Frühkindliche Bildung hat in Nordrhein-Westfalen Priorität

Portrait Eileen Woestmann

Entschließungsantrag zum Antrag „Dem Kita-Ausbau geht die Puste aus – Landesregierung muss Investiti­onsförderung in der Kindertagesbetreuung garantieren und kommunalen Belastungs­ausgleich sicherstellen“ der SPD-Fraktion

I. Ausgangslage

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN stellt Kinder und ihre Familien in den Mittelpunkt. Deshalb haben sie in Zeiten knapper Kassen Priorität. Investiert wird in Bildung und eine gute Infrastruktur für Familien. Denn so werden wichtige Voraussetzungen für Chancengerechtig­keit und eine erfolgreiche Bildungsbiografie geschaffen.

Die hohe Inflation, das hohe Zinsniveau und das schwache Wirtschaftswachstum belasten die öffentlichen Haushalte. Mit klarer Prioritätensetzung und Sparsamkeit an anderen Stellen ist es gelungen, die aktuellen Belastungen in der Kita-Landschaft abzufedern. Mit dem Haushalt 2024 gibt das Land über 550 Millionen Euro zusätzlich ins System der frühkindlichen Bildung – hier sprechen wir neben den feststehenden Dynamisierungen im Bereich der Kindpauschalen auch von der Überbrückungshilfe zum Erhalt der Trägerpluralität sowie weiteren Mitteln beispielsweise für Mietkostensteigerungen.

Unter anderem werden zum Kita-Jahr 2024/2025 die Kindpauschalen um rund 10 Prozent erhöht. Damit werden die realen Steigerungen der Kitas bei den Personal- und Sachkosten nachvollzogen, und die kommunalen und freien Träger erhalten ab August die gesetzlich vor­gesehene Dynamisierung für die Kindpauschalen in Höhe von insgesamt 370 Millionen Euro. Darüber hinaus unterstützt das Land freie Träger mit einer Überbrückungshilfe von 100 Millio­nen Euro, die bereits vor August 2024 spürbare finanzielle Belastungen wie die Auswirkungen des Tarifabschlusses abfedern.

Insgesamt finanziert das Land in diesem Jahr erstmals über 5 Milliarden Euro in der frühkind­lichen Bildung.

Der hohe Bedarf an Kita-Plätzen spiegelt sich in der Entwicklung der Investitionsförderung wider, mit der Neubau, Erhalt und Ausbau der Angebote der Kindertagesbetreuung gefördert werden. Sie setzte sich bis 2022 aus Mitteln des Bundes und Mitteln des Landes zusammen. Das Land stellt hierfür weiterhin jährlich 115 Millionen Euro zur Verfügung. Die Bundesmittel wurden von 2008 bis 2022 in fünf Investitionsprogrammen auf die Länder verteilt. Aktuell ist nicht mit einer Wiederaufnahme einer Bundesförderung zu rechnen.

Zu Beginn dieses Jahres wurde die Förderrichtlinie erneuert. Die im Rahmen der Neufassung der Investitionsrichtlinie Kindertagesbetreuung ermöglichten Anpassungen der Bemessungs­grundlagen und der Förderhöhe sowie die erstmalige Aufnahme einer Fördermöglichkeit von Kindern mit (drohender) Behinderung wird in diesem Kontext als ein guter und nachhaltig rich­tiger Schritt für das System der frühkindlichen Bildung bewertet. So werden die zugrundeliegenden Fördersätze im Schnitt um ca. 14,5 Prozent im Vergleich zu den bisherigen Förders­ätzen angehoben. Der Erfolg dieser Maßnahme zeigt sich im deutlich gestiegenen Abruf der Gelder. So wird deutlich, dass in Nordrhein-Westfalen in einem erheblichen Umfang neue Kita-Plätze entstehen.

Nachdem der Bund kein neues Kita-Investitionsprogramm aufgelegt hat, springt das Land ein und hat jüngst den Landesjugendämtern 85 Millionen Euro zusätzlich zugewiesen. Damit stellt die Landesregierung für den investiven Ausbau der Kindertagesbetreuung 200 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung. So demonstriert die Landesregierung Handlungsfähigkeit und garantiert den Kita-Ausbau auch ohne eine Beteiligung des Bundes.

Als zusätzliche, erleichternde Maßnahme für Investitionen für den Kitaplatz-Erhalt und -Aus­bau hat die NRW.BANK ihr Förderangebot für kommunale und freie Träger von Kibiz-geförderten Einrichtungen angepasst. Die Träger können somit darlehensfinanzierte Investitionen zu besonders günstigen Zinssätzen tätigen. Mit dieser Ergänzung der bereits bestehenden Förderungen unterstützt die NRW.BANK das Ziel der Landesregierung, das Angebot für die Kindertagesbetreuung und die frühkindliche Bildung weiter voranzubringen.

Familienzentren gewährleisten in Nordrhein-Westfalen den Zugang zu niedrigschwelligen Un­terstützungsangeboten. Mit der Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familien­zentren trägt das Land Nordrhein-Westfalen zu einer erweiterten Unterstützungsstruktur für Kinder und Eltern bei, um den wachsenden Herausforderungen an den Familienalltag zu be­gegnen. Ziel des Landesprogramms ist es, Familien bei der Erziehung und im Alltag zu unter­stützen und damit sowohl zu einer frühzeitigen Förderung und Prävention als auch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zu mehr Chancen- und Bildungsgerechtig­keit beizutragen.

