Einführung rechtsverbindlicher Mindeststandards für die Putenhaltung

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Verbrauch von Putenfleisch in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. 1970 gab es in Deutschland einen Putenbestand von rund 850.000 Tieren. Heute werden rund 11 Millionen Puten erfasst – davon ca. 1,3 Millionen in Nordrhein-Westfalen. In dieser Zeit hat sich in Deutschland der Jahres-Prokopfverbrauch von 0,6 Kilo auf 6,0 Kilo erhöht. Mit dieser Entwicklung ging eine Spezialisierung und Intensivierung der Putenmast einher, die vergleichbar mit der Entwicklung im Hühnerbereich ist.
Allerdings gibt es für die Haltung der Mastputen in Deutschland bislang keine artspezifischen Vorschriften in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), wie sie beispielsweise für Hühner, Schweine und Rinder gelten.
Bislang gibt es lediglich eine Selbstverpflichtung der Geflügelverbände „Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Jungmasthühnern (Broiler, Masthähnchen) und Mastputen“ von 1999 sowie eine Aktualisierung vom 10. April 2013. Die Einhaltung dieser Vereinbarung ist jedoch freiwillig und zudem werden die dort vereinbarten Standards häufig als unzureichend bewertet.
Die Puten-Intensivtierhaltung steht deshalb immer wieder in der Kritik. Die Debatte wird nicht nur in Tierschutzorganisationen geführt, sondern zugleich auch in der Wissenschaft und in Verbraucherorganisationen. Dabei wird insbesondere kritisiert, dass es bei der Intensivtierhaltung von Mastputen zu Schmerzen, Leiden und Schäden für die Tiere kommt, die durch eine Kombination aus Überzüchtung und mangelhaften Haltungsbedingungen entstehen. Daraus resultieren für die Tiere eine Vielzahl von Belastungen wie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Erkrankungen des Skelettsystems und Atemwegserkrankungen. Zudem ist das Ausleben vieler artenspezifischer Bedürfnisse unter den Bedingungen der Intensivmast kaum möglich. Dazu gehören die Nahrungssuche, die Körperpflege, das Ruhe- und Sozialverhalten der Tiere. Hinzu kommt der starke Einsatz von Antibiotika, der zur Bildung von Resistenzen führen und fatale Konsequenzen für die allgemeine Gesundheit haben kann.
Die Putenhaltung und deren Kontrolle muss gesetzlich reguliert werden. Eine Selbstverpflichtung ist letztlich keine dauerhafte Lösung, da sich zum einen ein Teil der Mäster nicht verpflichtet sieht und diese zugleich keine bindende Wirkung für die Branche hat.
Mit einer Regelung in der TierSchNutztV würden wir sowohl einen höheren Verbraucher- und Tierschutzschutz erzielen als auch eine allgemein gültige Rechtssicherheit für die Betreiber von Putenmastanlagen erreichen. Wir setzen in diesem Prozess auf den Dialog mit allen Akteuren aus dem Landwirtschafts- und Tierschutzbereich.

Beschluss

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1. auf Landesebene:

  • in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Putenmastbetriebe und der Landwirtschaftsverbände bis Juni 2014 einen Maßnahmenplan zu erarbeiten, der vorsieht, bis spätestens Anfang 2017 das gesetzlich festgelegte Verbot des Schnäbelkürzens in NRW umzusetzen;
  • die Haltung und Züchtung von Putenrassen zu fördern, die eine Nutzung für die Mast gemäß den gesetzlichen Regeln des Tierschutzes ermöglichen;
  • die Kontrollen der Putenhaltung hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Standards weiter zu intensivieren.

2. durch Bundesratsinitiativen:

  • sich dafür einzusetzen, die Haltung von Puten in der TierSchNutztV artspezifisch zu regeln und dabei insbesondere folgende Bereiche zu erfassen:
    • Bestandsobergrenzen und Bestandsdichte,
    • Beschäftigungselemente, Auslauf, Futter,
    • Beleuchtung, Belüftung, Stallhygiene,
    • Gesundheitskontrolle, Einsatz von Medikamenten und tierärztliche Betreuung, Quarantänehaltung kranker Tiere, Notfallversorgung;
  • sich hinsichtlich der Haltung von Puten für die Einführung rechtsverbindlicher Mindeststandards in der EU einzusetzen;
  • die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Bußgelder für Verstöße gegen den Tierschutz und festgelegte Mindeststandards heraufgesetzt und wirtschaftliche Vorteile von Verstößen abgeschöpft werden können.