Klimaschutz ist eine globale Gerechtigkeitsfrage- NRW muss entschieden gegen den Klimawandel vorgehen!

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die GRÜNEN

Aktuell treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus 197 Staaten und zahlreiche zivilgesellschaftliche, wissenschaftliche und wirtschaftliche Akteure in Bonn, um am 23. Weltklimagipfel, der „Conference of the Parties“ (COP23) teilzunehmen. Unter der Präsidentschaft Fidschis debattieren und verhandeln die Staatengemeinschaft und die globale Zivilgesellschaft über die Zukunft unseres Planeten in Nordrhein -Westfalen.
 Die Auswirkungen des Klimawandels sind jetzt schon spürbar. Bis zum Jahr 2015 stieg die Erderwärmung im Vergleich mit der vorindustriellen Zeit um ein Grad. Die schleichenden Folgen sind schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel und eine Verschiebung von Klimazonen. Die bereits heute deutlich spürbaren Folgen sind heftige Unwetter, tödliche Dürren und Überschwemmungen, die die Lebensgrundlage von Millionen Menschen zerstören. Dabei sind die Lasten des Klimawandels ungleich verteilt: Während die sogenannten Industriestaaten hauptverantwortlich für den Klimawandel sind, treffen die negativen Folgen des Klimas aufgrund ihrer geographischen Lage und Finanzlage vor allem die sogenannten Entwicklungsländer. Der Klimawandel macht Fortschritte in der Armutsbekämpfung so zu Nichte. Allein im Jahre 2016 mussten fast 24 Millionen Menschen aufgrund von Wetterextremen aus ihrer Heimat fliehen. Bis zum Jahr 2040 werden, nach einer Studie von Greenpeace, 200 Millionen Menschen auf der Flucht sein.
Vor allem Inselstaaten wie Fidschi, Tuvalu, Kiribati und Vanuatu sind durch den Klimawandel bedroht. Den Vorsitz des Klimagipfels an den pazifischen Inselstaat Fidschi zu vergeben, war folgerichtig und rückt die Interessen der Inselstaaten in den Fokus. Fidschi ist es gelungen, für die COP23 Akteure wie indigene Bevölkerungs- und Gendergruppen, Wissenschaftsinstitute und Nichtregierungsorganisationen neben Staaten als wichtige Akteure zur Umsetzung des Pariser-Klimaabkommens aufzuwerten, indem sie die Möglichkeit haben, zahlreiche Veranstaltungen und Workshops auf und im Rahmen der Konferenz durchzuführen.

Von Paris nach Bonn dem Klimawandel ernsthaft entgegenwirken

In Paris gelang 2015 ein historischer Durchbruch: Zum ersten Mal konnte eine internationale Einigung auf die Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau erzielt werden, die, wenn möglich, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit 1,5 Grad nicht übersteigen soll. Das dort verhandelte Klimaschutz-Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll strebt eine sozial-ökologische Transformation an. So haben 195 Regierungen durch die Unterzeichnung des Abkommens Verantwortung übernommen und versprochen, den Klimawandel aufzuhalten. Damit sind alle Staaten völkerrechtlich verpflichtet, national bestimmte Beiträge vorzulegen (national determined contribution, NDC) und Maßnahmen zur Umsetzung zu ergreifen. Zudem soll gerade Entwicklungsländern geholfen werden, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu entwickeln, Gelder sollen auch für die Behebung von bereits entstandenen und irreversiblen Schäden bereitgestellt werden. Die Staatengemeinschaft möchte zudem wirtschaftlich von der Umstellung auf erneuerbare Energien und ressourcenschonendes Wirtschaften profitieren.
In Bonn geht es nun darum, die Beschlüsse von Paris in ein festes Regelwerk zu fassen, das sogenannte Regelbuch soll dann im kommenden Jahr auf dem Klimagipfel in Polen endgültig beschlossen werden.
In Bonn muss es gelingen, dass sich die Staatengemeinschaft auf vergleichbare Klimaschutzpläne einigt und sichere Berechnungen von geleisteter Klimafinanzierung erarbeitet. Die Staatengemeinschaft braucht strenge Regeln für den Emissionshandel sowie für die regelmäßige globale Bestandsaufnahme.
Gerade für die sog. Entwicklungsländer ist die finanzielle Unterstützung im Kampf gegen die Klimafolgen und die bereits entstandenen Schäden („Losses and Damages“) wichtig. Daher benötigt der in Kyoto verhandelte Fonds für Anpassungsmaßnahmen einen neuen Rahmen und auch frisches Geld. Umso fataler ist es, dass sich der US-Amerikanische Präsident Trump nicht nur großspurig aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zurückziehen will, sondern auch die Vereinbarungen zu Zahlungen an den UN-Klimafonds stoppen will.

NRW muss Verantwortung übernehmen und weiter voran gehen anstatt den Rollback in der Klimapolitik zu vollziehen!

