Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über Parteispenden aus dem Ausland an die NRW-AfD

Kleine Anfrage von Johannes Remmel

Am 26. März 2021 hat ein fraktionsloser Abgeordnete und ehemaliger AfD-Funktionär im Landtagsplenum schwere Vorwürfe im Hinblick auf illegale Parteienspenden gegen mehrere Amts- und Mandatsträger der AfD geäußert.1 Es ging dabei um mutmaßliche Bestechlichkeit und die Annahme illegaler Parteispenden von einem oder mehreren Spendern aus der Schweiz. Jüngste Medienrecherchen legen nahe, dass es sich bei dem bislang anonymen Spender um den Milliardär Henning Conle handeln könnte.2

Zu den in diesem Zusammenhang namentlich Erwähnten zählen neben dem Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und der Bundestagsfraktionsvorsitzenden Alice Weidel auch AfD-Funktionäre aus NRW. Verschiedene Wahlkampfkampagnen sollen vom „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ und der Schweizer Firma Goal AG finanziert worden sein. Der Verein und die Schweizer Werbeagentur stehen mutmaßlich in enger Verbindung. Der Verein soll die AfD seit 2016 in verschiedenen Wahlen zu Landtagen, Bundestag und zum Europaparlament vor allem durch Plakate und die Erstellung und Verteilung von Zeitschriften unterstützt haben. Die Goal AG soll Meuthen im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg 2016 und Guido Reil 2017 in NRW unterstützt haben.3 Die Personen, die auf den Spendenlisten der AfD der Bundestagsverwaltung gegenüber als Spender angegeben waren, stellten sich als Strohleute heraus. Einige von ihnen sollen in Verbindung zu Herrn Conle stehen.

In Medienberichten zitierte SMS-Nachrichten eines früheren Mitarbeiters von Frauke Petry – ehemals AfD-Vorsitzende – legen nahe, dass es einen Austausch zwischen der Partei und o.g. Unterstützerverein gegeben hat.4 In diesen Austausch soll auch der AfD-Abgeordnete Andreas Keith involviert gewesen sein, der damals im Landesvorstand der NRW-AfD den Wahlkampf organisierte und u.a. auch die Plakatkampagne der Partei mit der Plakatwerbung des Unterstützervereins koordiniert haben soll. Sollte es derartige Absprachen gegeben haben, handelt es sich um eine illegale Parteispende.

Der fraktionslose Abgeordnete, MdL und ehemalige AfD-Funktionär Pretzell selbst tritt in diesem Zusammenhang jedoch nicht nur als Aufklärer in Erscheinung, sondern war auch selbst Empfänger illegaler Zuwendungen, als er 2016 – damals noch MdEP und Vorsitzender

der NRW AfD – einen Kongress für die EKR-Fraktion im Europaparlament veranstaltete. An der Organisation der Veranstaltung war auch Sven Tritschler – damals Mitarbeiter von Pretzell und Co-Vorsitzender der Jungen Alternative, heute MdL – maßgeblich beteiligt. Die Kosten für die Veranstaltung trug auf Bitten von Pretzell einmal mehr die Schweizer Goal AG, nachdem weder EKR-Fraktion noch AfD dafür aufkommen wollten. Die Bundestagsverwaltung wertet dies inzwischen ebenfalls als illegale Parteispende und hat eine entsprechende Strafzahlung gegen die AfD verhängt.5

Die dargestellten Zusammenhänge deuten darauf hin, dass anonyme und finanzstarke Akteure aus dem Ausland seit Jahren eine Strategie verfolgen, um mit der AfD eine in Teilen europafeindliche, völkische und rechtsextremistische Partei in Deutschland zu unterstützen. Dabei scheint sich ein Prinzip herauszuschälen, mit dem die politische Arbeit oder die Wahlkampagnen von Einzelpersonen unterstützt werden. Da die AfD in Teilen bereits vom Verfassungsschutz beobachtet wird, erscheinen auch ihre Geldquellen eine eingehende Untersuchung durch die Behörden wert zu sein.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Inwiefern beobachtet der Verfassungsschutz NRW die Unterstützung der NRW-AfD, inklusive einzelner Funktionäre, durch (ausländische) Parteispenden?
  2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung und insbesondere dem Verfassungsschutz NRW über eine Einflussnahme auf die Inhalte der NRW-AfD bzw. ihrer Akteure durch Personen oder Gruppierungen aus dem Ausland mittels Parteispenden vor?
  3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung und insbesondere dem Verfassungsschutz NRW über mögliche Aktivitäten von Funktionären der NRW-AfD vor, die sich aktiv um Parteispenden aus dem Ausland bemüht haben?
  4. Welche Erkenntnisse hat die Staatsanwaltschaft Essen bei der Hausdurchsuchung der Landesgeschäftsstelle der NRW-AfD im Juni 2019 in Hinblick auf mögliche Verstöße gegen das Parteiengesetz, insbesondere in Bezug auf Parteispenden aus dem Ausland, erlangt?

1 MMP17-123.pdf, S. 11f.

2 Pretzell im NRW-Landtag: Neue Vorwürfe gegen AfD-Chef Meuthen in Spendenaffäre (correctiv.org)

3 AfD-Parteispenden: Polizei durchsucht NRW-Zentrale – Politik – SZ.de (sueddeutsche.de)

4 Die AfD und die „edlen Spender aus dem Süden“ – Politik – SZ.de (sueddeutsche.de)

5 AfD-Spendenaffäre: Ex-AfD-Funktionär packt über Spenden aus der Schweiz aus (correctiv.org)