Erweiterung des Untersuchungsauftrages des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II (WestLB)

Gemeinsamer Antrag

„Offshore-Gesellschaften“

I. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen stellt fest:

Die WestLB hat für bestimmte Geschäftszwecke verschiedene Gesellschaften an sogenannten Offshore-Finanzplätzen gegründet, erworben und/oder genutzt.
Solche Standorte sind durch niedrige Steuersätze, ein hohes Maß an Vertraulichkeit und Geheimhaltung sowie eingeschränkte Finanzmarktaufsicht und -regulierung gekennzeichnet.
Bislang sind an einzelnen Standorten Gesellschaften der WestLB bzw. der Rechtsnachfolgerin Portigon AG bekannt.
Hinsichtlich der Gesamtthematik der Offshore-Geschäfte bestehen zwar Berührungspunkte mit den Sachverhaltskomplexen Nr. 6 (Boxclever) und 10 (Phoenix-Portfolio) des Einsetzungsbeschlusses vom 24. April 2013 (Drs. 16/2618 Neudruck), da die jeweiligen Transaktionen unter Einbeziehung von Zweckgesellschaften an Offshore-Standorten durchgeführt wurden. Weil diese Punkte indessen konkrete Einzelgeschäfte betreffen, werden die Offshore-Transaktionen vom Untersuchungsauftrag jedoch bislang nicht umfassend abgedeckt.
Somit besteht ebenso wie bei den bislang zu untersuchenden Sachverhaltskomplexen auch hinsichtlich der Offshore-Gesellschaften der Bank die Notwendigkeit, der Untersuchung des Sachverhaltes und der politischen Verantwortlichkeiten.
Durch den eingesetzten Untersuchungsausschuss II ist daher aufzuklären, ob es durch die Nutzung von Offshore-Gesellschaften bei der WestLB zu Fehlentwicklungen gekommen ist.
Darum ist es erforderlich, den Untersuchungsauftrag des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II um diesen Sachverhaltskomplex, der in unmittelbarem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Untersuchungsauftrag steht, zu erweitern.

II. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschließt:

Der Untersuchungsauftrag des mit Beschluss vom 24. April 2013 eingesetzten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II zur WestLB (vgl. Drs. 16/2618 Neudruck – und Plenarprotokoll 16/27) wird um den Sachverhaltskomplex
„Offshore-Gesellschaften“
erweitert.
Der Sachverhaltskomplex steht in einem unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Untersuchungsauftrag und soll bis zum Zeitpunkt des Einsetzungsbeschlusses untersucht werden. Die Erweiterung dient der objektiven Wahrheitsfindung und ist für die Vervollständigung der Sachaufklärung unter Berücksichtigung des Untersuchungsziels erforderlich.
Der Untersuchungsausschuss II soll diesen Sachverhaltskomplex auf Fehlentwicklungen untersuchen und dabei klären, inwieweit solche auf fehlerhaftes, möglicherweise rechtswidriges Verhalten Einzelner, fehlerhaftes Management, fehlende Kontrollorgane oder unzureichende Kontrolle durch die Mitglieder dieser Organe oder gar auf direkte, von sachfremden Erwägungen geleitete, politische Einflussnahme zurückzuführen sind, und in welcher Höhe Lasten für den Steuerzahler entstanden sind.
Der Untersuchungsausschuss II erhält den Auftrag, alle Vorgänge und Umstände im Zusammenhang mit Offshore-Gesellschaften der WestLB bzw. Portigon AG aufzuklären. Dazu sind schwerpunktmäßig folgende Fragen zu klären:
Über welche eigenen (Tochter-)Gesellschaften und Gesellschaften Dritter, selbst oder durch Dritte initiierten Zweckgesellschaften sowie Beteiligungen an Gesellschaften Dritter Transaktionen ganz oder teilweise an Offshore-Standorten durchgeführt wurden, wobei unter Offshore-Standort ein Gesellschaftssitz im Ausland zu verstehen ist, der auch oder ausschließlich wegen angestrebten Steuervorteilen, einem besonderen Maß an Vertraulichkeits- und Geheimhaltungsschutz und/oder einer eingeschränkten oder nicht vorhandenen Finanzmarktaufsicht und -regulierung gewählt worden ist?
Wie wann und zu welchem Zweck sind die Gesellschaften an solchen Standorten und nicht ausschließlich im Inland gegründet worden?
Zu jeweils welchen Zeitpunkten, differenziert nach den einzelnen Gesellschaften, letztmalig Geschäftsaktivitäten oder Geschäftsvorfälle unter Einbindung von Offshore-Gesellschaften erfolgt sind?
Aus welchen Gründen die Portigon AG noch Gesellschaften an Offshore-Standorten hielt und/oder nutzte?
Wie die jeweiligen Offshore-Gesellschaften rechtlich und steuerrechtlich bewertet und gestaltet wurden?
Ob, ggf. wie und mit welchem Ergebnis anlässlich der Gründung von Gesellschaften erörtert bzw. geprüft worden ist, ob die jeweilige Einbeziehung von Offshore-Gesellschaften mit Geschäftszweck, Aufgaben und Stellung einer Landesbank zu vereinbaren war?
Ob die Einbeziehung von Offshore-Gesellschaften auf politische Einflussnahmen zurückzuführen sind und ggf. welche politischen Einflussnahmen hierzu erfolgt sind?
Welche Gremien an den jeweiligen Entscheidungen in welchem Umfang beteiligt waren?
Ob den jeweiligen Landesregierungen Hinweise auf unzulässige Steuerpraktiken im Zusammenhang mit den Offshore-Gesellschaften vorlagen; ggf. welche zu welchem Zeitpunkt?
Welche Haftungs- und Liquiditätszusagen im Zusammenhang mit den einzelnen Offshore-Gesellschaften in welcher Höhe gewährt wurden und welche Auswirkungen diese Zusagen bei der WestLB bzw. Portigon  AG hatten bzw. auf den Landeshaushalt haben können?