Deutschland wird das selbstgesteckte Ziel, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent zu reduzieren, nicht erreichen. NRW als dem Industriestandort Deutschlands kommt in der Reduzierung von Treibhausgasen dabei eine besondere Verantwortung zu, schließlich werden hier über 30 Prozent der deutschen Treibhausgase freigesetzt. In den vergangenen sieben Jahren hat NRW bereits wichtige Zeichen gesetzt: Mit einem ambitionierten Klimaschutzgesetz und breit angelegtem Klimaschutzplan, der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie, dem Tariftreue- und Vergabegesetz, der Anlage der Mittel aus dem Pensionsfonds nach nachhaltigen Anlagekriterien und dem sukzessiven Abzug klimaschädlicher Investitionen, dem zukunftsfähigen Landesentwicklungsplan sowie dem natur- und menschenverträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Diesen Weg muss auch die neue Landesregierung fortsetzen und damit die Bundesregierung in der Erreichung ihrer internationalen Verpflichtungen unterstützen. Mit der Umsetzung ihres schwarz-gelben Koalitionsvertrags täte sie dies nicht.
Nun geht es auch für Nordrhein-Westfalen darum, die Pariser Klimaziele in konkrete Maßnahmen umzusetzen und die bisherigen Bemühungen deutlich zu erhöhen. Denn Bekenntnisse zu den Pariser Klimazielen alleine reichen nicht aus. Dem müssen konkrete Taten folgen.
Dafür kommt dem Energiesektor mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an den nordrhein- westfälischen Treibhausgasemissionen eineRolle zu. Eine wirkliche Reduzierung der Treibhausgase und wirklicher Klimaschutz ohne einen Kohleausstieg sind nicht möglich.
Dafür ist es notwendig, den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht wie von der schwarz- gelben Landesregierung geplant, zu fesseln. Denn mit einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Umsetzung des geplanten Netzausbaus sowie der Einführung von Speichertechnologien und Lastmanagement wäre es ohne Probleme möglich, aus der klimaschädlichen Kohleverstromung auszusteigen. Die deutschlandweit 20 ineffizientesten und klimaschädlichsten Kohlekraftwerke könnten schon heute auf Grund der Überkapazitäten im Markt vom Netz gehen.
Ein bundesweiter und von NRW unterstützter Kohlekonsens könnte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmen und der gesamten Region dringend benötigte Planungssicherheit geben und so den Strukturwandel ermöglichen.
Klimapolitische Maßnahmen dürfen auch vor dem Finanzbereich nicht haltmachen. Diesen Ansatz verfolgt auch die sogenannte Divestment-Bewegung, die auf den Abzug klimaschädlicher und unethischer Investitionen abzielt. Große Anleger, wie der norwegische Pensionsfonds oder die Allianz haben es vorgemacht und ihre Investitionen aus fossilen Energien abgezogen. Diesem Trend ist auch die rot-grüne Vorgängerregierung gefolgt und hat dafür gesorgt, dass die Mittel des nordrhein-westfälischen Pensionsfonds fortan nach nachhaltigen Kriterien angelegt werden. Denn klimaschädliches Investieren ist nicht nur moralisch zweifelhaft, sondern wird auch zunehmend unlukrativer. Insbesondere staatliche Akteure sind hier in der Pflicht eine Vorbildrolle einzunehmen. Es ist daher insbesondere auch die Aufgabe Nordrhein-Westfalens, einen verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlichen Investitionen weiter zu verfolgen und auszubauen.

