Köln/Bonn: Mit Billigfliegern Wachstum erkauft – Brandschutz vernachlässigt! Was wusste die Landesregierung und was wurde zur Abhilfe unternommen?

Kleine Anfrage von Horst Becker und Arndt Klocke

Das Handelsblatt berichtete am 17. Juli 2017 online und in der Printausgabe am 18. Juli 2018 unter der Überschrift Millionen für Billigflieger, interne Dokumente des Flughafen Köln/Bonn würden belegen, dass der Flughafen „unter Führung von Garvens allein in den ver- gangenen vier Jahren mehr als 130 Millionen Euro ausgab, um seine Passagierzahlen aufzu- peppen. 2017 waren es 40 Millionen Euro, um Fluglinien wie Eurowings und Ryanair zu unterstützen.“1
Auch die die Kölnische Rundschau berichtet am 24. Juli unter der Überschrift „Wie Köln/Bonn die Airlines lockte“ über diese Praktiken: „Das größte Problem ist, dass die Zuschüsse verschieden hoch nach Kriterien vergeben wurden, die der Öffentlichkeit nicht bekannt sind. Lufthansa erhielt laut einer (der Redaktion) vorliegenden Aufstellung aus 2016 keinen Rabatt, Tuifly sehr wenig, Air Berlin nicht einmal zehn Prozent, aber Ryanair rund 70 Prozent. Eurowings erhielt für die Langstrecke sogar einen Zuschuss.
Laut Handelsblatt wurde dieses Wachstum auf Kosten der Profitabilität erzielt: „Dem Handelsblatt liegen Auszüge aus der Buchhaltung des Flughafens vor. Sie zeigen ein Unternehmen, das unter Führung von Garvens allein in den vergangenen vier Jahren mehr als 130 Millionen Euro ausgab, um seine Passagierzahlen aufzupeppen. 2017 waren es 40 Millionen Euro, um Fluglinien wie Eurowings und Ryanair zu unterstützen. Im Gegenzug buchten diese Airlines verstärkt Verbindungen über den Flughafen. So wuchs der Umsatz, aber nicht der Gewinn – im Gegenteil: Das jüngste veröffentlichte Betriebsergebnis betrug 20,5 Millionen Euro – 2002 lag es fast doppelt so hoch.“ Weiter wird ausgeführt, dass ausweislich der dem Handelsblatt vorliegenden Zahlen aus der Buchhaltung nachzuweisen sei, das „Garvens’ Fixierung auf die Passagierzahlen wirtschaftlich kaum zu rechtfertigen war, (der Flughafen) unter Führung von Garvens allein in den vergangenen vier Jahren mehr als 130 Millionen Euro ausgab, um seine Passagierzahlen aufzupeppen. 2017 waren es 40 Millionen Euro, um Fluglinien wie Eurowings und Ryanair zu unterstützen.“
Es wird darauf verwiesen, dass zwischen 2006 und 2016 der Umsatz um 25 Prozent auf 319 Millionen Euro gestiegen sei, das operative Ergebnis aber stagnierte und deshalb notwendige Reinvestitionen ausblieben. Insbesondere Mängel beim Brandschutz seien die Folge gewe- sen: „Es bestehen 236 Brandschutzmängel mit der Kennzeichnung, Gefahr an Terminal 1‘“, stand in einem Prüfbericht der Dekra 2015. „Die Betriebssicherheit und Wirksamkeit der Anla- gen konnte nicht bestätigt werden.“ Gleichzeitig ist vermerkt: Die zuständigen Behörden seien über die notwendigen Sanierungsmaßnahmen „nur wenig detailliert informiert“ gewesen. So blieben selbst erkannte Schwachstellen jahrelang bestehen. Eine mangelhafte Brandschutz- klappe sei im August 2014 von der Dekra protokolliert worden, heißt es in dem Bericht. „Der Mangel wurde erst nach zweimaliger Aufforderung und Fristverlängerung der Dekra mit erheb- licher Verzögerung beseitigt. Die Abnahme war im April 2017.“
