Gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Land und Kommunen fortführen – Finanzielle Ent-lastung von Städten, Gemeinden und Kreisen im Zuge des angekündigten Bundesteilhabe-gesetzes sicherstellen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der FDP

I. Ausgangslage
Die kommunale Finanzsituation nachhaltig und dauerhaft zu verbessern, ist weiterhin eine der größten Herausforderung für die Politik des Bundes und der Länder. Die Städte, Gemeinden und Kreise in NRW sind dabei in besonderer Weise belastet, da die sozialen Kosten des Strukturwandels hier besonders schwer wiegen und diese sich weiter dynamisch entwickeln. Im Landtagsbeschluss vom 29. Oktober 2010 wird die Situation wie folgt beschrieben:
„Die Übertragung von Aufgaben und Lasten auf die kommunale Ebene ohne auskömmlichen finanziellen Ausgleich insbesondere bei den sogenannten Soziallasten hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich immer mehr Kommunen gezwungen sehen, notwendige Investitionen zurückzustellen und freiwillige Leistungen auf ein Mindestmaß reduzieren. Viele Städte und Gemeinden fühlen sich in der Vergeblichkeitsfalle. Leidtragende dieser Entwicklung sind die Bürgerinnen und Bürger. Städte, Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände stehen zu ihrer sozialen Verantwortung. Sie sind aber außerstande, die explodierenden Soziallasten weiterhin zu schultern. Nur durch eine grundlegende Neuregelung der Lastenverteilung zwischen den staatlichen Ebenen kann der Abbau des Finanzierungsdefizits mit dem Ziel des Haushaltsausgleichs bei den Kommunen gelingen. Hier sind alle staatlichen Ebenen in der Pflicht. Nur eine auskömmliche Beteiligung des Bundes an den Soziallasten bietet eine klare Perspektive zum Abbau des strukturellen Defizits mit dem Ziel des Haushaltsausgleichs bei den Kommunen. Dadurch schafft der Bund die Basis für ein nachhaltiges Hilfsprogramm des Landes. Vorrangiges Ziel des Landes ist dabei, die kommunale Familie beim Abbau der erdrückenden Last der Liquiditätskredite zu unterstützen.“
Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen hilft das Land denjenigen Kommunen, deren gemeindlichen Haushalten die Überschuldung droht. Mit dem Verzicht auf den Konsolidierungsbeitrag der Städte und Gemeinden zum Landeshaushalt und der Rückgabe des 4/7 Anteils Grunderwerbsteuer sowie der Neuberechnung des Einheitslastenausgleichs stellt das Land NRW der gesamten Kommunalen Familie zusätzliche Finanzmittel dauerhaft zur Verfügung. Der Verbundsatz ist – wie 2010 von allen Fraktionen zugesagt – bei 23 % geblieben.
Der Bund hat mit der schrittweisen Übernahme von 100 % der Aufwendungen der Unterstützungsleistungen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit (SGB XII) einen weiteren wichtigen Anteil zur der nachhaltigen Konsolidierung der Kommunalhaushalte geleistet: Ab 2014 übernimmt er so vollständig die dynamisch aufwachsende Grundsicherung im Alter mit einer Entlastungswirkung für die Kommunen in Höhe von zur Zeit 5,5 Mrd. Euro jährlich bundesweit. Außerdem sieht der vom Kabinett beschlossene Entwurf des Bundeshaushalts für 2014 eine Aufstockung der Städtebauförderung von 455 auf 700 Mio. Euro vor. Darin enthalten ist ein Aufwuchs der Mittel für die „Soziale Stadt“ um 110 Mio. Euro.
Den Großteil der Anstrengungen, die strukturellen Unterdeckungen in ihren Haushalten zurückzuführen, erbringen allerdings die Kommunen selbst. Sie sind es, die auf Basis von Konsolidierungskonzepten und Sanierungsplänen sowie strenger Haushaltsdisziplin Einsparpotenziale erschließen und Mehreinnahmen generieren. Ihren Bürgerinnen und Bürgern müssen sie dabei oftmals einige Zumutungen abverlangen, um das gemeinsame Ziel, die dauerhafte Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit, zu erreichen.
