I. Ausgangslage
Für unsere Volkswirtschaft fungieren Wasserstraßen und Häfen als Drehscheiben des Warenaustauschs, sie stellen wichtige und klimaschonende Güterverkehrswege dar und sind daher von großer bundes- sowie landesweiter Bedeutung. Die Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit der Wasserstraßen macht einen wichtigen Aspekt der Verkehrsinfrastruktur aus. Die nordrhein-westfälische Binnenschifffahrt ist insbesondere für die hier ansässigen Unternehmen wichtig. Sie spielt eine essentielle Rolle bei dem Transport von Rohstoffen und Gütern und ist ein bedeutender Standortfaktor. Aktuell werden knapp über 20 Prozent der Güterverkehre über Wasserwege transportiert. Daher muss jedes Unternehmen die Möglichkeit haben, seine vor Ort produzierten Güter sowie die eingesetzten Vorprodukte und Rohstoffe schnell und effizient zu transportieren. Hier ist die Brückenerhöhung von zentraler Relevanz, um Container auch mehrlagig bewegen zu können. Bei der Erreichung von Klimazielen im Verkehrsbereich kommt der Verlagerung von Transporten auf die Wasserstraße eine zentrale Rolle zu. Zudem wird dadurch der Straßenverkehr vom Güterverkehr entlastet. Wichtig ist stets, das Gesamtsystem Wasserstraße im Blick zu behalten – das Kanalnetz muss daher zusammengedacht werden mit dem Rhein, um rechtzeitig Engpässe im System zu erkennen und zu beseitigen.
Die Grundvoraussetzung für die Verlagerung der Güterverkehre ist eine leistungsfähige Infrastruktur der Wasserstraßen. Diese zu erhalten und auszubauen liegt in der Verantwortung des Bundes. Für eine verlässliche Logistik sind intakte Schleusen, sanierte Poller und Liegeplätze und bedarfsgerechte Brückenhöhen, die einen mehrlagigen Containertransport erlauben, essenziell. Ebenso wichtige Rahmenbedingungen für die hiesige Industrie sind Digitalisierung, die Anpassung an die Herausforderungen der Klimakrise, die Umstellung auf klimaneutrale Antriebe sowie die Beseitigung von Engstellen im Rhein im Einklang mit natur- und umweltschutzrechtlichen Vorgaben. In der Vergangenheit konnten Erfolge für die nordrhein-westfälischen Wasserstraßen nur dann erzielt werden, wenn die Akteurinnen und Akteure aus Nordrhein-Westfalen gemeinsam die regionale und überregionale Bedeutung dieses Verkehrsträgers miteinander nach Berlin getragen haben.
Aktuell ist der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel virulent spürbar. Die Binnenschifffahrt ist ebenso von der hochgradig angespannten Fachkräftesituation betroffen. Insbesondere durch zunehmende Ruhestandsübergänge ist mit einem möglichen Know-how-Verlust der Beschäftigten der Binnenschifffahrt zu rechnen. Um das vorhandene Personal am effizientesten
einzusetzen und zu halten, bedarf es gezielter Maßnahmen, um gegen den Verlust des Fachwissens vorzugehen.
Auch die Klimakrise stellt die Binnenschifffahrt vor große Herausforderungen, wie die anhaltenden Niedrigwasserereignisse der letzten Jahre gezeigt haben. Dazu sind moderne Schiffstypen notwendig, die auch bei niedrigen Wasserständen noch in der Lage sind, Güter zu transportieren und die Binnenschifffahrt insgesamt resilienter und damit wirtschaftlicher zu machen. Außerdem sind die bisherigen Antriebsformen mit großen Dieselmotoren nicht zukunftsorientiert und stehen der Erreichung der Klimaziele entgegen. Hier muss in den nächsten Jahren verstärkt geforscht und entwickelt werden, damit die Binnenschifffahrt als klimafreundlicher Transportweg insgesamt zukunftssicher bleibt und umweltschonender wird.
Zudem ist die Branche von weiteren Herausforderung im infrastrukturellen Bereich betroffen. Zum einen gilt es weiterhin, die immer maroder werdende Binnenschifffahrtinfrastruktur insbesondere im westdeutschen Kanalnetz zu erhalten und weiterzuentwickeln. Unter anderem gilt es zu überprüfen, inwieweit die aktuellen Maßgaben zu Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Wasserstraßen effektiver gestaltet werden können. Die deutliche Beschleunigung und effiziente Durchführung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist einerseits wichtig mit Blick auf klare Planungshorizonte für die Nutzerinnen und Nutzer der Wasserstraßen sowie andererseits für eine Entlastung und den bestmöglichen Einsatz der beteiligten Akteurinnen und Akteure. Beispielhaft können bei Ersatzneubauten, wie Brücken und Schleußen, Vereinfachungen dadurch erfolgen, dass die Notwendigkeit einer UVP-Pflicht wegfällt. Dabei müssen rechtssichere Lösungen im Einklang mit geltendem Naturschutz- und Umweltrecht gefunden werden, um schneller die Modernisierung unserer Infrastruktur voranzubringen. Außerdem soll geprüft werden, ob angesichts der vielen notwendigen und in der Bauart ähnlichen Moderni-sierungs- und Ersatzneubauten eine Typengenehmigung möglich ist.
