Gedenken an die Opfer des rechtsextremistischen Brandanschlags in Solingen – Ein­stehen gegen Rassismus und Diskriminierung

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNE im Landtag

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

I. Ausgangslage

Gürsün İnce (27), Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (9) und Saime Genç (4) wurden bei dem rechtsextremistischen Brandanschlag in der Nacht zum 29. Mai 1993 in Solingen getötet. Viele weitere Familienmitglieder wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der Brandanschlag von Solingen gilt als trauriger Höhepunkt rechtsextremistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung. Diese rechtsextreme Gewalt fand ihren Ausdruck auch in den Brandanschlägen und Ausschreitungen in Hoyerswerda, Hünxe, Rostock-Lichtenhagen und Mölln. Diese Anschläge ebenso wie die Verbrechen des rechtsterroristischen NSU und die menschenverachtenden Anschläge von München, Kassel, Halle und Hanau machen deutlich, dass rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Gewalt bittere Realität in Deutsch­land sind.

Mevlüde und Durmuş Genç verloren bei dem Brandanschlag in Solingen zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. Mevlüde Genç ist am 30. Oktober 2022 verstorben. Sie setzte sich bis zu ihrem Tod für Versöhnung, Liebe und Respekt ein. Dafür gebührt ihr unser Dank und unsere Anerkennung. Ihr Tod ist ein Verlust für unsere Gesellschaft. Der Familie Genç, die weiterhin die Erinnerung an den Brandanschlag von 1993 wach hält und sich gegen Ras­sismus einsetzt, gilt unser tiefes Mitgefühl und unser Dank. Wir unterstützen die wichtige Arbeit des Zentrums für verfolgte Künste in Solingen, in dem das persönliche Archiv von Mevlüde Genç aufbewahrt wird.

Seit 2018 verleiht das Land Nordrhein-Westfalen die Mevlüde-Genç-Medaille an Personen und Initiativen, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung sowie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt engagieren.

Die Namen und die Geschichte der Opfer von Solingen sind Teil des kollektiven Gedächtnis­ses unserer Gesellschaft. Die Erinnerung an Solingen ist eine wichtige Mahnung, Rechtsext­remismus und Rassismus einzudämmen und demokratische Haltungen in unserer Gesell­schaft fortwährend zu stärken. Das ist eine wesentliche Aufgabe von Staat und Zivilgesell­schaft. Hierzu gehört ein respektvolles gesellschaftliches Miteinander und die klare Solidarisierung mit den Opfern. Für diese Ziele setzen sich viele zivilgesellschaftliche Initiati­ven, Bündnisse und Organisationen tagtäglich ein.

Menschen, die von Rassismus betroffen sind, erleben Diskriminierung alltäglich. Diskriminie­rung kann sich in vielen verschiedenen Formen ausdrücken – von subtilen Benachteiligungen bis hin zu offenen Beleidigungen. Es ist wichtig, dass sich Betroffene sowohl gegen tätliche Angriffe als auch gegen erfahrene Diskriminierung wehren können. Zur Unterstützung von Be­troffenen braucht es verbesserte Antidiskriminierungsinstrumente.

Die Einrichtungen und Projekte der politischen Bildung, die sich mit Rechtsextremismus und Rassismus auseinandersetzen, die Servicestellen gegen Diskriminierung und die Beratungs­stellen aus der Arbeit gegen Rechtsextremismus leisten einen wichtigen Beitrag für die Unter­stützung von Betroffenen und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremis­mus und Rassismus. Migrantenorganisationen übernehmen ebenfalls eine wichtige gesell­schaftliche Aufgabe, insbesondere mit Blick auf Selbstbestimmung und Selbstvertretung. Auch staatliche Stellen leisten wichtige Beiträge zur Prävention. Die Arbeit gegen Rechtsextremis­mus und Rassismus gilt es auch in Zukunft zu unterstützen und die Themen im gesellschaftli­chen Diskurs klar zu benennen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Der Landtag hält die Erinnerung an die Opfer des rechtsextremistischen Brandanschlags von Solingen wach.
  • Der Landtag steht für eine lebendige demokratische Debattenkultur ohne Ausgrenzung und Diskriminierung ein.
  • Der Landtag tritt allen menschenverachtenden Einstellungen, jeder Form von Rassis­mus, Antisemitismus, Antiziganismus und antimuslimischem Rassismus entgegen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung:

  • Maßnahmen und Projekte zum Gedenken an den rechtsextremistischen Brandanschlag zu fördern,
  • das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus unter Ein­bindung der von Rassismus Betroffenen weiterzuentwickeln,
  • die Arbeit der Beratungsstruktur gegen Rechtsextremismus von Mobiler Beratung, Op­ferberatung und Aussteigerberatung weiter zu unterstützen,
  • die Arbeit der Servicestellen gegen Diskriminierung weiter zu unterstützen,
  • die Erkenntnislage zu menschenverachtenden Einstellungen mit der Stärkung der For­schung zu Rechtsextremismus und Dunkelfeldstudien zu verbessern,
  • den Ermittlungsdruck gegen rechtsextremistische Straftaten weiterhin hoch zu halten.