Fair Play bei internationalen Sportgroßveranstaltungen

Antrag der Fraktion der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ausgangssituation

Das Gebot des Fair Play ist  ein elementarer Bestandteil des Sports. Neben der Einhaltung der jeweils sportspezifischen Regeln, bedeutet Fairness im Sport auch die Achtung des sportlichen Gegners, sowie die Sicherstellung seiner physischen und psychischen Unversehrtheit. Die internationalen Sportorganisationen bekennen sich in ihren Statuten in unterschiedlicher Weise zum Fair Play und verurteilen Diskriminierung auf Grund von Religion, sexueller Identität, ethnischer Herkunft, politischer Gesinnung oder Geschlecht. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) bekennt sich unter Punkt 4 der „Fundamental Principles of Olympism“ der Olympischen Charta unmissverständlich zum Sport als Menschrecht für alle. Niemandem dürfe der Zugang verwehrt werden: „The practice of sport is a human right. Every individual must have the possibility of practicing sport, without discrimination of any kind and in the Olympic spirit, which requires mutual understanding with a spirit of friendship, solidarity and fair play.“ Diesem klaren Bekenntnis scheint  die Auslegung des Artikel 50 Absatz 3 “Advertising, Demonstrations, Propaganda” durch den IOC entgegen zu stehen. Unter das Verbot politischer, religiöser oder rassenbezogener Propaganda an den olympischen Stätten, Austragungsorten oder anderen Bereichen sollen nach Auslegung des IOC nun auch Demonstrationen für und Solidaritätsbekundungen mit diskriminierten Gruppen, sowie das offene Ausleben von im Austragungsland verbotenem Verhalten durch die Sportlerinnen und Sportler fallen.
Die Idee des Fair Play beruht auf der Annahme der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen, wie sie auch in der Charta der Vereinten Nationen und der Europäischen Charta der Menschenrechte festgeschrieben ist. In dieser Tradition steht auch die Bundesrepublik Deutschland, die sich in Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes zur Einhaltung der Menschenrechte bekennt und im europäischen und internationalen Kontext beharrlich die Implementierung und Wahrung selbiger durch Wirtschaft, Politik und Gesellschaft einfordert. Unter diesen Vorzeichen hat die deutsche Sportministerkonferenz die am 30.05.2013 durch die 5. UNESCO-Weltkonferenz der Sportminister verabschiedete "Berliner Erklärung"  ausdrücklich begrüßt. In ihr würdigen die 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 128 Staaten die internationalen Rechtsakte im Bereich der Menschenrechte und bekräftigen das grundlegende Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum Sport und  auf Teilhabe am Sport. Die Bundesregierung beruft sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die „Berliner Erklärung“ und kündigt internationale Aktivitäten in ihrem Sinne an. Zudem will sie auch den organisierten autonomen Sport in Deutschland bei der möglichst flächendeckenden Einführung von „Good Governance Standards“ unterstützen.
Damit kann festgehalten werden: Sowohl die internationale Staatengemeinschaft, als auch der internationale Sport bekennen sich zum Gedanken des Fair Play und dem Ziel eines diskriminierungsfreien Sports. Sie tragen Verantwortung für das Wohl der Athletinnen und Athleten und stehen in der Pflicht, sie vor Diskriminierung und Anfeindung zu schützen.

