Bürokratiemonster

Die Wirtschaft in NRW ist von der Corona-Krise hart getroffen. Insbesondere der erneute Shut-down hat viele Unternehmen schwer geschädigt. Das notwendige Herunterfahren des gesell­schaftlichen und damit auch großer Teile des wirtschaftlichen Lebens, stellte viele Betriebe vor existentielle Herausforderungen. Sie brauchen in dieser Krise mehr Unterstützung. Von den sogenannten „November- und Dezemberhilfen“ haben die meisten Antragstellerinnen und An-tragssteller im besten Falle eine Abschlagszahlung erhalten. Mit der regulären Auszahlung der Hilfen konnte erst am 12. Januar bzw. 02. Februar dieses Jahres begonnen werden, über zwei Monate nach Beginn des Lockdowns. Der Großteil der Hilfen ist bis heute nicht ausgezahlt. Als Hauptgrund für diese in vielen Fällen existenzbedrohende Wartezeit werden Probleme mit dem digitalen Antragsverfahren angegeben; eine vermeidbare Mehrbelastung derer, von de­nen wir in der Krise ohnehin viel abverlangen. Die Wirtschaft braucht Perspektiven. Neben einen Stufenplan, der einen verlässlichen Rahmen schafft, was unter welchen Bedingungen möglich ist bzw. wann erneute Einschränkungen umgesetzt werden müssen, braucht es vor allem verlässliche finanzielle Unterstützung für Corona-bedingte Ausfälle. Diese Hilfe muss unbürokratisch, passgenau und vor allem schnell zugänglich gemacht werden. Gerade der Bereich der Freischaffenden, Solo-Selbstständigen und die Kultur- und Eventbranche leiden sehr in der aktuellen Situation. Die Bundesregierung muss endlich einen echten Unternehmer­lohn auflegen, der die Existenz von Selbstständigen und Freiberuflern unabhängig von den viel zu bürokratischen Überbrückungshilfen sichert. Wir fordern die Landesregierung auf, die Interessen der Betroffenen auf Bundesebene in diesem Sinne durchzusetzen.

  1. Corona-Expertenrat zum interdisziplinärem Pandemierat weiterentwickeln

Im April 2020 hat Ministerpräsident Armin Laschet einen „Expertenrat Corona“ eingerichtet, der interdisziplinär ausgerichtet ist und den Ministerpräsidenten bei seinen Entscheidungen beraten soll. Die Einrichtung des „Expertenrats Corona“ war ein wichtiger Schritt, um wissen­schaftliche und gesellschaftspolitische Expertise in politische Entscheidungsprozesse einzu­beziehen. Diesen Expertenrat gilt es nun zu einem interdisziplinären „Pandemierat“ weiterzu­entwickeln. Das Gremium soll breiter aufgestellt werden und insbesondere die Perspektiven betroffener Gesellschaftsgruppen, wie Kinder und Jugendliche oder ältere Menschen, sowie besonders von den Einschränkungen betroffene Gesellschaftsbereiche, wie Kunst und Kultur oder Gastronomie, einbeziehen.

Zudem muss es eine bessere Information der Öffentlichkeit über die Beratungen und die Emp­fehlungen des Gremiums geben. Transparenz ist wichtig, um die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für die Corona-Schutzmaßnahmen zu erhalten und zu stärken. Damit die Expertise nicht nur der Regierung zur Verfügung steht und der Landtag NRW stärker als bisher an den Entscheidungen beteiligt wird, sollten zudem die im Landtag vertretenen Fraktionen an den Sitzungen teilnehmen dürfen.

Der Pandemierat kann ein wichtiger Partner bei der Erarbeitung eines Stufenplans sein.

III.       Prioritäten richtig setzen

Bei möglichen Lockerungen und Öffnungen müssen Kinder und Jugendliche Priorität haben. Sie sind besonders von den Einschränkungen betroffen. Gerade mit Blick auf den Kinder­schutz sowie die Bildungschancen aller Kinder sind die Einschränkungen besonders hart. Auch Familien sind durch die schwierige Situation besonders belastet. Die Vereinbarkeit von Betreuung, Distanzlernen und Beruf stellt viele Familien in ihrem Alltag vor große Herausfor­derungen.