Klimaschutz: Wichtiges Ziel in internationalen Partnerschaften

Der Klimaschutz ist ein Ziel der Eine-Welt-Strategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Nach dem Prinzip der Agenda 2030 müssen Industriestaaten auch bei sich ambitionierte Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen und in partnerschaftlicher Kooperation mit anderen Staaten den Klimaschutz global voranbringen. Nordrhein-Westfalen hat mit den verbindlichen Zielen des Klimaschutzgesetzes NRW auch seine globale Verantwortung übernommen. Durch Wissens-und Technologietransfer, Austauschprogramme und die Projektumsetzung in Partnerländern für den Aufbau von Strukturen für den Klimaschutz und die Energieeffizienz hat Nordrhein-Westfalen auch in der internationalen Zusammenarbeit den Klimaschutz vorangebracht.
Die Landesregierung sollte daher die COP23-Verhandlungen zum Anlass nehmen, um ihre internationale Kooperation im Bereich des Klimaschutzes, des Ausbaus Erneuerbarer Energien, der Anpassung an den Klimawandel und der Behebung von Schäden zu intensivieren.
NRW sammelt Erfahrungen im Strukturwandel und kann dieses Wissen anderen Regionen, wie beispielsweise Südafrika, weitergeben. Um den Klimawandel zu begrenzen, ist der Abschied von fossilen Energieträgern unabdingbar. Südafrika ist weltweit der siebtgrößte Kohleexporteur, die Folgen des Bergbaus sind auch für die Gesundheit der dort lebenden Menschen untragbar. Die langjährige Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren Nordrhein-Westfalens und Regionen Südafrikas sollte genutzt werden, um einen Beitrag zur Behebung der Schäden und der Gesundheitsförderung zu leisten und Erfahrungen im Strukturwandel auszutauschen. Auch in Nordrhein-Westfalens Partnerland Ghana ist der Klimawandel zu spüren. Das Dorf Totope leidet unter dem Anstieg des Meeresspiegels. Das Land NRW kann in Kooperation mit Ghana die Zusammenarbeit im Klimaschutz erweitern.
Darüber hinaus sind insbesondere Frauen vom Klimawandel betroffen, sie gehören zu den besonders vulnerablen Gruppen: Sie haben oft den schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung, sind in Katastrophensituationen gefährdeter. Die internationale Zusammenarbeit muss die besondere Rolle der Frau ernstnehmen und gendersensibel mit dem Thema umgehen. Bei der COP23 soll der erste Gender-Aktionsplan im Rahmen der UNFCCC auf Basis des Gender-Beschlusses der COP 22, verabschiedet werden Der Aktionsplan muss alle Genderangelegenheiten ernsthaft berücksichtigen und entsprechend mit ausreichend finanziellen Mitteln unterfüttert werden. Die Strategie des Gender Mainstreaming hat ihren Ursprung in der Entwicklungszusammenarbeit und muss im Interesse nachhaltiger Verbesserungen weiter gestärkt werden.
Die Außenwirtschaftspolitik ist ein wichtiger Sektor, wenn es um die Achtung von ökologischen Standards und die Bekämpfung des Klimawandels geht. NRW ist das exportreichste Bundesland Deutschlands, damit geht eine besondere Verantwortung einher. Die in NRW ansässigen Unternehmen und die Außenwirtschaftspolitik des Landes müssen in ihren internationalen Wirtschaftsbeziehungen nach dem Prinzip des „Corporate Social Responsibility“, soziale, ökologische Standards achten.
NRW hat mit Ländern wie den USA, Indien, Russland, China und Kolumbien starke wirtschaftliche Beziehungen, die die aktuelle Landesregierung erweitern möchte. Bei der Außenwirtschaftsförderung, in der Beratung von Unternehmen, in der Erschließung von Märkten ist es wichtig, ökologische Kriterien einzubeziehen und auf seine ökologische und soziale Folgen zu prüfen.
Eine weitere Vorbild- und Verantwortungsfunktion kommt der öffentlichen Verwaltung zu. Die öffentliche Beschaffung muss ökologische Kriterien achten, wie es im Tariftreue- und Vergabegesetz vorgeschrieben ist, um nicht mit Steuergeldern Produkte zu beschaffen, die den Klimawandel noch weiter verschärfen.
NRW verfügt über Fachkompetenz, Know-How und ist mit den staatlichen und internationalen Institutionen in Bonn Deutschlands wichtigster Standort für internationale Politik. Hier liegt die Chance und die Verantwortung, Vorreiter in der Umsetzung von wichtigen internationalen Leitlinien zu sein, die das Ziel haben, dem Klimawandel entschieden entgegenzutreten.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • sich klar zum Pariser Klimaabkommen und zu den deutschen Klimaschutzzielen zu bekennen,
  • das Fortbestehen des NRW-Klimaschutzgesetzes zu sichern, den NRW- Klimaschutzplan an die erhöhten Pariser Klimaziele anzupassen und so einen Beitrag zu leisten, die Beschlüsse von Paris und der COP 23 umzusetzen,
  • sich auf Bundesebene für einen Kohleausstieg einzusetzen, der der Pariser Klimavereinbarung gerecht wird und den Strukturwandel in den betroffenen Regionen unterstützt,
  • die Erneuerbaren Energien, insbesondere die Windenergie, in NRW weiter auszubauen, und den weiteren Netzausbau in NRW zu unterstützen,
  • die bereits von der rot-grünen Landesregierung begonnene Divestment-Strategie für das Land auszubauen und die nordrhein-westfälischen Kommunen durch geeignete Maßnahmen dabei zu unterstützen, ebenfalls öffentliche Investitionen in klimaschädliche und unethische Vorhaben abzuwickeln,
  • die internationalen Kooperationen, Initiativen und Abkommen NRWs im Bereich des Klimaschutzes und des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, wie Climate Group, Klimabündnis, die Initiative Under2 MOU (Memorandum of Understanding) und Austauschprojekte zu Good Governance im Bereich Klimaschutz, verstärkt fortzuführen und auszubauen, sowie die internationale Kooperation im Bereich Anpassung an den Klimawandel und die  Behebung von Schäden  zu intensivieren,
  • ihre Kooperation mit dem NRWPartnerland Ghana im Bereich Klimaschutz zu intensivieren,
  • Projekte im Bereich Klimaschutz zwischen zivilgesellschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Akteuren in NRW und Südafrika verstärkt zu unterstützen,
  • die besondere Rolle der Frau in Ländern, die vom Klimawandel betroffen sind, anzuerkennen und in Kooperationen mit Partnerstaaten Maßnahmen zu entwickeln um den Gender-Aktionsplan umzusetzen,
  • die „Corporate Social Responsbibilty“Richtlinien in der Außenwirtschaftspolitik einzuhalten,
  • durch die öffentliche Beschaffung keine Produkte zu erwerben, die den Klimawandel verstärken und entsprechende Regelungen im Tariftreue und Vergabegesetz beizubehalten