Verantwortung vor und während sportlicher Großveranstaltungen

Gerade im Rahmen von internationalen sportlichen Großveranstaltungen müssen der organisierte Sport wie auch die internationale Staatengemeinschaft ihren Worten zu Fairness und Fair Play im Sport Taten folgen lassen. Ein eklatantes Problem ergibt sich bereits bei der Vergabe sportlicher Großveranstaltungen, bei welchen durch die jeweiligen Vergabeausschüsse der Sportorganisationen bisher keinerlei überprüfbare Menschenrechtskriterien angelegt werden. Die notwendige Sanktionierung von Menschenrechtsverstößen bei der Vorbereitung oder auch bei der Durchführung eines sportlichen Großereignissens findet durch die handelnden Akteure derzeit nicht statt. Vielmehr ziehen sich der organisierte Sport als auch die entsendenden Nationalstaaten hinter die bisher unerfüllte Hoffnung zurück, die Vergabe von sportlichen Großveranstaltungen selbst würde in den Gastgeberländer zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage führen. Kritikerinnen und Kritiker dieser Praxis fordern indes die handelnden Akteure zum Boykott des jeweiligen Ereignisses auf. Doch auch Boykottaufrufe sind nicht dazu geeignet, eine Verbesserung der Menschenrechtslage durchzusetzen.  Vielmehr sollte die erzeugte Aufmerksamkeit durch sportliche Wettkämpfe, Menschenrechtsprobleme nicht verschleiern, sondern dazu genutzt werden vehement Verbesserungen einzufordern. Nicht hoch genug können dementsprechend jene Sportlerinnen und Sportler gewürdigt werden, die als mündige Athletinnen und Athleten auf Missstände aufmerksam machen. Grundsätzlich sehen wir aber nicht Sportlerinnen und Sportler in der Verantwortung, auf Missstände hinzuweisen, sondern die Sportverbände, die für die Vergabe von derartigen Großereignissen verantwortlich zeichnen. Mit der Vergabe von Sportgroßereignissen muss für die Gastgeberländer die Verpflichtung einhergehen, die Olympische Charta zu respektieren und ihre Prinzipien zu befolgen.
Vor diesem Hintergrund sind auch die öffentlichen Diskussionen über die moralische Verpflichtung von Sport und Politik bezüglich der olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 zu betrachten. Auch in Russland ist die Wahrung der Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit. Anlass zur Sorge geben u.a.  rechtsstaatlich fragwürdig geführte juristische  Verfahren gegen Oppositionelle und zivilgesellschaftliche Organisationen. Das jüngst verabschiedete „Gesetz gegen Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen“ wird von den Menschenrechtsorganisationen als Bestätigung gesehen, dass durch die russische Regierung alte Ressentiments gegenüber Minderheiten geschürt werden.
Ob sich dies auch in direkter Weise, beispielsweise durch offene Anfeindungen gegenüber Minderheiten, auf die olympischen Spiele in Sotschi auswirken wird, bleibt angesichts sehr widersprüchlicher Aussagen von Seiten des IOCs sowie der russischen Regierung abzuwarten. In jedem Fall aber muss festgehalten werden: Sowohl der internationale Sport, als auch die internationale Staatengemeinschaft müssen ihren Blickwinkel bezüglich der Wahrung der Menschenrechte bei allen sportlichen Großveranstaltungen überdenken. Der Gedanke des Fair Plays und die Wahrung der Menschenrechte müssen sich in der Vergabe, den Vorbereitungen auf, sowie der Durchführung sportlicher Großereignisse wiederfinden. Hierzu bedarf es eines mutigen Bekenntnisses des internationalen Sports, der anreisenden nationalen Sportverbände, sowie der politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure.

Der Landtag stellt fest:

Der Gedanke des Fair Plays und die Gleichheit aller Menschen, unabhängig ihrer Religion, sexuellen Identität, ethnischen Herkunft, politischen Gesinnung oder ihres Geschlechts, sind immanente Bestandteile eines fairen sportlichen Wettkampfes. Nationale und internationale Sportorganisationen verpflichten sich in ihren jeweiligen Organisationsstatuten zu ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Auch in Nordrhein-Westfalen wird der organisierte Sport darin von Seiten der Landespolitik unterstützt.
Die internationale Staatengemeinschaft steht in der Verpflichtung der Charta der Vereinten Nationen zur Gleichheit aller Menschen und zu ihrem Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum Sport. Auf der UNESCO-Weltkonferenz der Sportminister am 30.05.2013 haben sich diese in der "Berliner Erklärung" zur internationalen Rechtsakte im Bereich der Menschenrechte sowie dem grundlegenden Recht aller Menschen auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum Sport und  auf Teilhabe am Sport bekannt. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen begrüßt dieses internationale Bekenntnis zu einem diskriminierungsfreien Sport.
Das Internationale Olympische Komitee muss sich mit dem  dem Punkt 4 der „Fundamental Principes of Olympism“ und möglichen Sanktionsmaßnahmen gegenüber Sportlerinnen und Sportlern auf der Grundlage der Regel 50 „Advertising, Demonstrations, Propaganda“ Absatz 3 auseinandersetzen, damit der olympische Gedanke vollständig gelebt werden kann  Die Austragungsländer der olympischen Spiele müssen die Verpflichtung der olympischen Idee auf die Wahrung der Menschenrechte achten.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen unterstützt alle Bemühungen, national wie international auf einen diskriminierungsfreien Sport und den uneingeschränkten Zugang für alle hinzuwirken.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. daraufhin zu wirken, dass die Bundesregierung sich im internationalem Sport  für die Einhaltung von Fair Play und  einen diskriminierungsfreien Zugang zum Sport für alle Menschen einsetzt.
  2. dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, dass  die Athletinnen und Athleten  während der sportlichen Wettkämpfe weder diskriminiert noch für ihr Einstehen für einen diskriminierungsfreien Zugang zu Sport durch das IOC sanktioniert werden.
  3. sich dafür einzusetzen, dass die Kommunen in NRW in ihren jeweiligen Partnerschaften mit ausländischen Städten und Regionen um Toleranz und die Achtung von Menschenrechten werben und innerhalb der bestehenden Sportverbindungen und Jugendaustauschprogramme auf die Förderung von Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft und bürgerlichem Engagement hinzuwirken.