Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauf-tragten des Landes Nordrhein-Westfalen

Portrait Dr. Julia Höller

A       Problem

Die Polizei Nordrhein-Westfalen ist Garant für die Innere Sicherheit der Bürgerinnen und Bür­ger des Landes. Das Vertrauen seitens der Bürgerinnen und Bürger ist für die Polizei dabei ein wichtiges Gut und ein Wertungsmaßstab für das polizeiliche Handeln. Für die Polizei Nord­rhein-Westfalen ist deshalb ein rechtsstaatliches, bürgerorientiertes und professionelles Vor­gehen und Verhalten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von höchster Bedeutung.

Aufgrund der zum Teil hohen Eingriffsintensität kann es jedoch vereinzelt geschehen, dass Bürgerinnen und Bürger die im Einsatz angewendeten Maßnahmen der Polizei als unrecht­mäßig und/oder unverhältnismäßig empfinden. Meist wenden sich die Bürgerinnen und Bürger in diesen Fällen derzeit mit ihren Fragen zu Polizeieinsätzen oder bei der Kritik daran direkt an die Polizei. So existiert in Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Beschwerden von Bürgerin­nen und Bürgern über das Verhalten von Polizeibeschäftigten (alle Beamtinnen und Beamte sowie Regierungsbeschäftigte) ein qualifiziertes Beschwerdemanagement, das in jeder Poli­zeibehörde unter anderem eine eigens dafür vorgesehene Beschwerdestelle vorsieht. Das Beschwerdemanagement der Polizei leistet dadurch bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Transparenz im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das Beschwerdemanagement be­fähigt die Polizeibehörden dazu, Kenntnis über mögliches Fehlverhalten oder Fehlentwicklun­gen im Rahmen der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung zu erlangen und auf dieser Grund­lage entsprechende Maßnahmen zur Optimierung ergreifen zu können.

Dabei fällt es jedoch nicht allen Personen leicht, sich bei der Polizei selbst über eben diese zu beschweren. Hier bestehen teilweise – subjektiv empfundene – Hemmnisse seitens der Bürge­rinnen und Bürger oder es fehlt das Vertrauen im Hinblick auf den Umgang der Organisation bei möglichen Fehlern oder Fehlentwicklungen. Seit vielen Jahren wird zudem von Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftlern, sonstigen Expertinnen und Experten, zum Teil auch aus der Polizei selbst, sowie unabhängigen Gremien und Organisationen eine unabhängige Stelle gefordert, an die sich sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch alle Beschäftigten der Po­lizei mit ihren Anliegen wenden können. Eine unabhängige Stelle stärkt die Förderung einer positiven Fehlerkultur innerhalb einer Organisation und das Vertrauen im Hinblick auf den Um­gang mit möglichen Fehlern oder Fehlentwicklungen nach außen.

Die Etablierung externer Stellen zur Aufklärung etwaigen Fehlverhaltens im Bereich der Polizei ist deshalb bereits heute in vielen europäischen Staaten üblich. Andere Bundesländer, wie z. B. Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Hol­stein, haben in der Vergangenheit aus diesem Grunde bereits entsprechende gesetzliche Grundlagen geschaffen und Beauftragte eingesetzt, die sich explizit mit den dortigen Polizei­angelegenheiten befassen.

Hierbei handelt es sich zumeist um Beschwerdebeauftragte oder sogenannte Ombudsleute, an die sich Bürgerinnen und Bürger mit Anliegen und Anregungen bezüglich der polizeilichen Angelegenheiten wenden können. Auch Polizeibeschäftigte haben in den genannten Bundes­ländern die Möglichkeit, sich mit ihren Eingaben an die jeweilige Beauftragte oder den jeweili­gen Beauftragten zu wenden.

Die Erfahrungen der Arbeit des bisherigen Polizeibeauftragten beim Ministerium des Innern soll in die konkrete Umsetzung der Stelle der oder des Polizeibeauftragten beim Landtag von Nordrhein-Westfalen einfließen.

B       Lösung

Mit vorliegendem Gesetzentwurf werden die Grundlagen dafür geschaffen, die Stelle einer Polizeibeauftragten oder eines Polizeibeauftragten beim Landtag Nordrhein-Westfalen einzu­richten.

Diese Stelle soll – neben dem qualifizierten Beschwerdemanagement der Polizei Nordrhein-Westfalen und weiteren Ansprechstellen – zum einen eine externe und neutrale Anlaufstelle für die Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern sein. Zum anderen soll die oder der Polizeibe­auftragte sich auch mit Eingaben der Polizeibeschäftigten befassen, ohne dass diese wiede­rum Sanktionen oder berufliche Nachteile durch das Vorbringen entsprechender Sachverhalte innerhalb der Organisation zu befürchten haben. Darüber hinaus soll die oder der Polizeibe­auftragte mit ihrer oder seiner Tätigkeit und Expertise die Arbeit des Parlaments unterstützen.

Die eigenständige und unabhängige Untersuchung vorgebrachter Fälle durch die oder den Polizeibeauftragten soll ein bewusst niedrigschwelliges Angebot für die Bürgerinnen und Bür­ger sowie die Beschäftigten der Polizei sein, um Anliegen mit oder innerhalb der Polizei zu bearbeiten und auf etwaige Fehler, Fehlverhalten und Fehlentwicklungen zu reagieren.

Dies wird dem Anspruch an eine moderne Verwaltung gerecht, die stets offen und interessiert mit Hinweisen umgehen und dabei dauerhaft und nachhaltig das Ziel der kontinuierlichen Ver­besserung verfolgen muss.

Zur Gewährleistung einer schnellen und inhaltlich hinreichenden Sachverhaltsaufklärung soll die oder der Polizeibeauftragte mit den dafür notwendigen Befugnissen ausgestattet werden. Darüber hinaus soll die oder der Polizeibeauftragte über eine angemessene Personal- und Sachausstattung zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben verfügen.

C       Alternative

Das qualifizierte Beschwerdemanagement der Polizei Nordrhein-Westfalen ist effektiv, etab­liert und soll daher beibehalten werden. Es ist jedoch nicht auf die Eingaben von Polizeibe­schäftigten ausgerichtet und stellt überdies möglicherweise auch eine Hemmschwelle für Bür­gerinnen und Bürger dar.

Die bislang im Ministerium des Innern eingerichtete Stelle des Polizeibeauftragten bietet dem­gegenüber aktuell lediglich den Polizeibeschäftigten eine Anlaufstelle für Eingaben. Ein Aus­bau dieser Stelle stellt im Hinblick auf die angestrebte externe Angliederung der oder des Po­lizeibeauftragten daher keine ausreichende Alternative dar.

Die Arbeit von weiteren Stellen, wie beispielsweise die der Personalräte, Schwerbehinderten­vertretungen, Gleichstellungsbeauftragten, der Polizeiseelsorge, der Berufsverbände/Gewerk-schaften, des Beschwerdemanagements der Polizei Nordrhein-Westfalen, der Meldestellen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz oder des Petitionsausschusses, steht in keinem Wider­spruch zur bzw. zum Polizeibeauftragten und bleibt von diesem Gesetz unberührt.

D       Kosten

Für die Tätigkeit der oder des Polizeibeauftragten ist eine Ausstattung mit Personal- und Sach­mitteln erforderlich. Diese beträgt insgesamt voraussichtlich 530.000 Euro jährlich.

Der bislang beim Ministerium des Innern eingesetzte Polizeibeauftragte soll zukünftig entfal­len.

E       Zuständigkeit

Die Stelle der oder des Polizeibeauftragten soll beim Landtag angesiedelt sein.

F       Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände

Keine.

G       Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte Keine.

H       Geschlechterdifferenzierte Betrachtung der Auswirkungen des Gesetzes

Der Gesetzentwurf sowie die hiernach vorgesehenen Maßnahmen unterscheiden nicht nach dem Geschlecht oder der Geschlechtsidentität.

I         Befristung, Evaluierung

Eine Befristung der Stelle der oder des Polizeibeauftragten beim Landtag ist nicht vorgesehen. Stattdessen wird eine Evaluation der Anwendung und Auswirkung der Vorschriften des Ge­setzes bis 31. Dezember 2027 im Gesetz festgeschrieben.