Im Kindergartenjahr 2023/2024 gibt es nunmehr in Nordrhein-Westfalen insgesamt 3.252 Fa­milienzentren – mit insgesamt mehr als 4.200 Kindertageseinrichtungen (Verbundeinrichtun­gen), die in die Arbeit der Familienzentren eingebunden sind. Damit ist inzwischen jede dritte Kita ein Familienzentrum. Für die Gründung neuer Familienzentren wurden im Landeshaushalt jährlich Mittelaufwüchse eingeplant. Da die für weitere Familienzentren zur Verfügung stehen­den Kontingente zunehmend zögerlich abgerufen werden und das Angebot an Familienzen­tren flächendeckend gut angenommen wird, kann ein weiterer Ausbau innerhalb des beste­henden engmaschigen Systems erfolgen und dabei der Fokus auf die qualitative Weiterent­wicklung gelegt werden. Die jährlichen Mittelaufwüchse sollen daher konkret und zielgerichtet in die Qualität einzelner Familienzentren investiert werden. Für das Haushaltsjahr 2025 ist die Rede von rund vier Millionen Euro, die zusätzlich zur regulären Dynamisierung den Familien­zentren zugutekommen würden. Damit setzen wir vorerst also auf einen qualitativen Ausbau statt auf einen quantitativen. Darüber hinaus lohnt es sich zu prüfen, ob bürokratische Hürden gesenkt werden können. Eine vereinfachte Rezertifizierung als Familienzentrum könnte beispielsweise zu einer nicht unerheblichen Entlastung führen. Zusätzlich könnten durch das Verbinden von verschiedenen Fördersträngen wie beispielsweise die Sprach-Kitas und die PlusKitas mit den Familienzentren zusammen die Wirksamkeit in den Einrichtungen gestärkt werden und so Startchancen gerade bei den Kindern gefördert werden, die hier vor besonde­ren Herausforderungen stehen.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN setzt in finanziell herausfordernden Zeiten Schwerpunkte und treibt im Sinne der Kinder und Familien den Kita-Platzausbau sowie die qualitative Weiterentwicklung der Familienzentren voran.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Kindertageseinrichtungen haben für das gute Aufwachsen von Kindern, für die Frage von Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den sozialen Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen eine wichtige Bedeutung.
  • Die gesetzlich verankerte Dynamisierung der Kindpauschalen auf Basis der tatsächli­chen Kostenentwicklung bedeutet für Träger von KiBiz-geförderten Einrichtungen Si­cherheit und Verlässlichkeit.
  • Das rückläufige Engagement des Bundes bei der Finanzierung der frühkindlichen Bil­dung erhöht die finanziellen Herausforderungen für Land, Kommunen und Träger. Ins­besondere eine Weiterführung der Beteiligung des Bundes an den Betriebskosten in Höhe von rd. 430 Mio. Euro jährlich ist über das Jahr 2024 hinaus daher zwingend er­forderlich.
  • Ursächlich für finanzielle Engpässe der Träger sind Ergebnisse von Tarifverhandlungen, die für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfreulich sind. Die zur Verfügung gestellte Überbrückungshilfe federt die Belastung ab und unterstützt freie Träger.
  • Das Land springt sowohl bei den Sprach-Kitas als auch bei der Investitionskostenförde-rung für den Bund ein, der sich jeweils komplett aus der Förderung zurückgezogen hat. Es ist zu begrüßen, dass die Investitionsförderung des Landes gut abgerufen wurde und viele Träger und Kommunen auch in schwierigeren Zeiten neue Kita-Plätze schaffen.
  • Die von der Landesregierung nun zusätzlich bereitgestellten 85 Millionen Euro für die Kita-Investitionskostenförderung sichern den Neubau, Erhalt und Ausbau der Angebote der Kindertagesbetreuung.
  • Familienzentren in NRW stellen ein etabliertes Instrument dar, um Familien den Zugang zu niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten zu vereinfachen.
  • Die Rückmeldungen aus der Praxis zeigen eine gewisse Sättigung an Familienzentren in der Fläche, so dass nach dem quantitativen Ausbau vorerst die qualitative Weiterent­wicklung in den Blick genommen werden kann.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung aus vorhandenen Mitteln,

  • weiterhin den Ausbau von Kita-Plätzen entschlossen voranzutreiben. Dabei setzen wir auch auf eine angemessene Beteiligung des Bundes;
  • Träger auf das ergänzte Förderangebot der NRW.BANK aufmerksam zu machen;
  • Familienzentren qualitativ weiterzuentwickeln und dabei insbesondere die Stärkung der Chancengerechtigkeit von Kindern in den Fokus zu setzen und mit bestehenden Pro­grammen wie Sprach-Kitas und PlusKitas zusammen zu denken;
  • zu prüfen, wie bei den Antrags- und Zertifizierungsverfahren der Familienzentren Büro­kratie abgebaut werden kann.