Gegen die gläserne Decke kämpfen: Bundesregierung muss Verantwortung für Realisierung einer Europäischen Frauenquote übernehmen

Antrag von SPD und Grünen

1. Ausgangslage

Die Europäische Kommission hat am 14. November 2012 einen Richtlinienvorschlag unterbreitet, der zum Ziel hat bis zum Jahr 2020 in den Aufsichtsräten börsennotierter europäischer Unternehmen eine Frauenquote von mind. 40 Prozent zu realisieren (KOM (2012) 614 endg.). Börsennotierte öffentliche Unternehmen müssten diese Zielvorgabe bereits 2018 erreichen.
Die unterschiedliche Regelungen oder gar Nichttätigkeit in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) und die somit entstandene Fragmentierung der rechtlichen Rahmenregelungen innerhalb der EU machte ein Handeln notwendig.
Frauen sind in ganz Europa in Führungspositionen stark unterrepräsentiert. Laut EU- Kommission stellen sie dort nur 13,7 Prozent der Mitglieder. In Deutschland sind demnach 15,6 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt, in den mächtigeren Vorständen gar nur 4,2 Prozent.
Kurz vor dem Internationalen Frauentag hat die Bundesregierung nun ihre Haltung zum Thema festgelegt. Laut aktueller Presseberichterstattung wurde die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland angewiesen für eine Sperrminorität bei der Entscheidung im Europäischen Rat zu sorgen. Der Entwurf zu der Weisung war vom zuständigen Familienministerium formuliert worden. Im Rahmen der Ressortabstimmung legte das Arbeitsministerium dann seinen Vorbehalt ein. Es hat – anders als das Familienressort – keine Bedenken gegen eine EU-weite Frauenquote.
Als besonders gewichtiger Grund für die Blockadehaltung der Bundesregierung wird von Außenminister Dr. Guido Westerwelle angeführt, dass es keine ausreichende rechtliche Grundlage für Handeln auf europäischer Ebene gäbe.
Dies verwundert, als dass weder der Deutsche Bundestag noch der Bundesrat im Rahmen der achtwöchigen Frist die Subsidiarität mittels sog. begründeter Stellungnahme gerügt haben. Lediglich parlamentarische Kammern von sechs Mitgliedstaaten (Dänemark, den Niederlanden, Polen, Schweden, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich) haben davon Gebrauch gemacht. Damit wurde das Quorum zur neuerlichen Prüfung oder gar des Stopps des Vorschlags nicht erreicht. Einige hatten sich sogar ausdrücklich für den Vorschlag ausgesprochen; darunter auch der Bundesrat (BR-Drs. 722/12 (Beschluss)). Dieser hat noch weitergehender bereits im September 2012 mit Stimmen CDU-geführter Länder einen Gesetzentwurf zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien (GlTeilH, BR-Drs. 330/12(Beschluss)) vorgelegt.

II. Der Landtag NRW:

  1. begrüßt die Initiative der EU-Kommission mit Hilfe einer verbindlichen Quotenvorgabe ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei der Besetzung von nicht geschäftsführenden Direktorinnen und Direktoren bzw. Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften herzustellen.
  2. stellt fest, dass eine Geschlechterquote für Aufsichtsräte eine Chance für eine Änderung der Unternehmenskultur darstellt und damit eine Geschlechtergerechtigkeit im gesamten Wirtschaftsleben bewirkt werden kann.
  3. stellt fest, dass eine gezielte Förderung von Frauen in Unternehmen für Führungspositionen  sowie auf allen anderen Ebenen eine wichtige Maßnahme ist, um drohendem Fachkräftemangel auf allen Ebenen vorzubeugen.
  4. verweist auf die Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drs. 722/12 (Beschluss)), welche darlegt, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage zum Handeln auf europäischer Ebene besteht und hebt hervor, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene ein staatliches Hinwirken zur Gleichstellung von Männern und Frauen erfordern.
  5. fordert die Bundesregierung auf, ihre Blockadehaltung auf europäischer Ebene aufzugeben und die Einführung einer EU-weit geltenden Frauenquote in den Aufsichtsräten börsennotierter europäischer Unternehmen zu unterstützen.