 

Gesetz über die unabhängige Polizeibeauftragte oder

den unabhängigen Polizeibeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen

(Polizeibeauftragtengesetz Nordrhein-Westfalen – PolBeaufG NRW)

Teil 1

Aufgaben, Umgang mit Eingaben

§ 1 Aufgaben

  • Die oder der Polizeibeauftragte hat die Aufgabe, das partnerschaftliche Verhältnis zwi­schen Gesellschaft und Polizei zu stärken. Sie oder er unterstützt die Bürgerinnen und Bürger im Dialog mit den Polizeibehörden und wirkt darauf hin, dass begründeten Eingaben mit un­mittelbarem Bezug zur Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen abgeholfen wird und weitere mit unmittelbaren Bezug auf die Polizeibehörden des Landes an sie oder ihn gerichtete Anlie­gen zweckmäßig bearbeitet werden. Ihr oder ihm obliegt auch die Befassung mit Angelegen­heiten aus dem innerpolizeilichen Bereich, die an sie oder ihn im Rahmen einer Eingabe nach § 2 Absatz 2 herangetragen werden sowie die Befassung mit Aufträgen des Innenausschus­ses.
  • Sie oder er geht den an sie oder ihn herangetragenen Hinweisen zu möglichen individuellen Fehlern oder Fehlentwicklungen die Polizei betreffend und Anregungen zur Optimierung der Polizeiarbeit nach und kann hierzu Empfehlungen zur Prüfung in eigener Zuständigkeit an die zuständige Behörde aussprechen. Sie oder er wird ebenfalls tätig, wenn ihr oder ihm auf sons­tige Weise Umstände bekannt werden, die ihre oder seine Aufgabe betreffen.

§ 2 Eingaberecht

  • Jede Person hat das Recht, sich schriftlich, mündlich oder elektronisch unmittelbar an die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten zu wenden.
  • Die Polizeibeschäftigten des Landes können sich mit einer Eingabe bei berechtigten Inte­ressen ohne Einhaltung des Dienstwegs unmittelbar an die Polizeibeauftragte oder den Poli­zeibeauftragten wenden. Wegen der Tatsache der Anrufung der oder des Polizeibeauftragten darf sie oder er weder dienstlich gemaßregelt werden noch sonstige Nachteile erleiden.

§ 3 Form und Frist

(1) Eingaben haben den Namen und die vollständige Anschrift der Einsenderin oder des Ein­senders sowie den zugrundeliegenden Sachverhalt zu enthalten.

(2) Die oder der Polizeibeauftragte bestätigt den Eingang von Eingaben innerhalb von zwei Wochen nach Eingang. Sofern diese keine plausiblen Informationen über Mängel oder Fehl­verhalten im Aufgabenbereich der oder des Polizeibeauftragten enthalten, kann die Eingangs­bestätigung mit dem Hinweis verbunden werden, dass die Sache nicht weiterbearbeitet wird, soweit keine weitere Konkretisierung erfolgt.

(3) Sollte eine abschließende Bearbeitung innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Ein­gabe nicht möglich sein, so ist der Einsenderin oder dem Einsender eine Zwischennachricht, verbunden mit einer Auskunft über den aktuellen Verfahrensstand, zu erteilen.

§ 4 Grenzen des Prüfungsrechts

(1) Die oder der Polizeibeauftragte sieht von einer sachlichen Prüfung der Eingabe ab, wenn

  1. die Zuständigkeit oder rechtliche Einwirkungsmöglichkeit der Polizei des Landes nicht gegeben sind,
  2. ihre Behandlung einen Eingriff in ein laufendes staatsanwaltschaftliches, steuerstraf­rechtliches, disziplinarrechtliches, ordnungswidrigkeitenrechtliches oder gerichtliches Verfahren oder die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung bedeuten würde,
  3. sie sich auf ein rechtskräftig abgeschlossenes gerichtliches Verfahren bezieht,
  4. die Angelegenheit Gegenstand eines Untersuchungsausschusses eines Landtags oder des Bundestags ist oder war,
  5. die Angelegenheit Gegenstand einer Beschwerdesachbearbeitung im Rahmen des Be­schwerdemanagements der Polizei des Landes ist oder war oder
  6. die Angelegenheit Gegenstand einer Meldung an eine Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz vom 31. Mai 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 140) ist oder war.

(2) In Fällen, in denen bereits ein Petitionsverfahren in derselben Angelegenheit anhängig ist oder war, ist keine Eingabe bei der oder dem Polizeibeauftragten mehr möglich.

(3) Die oder der Polizeibeauftragte kann von einer sachlichen Prüfung der Eingabe absehen, wenn

  1. sie nicht mit dem Namen und der vollständigen Anschrift der Einsenderin oder des Ein­senders versehen oder unleserlich ist,
  2. sie weder ein konkretes Anliegen noch einen erkennbaren Sinnzusammenhang enthält,
  3. sich nach Form oder Inhalt der Verdacht des Vorliegens einer Straftat ergibt,
  4. sie gegenüber einem bereits durch die oder den Polizeibeauftragten bearbeiteten Vor­gang kein wesentliches neues Sachvorbringen enthält oder
  5. sie mehr als zwei Monate nach dem beanstandeten Ereignis eingereicht wurde; der oder die Polizeibeauftragte soll von der sachlichen Prüfung absehen, wenn das beanstandete Ereignis mehr als ein Jahr zurückliegt.

(4) Sieht die oder der Polizeibeauftragte von einer sachlichen Prüfung ab, so teilt sie oder er dies der Einsenderin oder dem Einsender, soweit anhand der vorliegenden Kontaktdaten mög­lich, unter Angabe von Gründen mit. Im Falle des Absatzes 1 Nummer 1 kann sie oder er den Vorgang mit Zustimmung der Einsenderin oder des Einsenders an die zuständige Stelle wei­terleiten. Die Entscheidung der oder des Polizeibeauftragten ist nicht anfechtbar.

§ 5 Befugnisse

(1) Die oder der Polizeibeauftragte prüft, ob auf der Grundlage der Eingabe hinreichender An­lass zur Sachverhaltsaufklärung besteht. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn bei ver­ständiger Würdigung des Vorbringens eine nicht unerhebliche Rechtsverletzung der oder des Betroffenen oder ein nicht unerhebliches innerdienstliches Fehlverhalten oder Fehlentwicklun­gen die Polizei betreffend zumindest möglich erscheint. Besteht kein hinreichender Anlass zur Sachverhaltsaufklärung, gilt § 4 Absatz 4 entsprechend.

(2) Zur sachlichen Prüfung kann die oder der Polizeibeauftragte von den zuständigen Landes­behörden und -einrichtungen Auskunft verlangen und um Einsicht in Akten ersuchen. Eine Einsichtnahme in Personalakten ist ausgeschlossen. Die Auskunft ist binnen eines Monats nach Eingang zu erteilen und hat alle für die Beurteilung des Sachverhalts erforderlichen In­formationen zu beinhalten. Hinsichtlich der Akteneinsicht gilt § 29 des Verwaltungsverfahrens-gesetzes NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(3) Sofern es zur sachlichen Prüfung erforderlich ist, kann die oder der Polizeibeauftragte nach vorheriger Anmeldung bei der Behördenleitung die zuständige Polizeibehörde oder Einrich­tung betreten.

(4) Die oder der Polizeibeauftragte kann die beteiligten Polizeibeschäftigten sowie die Leitung der betroffenen Polizeibehörde oder Einrichtung zur Stellungnahme auffordern. Darüber hin­aus kann die oder der Polizeibeauftragte in Erfüllung der ihr oder ihm übertragenen Aufgaben Bürgerinnen und Bürger sowie Sachverständige anhören.

(5) Die zu erteilende Auskunft darf nur verweigert werden, wenn

  1. die oder der betroffene Polizeibeschäftigte mit der Auskunft sich selbst oder eine in § 52 Absatz 1 der Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 13a des Gesetzes vom 27. März 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 109) geändert worden ist, genannte angehörige Person dem Verdacht eines Dienstvergehens oder einer Straftat aussetzen würde,
  2. die oder der um Auskunft angehaltene Polizeibeschäftigte der Polizeibehörde ein Zeug-nisverweigerungsrecht nach § 52 Absatz 1 der Strafprozeßordnung hat oder
  3. zwingende Geheimhaltungsgründe dieser entgegenstehen.

Zwingende Geheimhaltungsgründe im Sinne des Satz 1 Nummer 3 liegen nur vor, wenn die durch das Bekanntwerden des Inhalts eintretenden Nachteile das Interesse an der Sachver­haltsaufklärung offensichtlich überwiegen.

