Fragwürdige Erhöhung der Wertgrenzen bei Vergabe von Bau- und anderen Leistungen im Zuge der Corona-Pandemie

Kleine Anfrage von Johannes Remmel

Wie der Landesrechnungshof (LRH) in seinem „Beratungsbericht gemäß § 88 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung zu vergaberechtlichen Maßnahmen während der Corona-Pandemie“ (http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-5080.pdf) vom 27.04.2021 darlegt, erließ das Finanzministerium NRW (FM)nach vorheriger Anhörung des LRH am 27.04.2020 den Runderlass „Beschleunigung von Investitionen durch die Erhöhung vergaberechtlicher Wertgrenzen für die Beschaffung von Bauleistungen“ mit einer Befristung bis zum 31.12.2020. Dieser ermöglichte bis zu einem Auftragswert von bis zu 10.000 Euro einen Direktauftrag, bis 100.000 Euro eine Freihändige Vergabe und bis zu einem Wert von einer Million Euro eine beschränkte Ausschreibung ohne vorherigen öffentlichen Teilnahmewettbewerb durchzuführen (alle Auftragswerte ohne Umsatzsteuer). Am Ende des Geltungszeitraumes sollte es eine Evaluation geben.

Der LRH kritisierte bei seiner Prüfung die Erhöhung der Wertgrenzen und den Ausschluss des öffentlichen Teilnahmewettbewerbs, weil er „die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs, der Transparenz sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit infrage gestellt“ sah (S. 9 des LRH-Berichts). Zwar begrüßte er die Befristung bis zum 31.12.2020, bemängelte aber „die fehlende inhaltliche Begrenzung durch einen eindeutigen Bezug auf die Corona-Krise“ (ebda.).

Befürchtet wurde eine Verlängerung der Bestimmungen des Erlasses auch über das Jahresende 2020 hinaus – was dann auch mit Erlass vom 07.12.2020 der Fall war: Die Verlängerung der Gültigkeit des Ursprungserlasses vom 27.04.2020 wurde um ein Jahr verlängert, bis zum 31.12.2021. Auch hierzu hatte der LRH seine Bedenken geäußert und moniert, dass auch jetzt wieder ein unmittelbarer Bezug zur Corona-Pandemie fehle (vgl. ebda., S. 11).

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung den Runderlass „Beschleunigung von Investitionen durch die Erhöhung vergaberechtlicher Wertgrenzen für die Beschaffung von Bauleistungen“ vom 27.04.2020 (geändert am 07.12.2020) im Hinblick auf die vom LRH monierte Beeinträchtigung eines fairen transparenten Wettbewerbs?
  2. In wieweit teilt die Landesregierung die Kritik des LRH, dass durch Erhöhung der Wertgrenzen und den Ausschluss eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs auch die Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit infrage gestellt sind?
  3. Warum wurde bei allen genannten Erlassen kein Bezug zur Corona-Pandemie hergestellt?