Innovationspotenziale durch eine steuerliche Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen sowie Startups entfalten

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I.  Ausgangslage
Deutschland ist laut einer aktuellen Analyse des Weltwirtschaftsforums das innovativste Land weltweit. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und eine prosperierende Startup-Landschaft tragen massiv zu diesem Ergebnis bei. Mit ihrem technologischen Wissen, Ideenreichtum und dem Mut neue Wege zu gehen, eröffnen sie enorme Chancen für die ökologische und digitale Transformation der Gesellschaft. Eine lebendige Innovationskultur ist Grundlage für diesen nachhaltigen Wandel.
Forschung und Entwicklung (FuE) sind dabei die wichtigsten Ressourcen. Doch mit den bestehenden Instrumenten der öffentlichen Innovationsförderung werden die vorhandenen Innovationspotenziale von KMU und Startups nicht voll ausgeschöpft, da sie auf große Unternehmen ausgerichtet ist und KMU sowie Startups strukturell benachteiligt. Insgesamt erhielten 28 Prozent der innovationsaktiven Großunternehmen im Jahr 2016 eine öffentliche Förderung, bei den innovationsaktiven KMU waren es nur knapp 16 Prozent.
Die Konzentration der Projektförderung auf bestimmte Technologiefelder schließt viele KMU und Startups von vornherein von einer Förderung aus oder sie fallen durchs Raster der Forschungsförderung, weil Beantragungswege zu bürokratisch sind oder weil es für ihre Idee kein passendes Programm gibt. Im Ergebnis werden über 60 Prozent der kontinuierlich forschenden kleinen und mittleren Unternehmen von der öffentlichen Innovations- und FuE- Förderung nicht erreicht. Hier liegt in Deutschland ein enormes Innovationspotenzial brach, mit spürbaren Folgen: Der Anteil von KMU an den gesamten Innovationsausgaben der Unternehmen geht seit Jahren zurück, von 29 Prozent im Jahr 2007 auf 22 Prozent im Jahr 2014. Ebenso geht der Anteil der kontinuierlich forschenden kleinen und mittleren Unternehmen zurück.
Die Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) fordert deshalb schon seit Jahren die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung. Diese soll KMU, aber auch Startups, gezielt und unbürokratisch dabei unterstützen, neue Produkte und Verfahren zu entwickeln und sich Zukunftsmärkte sowie die Chancen des ökologischen Wandels zu erschließen.
In 30 von 36 OECD-Ländern und in fast allen EU-Mitgliedsstaaten existiert eine steuerliche FuE-Förderung. Frankreich und Österreich haben die steuerliche Forschungsförderung erst kürzlich verbessert. In Frankreich wurde eine Steuergutschrift in Höhe von 30 Prozent für Personalaufwand eingeführt und in Österreich wurde zum 1. Januar 2018 eine weitere Erhöhung der dort geltenden Forschungsprämie auf 14 Prozent vorgenommen.
In Deutschland fehlt eine solche Förderung bislang. Gleichzeitig investieren hierzulande kleine und mittlere Unternehmen im internationalen Vergleich nur unterdurchschnittlich in FuE und Innovation. Der Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland beträgt nur 2,93 Prozent. In Europa erreichen Länder wie Österreich und Schweden inzwischen die 3 Prozent-Marke, Länder wie Japan, Israel und Südkorea investieren zwischen 3,5 und 4,3 Prozent ihres BIP in Forschung und Entwicklung. Der Unterschied zu Deutschland liegt im Wesentlichen nicht an den staatlichen FuE-Mitteln, sondern an den zu geringen Aufwendungen aus der Privatwirtschaft.
Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Startups erhalten eine immer größere Bedeutung in der aktuellen Innovationspolitik. Eine steuerliche Forschungsförderung mit Fokus auf diesen Teil des Mittelstandes stärkt Deutschlands Position als Innovationsland, seine künftige Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze von morgen. Die steuerliche Forschungsförderung ist unverzichtbar, um insgesamt eine höhere Forschungsdynamik und das für das Jahr 2025 gesetzte 3,5 Prozent-Ziel zu erreichen.
Die Ausgliederung von einzelnen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in Startups ist eine sinnvolle Innovationsstrategie gerade für größere mittelständische Unternehmen. Unternehmen sollten daher auch solche Ausgaben für von ihnen an Startups delegierte Forschung geltend machen können. Gleichzeitig können dadurch auch Anreize für Kleinst- und Kleinunternehmen gesetzt werden, Forschung und Entwicklung in Startups auszugliedern bzw. Kooperationen mit Startups einzugehen. Davon profitieren auch Kooperationen von Hochschulen oder Forschungseinrichtungen mit KMU. Außerdem sollten insbesondere die Entwicklungsausgaben solcher Startups und Unternehmen gefördert werden, die sich noch in der Gründung befinden und die noch keine Gewinne erzielen.
Die steuerliche Forschungsförderung ist ein geeignetes und unbürokratisches Instrument, um die brachliegenden Innovationspotenziale bei kleinen und mittleren Unternehmen zu heben, Startups gerade in ihrer Gründungsphase sinnvoll zu fördern und so die Innovationsdynamik in der Startup-Landschaft zu beschleunigen sowie Kooperationen zwischen KMU, Startups und Hochschulen oder Forschungseinrichtungen zu stärken. Daher ist eine stärkere Konzentration auf KMU und Startups notwendig.
Der Gesetzentwurf, den die Landesregierung am 6. Juli 2018 in den Bundesrat eingebracht hat, stärkt demgegenüber genauso wie der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht die kleinen und mittleren Unternehmen, sondern schreibt die strukturellen Nachteile fort und belastet den deutschen Fiskus deutlich stärker. Die Gesetzentwürfe gehen insofern in eine grundlegend falsche Richtung.
II.  Der Landtag beschließt:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1.     sich gegenüber den anderen Bundesländern und dem Bund für einen Forschungsbonus in Form einer Steuerermäßigung von 15 Prozent aller Ausgaben für Forschung und Entwicklung für alle Unternehmen bis 249 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro sowie Startups einzusetzen, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit dieser zu verbessern und die Arbeitsplätze von morgen schon heute zu sichern.
2.     die Steuergutschrift zusätzlich zur bestehenden Projektförderung einzuführen. Dieser Forschungsbonus soll zu einer Verbesserung der internen Finanzierungsmöglichkeiten führen und eine erhebliche mobilisierende Wirkung für zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung von KMU und Startups haben.
3.     KMU dabei zu unterstützen, ihre Innovationsaktivitäten in Kooperation mit Startups durchzuführen bzw. dafür zu werben, als Teil der Digitalisierungsstrategie des Unternehmens Startups zu gründen. Bei der Entwicklung dieses Innovationskonzepts sind die DWNRW-Hubs einzubeziehen.