(6) Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens oder einer Straftat rechtfertigen, ist die oder der beteiligte Polizeibeschäftigte darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder sich nicht zur Sache einzulassen und sie oder er sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder eines Bei­stands bedienen kann.

(7) In Abstimmung mit der jeweils zuständigen Behördenleitung und unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles kann eine beobachtende Teilnahme der oder des Polizeibeauftrag­ten bei polizeilichen Großlagen erfolgen.

§ 6 Erledigung und Abschluss des Verfahrens

(1) Die oder der Polizeibeauftragte hat auf eine einvernehmliche Erledigung der Angelegenheit hinzuwirken. Hierzu kann sie oder er Empfehlungen aussprechen und der zuständigen Stelle Gelegenheit zur Abhilfe geben. In bedeutenden Fällen sind die Ersuchen nach § 5 sowie Emp­fehlungen dem für Inneres zuständigen Ministerium zur Information zuzuleiten. Bedeutende Fälle liegen insbesondere vor, wenn sich Hinweise auf grundlegende strukturelle Mängel, ein erhebliches persönliches Fehlverhalten oder grundlegende Zweifel am demokratischen Ver­halten von Polizeibeschäftigten ergeben.

(2) Die zuständige Stelle soll der oder dem Polizeibeauftragten auf Anfrage über die von ihr oder ihm veranlassten Maßnahmen, den Fortgang oder das Ergebnis des Verfahrens berich­ten.

(3) Die oder der Polizeibeauftragte kann von Maßnahmen nach Absatz 1 absehen, wenn die Sach- oder Rechtslage eine gerichtliche Entscheidung angezeigt erscheinen lässt. Sie oder er muss von Maßnahmen nach Absatz 1 absehen, wenn Anhaltspunkte für Straftaten von erheb­licher Bedeutung gemäß § 8 Absatz 3 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2023 (GV. NRW. S. 410) in der jeweils geltenden Fassung vorliegen. Die oder der Polizeibeauftragte teilt dies der Einsenderin oder dem Einsender unter Angabe von Gründen mit. In begründet erscheinenden Fällen nach Satz 1 kann der Vorgang mit Einwilligung der Einsenderin oder des Einsenders und in Fällen nach Satz 2 muss der Vorgang der für die Einleitung eines Straf- oder Disziplinarverfahrens zustän­digen Stelle unter Mitteilung der gewonnenen Erkenntnisse zugeleitet werden.

(4) Die oder der Polizeibeauftragte teilt der Einsenderin oder dem Einsender schriftlich unter Angabe der maßgeblichen Gründe mit, welche Erledigung die Angelegenheit gefunden hat. Die Erledigungsmitteilung zu Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern ist als Durchschrift an die beteiligten Polizeibeschäftigten sowie die Leitung der betroffenen Polizeibehörde oder Ein­richtung zu richten.

(5) Ist die oder der Polizeibeauftragte der Ansicht, dass die behördliche Maßnahme rechtswid­rig und die Einsenderin oder der Einsender dadurch in ihren oder seinen Rechten verletzt ist oder dass ein innerdienstliches Fehlverhalten vorliegt, teilt sie oder er dies in bedeutenden Fällen im Sinne des Absatzes 1 dem für Inneres zuständigen Ministerium mit.

§ 7 Unterstützung

Die Landesregierung, Behörden und Einrichtungen des Landes sowie Körperschaften, Anstal­ten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, unter­stützen die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben.

§ 8 Befugnis zur Datenverarbeitung

(1) Soweit es für die Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben erforderlich ist, kann die oder der Polizeibeauftragte personenbezogene Daten verarbeiten. Dies gilt auch für die Verarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 74 vom 4.3.2021, S. 35), soweit ein erhebliches öffentliches Interesse dies erfordert. In diesem Fall hat die oder der Polizeibeauftragte spezifische und angemessene Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen. Die oder der Polizeibeauftragte darf personenbezogene Daten an den Landtag sowie die in den §§ 5 und 6 genannten Stellen übermitteln und bei diesen Stellen erheben.

(2) Diese Stellen dürfen personenbezogene Daten an die Polizeibeauftragte oder den Polizei­beauftragten übermitteln, soweit sie oder er eine Erhebungsbefugnis hat.

(3) Die Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts nach der Verordnung (EU) 2016/679 und dem Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244, ber. S. 278 und S. 404) in der jeweils geltenden Fassung bleiben im Übrigen unberührt.

Teil 2

Die Polizeibeauftragte oder der Polizeibeauftragte

§ 9 Wählbarkeit

(1) Als Polizeibeauftragte oder Polizeibeauftragter ist wählbar, wer volljährig ist und die deut­sche Staatsbürgerschaft besitzt. Sie oder er muss die Befähigung zum Richteramt oder zu der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt haben und die zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufga­ben erforderliche Fachkunde und Führungserfahrung besitzen. Die oder der Polizeibeauftragte darf gleichzeitig weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes untersteht, angehören. Sie oder er darf neben dieser Funktion kein besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichts- oder Verwaltungsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.

(2) Sie oder er ist nicht wählbar, sofern sie oder er in Folge eines Richterspruchs die Fähigkeit verloren hat, ein öffentliches Amt zu bekleiden oder Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlan­gen. § 45 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 27. März 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 109) geändert worden ist, gilt entsprechend.

§ 10 Wahl und Amtszeit

(1) Der Landtag wählt auf Vorschlag einer Fraktion die oder den Polizeibeauftragten. Jede vorgeschlagene Person hat der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtags vor der Wahl ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Eine Aussprache findet nicht statt.

(2) Die Dienstzeit beträgt fünf Jahre und endet mit der nächsten Wahl der oder des Polizeibe­auftragten. Die Wiederwahl ist einmalig zulässig. Nach dem Ende der Dienstzeit bleibt sie oder er auf Aufforderung der Präsidentin oder des Präsidenten des Landtags bis zur Bestellung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers in der Funktion, längstens jedoch für neun Monate.

§ 11 Bestellung, Funktionsbezeichnung, Verortung

(1) Der oder die Polizeibeauftragte wird für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Die Bestellung erfolgt durch Abschluss eines Dienstvertrages zwischen dem Land und der beauftragten Per­son. Die beauftragte Person erfüllt ihre Aufgaben auf der Grundlage dieses Dienstvertrages. Der Dienstvertrag wird nach Wahl und vor Bestellung der beauftragten Person zwischen den Parteien ausgehandelt. Die beauftragte Person ist zur Erfüllung ihrer Aufgaben an keine Wei­sungen gebunden, übt diese unabhängig aus und ist nur dem Gesetz unterworfen. Die Bestel­lung ist erst nach erfolgreichem Abschluss der erweiterten Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 2022 (GV. NRW. S. 233) in der jeweils geltenden Fassung durch die zuständige Stelle des Landtags zulässig.

(2) Die Funktionsbezeichnung lautet „die Polizeibeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen“ oder „der Polizeibeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen“.

(3) Die Funktion der oder des Polizeibeauftragten ist organisatorisch bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtags verortet.

(4) Die Bestellung endet

  1. mit Verlust der Wählbarkeit nach § 9,
  2. mit Ablauf der Dienstzeit,
  3. durch Tod,
  4. durch Abberufung nach § 12 Absatz 1,
  5. mit der Aufhebung der Bestellung auf Verlangen nach § 12 Absatz 2, oder
  6. im Falle einer Verhinderung, mit der Bestellung einer Nachfolgerin oder eines Nachfol­gers nach § 15 Absatz 2.

(5) Die oder der Polizeibeauftragte sieht von allen mit den Aufgaben ihrer oder seiner Funktion nicht zu vereinbarenden Handlungen ab und übt während der Bestellung keine mit der Funk­tion nicht zu vereinbarende entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit aus. Näheres bestimmt § 9 Absatz 1 Satz 3 und 4, welcher auch während des Dienstverhältnisses gilt.

§ 12 Abberufung und Aufhebung der Bestellung

(1) Der Landtag kann auf Antrag einer Fraktion oder eines Drittels der Mitglieder des Landtags die oder den Polizeibeauftragten mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder abbe­rufen. Die Abstimmung über den Antrag auf Abberufung hat frühestens zwei Wochen und spä­testens acht Wochen nach Eingang des Antrags bei der Präsidentin oder bei dem Präsidenten des Landtags stattzufinden.

(2) Die oder der Polizeibeauftragte kann jederzeit die Aufhebung ihrer oder seiner Bestellung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landtags verlangen.

§ 13 Vergütung und ruhegehaltsfähige Dienstzeit

(1) Die oder der Polizeibeauftragte erhält eine Vergütung in entsprechender Höhe des Grund­gehaltes der Besoldungsgruppe B 4 der Anlage 2 des Landesbesoldungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642), in der jeweils geltenden Fassung. Die Vergütung ist Bestandteil des Dienstvertrages nach § 11 Absatz 1.

(2) Sofern eine Beamtin oder ein Beamter oder eine Richterin oder ein Richter des Landes als Polizeibeauftragte oder Polizeibeauftragter bestellt wird, wird sie oder er für die Dauer der Dienstzeit auf Grundlage der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 10. Januar 2012 (GV. NRW. S. 2, ber. 92), in der jeweils geltenden Fassung ohne Besoldung beurlaubt. Die Beurlaubung dient in diesem Fall öffentlichen Belangen im Sinne des § 6 Absatz 2 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV.NRW S. 310, ber. S. 642) in der jeweils geltenden Fassung und wird als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt. Auf die Erhebung eines Versorgungszuschlages wird verzichtet.

§14 Dienstsitz sowie Personal- und Sachausstattung

(1) Die oder der Polizeibeauftragte hat den Dienstsitz beim Landtag.

(2) Das Land stellt die für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstat­tung nach Maßgabe des Haushalts zur Verfügung.

(3) Durch die zuständige Stelle des Landtags erfolgt eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung des Personals nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz Nordrhein-Westfalen.

(4) Der Haushalt der oder des Polizeibeauftragten wird beim Haushalt des Landtags veran­schlagt und geprüft.

§ 15 Verhinderung

(1) Die oder der Polizeibeauftragte bestimmt eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter zur Stell­vertretung. Die Stellvertreterin oder der Stellvertreter führt die Geschäfte, wenn die oder der Polizeibeauftragte an der Ausübung der Funktion verhindert ist.

(2) Dauert die Verhinderung durchgehend länger als sechs Monate, so kann der Landtag die oder den Polizeibeauftragten abberufen und eine neue Polizeibeauftragte oder einen neuen Polizeibeauftragten wählen.

§ 16 Anwesenheit im Landtag

Der Landtag und der für innere Angelegenheiten zuständige Ausschuss können jederzeit die Anwesenheit der oder des Polizeibeauftragten verlangen und sie oder ihn zu ihren Beratungen hinzuziehen, soweit sie einen unmittelbaren Bezug zur Polizei des Landes Nordrhein-Westfa­len haben. Die oder der Polizeibeauftragte hat sich auf Verlangen zu äußern. Weiteres regelt die Geschäftsordnung des Landtags.

§ 17 Verschwiegenheitspflicht

(1) Die oder der Polizeibeauftragte ist auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses ver­pflichtet, über die ihr oder ihm amtlich bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegen­heit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(2) Die oder der Polizeibeauftragte darf, auch wenn sie oder er nicht mehr in einem Dienstver­hältnis steht, über Angelegenheiten, die der Verschwiegenheit unterliegen, ohne Genehmi­gung weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Ge­nehmigung erteilt die Präsidentin oder der Präsident des Landtags.

(3) Unberührt bleiben gesetzlich begründete Pflichten, Straftaten anzuzeigen und bei Gefähr­dung der freiheitlich demokratischen Grundordnung für deren Einhaltung einzutreten.

Teil 3

Schlussvorschriften

§ 18 Tätigkeitsbericht

(1) Die oder der Polizeibeauftragte erstattet dem Landtag jährlich einen schriftlichen Gesamt­bericht über die Tätigkeit des letzten Kalenderjahres.

(2) Sie oder er ist verpflichtet, bei der Aussprache über den Bericht im Landtag und im für innere Angelegenheiten zuständigen Ausschuss anwesend zu sein und sich auf Verlangen zu äußern.

§ 19 Erfahrungsaustausch

(1) Das für Inneres zuständige Ministerium kommt mit der oder dem Polizeibeauftragten sowie Vertretern der polizeilichen Landesoberbehörden wie auch der Kreispolizeibehörden einmal jährlich zu einem Erfahrungsaustausch zusammen, um eine Gesamtbetrachtung der Vor­gänge der oder des Polizeibeauftragten wie auch des Beschwerdemanagements der Polizei im Sinne der Qualitätssicherung und -entwicklung vorzunehmen. Als Grundlage dienen die jeweiligen jährlichen Berichte der oder des Polizeibeauftragten und des Beschwerdemanage­ments.

(2) Die oder der Polizeibeauftragte soll mit dem Petitionsausschuss einmal jährlich zu einem Erfahrungsaustausch zusammenkommen, um eine Gesamtbetrachtung der Vorgänge der o­der des Polizeibeauftragten wie auch der die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen betref­fenden Vorgänge des Petitionsausschusses vorzunehmen. Als Grundlage dienen die jeweili­gen jährlichen Berichte der oder des Polizeibeauftragten und des Petitionsausschusses.

§ 20 Evaluation

Der für innere Angelegenheiten zuständige Ausschuss des Landtags überprüft bis zum 31. De­zember 2027 die Anwendung und Auswirkungen der Vorschriften des Gesetzes durch eine Sachverständigenanhörung. Dem für Inneres zuständigen Ministerium ist Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen der Sachverständigenanhörung zu geben.

§ 21 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

Begründung

A         Allgemeiner Teil

1. Ziel, Gegenstand und Inhalt des Gesetzentwurfs

Ziel der Einrichtung einer oder eines Polizeibeauftragten beim Landtag soll es sein, einem möglichst breiten Kreis von Einsenderinnen und Einsendern eine externe und neutrale An-sprechstelle für die Angelegenheiten der Polizei zur Verfügung zu stellen. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Polizeibeschäftigten sollen möglichst unbefangen beziehungsweise ohne Hemmnisse an diese Stelle mit ihren Belangen herantreten können. Um sicherzustellen, dass die oder der Polizeibeauftragte von einem breiten Personenkreis wahr- und auch tatsäch­lich angenommen wird, soll die Stelle außerhalb des Ressorts des Ministeriums des Innern beim Landtag als unabhängige Stelle angesiedelt werden. Dieser Ansatz fördert das Ver­trauen, da die Bürgerinnen und Bürger sowie die Polizeibeschäftigten hierdurch frei von Sorge bezüglich möglicher Sanktionen oder bürokratischer Hürden an die oder den Polizeibeauftrag­ten herantreten können und hierdurch für sie auch keine Kosten entstehen.

Da es erfahrungsgemäß in vielen Fällen vor allem um gutes Konfliktmanagement bzw. die kontinuierliche Verbesserung der Organisation geht, ist es dabei wichtig, dass ein Mediations-verfahren, sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Polizeibeschäftigten ge­schaffen wird.

Wird staatliches Verwaltungshandeln, zu dem auch die Maßnahmen und das sonstige Verhal­ten der Polizei als Eingriffsverwaltung zählen, angezweifelt, muss eine moderne Verwaltung imstande sein, ihr Handeln transparent zu erläutern und dadurch für die Bürgerinnen und Bür­ger nachvollziehbar zu machen. Diese Pflicht ergibt sich für die Polizei in besonderem Maße, da sie mit erheblichen Befugnissen ausgestattet ist, die es ihr ermöglichen, in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen.

Die internationale Forschung verdeutlicht, dass die Integrität staatlicher Verwaltungen in erster Linie davon abhängt, wie sie mit Fehlverhalten umgehen. Offen mit den Zweifeln an staatli­chem Handeln umzugehen, signalisiert den Bürgerinnen und Bürgern, dass ihre Kritik, Ängste und Sorgen ernst genommen werden. Gleichzeitig wird dem möglichen Eindruck entgegenge­wirkt, dass Fehlverhalten seitens der Organisation vertuscht oder gar toleriert wird. Dies trägt maßgeblich zur Stärkung des Vertrauens in die Polizei und die staatliche Verwaltung in Gänze bei.

Der oder die Polizeibeauftragte hat die Möglichkeit, Themenbereiche der Polizei über einen längeren Zeitraum und über Wahlperioden hinweg zu beobachten und dadurch vertieft zu be­gleiten. Damit ist eine umfassende und objektive Information zu den Themen der Polizei und deren Entwicklung möglich.

Die oder der Polizeibeauftragte kann von sich aus auf Fehlentwicklungen im Bereich der Poli­zei hinweisen, Felder aufzeigen, die einer Veränderung bedürfen, und auf diesem Weg der Politik sowie der Landesregierung Impulse zur Optimierung geben. Ebenso kann die oder der Polizeibeauftragte über bereits gelungene Maßnahmen der Verbesserung informieren und die Wahrnehmung einer guten Fehlerkultur bei der Polizei fördern.

