Geschlechtergerechtigkeit durch den Kinder- und Jugendförderplan sicherstellen – öffentliche Mittel geschlechtergerecht verteilen!

Antrag der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Portrait Josefine Paul

I.       Ausgangslage
Für viele Kinder und Jugendliche in NRW sind die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lebenswelt. Ergänzend zu den Möglichkeiten der Bildungsinstitution Schule bieten sie ihnen umfangreiche Möglichkeiten zur Entwicklung ihrer sozial-emotionalen Fähigkeiten. Somit tragen die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit umfassend zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen in NRW bei. Diese befähigt junge Menschen zum sozialen Engagement, zum eigenverantwortlichen Handeln, zur gesellschaftlichen Mitwirkung und zur demokratischen Teilhabe und ist somit ein entscheidendes jugendpolitisches Instrument.
Dabei wird die Kinder- und Jugendarbeit getragen von engagierten qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie fungieren nicht nur als wichtige Vorbilder, sondern sind vielfach auch wichtige Ansprechpersonen während der entscheidenden Entwicklungsphasen in Kindheit und Jugend.
Seit vielen Jahren bildet der Kinder- und Jugendförderplan NRW die vielfältigen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit ab. Sein aktueller Bezug zu den Interessen von jungen Menschen wird durch die Beteiligung der Zielgruppe zu Beginn jeder Legislaturperiode sichergestellt.
Nach §4 Drittes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist festgeschrieben, dass bei der Ausgestaltung der Angebote die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe die Gleichstellung von Mädchen und Jungen als durchgängiges Leitprinzip zu beachten haben (Gender Mainstreaming). Im Gesetz wird explizit festgelegt, dass die Angebote:

  • „die geschlechtsspezifischen Belange von Mädchen und Jungen berücksichtigen,
  • zur Verbesserung ihrer Lebenslagen und zum Abbau geschlechtsspezifischer Benachteiligungen und Rollenzuschreibungen beitragen,
  • die gleichberechtigte Teilhabe und Ansprache von Mädchen und Jungen ermöglichen und sie zu einer konstruktiven Konfliktbearbeitung befähigen,
  • unterschiedliche Lebensentwürfe, sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten als gleichberechtigt anerkennen.“

So ist der Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW ein gutes Beispiel für eine gelungene geschlechterdifferenzierte Förderplanstruktur. Mädchen- und Jungenarbeit sowie Gender Mainstreaming sind sowohl als Querschnittsaufgabe als auch als eigenständige Förderpositionen (FBV) Mädchen- und Jungenarbeit/ Gender Mainstreaming) verankert.
Durch die gesetzliche Festlegung im „3. AG-KJHG – KJFöG“ ist es zuverlässig gelungen, das Gender-Mainstreaming-Prinzip über viele Legislaturperioden und über verschiedene Regierungskonstellationen hinaus beizubehalten, so auch in den Eckpunkten für den Kinder- und Jugendförderplan der 17. Legislaturperiode.
Dennoch muss insgesamt resümiert werden, dass keine evidenten Evaluierungen vorliegen, die zeigen würden, ob in allen Förderbereichen des Kinder- und Jugendförderplans das Gender-MainstreamingPrinzip erfolgreich umgesetzt wird.
Für die Aufstellung des neuen Kinder- und Jugendförderplans bedeutet dies bereits in der Phase der Erstellung, die speziellen Bedarfe von Mädchen und Jungen in den Blick zu nehmen und auf eine geschlechtergerechte Ausgestaltung hinzuwirken.
Dazu gehört, dass Mädchen als Gruppe und ihre Interessen ausreichend wahrgenommen werden. Mädchenarbeit und geschlechterhomogene Räume für Mädchen sind auch weiterhin unverzichtbar. Wenn das Recht auf Entwicklung, das
Recht auf Beteiligung, das Recht auf Schutz von Kindern (SGB8 und UN-KRK) in unserer Gesellschaft sichergestellt werden soll, müssen, ohne dabei stereotype Rollenvorstellungen zu reproduzieren und zu verfestigen, die besonderen Bedürfnisse von Mädchen und Jungen in den Angeboten abgebildet werden.
Zusätzlich müssen weitere Dimensionen von Benachteiligung mitgedacht werden. Was brauchen bspw. Mädchen mit Migrationshintergrund? Was brauchen Mädchen mit Behinderung? Die Fragen müssen von vorneherein mitgedacht und berücksichtigt werden.

II.      Gender-Budgetierung im Kinder-Jugendförderplan verankern

Klar ist, dass politische Entscheidungen unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer, Mädchen und Jungen haben. Das gilt in besonderer Weise für finanzrelevante Entscheidungen. Insbesondere bei der Bereitstellung öffentlicher Mittel gilt es darauf zu achten, dass diese auch geschlechtergerecht verteilt werden.
Um sicherzustellen, dass die Mittel des Kinder- und Jugendförderplans geschlechtergerecht verteilt werden, bedarf es also einer konsequenten Analyse der Verausgabung der Mittel und ihrer Wirkung. Das Instrument des GenderBudgeting hat sich als ein wirkungsvolles Analyseund Steuerungsinstrument bewährt. So kann festgestellt werden, welche Wirkung politische Strategien tatsächlich haben und wie die Nutzen daraus verteilt sind. Diese Analyse ermöglicht sowohl politischen als auch Akteuren aus der Praxis, nachzusteuern, wenn das politische Ziel, Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, nicht sichergestellt ist.

Der Landtag stellt fest:

  • Geschlechtergerechtigkeit ist ein hohes Gut und ein gesamtgesellschaftliches Ziel, das in Artikel 3 unseres Grundgesetzes verankert ist und in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen umgesetzt werden muss,
  • die Aufgabe nachhaltiger Jugendpolitik es ist, stereotypen Rollenzuweisungen entgegenzuwirken und Mädchen und Jungen bei ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten Persönlichkeiten durch gendersensible Kinder- und Jugendarbeit zu unterstützen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • das Gender-Budgeting im Kinder- und Jugendförderplan der 17. Legislaturperiode zu verankern und somit sicherzustellen, das in jeder Position analysiert werden kann, ob und wie die Mittel, bezogen auf die Geschlechter, verteilt werden,
  • das Gender-Budgeting im Wirkungsdialog der Jugendverbände zu verankern,
  • am Ende der Legislaturperiode dem Parlament einen Gender-Budgeting-Bericht über Struktur-Projektförderung, finanziert durch den Kinder- und Jugendförderplan, vorzulegen.