Kommunalwahlen 2020 in Zeiten von Corona: Land muss Rahmen für faire Wahlen setzen

Entschließungsantrag der GRÜNEN im Landtag

Mehrdad Mostofizadeh

Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020“ (17/9365)

I.                     Ausgangslage
Wahlen sind keine politischen Pflichtveranstaltungen, sondern ein wesentliches Kernelement der Demokratie. Anders als in anderen politischen Systemen müssen sich Regierende regelmäßig einer Bewertung durch die Regierten stellen und ihre politische Arbeit erklären. Dies geschieht im Allgemeinen in vielen Gesprächen auf der Straße, Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen. Und auch die Grundlagen für Wahlen finden in Zusammenkünften vieler Menschen statt, so zum Beispiel bei Aufstellungsversammlungen der Parteien, zu denen zwingend alle Parteimitglieder eingeladen werden müssen.
Die Corona-Krise schränkt viele dieser Voraussetzungen für einen offenen und fairen Wahlkampf ein. So sind Sammlungen von Unterstützungs-Unterschriften für parteilose Kandidatinnen und Kandidaten bzw. für kleinere Wählergruppen aktuell durch die geltenden Kontaktbeschränkungen stark begrenzt. Auch sind große Parteiversammlungen zur Aufstellung von Wahllisten in den gewohnten Räumlichkeiten nicht durchführbar, da auf ausreichenden Abstand zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Folge der Infektionsschutzmaßnahmen zu achten ist. So müssen Ratssitzungen mit 60 bis 90 Mitgliedern aktuell in Stadt-, Messe- oder Turnhallen durchgeführt werden. Die Kosten hierfür gehen ins Vierfache, viele Parteigliederungen sind mit solchen Rahmenbedingungen schlicht überfordert.
Dass die NRW-Kommunalwahl am 13. September 2020 stattfinden wird, steht so gut wie fest. Gleichzeitig werden sie unter dem Eindruck und den Auswirkungen der Pandemie stehen und entsprechende Vorkehrungen nötig werden. Um einen fairen Wahlkampf mit annähernd gleichen Wettbewerbsbedingungen ermöglichen zu können, braucht es Unterstützung seitens des Landes, sowohl in der Phase der Wahlvorbereitung als auch in der „heißen“ Wahlkampfzeit. Dabei reicht es nicht aus, nur auf die Verlängerung von Fristen oder die Verringerung von Quoren zu setzen, wichtig sind auch direkte Hilfestellungen für die Kommunen und die örtlichen Parteigliederungen.
Grundsätzlich trägt das Wahlgebiet gem. § 47 KWahlG NRW die Kosten der Kommunalwahl selbst. Allerdings muss für die Durchführung des Wahlkampfes und der Wahl selbst unter Hygienebedingungen mit Mehraufwand und damit auch mit mehr Kosten gerechnet werden. Hier erwarten wir vom Land, dass es den Kommunen die entstehenden Mehrausgaben erstattet. Dass die Wahl unter dem bestmöglichen Schutz für die Wähler und Wählerinnen stattfindet, ist nicht nur Aufgabe der Kommunen, sondern auch des Landes. Denn diese Aufgabe geht über diejenige hinaus, für die § 47 KWahlG NRW eine Kostenregelung getroffen hat. Bei der Konstruktion der Norm hatte der Gesetzgeber nur den Standartfall einer Wahl vor Augen.
Ein Beispiel für die Mehrkosten, die vom Land übernommen werden müssen, ist die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten für Parteiveranstaltungen wie zum Beispiel Aufstellungsversammlungen. Die größeren Räumlichkeiten sind notwendig, um genügend Sicherheitsabstand zwischen den Menschen halten zu können und gleichzeitig allen Parteimitgliedern die Wahl ihrer Kandidatinnen und Kandidaten zu ermöglichen. Ein anderes Beispiel sind erhöht anfallende Kosten zur hygienischen Gestaltung der Wahllokale. Und auch am Wahltag sollte der nötige Abstand gewahrt werden können, ohne Zugangshürden aufzubauen.
II.                    Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf
1.    den Kommunen die notwendigen hygienebedingten Mehrkosten zur Durchführung von Aufstellungsversammlungen, die bei der kostenlosen Bereitstellung entsprechender Räumlichkeiten an die Parteien entstehen, zu erstatten.
2.      die Kommunen dabei zu unterstützen, die Nutzbarkeit der Wahllokale insbesondere mit Blick auf die Zu- und Abgänge barrierefrei zu gewährleisten und einen hohen Durchfluss zu ermöglichen, um am Wahltag die Wartedauer zu reduzieren.
3.    die rechtliche Möglichkeit zur zweitägigen Wahl einmalig zur Kommunalwahl 2020 zu prüfen.
4.    die Möglichkeiten zur Sofortwahl in den kommunalen Bürgerämtern zu erleichtern und auszubauen.
5.    zu prüfen, unter welchen rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen der grundsätzliche Versand von Briefwahlunterlagen mit der Wahlbenachrichtigung möglich ist.