Um den Bürgerinnen und Bürgern und den Beschäftigten der Polizei in Nordrhein-Westfalen eine unabhängige Stelle für ihre Eingaben zur Verfügung zu stellen, soll die oder der Polizei­beauftragte beim Landtag angesiedelt sein. Für die Polizeibeschäftigten soll es möglich sein, sich an die oder den Polizeibeauftragten zu wenden, ohne dafür den innerhalb der Organisation vorgeschriebenen Dienstweg einhalten zu müssen. So soll eine möglichst nied-rigschwellige Kontaktmöglichkeit auch für diesen Personenkreis weiterhin gewährleistet sein.

Neben direkt betroffenen Personen sollen sich auch unbeteiligte bzw. nicht betroffene Dritte an die oder den Polizeibeauftragten wenden können, damit die oder der Polizeibeauftragte möglichst auch auf festgestellte, aber nicht durch eigenes Erleben erfahrene, Fehlentwicklun­gen im Bereich der Polizei aufmerksam gemacht werden kann.

Um dabei eine möglichst hohe Ansprechbarkeit zu gewährleisten, soll das Angebot der oder des Polizeibeauftragten für eine möglichst breite Wahrnehmung auch in geeigneten Fremd­sprachen und barrierefrei bekannt und zugänglich gemacht werden.

Zur Aufgabenerfüllung soll die oder der Polizeibeauftragte die dafür erforderlichen Befugnisse erhalten.

Über abgeschlossene Bearbeitungsfälle erstattet die oder der Polizeibeauftragte dem Landtag anonymisiert Bericht. Einmal pro Jahr verfasst sie oder er hierfür einen an den Landtag ge­richteten Bericht über ihre oder seine Tätigkeit innerhalb des letzten Kalenderjahres, in wel­chem sie oder er unter anderem zentrale Erkenntnisse, Forderungen und Empfehlungen dar­stellt.

Die oder der Polizeibeauftragte soll vom Landtag gewählt werden. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre und endet üblicherweise mit der nächsten Wahl der oder des Polizeibeauftragten. Die Wiederwahl ist einmalig zulässig.

Der Dienstsitz der oder des Polizeibeauftragten soll beim Landtag sein.

Außerdem soll die oder der Polizeibeauftragte über eine angemessene Personal- und Sach­ausstattung zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben verfügen.

2. Finanzielle Auswirkungen

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Stelle der oder des Polizeibeauftragten über eine ange­messene Personal- und Sachausstattung zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben verfügt.

Neben einer Vergütung der oder des Polizeibeauftragten analog der Besoldungsgruppe B 4 der Landesbesoldungsordnung B des Landes sind zwei Planstellen und Stellen für Beamtin­nen oder Beamte der Laufbahngruppe 2.2 oder vergleichbare Tarifbeschäftigte, zwei Planstel­len und Stellen der Laufbahngruppe 2.1 oder vergleichbare Tarifbeschäftigte und drei Plan­stellen und Stellen der Laufbahngruppe 1.2 oder vergleichbare Tarifbeschäftigte vorgesehen, da in Nordrhein-Westfalen bei über 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern und bei 50 Polizeibehörden mit rund 60.000 Beschäftigten im Bereich der Polizei voraussichtlich mit ei­nem entsprechenden Aufkommen an Eingaben zu rechnen sein wird.

Insgesamt sollen Mittel in Höhe von 530.000 Euro jährlich bereitgestellt werden. Der bislang beim Ministerium des Innern eingesetzte Polizeibeauftragte soll zukünftig entfallen.

 

B         Besonderer Teil

Zu Teil 1 – Aufgaben, Umgang mit Eingaben

Zu § 1 – Aufgaben

Die Absätze 1 und 2 definieren die Aufgaben der oder des Polizeibeauftragten.

Der oder dem Polizeibeauftragten fällt die Aufgabe zu, das partnerschaftliche Verhältnis zwi­schen Bürgerinnen und Bürgern und den Polizeibehörden zu stärken. Hierzu hat die oder der Polizeibeauftragte die Bürgerinnen und Bürger im Dialog mit den Polizeibehörden zu unter­stützen und bei begründeten Eingaben auf eine einvernehmliche Klärung der Angelegenheit hinzuwirken, die von Seiten der widerstreitenden Parteien als (interessen)gerecht empfunden werden kann. Bei allen weiteren Eingaben wirkt sie oder er auf eine sachgerechte Erledigung hin. Der Begriff der Eingaben umfasst insbesondere Wünsche, Anliegen, Vorschläge, Lob, Anerkennung, Beschwerden oder Kritik. Darüber hinaus obliegt der oder dem Polizeibeauf­tragten auch die Befassung mit Vorgängen von Beschäftigten der Polizei, sofern diese an sie oder ihn im Rahmen von Eingaben herantreten. Mit der oder dem Polizeibeauftragten wird ausdrücklich keine zusätzliche Disziplinarinstanz geschaffen.

Zudem verpflichtet Absatz 1 die oder den Polizeibeauftragten mit der Erfüllung ihr oder ihm erteilter Aufträge des Innenausschusses. Dadurch, dass es sich um einen Auftrag von Seiten des Innenausschusses handeln muss, wird klargestellt, dass es sich um eine eindeutige Wil­lenserklärung des Parlaments für ein Tätigwerden der oder des Polizeibeauftragen handeln muss. Hierzu bedarf es eines parlamentarischen Mehrheitsentscheids.

Absatz 2 erweitert das Tätigwerden der oder des Polizeibeauftragten über die Bearbeitung von Eingaben hinaus. So ist es Aufgabe der oder des Polizeibeauftragten auch dann tätig zu wer­den, wenn sie oder er Hinweise auf mögliche individuelle Fehler, Fehlverhalten oder Fehlent­wicklungen innerhalb der Polizei oder Anregungen zur Optimierung der Polizeiarbeit erhält.

Die Entscheidung über ein Tätigwerden obliegt allein der oder dem Polizeibeauftragten.

Zu § 2 – Eingaberecht

Die Vorschrift regelt das Recht für alle, sich unmittelbar schriftlich, elektronisch oder mündlich an die oder den Polizeibeauftragten zu wenden, wenn sie ein mögliches persönliches Fehlver­halten von Polizeibeschäftigten oder die Rechtswidrigkeit einer polizeilichen Maßnahme be­haupten oder aber auch Lob bzw. Anerkennung für die polizeiliche Arbeit äußern möchten. Die Eingaben sind nicht an eine besondere Form gebunden, jedoch muss der jeweilige Ein­gabe- oder Beschwerdegrund in nachvollziehbarer Weise geschildert werden. Das soll die Er­reichbarkeit der oder des Polizeibeauftragten für die Bürgerinnen und Bürger sowie für Vertre­terinnen und Vertreter juristischer Personen und die Polizeibeschäftigten erleichtern und den Zugang so möglichst vereinfachen.

Mit Absatz 2 soll hervorgehoben werden, dass sich alle Polizeibeschäftigten ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an die Polizeibeauftragte oder den Polizeibeauftragten wenden können. Eine Eingabe der Polizeibeschäftigten ist möglich, wenn berechtigte Interessen mit der Eingabe vorgebracht werden. Die Vorschrift stellt klar, dass den Polizeibeschäftigten aus solchen Eingaben keine dienstlichen Nachteile erwachsen.

Gemäß der Aufgabe der oder des Polizeibeauftragten, das partnerschaftliche Verhältnis zwi­schen den Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei Nordrhein-Westfalen zu stärken, können Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter juristischer Personen der oder dem Polizeibeauftragten gegenüber ihre Wertschätzung der Polizei zum Ausdruck bringen. Zur Aufgabenerfüllung der oder des Polizeibeauftragten gehört es ebenso, davon Kenntnis zu erlangen, welche Tätigkeit der Polizei als positiv wahrgenommen wird. Die oder der Polizeibe­auftragte leitet Eingaben der Wertschätzung an die betreffenden Stellen zur Kenntnisnahme weiter, um die Beschäftigten der Polizei über die positive Wahrnehmung ihrer Arbeit zu infor­mieren und sie daran teilhaben zu lassen.

Zu § 3 – Form und Frist

In § 3 werden Form und Frist von Eingaben genauer bestimmt.

