Kennt die Landesregierung ihre eigene Gemeinsame Geschäftsordnung nicht?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh und Verena Schäffer

Mehrdad Mostofizadeh

Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 628 „Ist der Verstoß gegen die Informationsrechte des Landtags wie im Fall Biesenbach für die Landesregierung eine Petitesse?“ zur deutlichen Fristüberschreitung der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage 295 mit dem Titel: „Justizminister als Kreistagsmitglied, Fraktionsvorsitzender und Mitglied im Verwaltungsrat der Kreissparkasse Köln -Kann sich die Landesregierung einen Teilzeit- Justizminister ohne ungeteilten Einsatz für das Ministerium leisten?“ enthält in der Antwort auf Frage 2 eine Information, die der Nachfrage bedarf.
Die Frage 2 der Kleinen Anfrage 628 lautete:
„Hält die Landesregierung eine Überschreitung der Frist zur Beantwortung von Kleinen Anfragen um fast einen Monat und damit einen Verstoß gegen die Informationsrechte des Landtags für akzeptabel?“

Antwort der Landesregierung in Drucksache 17/1824:

„Die von dem Fragesteller in Bezug genommene Frist von 4 Wochen zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage findet sich in § 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtags. Hierbei handelt es sich um sog. parlamentarisches Innenrecht, das kraft seiner Rechtsnatur die Landesregierung weder berechtigt noch verpflichtet.“
Diese Antwort erweckt den Eindruck, als ob die Landesregierung an die Frist von vier Wochen für die Beantwortung von Kleinen Anfragen nicht gebunden sei, da diese eine interne Angelegenheit des Landtags sei. Dem ist allerdings nicht so. Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Landesregierung formuliert in „§ 32 Kleine Anfragen zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung; Große Anfragen“ Absatz 2:
„Wird eine Kleine Anfrage schriftlich beantwortet, so ist die Antwort binnen vier Wochen nach Eingang bei der Staatskanzlei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages zuzuleiten. Die Antwort ist fünf Tage vor Ablauf der Frist gegenüber dem Landtag der Staatskanzlei mit der Bitte um Freigabe zuzuleiten.“
Darüber hinaus heißt es in § 32 Absatz 3 „Kann die Kleine Anfrage innerhalb der in Absatz 2 genannten Frist nicht beantwortet werden, ist dies der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages nach vorheriger Abstimmung mit der Staatskanzlei rechtzeitig schriftlich mitzuteilen und dabei anzugeben, wann eine Antwort zu erwarten ist.“
In § 1 „Geltungsbereich/Grundsätze“ der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung heißt es zudem:
„(1) Die Gemeinsame Geschäftsordnung ist für die Ministerien und die Staatskanzlei verbindlich. Soweit sich im Folgenden nichts anderes ergibt, schließt die Bezeichnung „Ministerien“ stets die Staatskanzlei ein.
(2)  Sie regelt die Grundsätze der Organisation und des Geschäftsablaufs in den Ministerien, die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien sowie den Dienstverkehr nach außen. Sie soll dazu beitragen, den Geschäftsablauf zweckmäßig, wirtschaftlich und einheitlich zu gestalten. Von den Möglichkeiten der Informationstechnik ist vorrangig Gebrauch zu machen.
(3)  Alle Beschäftigten eines Ministeriums haben sich mit der Gemeinsamen Geschäftsordnung vertraut zu machen und wirken an ihrer Weiterentwicklung mit.“
Mit der Information 17/35 vom 9. Oktober 2017– die nachrichtlich auch an die Kabinettsreferate der Staatskanzlei und der Ministerien verteilt wurde – hat der Landtagspräsident das Verfahren für Kleine Anfragen dargelegt. Darin wird auf Seite 3 ausdrücklich auf § 32 der Gemeinsamen Geschäftsordnung verwiesen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Warum erweckt die Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage 628 den Eindruck, dass die Frist von vier Wochen eine interne Angelegenheit des Parlaments sei?
  2. Sind der Ministerpräsident und der Verfassungsminister tatsächlich der Auffassung, dass die Gemeinsame Geschäftsordnung der Landesregierung für sie nicht bindend sei?
  3. Woher leitet die Landesregierung bei der Beantwortung 17/1824 der Kleinen Anfrage 628 ihre geäußerte Auffassung ab, dass es sich um ein sie nicht bindendes Innenrecht des Parlamentes handele?
  4. Sind der Ministerpräsident und der Verfassungsminister – bzw. die gesamte Landesregierung – tatsächlich der Auffassung, dass sie, wenn sie die 4 Wochen-Frist zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht einhalten können, dies nicht gemäß § 32 Absatz 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung dem Präsidenten des Landtages (nach vorheriger Abstimmung mit der Staatskanzlei) rechtzeitig schriftlich mitteilen müssen und dabei anzugeben haben, wann eine Antwort zu erwarten sei?
  5. Hält die Landesregierung auch künftig an ihrer Rechtsauffassung fest und missachtet sie daher weiterhin mindestens die § 1 Absätze 1 bis 3 und § 32 Absätze 1 bis 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung?