Erneuerbare Energien durch ein Pilotvorhaben Virtuelles Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen voranbringen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Die Struktur der Energieerzeugung in der Bundesrepublik befindet sich inmitten einschneidender Umstrukturierungen. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft  und dem Abschalten veralteter Kraftwerke ist der Bedarf für den Ersatz bisheriger Erzeugungskapazitäten gewachsen. Dieser Bedarf wird vor allem durch den stetigen Ausbau von Erneuerbaren Energien-Anlagen gedeckt, die an vielen Standorten (dezentral) installiert sind bzw. werden.
Die fluktuierende  Erzeugung des Stroms aus einer erheblich steigenden Zahl von Erneuerbaren Energien-Anlagen stellt neue Herausforderungen an ihre Einbindung in die Versorgungsstrukturen, damit jederzeit die Stabilität und die wirtschaftliche Effizienz des Systems gewährleistet sind.
Hierfür sind Kraftwerke der Zukunft erforderlich, die sich an den Besonderheiten der fluktuierenden Erneuerbaren Energien mit den Anforderungen dezentraler Strom- und Wärmeversorgung orientieren.
Eine Möglichkeit, um die Stromversorgung mit einem steigenden Anteil von fluktuierenden Energieerzeugern zu gewährleisten, besteht darin, verschiedene Stromerzeugungsquellen auf dezentraler Ebene in einem virtuellen Kraftwerk zu integrieren, das kleine, dezentrale Stromlieferanten vor allem Erneuerbarer Energien zu einem Verbund mit gemeinsamer Steuerung zusammen schließt und so auch Grundlastfähigkeit herstellt.
Solch ein virtuelles Kraftwerk verbindet Windenergie- und Solaranlagen mit regelbaren, Strom und Wärme produzierenden Biomasse-Blockheizkraftwerken,   KWK-Anlagen, flexiblen Lasten und Speichern oder fossilen Kraftwerken. Ein solches „virtuelles Kraftwerk der Zukunft“ passt damit auch sehr gut in das KWK-/Fernwärmekonzept in NRW.
Um die Stabilität des Systems zu gewährleisten haben CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart, dass (EE-) „Neuanlagen vom Netzbetreiber und von den Direktvermarktern ansteuerbar sein müssen.“
Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir werden prüfen, ob große Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energien zukünftig einen Grundlastanteil ihrer Maximaleinspeisung garantieren müssen, um so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Diese können sie in eigener Verantwortung vertraglich mit Betreibern von Speichern, von nachfrageabhängig regelbaren Erneuerbaren Energien, abschaltbaren Lasten oder von fossilen Kraftwerken absichern. Die virtuelle „Grundlastfähigkeit“ der einzelnen Erneuerbaren Energien soll schrittweise geschaffen werden. Hierzu werden wir ein Pilotvorhaben durchführen.“

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen stellt fest:

Durch die Zusammenfassung der verschiedenen dezentralen Stromerzeugungsquellen zu einem virtuellen Kraftwerk kann ein wesentlicher Beitrag zur Lösung für eine der zentralen Herausforderungen der Energiewende geleistet werden.
Aufgrund ihrer Flexibilität kann ihre Produktion sehr schnell an die Nachfrage bzw. an das bereits vorhandene Angebot im Netz angepasst werden.
Durch die Einbindung von Kraft-Wärmegekoppelten Anlagen, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren, können hocheffiziente Energieerzeuger mit einem Gesamtnutzungsgrad von über 90 % in das System eingebunden werden.
Virtuelle Kraftwerke sind ein erfolgversprechender Ansatz, um in einer zunehmend auf Erneuerbaren Energien basierenden Stromversorgung der Zukunft Versorgungssicherheit, Marktfähigkeit und Netzstabilität zu gewährleisten.  
In Nordrhein-Westfalen haben einige Stadtwerke (z.B. in Unna, in Düsseldorf oder in Aachen) unterschiedliche lokale Projekte zum Thema virtuelles Kraftwerk auf den Weg gebracht. Nordrhein-Westfalen ist mit seiner vielfältigen Struktur unterschiedlicher Energieerzeuger, der vorhandenen Struktur von KWK-Anlagen und Fernwärmenetzen, dem Potenzial flexibler  Lasten bei stromintensiven Unternehmen, innovativer Speichertechnologien und modernem Netzwerkmanagement das ideale Bundesland für Pilotvorhaben regionaler und überregionaler Dimensionen im Bereich von virtuellen Kraftwerken.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Voraussetzungen für mindestens ein Pilotprojekt geschaffen werden,
sich dafür einzusetzen, das im Koalitionsvertrag des Bundes vereinbarte Pilotvorhaben, die  virtuelle „Grundlastfähigkeit“  der einzelnen Erneuerbaren Energien schrittweise zu schaffen, in Nordrhein-Westfalen durchzuführen.
In Nordrhein-Westfalen im Dialog mit  der Energiewirtschaft und den Kommunen des Landes die Voraussetzungen für ein solches Projekt im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu erarbeiten.