Mehr Fachkräfte für die Planung des Infrastrukturausbaus gewinnen

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I. Ausgangslage:

Wer wissen will, warum viele Infrastrukturprojekte so langsam vorankommen, muss einige Jahre zurückblicken: In den 1990er und 2000er Jahren wurde aufgrund der damals vorherr­schenden neoliberalen Ideologie vom „schlanken Staat“ massiv Personal in öffentlichen Ein­richtungen abgebaut. Die Auswirkungen dieser Fehlentwicklung machen sich bis heute be­merkbar. Auf allen Ebenen fehlt Fachpersonal in den Behörden und Ämtern, die für die Pflege und den Aufbau von Infrastrukturen zuständig sind. Der Mangel an Fachkräften wird insbeson­dere bei der Umsetzung der dringend notwendigen Mobilitätswende deutlich. Bei den Landes­behörden und in den kommunalen Planungsämtern gibt es viel zu wenig personelle Kapazitä­ten, um beispielsweise ambitionierte Radverkehrskonzepte oder einen Ausbau des schienen­gebundenen ÖPNVs umzusetzen. Auch der Glasfaserausbau in Deutschland stockt, weil es an Planungspersonal fehlt. Die Vergabe von Planungsaufträgen an private Planungsbüros hilft nur begrenzt weiter. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind übervoll und zudem sind die Schnittstellen zur öffentlichen Verwaltung, beispielsweise für die Auftragsvergabe oder Ab­nahme von Planungsleistungen, häufig nicht vorhanden oder unterbesetzt.

Neben dem Personalabbau in der Vergangenheit sind auch die fehlenden Anreize für ausge­bildete Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Fachplanerinnen und Fachplaner im öffentlichen Dienst ein Grund für den Mangel an Fachkräften in öffentlichen Einrichtungen. Während in früheren Zeiten vor allem die Arbeitsplatzgarantie durch die öffentliche Hand ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung einer Karriere im öffentlichen Dienst war, entscheiden sich die meisten Studienabgängerinnen und -abgänger angesichts der anhaltenden positiven Entwick­lung in Wirtschaft und Arbeitsmarkt heute dagegen. Beim Wettbewerb um Fachkräfte haben Unternehmen die Nase vorn. Dies liegt auch an den höheren Verdienstmöglichkeiten sowie an den in der Regel zeitgemäßeren Arbeits- und Führungsstrukturen in der freien Wirtschaft. Dies führt mittlerweile dazu, dass die Planungsabteilungen in den Ämtern und Behörden über­altert sind und sich der Fachkräftemangel weiter verschärft. Ein negativer Effekt der Überalte­rung ist, dass vielfach in Behörden und Verwaltungsämtern veraltete Stadt- und Verkehrspla-nungsphilosophien vorherrschen, die sich auch bei veränderten gesellschaftlichen und politi­schen Rahmenbedingungen nur sehr schwer ändern lassen.

Hinzu kommt, dass es für den auch notwendigen qualitativen Bedarf zu wenige Absolventin­nen und Absolventen von Hochschulen für die Bereiche Verkehrs-, Stadt- und Regionalpla­nung gibt. Hier müssen entsprechende Studiengänge ausgebaut und attraktiver gestaltet wer­den. Schon in der Schule sollten auf die Chancen und Qualifikationsmöglichkeiten hingewie­sen und die Studiengänge entsprechend beworben werden. Auch muss während des

Studiums stärker für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst geworben werden. Dazu gehört bei­spielsweise die Möglichkeit für Landesbehörden und Kommunen, Studierende von Anfang an als Mitarbeitende der Verwaltung zu führen und zu bezahlen. Das könnte verbunden werden mit einer Übernahmegarantie sowie einer Verpflichtung der Studierenden, nach Ende des Stu­diums eine gewisse Zeit im öffentlichen Dienst zu verbleiben. Entsprechende Modelle gibt es schon seit langem, beispielsweise bei der Finanzverwaltung des Landes.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Der Personalabbau in der Vergangenheit führte dazu, dass in den für die (verkehrliche) Infrastruktur zuständigen Behörden und Ämtern des Landes und der Kommunen zu we­nige Fachkräfte vor allem für die Planung vorhanden sind.
  2. Der Fachkräftemangel hemmt wichtige Infrastrukturvorhaben, unter anderem der Mobilitätswende und des Glasfaserausbaus, und führt zu überlangen Planungs- und Umset­zungsprozessen.
  3. Die einschlägigen Studiengänge zur Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren so­wie Fachplanerinnen und Fachplanern müssen attraktiver gestaltet und ausgebaut wer­den.
  4. Es braucht bessere Möglichkeiten studienbegleitender Tätigkeiten in den betreffenden Bereichen des öffentlichen Dienstes. Dazu gehört auch der Aufbau von Angeboten des dualen Studiums in den betreffenden Bereichen. Hinzu kommen müssen attraktive Über­nahmeangebote.
  5. Die finanziellen Anreize sowie die Arbeits- und Führungsstrukturen im öffentlichen Dienst müssen deutlich verbessert werden, um mehr hochqualifiziertes Personal für die Infra­struktur- und Planungsbehörden rekrutieren zu können.

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert:

  1. Ein Programm aufzulegen, um mehr qualifiziertes Personal für die für Infrastruktur zustän­digen Behörden und Ämter auf Landes- und kommunaler Ebene zu gewinnen. Dazu ge­hören:
  • bessere Möglichkeiten für studienbegleitende Tätigkeiten, wie Angebote des dualen Studiums, im öffentlichen Dienst und attraktive Übernahmeangebote für Studierende,
  • gemeinsame Anstrengungen mit den Hochschulen, die Arbeitsmöglichkeiten im öf­fentlichen Dienst besser und zielgerichtet zu bewerben,
  • schon in der Schule mit Informations- und Praktikumsangeboten für die Ausbildungs-und Studiengänge zu werben,
  • finanzielle Anreize, um den öffentlichen Dienst in den einschlägigen Bereichen attrak­tiver für Hochschulabsolventinnen und -absolventen zu machen,
  • mehr Studienplätze und ein attraktiver gestaltetes Studienangebot.
  1. Die Planungskapazitäten für nachhaltige Verkehrsprojekte auf Landesebene auszubauen und die Kommunen dabei zu unterstützen, eigene Planungskapazitäten auf- und auszu­bauen.
  2. Die Arbeitsbedingungen, Führungsstrukturen und Verantwortlichkeiten in den jeweiligen Einrichtungen so zu gestalten, dass es auch aus diesen Gründen attraktiv ist, in den öf­fentlichen Dienst zu wechseln.

 

  1. Zu prüfen, wie Planungsverfahren für die Schienen- und Radverkehrsinfrastruktur verein­facht und beschleunigt werden können, um die vorhandenen Planungskapazitäten besser nutzen zu können. Dazu gehört:
  • alle Potenziale der Digitalisierung auszuschöpfen,
  • eine frühzeitige Einbindung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort sicherzustellen,
  • eine Vorhabenbündelung anzudenken, wo dies sinnvoll und möglich ist.