Einmal hin, alle Daten drin? Gesichtserkennung im Supermarkt

Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthi Bolte-Richter

Durch Berichterstattung u.a. der Lebensmittel-Zeitung wurde in dieser Woche bekannt, dass die Handelskette Real in 40 ihrer 283 Filialen neuartige Technologien der Videoüberwachung einsetzt, um das Verhalten ihrer Kundinnen und Kunden und ihre Reaktion auf Werbung im Kassenbereich genauer auszuwerten. Die Auswertung werde nicht von Real selber vorgenommen, sondern durch eine Firma aus Augsburg. An sie soll Real entsprechende Werbeplätze vermietet haben.
Kameras an den Werbebildschirmen erfassen die Gesichter von Kundinnen und Kunden im Kassenbereich und speichern sie für eine kurze Zeit. Eine Software ermittelt sodann das Alter und das Geschlecht der Personen sowie die Blickdauer, innerhalb derer sie die Werbung betrachteten. Diese Daten werden dann für die weitere Analyse und die Weiterentwicklung des Werbesystems verwendet. So soll beispielsweise die sogenannte Werbeansprache zielgruppengerechter werden. Das heißt, dass Wartende im Kassenbereich der Supermarktfilialen von Kameras erfasst und mittels Software einer Zielgruppe zugeordnet werden und ihnen sodann auf ihre Zielgruppe zugeschnittene Werbung auf Bildschirmen gezeigt wird.
Besagter Berichterstattung zufolge soll es bei der Testphase in den 40 Betrieben nicht bleiben. Bald soll die Technologie an insgesamt 1.100 Bildschirmen in fast allen 283 Real-Filialen eingesetzt werden. Ebenso würden weitere große Handelsketten den Einsatz vergleichbarer Technologien prüfen.
Da die Real Gruppe einem zitierten Sprecher zufolge davon ausgeht, dass datenschutzrechtliche Probleme nicht vorliegen und der alleinige Hinweis auf Videoüberwachung ohne weitere Information über die anschließend stattfindende Analyse ausreichend sei, sind auch in NRW tausende Kundinnen und Kunden mit erheblichen Eingriffen in ihre Privatsphäre konfrontiert, ohne hinreichend informiert zu sein.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung den dargestellten Vorgang insgesamt in datenschutzrechtlicher Hinsicht?
  2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die in diesem Fall vorgenommene Erhe- bung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten den Vorgaben des § 6b BDSG unterfällt?
  3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die in diesem Fall vorgenommene Erhe- bung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten den Vorgaben des § 6b BDSG – insbesondere vor dem Hintergrund des durch die Gesichtserkennung und Geschlechts- und Altersanalyse erhöhten Eingriffs in die Privatsphäre der Betroffenen – entspricht?
  4. Sieht die Landesregierung aufgrund des stetig zunehmenden Einsatzes sog. Intelligenter Videotechnik Handlungsbedarf beim Regelungskreis des § 6b BDSG?
  5. Welche weiteren mit dem dargestellten Vorgang vergleichbaren Fälle sind der Landes- regierung bekannt?

Matthi Bolte-Richter