Gewässerschutz voranbringen- Mikroplastik reduzieren!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I.  Die Problematik von Mikroplastik

Wasser ist die Grundlage unseres Planeten und unseres Lebens – es verdient daher einen besonderen Schutz. In den vergangenen Jahren haben die Erkenntnisse über das Vorkommen verschiedenster Mikropartikel in unseren Gewässern stark zugenommen, dazu zählt auch die Verunreinigung durch Mikroplastik. Dabei handelt es sich um winzige Kunststoffpartikel, die größer als ein Mikrometer und kleiner als fünf Millimeter sind.
Dabei wird zwischem primärem und sekundärem Mikroplastik unterschieden. Zum primären Mikroplastik zählt der Einsatz von Mikroplastik als Rohstoff, das Grundmaterial für die Plastikproduktion. Das betrifft die in der Kosmetikindustrie verwendeten Kunststoffe, die vornehmlich in Kosmetik- und Hygieneartikeln, sowie in Wasch- und Reinigungsmitteln vorhanden sind. Mikroplastik dient als Inhaltsstoff bei der Produktion von Konsumgütern und ist daher verstärkt in industrialisierten Ländern im Wasser wieder zu finden. Das sekundäre Mikroplastik hingegen entsteht beim Zerfall größerer Kunststoffteile, z.B. im Verwitterungsprozess, durch Wellenbewegung und Sonneneinstrahlung und bei der Abnutzung anderer Güter, wie beispielsweise bei Textilkunstfasern oder Autoreifenabrieben. Mikroplastik gelangt typischerweise über die Abwasserentsorgung in die Kanalisation und mangels kompletter Filterung in den Kläranlagen in unsere Binnengewässer, Meere und Ozeane. Gemeinsam ist den beiden Formen des Mikroplastiks, das persistent über Jahrhunderte im Meer mit Strömungen im gesamten Meere verbreitet.
Einmal im Meer angelangt können Mikroplastikpartikel hochaktiv auf das Ökosystem einwirken. Einerseits fungieren sie als Wirt für andere hochtoxische Schadstoffe in Gewässern, andererseits lagern Kunststoffpartikel sich auf dem Meeresgrund ab, werden dort von verschiedenen Meereslebewesen aufgenommen und gelangen so schließlich auch in unsere Nahrungskette.
Dies wird an dem Beispiel Bisphenol A deutlich, denn der Weichmacher findet sich in vielen Alltagsprodukten wie z.B. Plastikflaschen, Verpackungen und somit auch in vielen Mikroplastikpartikeln wieder und gilt als besonders gesundheitsschädlich. Wissenschaftler der Universität Bonn beziffern die Belastung des Menschen in den industrialisierten Staaten durch Bisphenol A (BPA) mit über 90 Prozent. In nahezu jeder Urin- oder Blutprobe lassen sich nennenswerte Konzentrationen des synthetischen Hormons mit östrogener Wirkung nachweisen – so die Wissenschaftler. Eine übermäßige Aufnahme kann beispielsweise Ursache für verschiedenste Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit, Diabetes und Herzkreislauferkrankungen sein. Daher hat der zuständige Ausschuss der Mitgliedstaaten der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) im Dezember 2017 entschieden, die Chemikalie Bisphenol A aufgrund ihrer hormonellen Wirkungen auf Tiere in der Umwelt als besonders besorgniserregend anzuerkennen.

