Identitätsstiftende Strukturen erhalten, Gemeinschaft fördern, Ehrenamt entlasten

Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen im Landtag

Portrait Robin Korte

I. Ausgangslage

Nordrhein-Westfalen ist ein Land des Ehrenamts. Mehr als 120.000 eingetragene Vereine und andere gemeinnützige Organisationen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Zusammen­halt unserer Gesellschaft. Sie fördern Sport und Kultur, pflegen Brauchtum und Traditionen, engagieren sich für Integration, Bildung, Kirche, Soziales oder Umwelt. Insbesondere in ge­meinnützigen Organisationen wie den freiwilligen Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk oder dem Roten Kreuz kümmern sich Ehrenamtliche sogar um unsere Gefahrenabwehr und Sicherheit.

Vereine, andere gemeinnützige Organisationen und ihre Ehrenamtlichen sind nicht nur selbst ein Stück gelebter Heimat, viele von ihnen sind auch Träger öffentlicher Infrastruktur. Vielerorts geht die Bedeutung von Vereinsheimen oder auch der Wache der freiwilligen Feuerwehr über den eigenen Verein oder Träger und den hauptsächlichen Bestimmungszweck hinaus. Oft prägen sie das gesamte Ortsbild, beherbergen „die letzte“ Gastronomie vor Ort und stehen auch Dritten für gemeinnützige Veranstaltungen zur Verfügung. Nicht selten sind sie zentrale Orte des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Daseinsvorsorge zugleich.

Dabei ändern sich im Laufe der Zeit auch die gesetzlichen, technischen und gesellschaftlichen Anforderungen an solche Gebäude und Anlagen. Strengere Brandschutzbestimmungen, ge­stiegene Anforderungen an Energieeffizienz und Barrierefreiheit oder auch schlicht der Um­fang und die Größe von technischen Einrichtungen und Fahrzeugen stellen viele Vereine und Träger vor Herausforderungen und benötigen gegebenenfalls größere Investitionen. Auch Ge­rätehäuser der freiwilligen Feuerwehren dienen der örtlichen Gemeinschaft und sind beispiels­weise auf zeitgemäße Schulungsräume und angemessene Aufenthaltsräume angewiesen. Damit wird nicht nur die Grundlage für effizientes Handeln im Einsatzfall gelegt, sondern auch die Attraktivität des Ehrenamts gefördert.

Mit der Heimatförderung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in den vergangenen Jahren ein wirksames Instrument zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der lokalen Identität und des bürgerschaftlichen Engagements etabliert. Mit ihren verschiedenen Förderli­nien unterstützt sie Vereine, Initiativen und Kommunen dabei, die Lebensqualität in Stadt und Land zu erhalten und weiterzuentwickeln. Eine besondere Ausrichtung auf die ehrenamtliche Infrastruktur bietet sich insofern an.

Die Vielfalt ehrenamtlichen Engagements zeigt sich jedoch nicht nur in der eigentlichen Ver­einsarbeit oder dem Vereinsheim. Gerade die Fülle von öffentlichen Veranstaltungen, die eh­renamtlich organisiert werden, trägt überall im Land das gemeinschaftliche Zusammenleben vor Ort. Diese Veranstaltungen sind nicht nur Freizeitangebote, sondern Ausdruck gelebter Kultur, schaffen Begegnungen zwischen Jung und Alt, Alteingesessenen und Zugezogenen, Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebenssituationen. Gerade in strukturschwachen Regionen und ländlichen Räumen sind solche Feste oftmals wichtige Anlässe, bei denen ein ganzes Dorf oder ein ganzer Stadtteil zusammenkommt. Hier wird Gemeinschaft erfahrbar, hier entsteht Identität. Fällt ein Fest aus, fehlt nicht nur ein kulturelles Angebot, sondern auch ein Ort und eine Einladung zur Begegnung.