„Verschwundene Konten bzw. Kundendepots

I. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen stellt fest:

Die WestLB hat, nach dem derzeitig bekannten Sachverhalt, sog. „vorübergehende Depots“ angelegt.  Die in diesen Depots“ von Kunden angelegten Beträge wurden so zerstückelt, dass die Portigon AG die Wertpapiere nicht mehr dem einzelnen Kunden bzw. seiner Erbmasse zuordnen kann.
Daraus ergeben sich nicht nur für die ehemaligen Kunden der WestLB bzw. für deren Erben, sondern auch für die Finanzverwaltung im Rahmen der Erbschaftssteuerfestsetzung, als auch für die Steuerfahndung auf der Grundlage sichergestellter Dokumente der WestLB zahlreiche Fragen.

II. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschließt:

Der Untersuchungsauftrag des mit Beschluss vom 24. April 2013 eingesetzten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses II zur WestLB (vgl. Drs. 16/2618 Neudruck – und Plenarprotokoll 16/27) wird um den Sachverhaltskomplex
„Verschwundene Konten bzw. Kundendepots“
erweitert.
Der Sachverhaltskomplex steht in einem unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Untersuchungsauftrag und soll bis zum Zeitpunkt des Einsetzungsbeschlusses untersucht werden, denn er dient auch der Aufklärung „rechtswidrigen Verhaltens“ Einzelner in der WestLB und der Aufdeckung fehlender Kontrolle, wie es in dem Einsetzungsantrag festgelegt worden ist. Die Erweiterung dient der objektiven Wahrheitsfindung und ist für die Vervollständigung der Sachaufklärung unter Berücksichtigung des Untersuchungszieles erforderlich.
Auf Basis des geschilderten Sachverhaltes erhält der Untersuchungsausschuss II den Auftrag, alle Vorgänge und Umstände im Zusammenhang mit der Verwaltung der Depot- bzw. Kontensuchaufträge im Bereich der WestLB aufzuklären. Dazu sind schwerpunktmäßig folgende Fragen zu klären:
Wann und in welchem Umfang derartige Geschäfte durch die WestLB getätigt wurden?
Welche Entscheidungsgremien der WestLB die Praxis, die Depots zu splitten und über „vorübergehende Depots“ zu buchen entwickelt, vorgegeben oder geduldet haben. Ergänzend ist durch den PUA zu klären: wie die WestLB-Nachfolgeinstitute mit dieser Praxis umgegangen sind und umgehen. Zitat Rheinische Post: „Die WestLB-Nachfolgerin Portigon hält die "Vorübergehenden Depots" heute noch für "gesetzlich zulässig"?
In welcher Weise wurde seitens der WestLB sichergestellt, dass für diese Geschäfte die national und international gültigen gesetzlichen Vorgaben zur Vermeidung von Geldwäsche, Steuerverkürzung bzw. -hinterziehung und einer ordnungsgemäßen Finanzwirtschaft eingehalten wurden oder wie diese Vorgaben umgangen wurden oder unbeachtet blieben?
Welche Beiträge hat die WestLB geleistet, um die Steuerbehörden und die Kontoberechtigten in ihrem Aufklärungsbemühen zu unterstützen?
Und hat in soweit eine politische Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung von WestLB, Ermittlungs- und Steuerbehörden stattgefunden?
Mit diesen Erweiterungen des Untersuchungsauftrags wird der Untersuchungszeitraum über den ursprünglichen Einsetzungsbeschluss hinaus nicht ausgeweitet.