II.  Eintragungen vermeiden, Verursacherprinzip festschreiben

Heutige Kläranlagen können Mikroplastikpartikel kaum erfassen, wodurch die teils mikroskopisch kleinen Partikel nicht vollständig aus dem Abwasser herausgefiltert werden. So gelangt es aus unseren Haushaltsprodukten praktisch ungehindert in die Gewässer – und mit dem Klärschlamm auch auf die Felder und in die Luft. Aber auch die illegale Entsorgung in Gewässern, landwirtschaftliche Anwendungen, Kompost und die Bauwirtschaft sind Eintragungspfade in unsere Gewässer. Daher sollte es Ziel eines umfassenden Gewässerschutzes sein, den Eintrag von Mikroplastik zu reduzieren und wo möglich an der Quelle zu verhindern.
Es gilt: Stoffe, die gar nicht erst ins Wasser gelangen, müssen anschließen nicht mit hohem Kosten- und Energieaufwand aus dem Wasser entfernt werden. In Deutschland gibt es mit dem „Kosmetikdialog“ bereits eine Selbstverpflichtung der Industrie über den Verzicht von Mikroplastik in Kosmetik. Diese Bestrebungen gilt es aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Die Umsetzung eines bundes- oder EU-einheitlichen Verbots von Mikroplastik als Inhaltstoff von Kosmetik- und Reinigungsprodukten wäre ein erster Schritt, um die Einträge von Mikroplastik in unseren Gewässern wirksam zu reduzieren. Die USA, Großbritannien und Schweden haben bereits ein Verbot für die Herstellung und den Verkauf von mikroplastikhaltigen Kosmetika umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Es wird Zeit, dass Deutschland sich dem anschließt. Das Mikroplastik, das durch Wasch- und Reinigungsmittel in unsere Gewässer gelangt, wird seitens des Umweltbundesamtes auf eine Menge von ca. 500 Tonnen pro Jahr geschätzt.
Weitere Quellen für Mikropartikel sind Kunststofffasern, die beispielsweise aus Textilien ausgewaschen werden. Doch ein vollständiger Verzicht auf Kunststofffasern in der Textilindustrie ist derzeit schwer zu realisieren, zumal auch der Anbau und die Produktion von Baumwolle mit einem enormen Wasserverbrauch und dem Einsatz von Pestiziden auch nicht umweltfreundlich zu gestalten ist. Hier gilt es Verbraucherinnen und Verbraucher für die Folgen zu sensibilisieren und Alternativen für andere Textilien zu entwickeln und Eintragungen zu verhindern, beispielsweise durch eine Optimierung der Filterfunktion bei Waschmaschinen.
Auch Autoreifen produzieren während ihrer Nutzungsphase Abrieb, der entsprechend der zugrunde liegenden Definition als Mikropartikel aus Kunststoff klassifiziert wird. Laut Untersuchungen des Bundesumweltamtes, wird die Summe der Mikropartikel des Reifenabriebs deutschlandweit auf eine Menge zwischen 60.000 -111.000 Tonnen pro Jahr geschätzt. Daher gilt es die Errichtung weiterer Auffangsysteme zu überprüfen und auf Hersteller zu zugehen um Reifen umweltfreundlicher zu konstruieren.
Eine genaue Kenntnis über die Eintragungspfade in die Umwelt und die Mengen von Mikroplastik ist wesentlich, um die richtigen Maßnahmen umzusetzen. Eine Förderung der Wissensgenerierung in Form von Forschungs- und Entwicklungsprojekte gilt es daher zu unterstützen.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von fünf Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, kommt zu dem Ergebnis, dass in jedem einzelnen Gewässer unterschiedliche Konzentrationen von Mikroplastik zu finden sind. Dabei wurden 25 Wasserproben an oberflächennahe Gewässern im Einzugsgebiet von Rhein und Donau untersucht. Von den hier gefundene 19. 000 Partikel, wurden mehr als 4300 als kleine Plastikteilchen bestimmt, von denen etwa 99 Prozent kleiner als 5 Millimeter waren. Diese stammen, so die Studie, von weggeworfenem Plastik oder aus Waschmitteln und Kosmetika. Dabei wurde insbesondere an der Emscher- und Ruhr-Mündung eine hohe Konzentration nachgewiesen, beide Flüsse fließen durch eine dicht besiedelte Region. Somit ist das Thema auch für Nordrhein-Westfalen von hoher umweltpolitischer Relevanz, zumal die Auswirkungen von Mikroplastik auf unsere Umwelt bislang als unzureichend erforscht gilt.

III.  Der Landtag stellt fest

  • Die Erkenntnisse über das Vorkommen von Mikroplastik in unseren Gewässern haben zugenommen und die Auswirkungen für Mensch und Umwelt sind bislang nicht eingehend erforscht.
  • Um den chemischen Zustand der Gewässer zu verbessern und die Ziele der EG- Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen, sind wirksame Maßnahmen zur Reduzierung von Mikroplastik notwendig.
  • Bei den Gewässerschutzmaßnahmen und deren Finanzierung, muss der konsequenten Umsetzung des Verursacher- und Einleitungsprinzips grundsätzlich Vorrang eingeräumt werden.

IV.  Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich gegenüber der Bundesregierung, im Bundesrat und auf EU-Ebene für ein Verbot von Mikroplastik als Inhaltsstoff in Kosmetik- und Hygieneprodukten einzusetzen.
  2. zu erwirken, dass die Einleitung von Mikroplastik in der „Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer“ besondere Berücksichtigung findet.
  3. den Prozess zur Änderung des Chemikalienrechts (REACH) auf europäischer Ebene zu unterstützen, um zeitnah eine europaweite Regelung zur Vermeidung von Mikroplastik umsetzen zu können.
  4. zu erwirken, dass bei Zulassungsverfahren von Hygiene- und Kosmetikprodukten Risiken für Umwelt und Lebewesen verstärkt berücksichtigt und mit Hilfe von Wirkungsdaten genauer eingeschätzt werden. Wenn nötig, muss auch ein Verbot bestimmter Nutzungen aus Vorsorgegründen erfolgen können.
  5. sich dafür einzusetzen dass die Kosten für die Verbesserung der Klärtechnologien, nach dem Verursacher- und Einleitungsprinzips finanziert und nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt werden.
  6. einen Fahrplan für die notwendige 4. Reinigungsstufe von Kläranlagen vorzulegen, der auch die Erprobung in Modellprojekten vorsieht.
  7. Die politischen Rahmenbedingungen zur Steigerung der Recyclingquote bei Kunststoffen und zur grundsätzlichen Verringerung des Plastikeinsatzes weiter zu entwickeln.