Die Durchführung solcher Veranstaltungen erfordert viel ehrenamtlichen Einsatz. Doch sehen sich Veranstalter auch mit ständig steigenden organisatorischen und rechtlichen Anforderun­gen konfrontiert. Dadurch steigen der Arbeitsaufwand, die Kosten und somit das finanzielle Risiko zur Durchführung von öffentlichen und nicht-kommerziellen Veranstaltungen. Neben teuren Sicherheitsauflagen und Versicherungen zählen hierzu insbesondere gestiegene Ge­bühren für die Festmusik. Denn jede öffentliche Nutzung von Musik, sei es durch eine Band, einen Chor, eine Kapelle oder über Tonträger, müssen Veranstalter bei der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) anmelden und die entsprechenden Gebühren entrichten. Für professionelle oder kommerzielle Veranstaltun­gen ist dies Teil der regulären Kalkulation. Für kleine, ehrenamtlich getragene Feste, die oft­mals ohne Eintrittsgelder auskommen und sich überwiegend durch Spenden, Eigenleistungen und freiwillige Beiträge finanzieren, sind diese Vorgaben jedoch mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden.

II. Feststellung

Der Landtag stellt fest:

  • Vereine, gemeinnützige Organisationen und die in ihnen organisierten Menschen prägen in vielfältiger Weise unsere Heimat Nordrhein-Westfalen.
  • Durch ihr ehrenamtliches Engagement schaffen sie Orte und Möglichkeiten zur Begeg­nung und tragen so unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber auch wichtige Bau­steine unserer Daseinsvorsorge und Infrastruktur.
  • Die Heimatförderung des Landes Nordrhein-Westfalen ist ein Erfolgsmodell. Sie stärkt das gesellschaftliche Miteinander, fördert das Ehrenamt und trägt dazu bei, die Verbun­denheit der Menschen mit ihrer Region zu bewahren und zu vertiefen.
  • Der Erhalt, Um- und Neubau von Vereinsheimen oder Gerätehäusern stellt viele Vereine und gemeinnützige Organisationen vor enorme Herausforderungen.
  • Ehrenamtlich organisierte Veranstaltungen leisten ebenso einen unverzichtbaren Bei­trag zu kultureller Vielfalt, Integration und gesellschaftlichem Zusammenhalt.
  • Besonders in strukturschwachen Regionen und ländlichen Räumen ist die unkompli­zierte Durchführung von Vereinsfesten von großer Bedeutung für das gesellschaftliche Miteinander.
  • Viele dieser Veranstaltungen sind nicht-kommerziell, werden durch Spenden und Eigen­leistungen getragen und finden ohne Eintrittsgelder statt. Der organisatorische und fi­nanzielle Aufwand für die Lizenzierung von Musik stellt darum für zahlreiche Vereine eine zu große Hürde dar.

III.      Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen vorhandener Mittel,

  1. die erfolgreichen Förderrichtlinien „Starke Heimat Nordrhein-Westfalen“ aus bestehen­den Mitteln fortzuschreiben und zu öffnen für Maßnahmen zur energetischen Sanierung der identitätsstiftenden vereinseigenen Infrastruktur, die der gesellschaftlichen Begeg­nung und dem sozialen Zusammenhalt dient, sowie die anteilige Förderung von Sanie­rungen sowie Neu- und Umbauten von Feuerwehrgerätehäusern der freiwilligen Feuer­wehren,
  2. Gespräche mit der GEMA aufzunehmen und Möglichkeiten zur Entlastung ehrenamtlich organisierter, nicht-kommerzieller Veranstaltungen von Vereinen, anderen gemeinnützi­gen Organisationen und kirchlichen Trägern in Nordrhein-Westfalen zu prüfen und dem Gemeinwohl dienende, ehrenamtlich organisierte, nicht-kommerzielle Veranstaltungen von Vereinen, anderen gemeinnützigen Organisationen und kirchlichen Trägern in Nord­rhein-Westfalen insbesondere durch die pauschale Übernahme verbleibender GEMA-Gebühren zu unterstützen.