  1. Kitas und Tagespflege entlasten

Bei den Überlegungen, wie es im Bereich der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen weitergeht, müssen die Kinder im Fokus der Überlegungen stehen. Das System der Notbetreuung mit der Unterscheidung nach „Systemrelevanz“ der Eltern im Frühjahr war mit vielen Ungerechtigkeiten verbunden. Allerdings stellen sich in der aktuellen Situation neue Fragen und Konflikte. Ein eingeschränkter Pandemiebetrieb mit der Aufforderung an Eltern, ihre Kinder aber bitte nicht zu bringen, verlagert die Verantwortung an die Eltern und führt mangelnder Planbarkeit in den Kitas. Es wird aus Fachkreisen befürchtet, dass die Zahl derer in den nächsten Wochen steigt, die ihre Kinder in die Kitas bringen (müssen). Das würde zu einer deutlichen Mehrbelastung und höheren Infektionsgefahr für die Erzieherinnen und Erzie­her führen. Eine Entlastung für Kitas und Familien kann die Möglichkeit alternativer Betreuungssettings bieten. Familien sollten wieder feste kleine Gruppen bilden dürfen, um ihre Kinder so betreuen zu können und den Kindern die Möglichkeit zum Kontakt mit Gleichaltrigen zu geben. Die Situation von Kindern und Familie muss bei den Kontaktbeschränkungen deutlicher in den Blick genommen werden. Solche alternativen Betreuungsmodelle könnten Druck aus den Kitas und der Kindertagespflege nehmen und gleichzeitig Kinder und Familien entlasten.

  1. Wechselmodelle und kleine Lerngruppen ermöglichen und umsetzen

Seit Monaten verweigert die Schulministerin die Erarbeitung von Konzepten, die Infektions­schutz und Bildungsgerechtigkeit miteinander vereinen. Durch das monatelange Beharren auf reinem Präsenzunterricht und der Verweigerung alternativer Konzepte, sind wichtige Wochen ungenutzt verstrichen. Die Schulministerin muss jetzt Konzepte vorlegen, wie es in den Schu­len weitergehen kann und endlich Voraussetzungen für das Lernen in kleinen, stabilen Grup­pen schaffen. Dazu gehört die Akquirierung zusätzlicher Räumlichkeiten genauso, wie zusätz­liches Personal. Hier könnten Lehramtsstudierende als Lernbegleiterinnen und -begleiter ein­gesetzt werden. Es müssen jetzt die Voraussetzungen für Wechselmodelle geschaffen wer­den. Trotz der Tatsache, dass an eine Rückkehr zu einem ausgeprägten Präsenzunterricht angesichts nach wie vor zu hoher Ansteckungszahlen und der unklaren Auswirkungen der Virus-Mutationen auf das Infektionsgeschehen noch nicht zu denken ist, müssen trotzdem klar nachvollziehbare und umsetzbare Schutz- und Lernkonzepte für ein Lernen mit mehr Kontak­ten professionell vorbereitet und kommuniziert werden. Dies ist die zwingende Voraussetzung um in absehbarer Zeit wieder Unterricht in räumlicher Gemeinschaft zu erteilen.

Besonders Grundschulkinder können nur sehr schwer im Distanzlernen unterrichtet werden. Daher müssen insbesondere für sie Perspektiven für einen Unterricht im Wechselmodell ge­schaffen werden. Zudem muss es für Lehrkräfte und Kinder eine flächendeckende Schnell-teststrategie geben. Die Ergebnisse der Testungen sollten auch genutzt werden, um die Aus­wirkungen von Wechselmodellen und kleinen Lerngruppen auf das Infektionsgeschehen zu überwachen sowie die Infektiosität von Kindern und die Auswirkungen der Virusmutation eng­maschiger monitoren zu können.

VII. Beschluss

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, auf folgende Punkte in der MPK hinzuwirken bzw. auf Landesebene umzusetzen:

  1. Die Erarbeitung eines Stufenplans unter Hinzuziehung eines Pandemierates.
  2. Erhöhung der Kapazitäten für die Produktion von Impfstoff sowie Aufbau eines dezent­ralen Impfangebots, um weniger mobile Menschen zu erreichen.
  3. Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer von der 3. in die 2. An­spruchsgruppe der Corona-Schutzimpfung hochstufen.
  4. Weiterentwicklung der Teststrategie, insbesondere mit Blick auf Erzieherinnen und Er­zieher sowie Lehrerinnen und Lehrer.
  5. Erhöhung der Personalstärke in den Gesundheitsämtern, um die Kontaktnachverfolgung zu verbessern.
  6. Alle Gesundheitsämter abfragen, bis zu welchen Parametern die Nachverfolgung ta­gesaktuell gesichert ist.
  7. Unbürokratische und unverzügliche Bereitstellung von Hilfen für u.a. Kulturschaffende und Solo-Selbständige, sowie die Einführung eines Unternehmerlohns.
  8. Weiterentwicklung des NRW-Corona-Expertenrats zu einem Pandemierat.
  9. Entlastung von Kitas und Tagespflegestelle.
  10. Wechselmodelle und kleine Lerngruppen für die Schulen.