Impfstrategie anpassen – Bußgelder für „Impfdrängler“ einführen

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Mehrdad Mostofizadeh

I. Ausgangslage

Seit dem 22. Februar 2021 sind für die Grundschülerinnen und Grundschüler, zumindest im Wechselmodell, sowie für die Abschlussklassen die Schulen, geöffnet. Zudem sind wieder alle Kinder in den Kitas und bei Tagespflegepersonen willkommen. Dies ist in Hinblick auf die mental sehr belastende Situation der letzten Wochen, insbesondere für die Kleinsten in unserer Gesellschaft, der richtige Schritt.

Gleichwohl ist zu beobachten, dass sich die Vorzeichen für eine dritte Welle verdichten. Um nicht eine dritte Schulschließung vornehmen zu müssen, ist es deshalb entscheidend, das Infektionsgeschehen in den Kitas und Schulen möglichst lückenlos zu kontrollieren und die besten Vorkehrungen dafür zu treffen, dass sich das Virus und die Mutationen nur schwerlich ausbreiten können.

Ende letzter Woche wurde zudem berichtet, dass sich zwei Abgeordnete aus dem Landtag impfen ließen. Die beiden Abgeordneten sind nicht aufgrund ihres Mandats, sondern aufgrund ihres beruflichen Bezugs zu sozialen Einrichtungen geimpft worden. Zuvor hatte es bereits Berichterstattung über Personen gegeben, die sich haben impfen lassen, ohne der prioritären Impfstufe der STIKO anzugehören.

II. Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher prioritär auf Reservelisten aufnehmen

Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher nehmen in den nächsten Wochen ein erhöhtes Risiko in Kauf, sich in der Schule oder in der Kita anzustecken. Dass es inzwischen einen politischen Konsens darüber gibt, dass das Interesse von Kindern und Jugendlichen bei ersten vorsichtigen Öffnungen besonders hoch gewichtet werden muss, ist im Sinne der Jüngsten und Jüngeren in unserer Gesellschaft sehr zu begrüßen. Daraus folgt aber auch ein besonderes Verantwortungsbewusstsein der Politik für diese Personengruppen.

Es ist daher richtig, Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher in die zweite Gruppe der STIKO aufzunehmen. Zudem sollten diese Berufsgruppen zusätzlich für die Impfdosen berücksichtigt werden, wenn es droht, dass Impfstoff am Ende eines Tages übrig bleiben könnte. Impfstoff darf keinesfalls verworfen werden und gleichzeitig sollte er zügig exakt jenen Personen zu Gute kommen, die besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind. Daher ist organisatorisch für jeden Impfeinsatz eine Reserveliste mit Personen zu führen, auf der Personen stehen, die je nach Bedarf kurzfristig geimpft werden können. Dabei sind

Personen der ersten Stufe zuerst zu berücksichtigen. Sollte dies aufgrund oftmals eingeschränkter Mobilität nur schwerlich gewährleistet werden können, sollte insbesondere Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern eine Aufnahme auf entsprechenden Listen angeboten und die unmittelbare Erreichbarkeit gesichert werden.

III. Impfdrängler und Abgrenzungsfragen

Das Bekanntwerden der beiden schon geimpften Abgeordneten macht zwei Probleme sichtbar, die angegangen werden müssen. Zum einen muss die Abgrenzung präziser erfolgen, wer zur jeweiligen Gruppe der STIKO gehört, d.h. welches Personal in den sozialen Einrichtungen konkret geimpft werden darf. Zudem bedarf es einer bußgeldbewährten Rechtsgrundlage, um „Drängler“ zu sanktionieren. In einem ersten Schritt muss die Landesregierung für mehr Klarheit sorgen, indem das MAGS in einem Erlass die Gruppen weiter präzisiert. Hinsichtlich der Forderung nach einer Rechtsgrundlage richtet sich diese an den Bund. Daher wird die Landesregierung aufgefordert, dies gegenüber der Bundeskanzlerin und des Bundesgesundheitsministers bzw. in der Bund-Länder-Konferenz einzufordern und einen eigenen Gesetzgebungsvorschlag kurzfristig vorzulegen. Dabei sind empfindliche Strafen vorzusehen, die deutlich über die Sanktionen gegen Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen hinaus gehen.

Fragen zur Abgrenzung der verschiedenen Gruppen stellen sich insbesondere da, wo Personen tätig sind, die zwar nicht zur ersten Gruppe der STIKO gehören, aber mit diesen Personen in Kontakt kommen können. Hier ist zu klären, unter welchen Umständen diese Möglichkeit zur vorgezogenen Impfung berechtigt. Bei der jetzigen Regelung ist eine Grauzone entstanden, die, wie das oben genannten Beispiel zeigt, zu ungerechten Ergebnissen führen. Während sich engste Angehörige von Personen der Stufe 1, die in Heimen untergebracht sind, nicht impfen lassen können, haben sich offenbar Personen aus der Verwaltung dieser Heime schon impfen lassen.

IV. Den Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2 rechtzeitig vorbereiten

Mit fortschreitender Impfung stellt sich zudem die Frage, wie ein fairer und gerechter Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2 der von der STIKO festgelegten Gruppen erfolgen soll. Hierfür bedarf es schon heute einer klaren Regelung und nicht erst dann, wenn der Übergang schon angelaufen ist. Hierbei ist sicherzustellen, dass eine ausreichende gesetzliche Grundlage und entsprechende Verwaltungsverfahren für zwei Sachverhalte sichergestellt werden. Zunächst muss sowohl eine Rechtsgrundlage geschaffen, als auch ein Verwaltungsverfahren für die Feststellung der Einzelfallfeststellungen nach § 3 Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe j) festgelegt werden. Ferner muss die Festlegung von berechtigten Personen nach § 3 Absatz 1 Nr. 3 der Coronavirus-Impfverordnung des Bundes rechtssicher geklärt werden. Auch hierzu bedarf es zügig einer rechtlichen Grundlage, damit sich die potentiell berechtigten Personen auf diese Verfahren einstellen und entsprechende Vorbereitungen treffen können.

V. Beschluss

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, auf folgende Punkte hinzuwirken bzw. auf Landesebene umzusetzen:

  1. Erstellung von verbindlichen Reservelisten auf kommunaler Ebene durch einen Erlass des MAGS, damit kein Impfstoff verworfen werden muss und die Vergabe sicher an den vorgesehen Personenkreis vergeben wird. Bei den Reservelisten sollen insbesondere Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher berücksichtigt werden.
  2. Klare Reglungen, welche Personengruppen des Personals in sozialen Einrichtungen geimpft werden dürfen.
  3. Schaffung einer bußgeldbewährten Regelung, die das Vordrängeln beim Impfen sanktioniert.
  4. Schaffung einer transparenten Regelung, wer von den jeweiligen Impfstufen erfasst ist und wie der Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2 gelingen kann.