Ersatzfreiheitsstrafen

Kleine Anfrage von Stefan Engstfeld

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist eine Freiheitsstrafe, die vollstreckt wird, wenn die vom Gericht ursprünglich verhängte Geldstrafe uneinbringlich ist. Die Umrechnung der Geldstrafe in die Ersatzstrafe erfolgt momentan in einem 1:1 Verhältnis, d.h. ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Die häufigsten einer Ersatzfreiheitsstrafe zugrunde liegenden Delikte sind Schwarzfahren und Diebstahl. Jeder siebte wegen des Erschleichens von Leistungen – in den allermeisten Fällen in Form des Schwarzfahrens – Verurteilte landet über eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis. Bei Diebstahl ist es jeder Achte und bei Sachbeschädigung jeder Neunte. Überproportional betroffen von Ersatzfreiheitsstrafen sind Menschen, die arm und sozial randständig sind und es gibt eine hohe Suchtbelastungen in dieser Gruppe.

Die Haftzeit hat darüber hinaus ganz überwiegend negative Effekte wie den Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung und der sozialen Kontakte. In Verbindung mit der stigmatisierenden Wirkung einer Inhaftierung erhöht sich letztlich die Rückfallgefahr.

Hinzu kommt, dass die Justizvollzugsanstalten und insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Jahren an der Belastungsgrenze arbeiten. Für Menschen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, bieten sich aufgrund dieser Überlastung und aufgrund der sehr kurzen Haftzeiten von durchschnittlich 30 Tagen kaum Möglichkeiten und Angebote der Behandlung, der Beschäftigung und der Resozialisierung. Die meisten Ersatzfreiheitsstrafen werden von den Betroffenen daher ohne Erfüllung des staatlichen Resozialisierungsauftrags schlicht abgesessen.

Überdies muss man stets bedenken, dass diese Menschen nie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Richterinnen und Richtern haben sie ganz im Gegenteil bewusst zu einer Geldstrafe verurteilt und eine Freiheitsstrafe als nicht angemessen betrachtet.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Gefangene, die eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen sind aktuell im nordrhein-westfälischen Justizvollzug untergebracht? (Bitte Zahlen für 2019, 2020 und 2021 soweit bisher bekannt aufschlüsseln)
  2. Aufgrund welcher Delikte wurden die oben genannten Gefangenen verurteilt? (Bitte Zahlen für den Haftantritt 2019, 2020, 2021 soweit bisher bekannt sowie Zahlen zu Delikten der übrigen Gefangenen aufschlüsseln)
  3. Inwieweit ist es zu einer Geldstrafe Verurteilten derzeit möglich, ihre Strafe statt durch Zahlung von Geld, mit gemeinnütziger Arbeit abzuleisten? (Bitte Möglichkeiten auch zahlenmäßig für die Jahre 2019, 2020, 2021 soweit bisher bekannt angeben)
  4. Wie viele der genannten Verurteilten nutzen diese Möglichkeiten? (Bitte Zahlen zu 2019, 2020, 2021 soweit bisher bekannt angeben)
  5. Wie viele Gefangene, die eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, befinden sich derzeit im offenen Vollzug? (Wenn möglich bitte Zahlen zu 2019, 2020, 2021 soweit bisher bekannt angeben)