Geräuscheinwirkungen von Kindern und Jugendlichen auf Sportanlagen anders bewerten

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Ausgangslage

In vielen Städten und Gemeinden schwelt seit einiger Zeit ein Konflikt zwischen Sportvereinen und den Anwohnerinnen und Anwohnern von Sportanlagen. Grund dafür sind oft die Lärmgrenzwerte der aktuell geltenden Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes). Es zeigt sich, dass es die Sportvereine  auch bei normalem Sportbetrieb kaum schaffen, unterhalb der Schwelle von 50 dB(A) zu bleiben und damit regelmäßig die Grenzwerte in reinen Wohngebieten überschreiten. Die Streitfälle häufen sich insbesondere in den Ballungsräumen, in welchen Areale rund um die Sportanlagen zu neuen Wohngebieten ausgewiesen werden. Lärmgutachten stellen dann im Nachgang der Bebauung fest, dass die Geräuscheinwirkungen der jeweiligen Sportanlage die zulässigen Immissionswerte überschreiten. Dabei sind die Lärmquellen oft nicht (nur) die Sportlerinnen und Sportler. Dazu zählen häufig auch die Zuschauer, deren An- bzw. Abreisegeräusche, elektronisch verstärkte Durchsagen bzw. Musik und die Veranstaltungen in der Vereinsgaststätte. Auch wenn die städtische Nachverdichtung grundsätzlich zu begrüßen ist, erwächst aus ihr so häufig ein nur schwer zu lösender Interessenskonflikt. Ausgeschlossen scheinen flächendeckende bauliche Lösungen ebenso, wie ein umfassender Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Sporttreibenden und den Anwohnenden. Letztlich führen die Beschwerden der (neuen) Anwohnerinnen und Anwohner gegenüber Behörden und Gerichten aufgrund der objektiven Überschreitung der Grenzwerte in der Regel zum Erfolg. Dabei war das Ziel der Sportanlagenlärmschutzverordnung bei deren Erlass 1991 zur Konfliktlösung zwischen der gesellschaftlich erwünschten Sportausübung und dem Recht auf Ruhe beizutragen.

Die derzeitige Entwicklung gefährdet im Besonderen auch das Ziel der Landespolitik, mehr Kinder und Jugendliche für den Vereinssport zu motivieren. Einzelne Vereine erhielten auf Grund der wachsenden Lärmproblematik bereits die Auflage, keine neuen Mitglieder aufzunehmen. Dies trifft auch Kinder- und Jugendlich, die gerade beginnen sich für den organisierten Sport zu interessieren. Dabei ist es erklärtes Ziel der Landesregierung mehr Freiräume für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen. Als Beispiel sei hier die 2011 vom Landtag beschlossene Änderung des Immissionsschutzgesetzes erwähnt, wonach „Kinderlärm“ in Wohngebieten, der von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen ausgeht, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung ist und daher toleriert werden muss. Schließlich sind Sport und Bewegung wichtige Bausteine für eine gesunde physische, psychische und emotionale Entwicklung von Kindern.

Der Lärmproblematik auf Sportanlagen hat sich die rot-grüne Landesregierung auch an anderer Stelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit angenommen. In der Vergangenheit hatten einige Sportvereine Probleme mit der Aberkennung ihres Alt-Anlagen-Bonus aufgrund von Renovierungsarbeiten bzw. Modernisierungsmaßnahmen. In § 5 Abs. 4 der 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Sportanlagenlärmschutzverordnung – werden Sportanlagen, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung (18. Juli 1991) genehmigt oder bereits errichtet waren, bezüglich der Festlegung von Betriebszeiten privilegiert. Über die Frage, ob der Altanlagenbonus nach der Renovierung bzw. Modernisierung einer Sportanlage weiterhin zu berücksichtigen ist, entscheidet die jeweilige Gebietskörperschaft. Da es bis zu diesem Erlass für die zuständigen Behörden keine Hinweise zum einheitlichen Vollzug gab, konnten die Vereine oft die Entscheidung über eine Aberkennung nicht nachvollziehen. Ebenfalls macht der Erlass deutlich, dass Gemeinden keinen Bebauungsplan aufstellen dürfen, der nicht vollzugsfähig ist, weil seine Verwirklichung an den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen der 18. BImSchV scheitern müsste. Gleiches gilt für die Genehmigung von Bauvorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft zu vorhandenen Sportplätzen.

II. Der Landtag stellt fest:

Die rot-grüne Landesregierung hat am 5. März 2014 mit der Veröffentlichung der Hinweise zum Umgang mit dem Altanlagenbonus gem. § 5 Abs. 4 der 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Sportanlagenlärmschutzverordnung – einen wichtigen Beitrag zum Ausgleich der Interessen am Betrieb von Sportanlagen auf der einen Seite und der ruhebedürftigen Nachbarschaft einer Sportanlage auf der anderen Seite geleistet. Besonders hervorzuheben ist das Vorgehen, wonach zur Wahrung eines einheitlichen Vollzugs der 18. BImSchV diese Hinweise in einem Arbeitskreis erarbeitet wurden. Diesem Arbeitskreis gehörten neben den Vertreterinnen und Vertretern des Umwelt- und des Sportministeriums auch der Landessportbund sowie die kommunalen Spitzenverbände an.

Damit sind leider die Möglichkeiten auf Landesebene zunächst ausgeschöpft, um die Interessen der Sportlerinnen und Sportler in immissionsschutzrechtlichen Konfliktlagen angemessen zu berücksichtigen und die konkreten Probleme rund um den Lärmschutz auf Sportanlagen zu lösen. Insofern begrüßt der Landtag von Nordrhein-Westfalen dass der Bundesrates sich in seiner Sitzung am 11. Juli 2014 erneut mit diesem wichtigen Thema beschäftigt hat und dazu beitragen möchte, eine grundsätzliche Lösung herbei zu führen.

Die Sportvereine haben schließlich eine große gesellschaftliche Aufgabe für die Kinder und Jugendlichen übernommen, der sie oft nur auf ihren Sportanlagen gerecht werden können.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

zum Zwecke des Austauschs zwischen dem Landessportbund NRW, den kommunalen Spitzenverbänden, dem MfKJKS, dem MKULNV und dem MIK einen Runden Tisch zu initiieren, welcher sich mit den konkreten Ursachen der Lärmkonflikte bei Sportanlagen und möglichen Lösungsansätzen beschäftigen soll.

sich im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für eine Lösung der Lärmkonflikte bei Sportanlagen einzusetzen. Insbesondere wird die Landesregierung gebeten zu prüfen,  ob eine Änderung der 18. BImSchV dazu beitragen kann in dem Sinne, dass

auch die Geräuscheinwirkungen, die auf Sportanlagen durch Kinder und             Jugendliche hervorgerufen werden, keine schädliche Umwelteinwirkung sind,

die Regelungen zum Altanlagenbonus gem. § 5 Abs. 4 der 18. BImSchV für bestehende Sportanlagen gelten und

die Ruhezeit an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 13 bis 15 Uhr vor dem Hintergrund gesellschaftlich geänderter Lebens- und Arbeitsgewohnheiten wegfällt.

weitergehend über den Erlass zum Umgang mit dem Altanlagenbonus gem. § 5 Abs. 4 18. BImSchV und die darin enthaltenen Hinweise zu informieren.