Damit es bei Planungen und entsprechenden Umsetzungen zu keinen Verzögerungen kommt, ist eine frühzeitige Kommunikation, die alle Akteurinnen und Akteure sowohl auf der Land- wie auf der Wasserseite mit einbezieht, essenziell. Das ermöglicht ein gemeinsames Vorgehen zum Ausbau und Erhalt der Infrastruktur. Zudem ist die Schaffung von Rechtssicherheit und Standardisierungen von Verfahren im Prozess hilfreich. Zum Erreichen einer modernen und funktionierenden Infrastruktur ist eine stärkere Digitalisierung der Branche und der Infrastruktur notwendig, zum Beispiel bei der Zulaufsteuerung auf Schleusen.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Eine funktionierende Schifffahrtsinfrastruktur ist ein wichtiger Bestandteil zum Erreichen unserer Klimaziele.
- Bei der Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene und Wasserstraße kann der Straßenverkehr nachhaltig entlastet werden.
- Es drohen Engpässe in der Zukunft, da auch die nordrhein-westfälische Binnenschifffahrt vom drohenden Fachkräftemangel unmittelbar betroffen ist.
- Die deutliche Beschleunigung von Planung und Genehmigung – etwa durch die Definition von Bagatellkriterien bei Ersatzneubauten – hätte einen nachhaltig effizienten Effekt auf Prozesse und Verfahren der Binnenschifffahrt.
- Der frühzeitige Dialog mit allen Akteurinnen und Akteuren ist wichtig für ein transparentes und zielführendes Planungs- und Genehmigungsverfahren.
- Die FFH-Gebiete des Rheins erfordern ein besonderes Augenmerk auf die Belange von Arten-, Natur- und Umweltschutz. Deshalb ist es zielführender, Maßnahmen wie die Beseitigung von Engstellen direkt so zu gestalten, dass aufwändige Gerichtsverfahren dieUmsetzung nicht verzögern und Maßnahmen schnellstmöglich umgesetzt werden können.
- Die Umstellung der Binnenschifffahrt auf klimaneutrale Antriebe sowie die notwendige Veränderung der Schiffstypen zur Anpassung an Niedrigwasserereignisse sind Herausforderungen, die zukunftssicher gelöst werden müssen.
- Dass eine schnellstmögliche Sanierung der Poller für den Fortbestand des Güterverkehrs auf dem Rhein und in dem Kanalnetz notwendig ist, um die Engpässe bei Liegeplätzen zu beseitigen.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- sich auch künftig für eine verlässliche Finanzierung von Wasserstraßen beim Bund einzusetzen.
- sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die im Kanalnetz des Bundes liegenden Schleusenanlagen und Poller saniert sowie die Brücken in der Verantwortung des Bundes angehoben werden.
- bei der Sanierung von Landes- und Bundesstraßen generell die Anhebung von Brücken über Wasserstraßen zur leichteren Durchfahrung mit höheren Containerschiffen zu Beginn der Planungsphase zu berücksichtigen.
- den Ausbau von Landstromanschlüssen aus vorhandenen Mitteln weiterhin voranzutreiben.
- die Digitalisierung gemeinsam mit der Branche zu fördern, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
- die konsequente Umsetzung und kontinuierliche Weiterentwicklung des „Aktionsplans Westdeutsches Kanalnetz“ in eine ganzheitliche Binnenschifffahrtsstrategie einzubinden.
- die Ertüchtigung der NRW-Wasserstraßeninfrastruktur durch gute Kommunikation vorzubereiten und entsprechend voranzutreiben.
- den Bund aufzufordern, Planungs- und Genehmigungsverfahren hinsichtlich einer Vereinfachungsmöglichkeit zu prüfen und Natur-, Arten- und Umweltschutzbelange direkt mit zu berücksichtigen, um eine schnelle Umsetzung dringend notwendiger Maßnahmen zu ermöglichen, zum Beispiel bei der ökologisch verträglichen Beseitigung von Engstellen im Rhein.
- sich gegenüber dem Bund für eine Unterstützung der Binnenschifffahrt bei der Entwicklung von neuen Schiffstypen stark zu machen, um damit bei sinkenden Wasserständen einen funktionierenden Gütertransport auf dem Fluss zu gewährleisten.
- sich beim Bund dafür einzusetzen, ausreichende finanzielle Mittel für die Umrüstung bzw. den Neubau von Binnenschiffen mit klimagerechten Antrieben bereitzustellen.
- die Binnenschifffahrt bei der notwendigen Umstellung auf klimaneutrale Antriebe und klimaresiliente Schiffstypen durch entsprechende Förderung von Forschung und Entwicklung in Nordrhein-Westfalen aus vorhandenen Mitteln zu unterstützen.