Der Flughafen weist die Vorwürfe zurück: „Sämtliche brandschutztechnischen Anlagen wer- den gemäß den gesetzlichen Bestimmungen regelmäßig von unabhängigen externen Sach- verständigen überprüft. Sollten Mängel festgestellt werden, werden sie unverzüglich abgear- beitet“, so ein Sprecher. Insider berichten allerdings, dass der Aufsichtsrat erst Ende 2017 von den Problemen erfahren habe. Die Ermittlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zeig- ten jedenfalls Risse in Garvens’ Erfolgsfassade. Zwar bestehe „aktuell keine Gefahr für Leib und Leben“. Doch für eine Lösung der Brandschutzprobleme fehle einfach das Geld. „Auf Ba- sis aktueller Erkenntnisse ist ein Budget von acht Millionen Euro erforderlich“, stellten die Prü- fer fest. Dann zitierten sie, wie die Flughafenführung mit diesem Notstand umging: „Teilsanie- rungen müssen das wirtschaftlich Mögliche berücksichtigen (zwei bis drei Millionen per anno).“ Das nüchterne Fazit der Prüfer in dem Bericht aus dem Dezember 2017: Der Flughafen Köln- Bonn orientiere sich bei der Beseitigung von Brandschutzmängeln „nicht an der tatsächlichen Notwendigkeit, sondern an wirtschaftlichen Möglichkeiten“. Nach einer Erklärung für diese Pra- xis gefragt, widersprach der Flughafen den Prüfern. In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es, sämtliche Mängel würden „unverzüglich in enger Abstimmung mit den externen Fachleuten abgearbeitet“. Wie die Prüfberichte dann das Gegenteil beschreiben konnten, blieb offen.“
Diese Mängel beim Brandschutz gehen einher mit einem offensichtlich erheblichen Missmanagement bei den notwendigen Reinvestitionen in das Bahnsystem und die Rollwege. Während in Letztere offensichtlich so gut wie nichts mehr investiert wurde, wird nach jahrelanger Flickschusterei („Reparieren statt Sanieren“) nun seit 2016 stückweise das Bahnsystem und auch die lange Start- und Landebahn saniert. Es drohen allerdings erhebliche Probleme verkehrlicher und wirtschaftlicher Art, sollten die Maßnahmen nicht bis Ende November abgeschlossen und eventuell sogar die Erlaubnis für Schlechtwetterflüge nach Kategorie zwei oder drei nicht mehr erteilt werden. Dies gilt umso mehr, weil die bauausführende Unternehmensgruppe Heitkamp dem Vernehmen nach wegen Folgeaufträgen nicht über Ende 2018 hinaus am Flughafen tätig sein kann. Hinzu kommt, dass für die letzte aufgetragene, fünf Millimeter dünne Deckschicht auf der langen Bahn gutachterlich nur bis Ende 2018 als ausreichend testiert wurde. Schon jetzt kommt es trotz bester Wetterlage zu erheblichen Verzögerungen gegenüber den im vergangenen Jahr veröffentlichten Planungen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Bestand aus Sicht der Landesregierung durch die wesentlich verzögerte Beseitigung der in dem Artikel, bzw. im Prüfbericht der DEKRA dargestellten Brandschutzmängel Gefahr für Beschäftigte, Passagiere und Besucher?
  2. Seit wann sind die beschriebenen Brandschutzmängel der Landesregierung, auch in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter über die Beteiligungsgesellschaft des Landes NRW, bekannt?
  3. Seit wann sind die beschriebenen Brandschutzmängel der Bezirksregierung Düsseldorf als Luftaufsicht bekannt?
  4. Seit wann sind die beschriebenen Brandschutzmängel der Stadt Köln bekannt?
  5. Was wurde durch die beteiligten Stellen jeweils unternommen, um die Mängelbehebung zu beschleunigen? (Bitte jeweils Angabe der Stelle, Datum und genauer Forderung, bzw. Auflage angeben.)