Eingaben haben den Namen und die vollständige Anschrift der Einsenderin oder des Einsen­ders sowie den zugrundeliegenden Sachverhalt zu enthalten. Soweit Eingaben anonym erfol­gen, liegt es im Ermessen des oder der Polizeibeauftragten, ob er oder sie sich mit einer sol­chen beschäftigt.

Zu § 4 – Grenzen des Prüfungsrechts

Die Vorschrift regelt die Grenzen des Prüfungsrechts der oder des Polizeibeauftragten. Die Absätze 1 und 2 regeln die Fälle des Konflikts mit anderen Zuständigkeiten, Verfahrensarten oder laufenden Verfahren.

Absatz 1 bestimmt, dass unter den dort festgelegten Voraussetzungen von einer sachlichen Prüfung der Eingabe abzusehen ist, um Doppelbefassungen und damit unnötigen Verwal­tungsaufwand zu vermeiden. Eine sachliche Prüfung der oder des Polizeibeauftragten ist aus­geschlossen, sofern deren oder dessen Befassung einen Eingriff in ein gerichtliches, staats-anwaltschaftliches, steuerstrafrechtliches, ordnungswidrigkeitenrechtliches oder disziplinar­rechtliches Verfahren bedeuten würde. Der Ausschluss des Tätigwerdens gilt gleichermaßen, sofern die Eingabe sich auf ein rechtskräftig abgeschlossenes gerichtliches Verfahren bezieht. Ein Tätigwerden zur Überprüfung etwaiger aus einem abgeschlossenen Einzelsachverhalt ge­gebenenfalls resultierender grundsätzlicher Fragestellungen ist dadurch nicht ausgeschlos­sen.

Vorgänge, die Gegenstand eines Untersuchungsausschusses eines Landtags oder des Bun­destags sind oder waren, oder die im Rahmen des Beschwerdemanagements der Polizei des Landes getätigt wurden sowie Meldungen, die an eine Meldestelle nach dem Hinweisgeber-schutzgesetz erfolgt sind, unterliegen ebenso dem Ausschluss einer sachlichen Prüfung durch die oder den Polizeibeauftragten.

Insbesondere im Bereich des Beschwerdemanagements ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass die oder der Polizeibeauftragte sich im Sinne eines Mediationsverfahrens einbringen kann.

Absatz 2 regelt die Verfahrensweise zu Eingaben, die Petitionen im Sinne des Artikel 41a der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen darstellen. Denn grundsätzlich entfaltet ein lau­fendes oder bereits beendetes Petitionsverfahren eine Sperrwirkung im Hinblick auf spätere Eingaben bei der oder dem Polizeibeauftragten in derselben Angelegenheit. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Petitionsrechts im Grundgesetz wie auch in der Landesverfassung. Das Petitionsgrundrecht entfaltet ein solches Gewicht, dass unge­schriebene Nebenpflichten ausgelöst werden. Damit wird die Bedeutung des Petitionsverfah­ren als wirksames Instrument zur Kontrolle und Überwachung der staatlichen Verwaltung ver­deutlicht, die es zu berücksichtigen und zu beachten gilt.

Absatz 3 regelt die Fälle, in denen von einer sachlichen Prüfung abgesehen werden kann. Sofern die Urheberin oder der Urheber einer Eingabe nicht erkennbar ist, kann von einer sach­lichen Prüfung abgesehen werden. Um die Tätigkeit der oder des Polizeibeauftragten nicht mit beispielsweise unklaren, offensichtlich unwahren oder offensichtlich unbegründeten Eingaben zu belasten, kann zudem auch in Fällen, in denen kein klarer Sinnzusammenhang oder kein konkretes Vorliegen eines Eingabegrundes erkennbar ist, von einer sachlichen Prüfung abge­sehen werden. In den Fällen, in denen aufgrund der Form oder des Inhalts der Eingabe der Verdacht entsteht, dass in dem vorgetragenen Sachverhalt eine Straftat vorliegt, ist die Ein­senderin oder der Einsender an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu verweisen.

Ziffer 5 enthält die Maßgabe, dass die oder der Polizeibeauftragte von einer Prüfung absehen kann, wenn Eingaben zwei Monate nach dem Ereignisfall, der der jeweiligen Eingabe zu­grunde liegt, eingereicht werden. Diese Frist ist angebracht, da die oder der Polizeibeauftragte schnell und unkompliziert zur Problemlösung beitragen soll. Dies wird erschwert oder gar un­möglich gemacht, wenn der Lebenssachverhalt, auf welchem die Eingabe beruht, bereits zu lange vergangen ist. Eingaben, deren Ereignisfall länger als ein Jahr zurückliegt, sollen grund­sätzlich von einer Prüfung durch die oder den Polizeibeauftragten ausgeschlossen werden. Sollte die Eingabe auf einem Dauerzustand beruhen, kann dieser jederzeit, solange er noch fortwährt und bis zu zwei Monate nach Beendigung dieses Zustandes beanstandet werden.

Absatz 4 regelt, dass die oder der Polizeibeauftragte der Bürgerin oder dem Bürger das Abse­hen von der sachlichen Prüfung unter Angabe der Gründe hierfür mitteilen soll. Gegen die Entscheidung der oder des Polizeibeauftragten ist ein Rechtsbehelf nicht statthaft. Als vermit­telndes Organ sind die Entscheidungen der oder des Polizeibeauftragen nicht rechtsverbind­lich, sodass daraus kein Rechtschutzinteresse abgeleitet werden kann, gegen die Entschei­dung der oder des Polizeibeauftragten vorzugehen.

Zu § 5 – Befugnisse

Die Vorschrift regelt die Befugnisse der oder des Polizeibeauftragten bei ihrer oder seiner Auf­gabenerfüllung, insbesondere bei der Bearbeitung von Eingaben. Für eine effektive Bearbei­tung von Sachverhalten im Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind entsprechende Befug­nisse erforderlich.

Gemäß Absatz 2 hat die oder der Polizeibeauftragte das Recht, gegenüber der zuständigen Landesbehörde oder -einrichtung Auskunft zu verlangen bzw. um Einsicht in die entsprechen­den Akten zu ersuchen.

Das Akteneinsichtsrecht orientiert sich dabei an den Grundsätzen des § 29 Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW. Danach ist die Einsicht in Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis für die Beurteilung des Sachverhalts erforderlich ist. Die Akteneinsicht kann jedoch ausge­schlossen sein, wenn schwerwiegende öffentliche Interessen, beispielsweise aufgrund einer Geheimhaltungsbedürftigkeit, entgegenstehen. Eine Einsichtnahme in Personalakten ist nicht möglich. Auskunft über Informationen aus der Personalakte sind im Rahmen des Auskunfts­rechts zu erteilen.

Gesetzliche Regelungen über die Erteilung von Auskünften und die Einsicht in Akten und Un­terlagen, insbesondere zum Schutz personenbezogener Daten, bleiben unberührt.

Nach Absatz 3 ist es der oder dem Polizeibeauftragten möglich, die zuständige Polizeibehörde oder Einrichtung zu betreten, sofern eine vorherige Anmeldung bei der Behördenleitung erfolgt ist und dies für die sachliche Prüfung erforderlich ist.

Gemäß Absatz 4 hat die oder der Polizeibeauftragte das Recht, die Leitung der betroffenen Polizeibehörde oder Einrichtung zur Stellungnahme aufzufordern. Darüber hinaus kann sie oder er sämtliche Personen, die zur Sachverhaltsaufklärung beitragen können, anhören. Hierzu zählen weitere Polizeibedienstete, Zeuginnen, Zeugen und Sachverständige. Darüber hinaus wird in Absatz 5 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Auskunft zur Sache von der angerufenen Stelle oder Person verweigert werden darf.

Abschließend regelt Absatz 7 die Möglichkeit, dass die oder der Polizeibeauftragte – je nach Einzelfall und in Abstimmung mit der zuständigen Behördenleitung – an polizeilichen Großla­gen beobachtend teilnehmen kann.

Zu § 6 – Erledigung und Abschluss des Verfahrens

Absatz 1 erläutert den konkreten Ablauf des Tätigwerdens der oder des Polizeibeauftragten gegenüber der Landesbehörde oder Einrichtung. Es wird darauf hingewiesen, dass die oder der Polizeibeauftragte auf eine einvernehmliche Lösung der vorgebrachten Angelegenheit hin­wirken soll. Deshalb soll die oder der Polizeibeauftrage eine Empfehlung aussprechen können, die in bedeutenden Fällen an das fachlich zuständige Ministerium weitergeleitet werden kann. Sie oder er soll als Vermittlerin oder Vermittler zwischen der Einsenderin oder dem Einsender und der entsprechenden Landesbehörde oder Einrichtung tätig werden. Zudem kann sie oder er zur Sache Empfehlungen aussprechen oder der zuständigen Stelle die Gelegenheit zur Abhilfe geben.