Im Hinblick auf die gesetzlich veranlassten Aufwendungen insbesondere im Sozialbereich, die als solche von den Kommunen nicht oder nur bedingt steuerbar sind, muss diese durch eine weitere strukturelle Entlastung Städte, Gemeinden und Kreise flankiert werden. Dazu ist auch weiterhin ist ein entschlossenes, zielgerichtetes und rasches Handeln aller notwendig. Das gemeinsame Ziel muss dabei sein, für alle Kommunen in unserem Land eine verlässliche und aufgabengerechte Einnahmesituation zu schaffen, auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene auf eine verantwortungsgerechte Übernahme der Kosten von sozialen Leistungen hinzuwirken und die Kommunen bei der Konsolidierung ihrer Haushalte zu unterstützen.
II. Der Landtag stellt fest:
Die angestrebte nachhaltige Konsolidierung der Kommunalfinanzen gelingt nur, wenn die Beteiligung des Bundes und die Hilfen des Landes, eigene Einsparungen der Kommunen und die interkommunale Solidarität weiterhin Hand in Hand gehen.
Das Land NRW hat 2014 mit der strukturellen Erhöhung des GFG, der Anpassung des ELAG und dem Stärkungspakt Stadtfinanzen zusätzlich gut 1,0 Mrd. Euro für die Kommunen in NRW bereitgestellt. Der Bund hat mit der Übernahme der Aufwendungen für Kosten des SGB XII eine Entlastung in Höhe von 1,1 Mrd. Euro der Kommunen in NRW bewirkt.
Die Kommunen in NRW benötigen bei den Sozialtransferzahlungen weiterhin dringend Entlastungen. Dies gilt insbesondere für
die Kosten für Unterkunft und Heizung für Langzeitarbeitslose (SGB II).
die Ausgaben bei der Kinder- und Jugendhilfe
die Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
die Kosten der Hilfe zur Pflege, insbesondere auch für pflegebedürftige Menschen mit Behinderung
Der Landtag begrüßt daher, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung für die 18. Legislaturperiode den weiteren zwingenden Handlungsbedarf des Bundes zugunsten der Kommunen anerkennt sowie die Absicht, die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes im Umfang von fünf Milliarden Euro jährlich von der Eingliederungshilfe zu entlasten.
III. Vor dem Hintergrund dieser ersten Schritte fordert der Landtag:
Die Landesregierung wird gebeten, sich auf Bundesebene weiterhin konsequent für eine nachhaltige Entlastung der NRW-Kommunen einzusetzen, wie sie im Landtagsbeschluss vom 29.10.2010 gefordert wurde: Der Bund muss sich dynamisch zur Hälfte am Aufwand für die gesamten kommunalen Soziallasten beteiligen.
Der Landtag bittet die Landesregierung, im Bund unverzüglich für die schnellstmögliche Einführung eines Bundesteilhabegesetzes im Sinne der aktuellen Koalitionsvereinbarungen für die 18. Wahlperiode des Bundestags einzutreten.
Die Landesregierung wird gebeten, die von den die Bundesregierung tragenden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag mit Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes zugesagte finanzielle Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Mrd. Euro jährlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzufordern. Ziel ist es, zum Ende der 18. Wahlperiode im Jahr 2017 bereits das volle Entlastungsvolumen wirksam werden zu lassen.
Der Landtag begrüßt, dass der Bund in den Jahren 2015 und 2016 eine jährliche Entlastung von 1 Mrd. Euro für die Städte und Gemeinden bereitstellt. Die Landesregierung wird gebeten, dafür einzutreten, dass diese Entlastung in Form einer Erhöhung des Bundesanteils an den KdU (Kosten der Unterkunft) gegebenenfalls aufgestockt bis zum Inkrafttreten eines Bundesteilhabegesetzes gewährt wird, um eine unmittelbare Entlastungswirkung bei den kommunalen Haushalten zu erreichen.
Um Planungssicherheit für die kommunalen Haushalte zu schaffen, ist eine verbindliche Festschreibung der konkreten Entlastungsbeträge in der Mittelfristigen Finanzplanung des Bundes notwendig.