Hass gegen Frauen und frauenfeindliche Netzwerke verstärkt in den Blick nehmen

Kleine Anfrage von Josefine Paul, Verena Schäffer, Sigrid Beer, Matthi Bolte-Richter und Stefan Engstfeld

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Portrait Josefine Paul

Antifeminismus ist ein zentraler Bestandteil reaktionärer und rechtsextremistischer Weltbilder. Geschlechterhierarchien sind genauso fundamentaler Bestandteil rechtsextremer Ideologien, wie die Klage über ein vermeintliches Verschwinden traditioneller gesellschaftlicher Strukturen, wie beispielsweise die der „klassischen Familie“.
Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus können hierbei als Scharnierdiskurs an rechtsextreme Ideologien wirken.
Expliziter Hass auf Frauen und Feminismus, der für vermeintliche gesellschaftliche Missstände, wie etwa die Geburtenrate, und persönliche Misserfolge, wie beispielsweise nicht in einer Beziehung mit einer Frau zu sein, verantwortlich gemacht wird, kennzeichnet eine wachsende Gruppe von Antifeministen, die sich vornehmlich im Internet vernetzt. Diese eher lose zusammenhängende Internetsphäre wird als „Manoshere“ bezeichnet. Verbindende Elemente dieser Szene sind Maskulinismus und Misogynie (Frauenfeindlichkeit).
In Foren oder Imageboards tauschen sich Gruppen, wie die sog. Incels („involuntary celibates“, also „unfreiwillig enthaltsam“), Men Going Their Own Way (MGTOW) oder „Pic-Up-Artists“ ihre Verschwörungstheorien aus.
Hass auf Frauen war, neben Rassismus und Antisemitismus, offenbar auch ein Tatmotiv der rechtsterroristischen Anschläge von Halle und Hanau. In ihren „Bekenntnissen“ nahmen beide Täter Bezug auf Verschwörungstheorien, die in der rechtsextremen Szene verbreitet sind und krude Verbindungen zwischen Feminismus, Einwanderung, antisemitischen Ideologien und Muslimen ziehen. Auch die Attentäter von Toronto, Christchurch und Utoya verwiesen in ihren
„Manifesten“ auf ihren Hass gegen Frauen.
Frauenhass als Tatmotiv und verbindendes Element gewaltbereiter Rechtsextremisten ist bislang wenig beachtet worden. Misogynie wird bislang nicht als Merkmal im Definitionssystem der politisch motivierten Kriminalität (PKM) aufgeführt. Hasskriminalität richtet sich gegen Personen wegen tatsächlicher oder zugeschriebener Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder
(äußerlichen) Merkmalen. Frauen sind sowohl in sozialen Netzwerken als auch im analogen öffentlichen Raum stark von Hasskriminalität betroffen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.         Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu frauenfeindlichen Netzwerken vor?
2.         Wie bewertet die Landesregierung eine mögliche Gefahrenlage im Bereich Rechtsterrorismus, die auch durch die Radikalisierung in frauenfeindlichen Netzwerken befördert werden kann?
3.         Beobachtet die Landesregierung einen Anstieg frauenfeindlicher Hasskriminalität in sozialen Netzwerken?
4.         Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine Unterkategorie „Misogynie“ in der Kriminalitätsstatistik sinnvoll wäre, um dieses Phänomen besser bewerten zu können?
5.         Plant die Landesregierung das Thema „Misogynie“ verstärkt in die Präventionsarbeit im Bereich Antidiskriminierung sowie Rechtsextremismusprävention einzubeziehen?