In Absatz 2 wird geregelt, dass die zuständige Stelle die Polizeibeauftragte oder den Polizei­beauftragten auf Nachfrage über die von ihr vorgenommenen Maßnahmen, den Fortgang bzw. das Ergebnis des Verfahrens informieren soll.

Absatz 3 enthält die notwendigen Regelungen, in welchen Fälle eine Erledigung durch die oder den Polizeibeauftragten ausgeschlossen werden kann oder ausgeschlossen ist. Die Wei­terleitung an die Strafverfolgungsbehörden darf außer in den gesetzlich geregelten Fällen nur mit Einwilligung der eingebenden Person erfolgen, um die Vertraulichkeit sicher zu stellen.

Absatz 4 regelt, dass die oder der Polizeibeauftragte der Einsenderin oder dem Einsender in schriftlicher oder elektronischer Form unter Angabe der maßgeblichen Gründe mitteilen soll, welche Erledigung eine Angelegenheit gefunden hat. Bei Eingaben durch Bürgerinnen und Bürger ist eine Durchschrift gleichlautend an die beteiligten Polizeibeschäftigten sowie die Lei­tung der betroffenen Polizeibehörde oder Einrichtung zu richten. Letzteres gilt nicht für Einga­ben von Polizeibeschäftigten.

In Absatz 5 wird festgelegt, wie die oder der Polizeibeauftragte vorzugehen hat, falls eine Maß­nahme rechtswidrig erscheint oder ein innerdienstliches Fehlverhalten vorliegt.

Zu § 7 – Unterstützung

Die Vorschrift konkretisiert die Amtshilfeverpflichtung gemäß Artikel 35 Absatz 1 des Grund­gesetzes für die Tätigkeit der oder des Polizeibeauftragten für die Landesregierung, Behörden und Einrichtungen des Landes sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentli­chen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen.

Zu § 8 – Befugnis zur Datenverarbeitung

Absatz 1 legt fest, dass die oder der Polizeibeauftragte ausdrücklich befugt ist, personenbe­zogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der durch Gesetz übertragenen Auf­gaben erforderlich ist.

Da die oder der Polizeibeauftragte personenbezogene Daten verarbeitet, gelten für sie oder ihn die Vorschriften des Datenschutzgesetzes NRW und der Verordnung (EU) 2016/679. Die Vorschriften beschränken die Befugnisse der oder des Polizeibeauftragten zur Datenverarbei­tung bei der Wahrnehmung eigener Aufgaben und bei der Übermittlung von Informationen an andere Stellen jeweils auf das zwingend erforderliche Maß.

Zu Teil 2 – Die Polizeibeauftragte oder der Polizeibeauftragte

Zu § 9 – Wählbarkeit

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen für die Wählbarkeit einer Person zur oder zum Polizeibeauftragten.

Die durch Satz 3 getroffene Beschränkung tritt Gefahren eines Interessenkonflikts entgegen. Eine effektive Ausübung der Funktion der oder des Polizeibeauftragten ist bereits aus zeitli­chen Gründen aufgrund der absehbar erforderlichen Zuwendungsintensität mit anderweitigen Aufgaben nicht zu vereinbaren. Die Vorschrift unterscheidet zwischen der Ausübung eines besoldeten Amtes, Gewerbes oder Berufes und der Mitgliedschaft in einem der aufgeführten Gremien. Soweit die oder der Polizeibeauftragte solche Tätigkeiten wahrgenommen hat, hat sie oder er diese mit der Bestellung zu beenden und entsprechende Mitgliedschaften nieder­zulegen.

Absatz 2 stellt ergänzend klar, dass die möglichen Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung, nämlich den Verlust der Amtsfähigkeit und passiven Wählbarkeit, entsprechend § 45 StGB auch bei der Wahl der oder des Polizeibeauftragten zu berücksichtigen sind.

Zu § 10 – Wahl und Amtszeit

Die Vorschrift regelt das Verfahren zur Wahl der oder des Polizeibeauftragten sowie ihre oder seine Amtszeit. Gemäß Absatz 1 erfolgt die Wahl auf Vorschlag einer im Landtag vertretenen Fraktion ohne vorherige Aussprache. Durch das Vorschlagsrecht einer Fraktion wird die be­sondere Nähe zum Parlament dokumentiert, dem gegenüber die oder der Polizeibeauftragte auch rechenschaftspflichtig ist. Im Vorgriff auf die Sicherheitsüberprüfung nach § 9 Abs. 3 hat die oder der Polizeibeauftragte der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags bereits vor ihrer bzw. seiner Wahl ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen, das zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, Gesetzestreue und Vertrauenswürdigkeit heranzuziehen ist.

Gemäß Absatz 2 beträgt die Dienstzeit fünf Jahre. Damit hat der Landtag im Regelfall einmal in der Legislaturperiode die Möglichkeit und Aufgabe, über die Besetzung der Funktion zu entscheiden. Eine einmalige Wiederwahl der oder des Polizeibeauftragten ist möglich. Diese Regelung sichert einerseits die Kontinuität der Arbeit, andererseits eröffnet sie zugleich einen periodischen Wechsel in der Person der oder des Polizeibeauftragten, um beispielsweise neue Impulse hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen. Der nach Absatz 2 Satz 4 vorgesehene Verbleib in der Funktion bis zur Ernennung einer Nachfolgerin oder eines Nach­folgers stellt einen lückenlosen Übergang sicher. Dass der mögliche Verbleib in der Funktion über die Dienstzeit hinaus allein diesem zeitlich begrenzten Zweck dient, stellt die Begrenzung auf neun Monate sicher. Dies soll dem Landtag einen ausreichenden Zeitraum zur Verfügung stellen, eine Nachfolge auszuwählen.

Zu § 11 Bestellung, Funktionsbezeichnung, Verortung

Die Vorschrift regelt, dass die oder der Polizeibeauftragte in einem privatrechtlichen Dienst­verhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen bestellt wird. Die Ausgestaltung des Dienstvertrages obliegt den betreffenden Vertragsparteien.

Die Anwendung des Sicherheitsüberprüfungsgesetz Nordrhein-Westfalen gewährleistet, dass die oder der Polizeibeauftragte auch mit gegebenenfalls sicherheitsrelevanten Angelegenhei­ten befasst werden kann. Um eine Ermächtigung zum Zugang zu Verschlusssachen bis zum Verschlussgrad „Geheim“ zu ermöglichen, erfolgt eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung durch die zuständige Stelle des Landtags. Eine ohne Sicherheitsbedenken abgeschlossene Sicherheitsüberprüfung ist Voraussetzung für die Übernahme der Aufgabe.

Gründe, die das Dienstverhältnis beenden, werden in Absatz 4 aufgeführt. Die Unvereinbarkeit der Tätigkeit als Polizeibeauftragte oder Polizeibeauftragter mit anderen Tätigkeiten wird in Absatz 5 normiert. Die oder der Polizeibeauftragte soll unabhängig sein und sich und der Funk­tion nicht dem Vorwurf der Interessensvermischung aussetzen.

Zu § 12 – Abberufung und Aufhebung der Bestellung

In § 12 wird festgelegt, unter welchen formalen und zeitlichen Voraussetzungen die Beendi­gung der Tätigkeit der oder des Polizeibeauftragten vor Ablauf der jeweiligen Dienstzeit mög­lich ist. Einerseits ist eine Abberufung der oder des Polizeibeauftragten durch Beschluss des Landtags möglich. Diese Regelung erscheint notwendig, um bei persönlichen oder fachlichen Zweifeln und gegebenenfalls in Folge von möglichen Einwendungen oder einem Vertrauens­verlust seitens der Öffentlichkeit reagieren zu können. Die zeitliche Vorgabe, über den Antrag auf Abberufung nach frühestens zwei Wochen und spätestens nach acht Wochen zu entschei­den, erscheint im Hinblick auf die Vorbereitungszeit, aber auch auf die Herbeiführung eines zeitnahen Ergebnisses, angemessen.

