Maßnahmen zur Verbesserung des juristischen Vorbereitungsdienstes

Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag

Portrait Dagmar Hanses

I. Ausgangslage

Der juristische Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen stellt die zweite Phase der zwei­stufigen Ausbildung für Volljuristinnen und -juristen dar. Er dauert in der Regel zwei Jahre und umfasst neben der theoretischen Ausbildung praktische Stationen an Gerichten, bei der Staatsanwaltschaft, Verwaltungsbehörden und Rechtsanwaltskanzleien. Während dieser Zeit sollen die Referendarinnen und Referendare nicht nur ihre juristischen Kenntnisse vertiefen, sondern auch die Fähigkeit entwickeln, in der Praxis fundierte Entscheidungen zu treffen. Die Ausbildung wird von Ausbilderinnen und Ausbildern in den jeweiligen Stationen begleitet. Sie endet mit der zweiten juristischen Staatsprüfung, mit deren Bestehen die Befähigung zum Richteramt erworben wird.1

Die juristische Ausbildung ist anspruchsvoll, denn sie soll die Referendarinnen und Referen­dare auf verantwortungsvolle Tätigkeiten insbesondere in der Justiz, Verwaltung, Rechtsan­waltskanzleien und Unternehmen vorbereiten.

Der juristische Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen bietet dabei im bundesweiten Ver­gleich viele Vorteile. Es werden allmonatlich Einstellungen und damit auch Abschlussprüfun­gen angeboten, die eine maximale Flexibilität für (angehende) Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare bietet. Wer die Ausbildung oder Prüfung unterbrechen muss (z. B. aufgrund einer Erkrankung), kann den Dienst jederzeit nach Wegfall des Hindernisses wiederaufnehmen, insbesondere kann die Prüfung kann schon im Folgemonat wiederholt werden.

Im Rahmen des Teilzeitreferendariats haben Referendarinnen und Referendare die Wahl zwischen einer anteiligen Reduzierung der Einzelausbildung und dem Blockmodell, das eine mehrmonatige Freistellung vor den Examensklausuren ermöglicht. Außerdem können sie auch während des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit oder zurück wechseln.2

Ein weiterer Aspekt der Flexibilität besteht darin, dass bis zu 11 1/2 Monate im Ausland verbracht werden können. Darüber hinaus können Stationen in der Reihenfolge getauscht werden, um flexibel auf attraktive Ausbildungsangebote reagieren zu können. Zudem kann jede Referendarin und jeder Referendar, an der DUV Speyer studieren.3

Auch besteht ein Anspruch auf die digitale Anfertigung der Examensklausuren (sog. E-Klausur), wovon fast alle Referendarinnen und Referendare (ca. 98,5 %) Gebrauch machen.4

Es gibt einheitliche aktuelle Unterrichtsmaterialien für alle Arbeitsgemeinschaften im Zivil-, Straf-, Arbeits- und Anwaltsrechts sowie in der Anfänger-AG Öffentliches Recht, allerdings noch nicht in der Fortgeschrittenen-AG Öffentliches Recht. Die Folien weisen einen engen Bezug zu Übungsklausuren auf, die wiederum auf Original-Examensklausuren beruhen. Die Materialien sind von hauptamtlichen AG-Koordinatoren erstellt worden, werden fortlaufend aktualisiert und erfreuen sich aufgrund ihrer Qualität einer großen Beliebtheit unter Referendarinnen und Referendaren. Jedoch besteht für die jeweiligen Leiterinnen und Leiter der Arbeitsgemeinschaften keine Pflicht zur Verwendung der Unterrichtsmaterialien. Zusätzlich zu den Pflicht-Arbeitsgemeinschaften wird seit Jahren ein freiwilliger wöchentlicher Online-Klausurenkurs angeboten.

Sowohl zum vertieften Lernen als auch für den praktischen Einsatz steht den Referendarinnen und Referendaren neben dem Zugang zu den Bibliotheken der Gerichte ein individueller und kostenloser Zugang zu den Datenbanken Juris und Beck-Online zur Verfügung.

Schließlich besteht die Möglichkeit, in einer Nebentätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Mitarbeiter in der Justiz bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften weitere Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen.

Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage des öffentlichen Haushalts hat das Ministerium der Justiz dieses Jahr nach Abwägung aller Vor- und Nachteile entschieden, einige Änderungen an den Bedingungen des juristischen Vorbereitungsdienstes vorzunehmen. Maßgeblich ist und war, dass die Justiz ihre Aufgaben mit den vorhandenen Ressourcen erfüllen muss.5

In verschiedenen Gesprächen, insbesondere mit Personalvertretungen der Referendarinnen und Referendare, wurden Maßnahmen erörtert, die bei Festhalten an der Deckelung der Neu­einstellungen und dem Vorziehen der mündlichen Prüfung aus ihrer Sicht notwendig seien. Dazu gehören einerseits die Anhebung der Hinzuverdienstgrenze und die Erhöhung des Um­fangs einer Nebentätigkeit, anderseits der verpflichtende Einsatz von zentralisierten Arbeits­hilfen in den Arbeitsgemeinschaften und die Zurverfügungstellung dieser Hilfen für die Refe­rendarinnen und Referendare.

Diese Maßnahmen sind auch aus Sicht der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ­NEN geeignet und erforderlich, um den juristischen Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfa­len nicht nur attraktiv zu halten, sondern auch zu verbessern.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen vorhandener Mittel,

  • die Hinzuverdienstgrenze für Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare auf das Doppelte der Unterhaltsbeihilfe einschließlich etwaiger Zuschläge zu erhöhen.
  • den Umfang einer genehmigungspflichtigen juristischen Nebentätigkeit auf 12 Stunden zu erhöhen.
  • die zentralisierten Arbeitshilfen für Arbeitsgemeinschaftsleitungen fertigzustellen, diese den Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren zur Verfügung zu stellen.

 

1 https://www.justiz.nrw/BS/recht_a_z/R/Rechtsreferendariat/index.php

2 https://www.olg-koeln.nrw.de/aufgaben/referendarabteilung/005_jur_vorbereitung_von-a-z/zw_ref-abt_t/teilzeitreferendariat/index.php

3 https://www.olg-hamm.nrw.de/aufgaben/geschaeftsverteilung/zt-verwaltung/dez05/10_samm-lung/Merkblatt_Speyer.pdf

4 https://www.justiz.nrw/Gerichte_Behoerden/landesjustizpruefungsamt/ljpa_a_z/E-Klausur/index.php

5 Berichte der Landesregierung, Vorlage 18/2735 und Vorlage 18/2737.