Folgt die Landesregierung Staatssekretärin Güler und befürwortet Protestaktionen vor privaten Wohnhäusern?

Kleine Anfrage von Mehrdad Mostofizadeh und Wibke Brems

Mehrdad Mostofizadeh

Am 17. Oktober 2018 fand vor dem Privathaus von Antje Grothus, die als Vertreterin der Tagebaubetroffenen Mitglied der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ist, eine Protestaktion statt, die nicht vom Versammlungsrecht gedeckt war. Ausweislich der Medienberichterstattung positionierten sich etwa 100 RWE-Beschäftigte bzw. Mitglieder der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) unmittelbar vor dem Grundstück und äußerten mit Trillerpfeifen und Trommeln lautstark ihren Unmut über die von Frau Grothus in der oben genannten Kommission vertretenen Positionen.
Dokumentiert wurde die Aktion mit einer Videoaufnahme vom Geschäftsführer des BUND NRW, Dirk Jansen, die er auf Facebook mit folgendem Kommentar publizierte:
„Psychoterror der IGBCE vor dem Haus von Kohlekommissionsmitglied Antje Grothus.“ (https://www.facebook.com/dirk.jansen.940/videos/1166448226839370/)
Die Staatssekretärin im Integrationsministerium, Serap Güler, nahm diese Äußerung auf und antwortete auf die Einlassung von Herrn Jansen mit folgendem Tweet:
„Wenn Aktivisten einen Wald besetzen, illegal Baumhäuser bauen, ist das "Klimarettung". Wenn Menschen um ihre Jobs bangen und deshalb demonstrieren ist das laut GF des BUND in NRW "Psyhoterror“ [sic!]. Wahnsinn.“ (https://twitter.com/SerapGueler/status/1052518715651178496)
Von einem Twitternutzer darauf angesprochen, ob sie ein solches Eindringen in die Privatsphäre und die damit einhergehende Einschüchterung gutheiße, offenbarte die Staatssekretärin eine juristisch fragwürdige Haltung und antwortete mit den Worten:
„Die Versammlungsfreiheit endet nicht vor Privathäusern.“ https://twitter.com/SerapGueler/status/1052522030967480322

Etwa zeitgleich nahm die IGBCE über ihren offiziellen Twitter-Account eine andere Position ein und distanzierte sich von der Aktion mit den Worten:
„Zur heutigen Mahnwache in #Buir: Demonstration vor Privathäusern war weder angemeldet noch geplant. Die #IGBCE hält diese Form der Auseinandersetzung für falsch und distanziert sich von persönlichen Anfeindungen. Protest muss aller Job-Sorgen zum Trotz angemessen bleiben.“ (https://twitter.com/igbce/status/1052518438265073664)
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.      Wie bewertet die Landesregierung juristisch im Hinblick auf den verfassungsrechtlich garantiertem Schutz der Persönlichkeitsrechte, die Aussage der Staatsekretärin Güler: „Die Versammlungsfreiheit endet nicht vor Privathäusern.“
2.      Wie will die Landesregierung künftig gewährleisten, dass Demonstrationen vor Privathäusern, die geeignet sind, Menschen, die sich gesellschaftspolitisch engagieren, einzuschüchtern und zu bedrohen, unterbleiben?
3.      Teilt die Landesregierung die Einschätzung der IGBCE, die diese Form der Auseinandersetzung, wie sie vor dem Haus von Frau Grothus stattgefunden hat, für falsch hält und sich von persönlichen Anfeindungen distanziert und feststellt, dass Protest sich aller Job-Sorgen zum Trotz angemessen bleiben muss oder unterstützt sie die Auffassung von Staatsekretärin Serap Güler, die offenkundig große Sympathien für den Aufmarsch vor dem Wohnhaus von Frau Grothus hegte?
4.      Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus, dass Frau Güler erneut in dieser Weise auffällig wird und sich dem Mäßigungsgebot entzieht?