Andererseits kann die oder der Polizeibeauftragte eigenständig und zu jedem Zeitpunkt ihrer oder seiner Dienstzeit die vorzeitige Aufhebung der Bestellung verlangen. Die oder der Poli­zeibeauftragte ist nicht zur Weiterführung der Geschäfte bis zur Ernennung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers verpflichtet.

Zu § 13 – Vergütung und ruhegehaltsfähige Dienstzeit

In § 13 Absatz 1 werden die Vergütung der oder des Polizeibeauftragten geregelt. Sie oder er erhält eine Vergütung in Höhe einer Beamtin oder eines Beamten der Besoldungsgruppe B 4 der Landesbesoldungsordnung B des Landes. Die Vergütung ist festes Element des Dienst­vertrages nach § 11 Absatz 1.

Absatz 2 stellt klar, dass eine Beamtin oder ein Beamter oder eine Richterin oder ein Richter des Landes, die bzw. der sich für die Ausübung der Funktion der bzw. des Polizeibeauftragten beurlauben lässt, die Zeit der Beurlaubung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt be­kommt. Damit soll die Attraktivität der Funktion für Beamtinnen und Beamte erhöht werden.

Zu § 14 – Dienstsitz sowie Personal- und Sachausstattung

Mit § 14 werden der Dienstsitz der oder des Polizeibeauftragten, die Personal- und Sachausstattung sowie der Haushalt näher bestimmt.

Gemäß Absatz 2 erhält die oder der Polizeibeauftragte die zur Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung.

Die Regelung zur haushälterischen Veranschlagung der Personal- und Sachausstattung folgt aus der fachlichen und organisatorischen Zuordnung der oder des Polizeibeauftragten zum Landtag.

Entsprechend der Regelung in § 9 Abs. 3 gewährleistet Absatz 3, dass auch für das Personal eine Sicherheitsüberprüfung erfolgen muss, damit auch dieses mit gegebenenfalls sicherheits­relevanten Angelegenheiten befasst werden kann. Um eine Ermächtigung zum Zugang zu Verschlusssachen bis zum Verschlussgrad „Geheim“ zu ermöglichen, erfolgt eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung durch die zuständige Stelle des Landtags. Eine ohne Sicherheitsbe­denken abgeschlossene Sicherheitsüberprüfung ist Voraussetzung für die Einstellung.

Zu § 15 – Verhinderung

Die Vorschrift regelt die Vertretung der oder des Polizeibeauftragten im Verhinderungsfall. Dazu legt Absatz 1 fest, dass die oder der Polizeibeauftragte eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter zu bestimmen hat. Die Stellvertretung führt die Geschäfte, wenn die oder der Polizeibeauftragte an der Ausübung der Funktion verhindert ist.

Die Stellvertreterin oder der Stellvertreter ist möglichst parallel zur Übernahme der Funktion durch die oder den Polizeibeauftragten zu bestimmen. Aufgrund des besonderen Vertrauens­verhältnisses, das eine Stellvertretung bedingt, ist die Bestimmung der oder dem Polizeibe­auftragten vorbehalten.

Absatz 2 eröffnet dem Landtag die Möglichkeit, bei einer durchgehenden Verhinderung der oder des Polizeibeauftragten von mehr als sechs Monaten eine oder einen neuen Polizeibe­auftragten zu wählen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Funktion möglichst durchgängig vorrangig durch eine vom Landtag gewählte Person wahrgenommen wird und es nicht zu einer unverhältnismäßig langen Vertretung der oder des Polizeibeauftragten kommt.

Zu § 16 – Anwesenheit im Landtag

Die oder der Polizeibeauftragte genießt nach § 1 Absatz 3 eine weitreichende Unabhängigkeit. Gleichwohl können der Landtag und der für innere Angelegenheiten zuständige Ausschuss die Anwesenheit bei ihren Sitzungen verlangen.

Zu § 17 – Verschwiegenheitspflicht

Die Vorschrift regelt die Verschwiegenheitspflicht der oder des Polizeibeauftragten während und nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Eine dienstrechtliche Verschwiegenheitspflicht ist unabdingbare Voraussetzung zur Herstellung eines Vertrauensverhältnisses gegenüber al­len Beteiligten. Umfang und Grenzen der Verschwiegenheitspflicht orientieren sich an § 37 Absatz 1 und 2 des Beamtenstatusgesetzes.

§ 17 Absatz 1 Satz 2 normiert Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht. Im Zweifel ent­scheidet die oder der Polizeibeauftragte nach pflichtgemäßem Ermessen, ob einer dieser Aus­nahmefälle vorliegt.

Absatz 2 knüpft an die Verschwiegenheitspflicht gemäß Absatz 1 an. Ebenso wie im Beam­tenrecht bedarf eine gerichtliche oder außergerichtliche Aussage gemäß § 37 Absatz 3 des Beamtenstatusgesetzes der Genehmigung. Über die Erteilung einer Aussagegenehmigung entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Landtags, die oder der zu beurteilen hat, ob einer der Versagungsgründe vorliegt.

Gemäß Absatz 3 besteht weiterhin die gesetzliche Pflicht, Straftaten anzuzeigen und bei Ge­fährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung für deren Erhaltung einzutreten. Die oder der Polizeibeauftragte sowie ihr oder sein Personal sind nicht an das Legalitätsprinzip gebunden, da ihr oder ihm nicht die Aufgabe der Verfolgung von Straftaten aufgrund strafver­fahrensrechtlicher Bestimmungen zugewiesen ist.

Zu Teil 3 – Schlussvorschriften

Zu § 18 – Tätigkeitsbericht

Über ihre oder seine Tätigkeit erstattet die oder der Polizeibeauftragte dem Landtag jährlich einen Bericht. Eine regelmäßige über Einzelfälle hinausgehende Berichterstattung der oder des Polizeibeauftragten ist sowohl für ihre oder seine unterstützende Funktion für den Landtag als auch für die Verbesserung eines professionellen Umgangs mit Fehlern, Fehlverhalten und Fehlentwicklungen im Bereich der Polizei erforderlich.

Die Berichterstattung trägt zum einen zur Transparenz hinsichtlich der Aufgabenwahrneh­mung seitens der oder des Polizeibeauftragten bei und sorgt zum anderen für eine Befassung mit den wesentlichen Ergebnissen ihrer oder seiner Tätigkeit. Bestandteile dieses Berichtes sollen Fallzahlen, bedeutende Sachverhalte in anonymisierter Form, feststellbare Entwicklun­gen und möglicherweise daraus ableitbare Tendenzen oder Trends sein.

Zu § 19 – Erfahrungsaustausch

Absatz 1 beinhaltet die jährliche Zusammenkunft des für Inneres zuständigen Ministeriums mit der oder dem Polizeibeauftragten sowie Vertretern der Landesoberbehörden und Kreispolizei­behörden. Absatz 2 enthält die Regelung eines Austauschs zwischen der oder dem Polizeibe­auftragten und dem Petitionsausschuss.

Der wiederkehrende Erfahrungsaustausch dieser Institutionen ermöglicht ein Kennenlernen und fördert die vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie den Abbau von gegenseitigen Hemm­nissen im Umgang miteinander und dient damit letztlich der Prozess- und Verfahrensoptimie­rung. Basierend auf den jeweils vorliegenden Erkenntnissen können beispielsweise Redun­danzen erkannt und Vorgehensweisen dadurch gegebenenfalls besser abgestimmt bzw. opti­miert werden. Unter anderem können herausragende Sachverhalte oder Sachverhalte mit ständig wiederholenden Inhalten im Rahmen des Austausches von allen Beteiligten hervorge­bracht werden. Die oder der Polizeibeauftragte entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, inwieweit er oder sieeinen Beitrag zu den in diesem Rahmen angesprochenen Themen leistet.

Zu § 20 – Evaluation

Die Einrichtung der Stelle einer oder eines Polizeibeauftragten beim Landtag erfolgt mit die­sem Gesetz erstmalig. Daher ist es sinnvoll und geboten, die Auswirkungen der Vorschriften nach diesem Gesetz bis 31. Dezember 2027 zu evaluieren und im für innere Angelegenheiten zuständigen Ausschuss des Landtags durch eine Sachverständigenanhörung zu erörtern. Die Evaluation soll insbesondere zum einen die institutionelle Arbeitsweise der oder des Polizei­beauftragten und zum anderen die mit dem Gesetz gemäß § 1 intendierten Gesetzeszwecke reflektieren.

Zu § 21 – Inkrafttreten

Die Vorschrift bestimmt das Inkrafttreten des Gesetzes.