Ein Herz und Heim für Tiere in Nordrhein-Westfalen: Tierschutz fördern – Tierheime stärken

Portrait Norwich Rüße

I. Ausgangslage

Schätzungen zufolge leben in Nordrhein-Westfalen mehr als 7,5 Mio. Haustiere – Tendenz steigend.1 Doch mit einer steigenden Anzahl an Haustieren geht auch eine steigende Anzahl an Tieren einher, die aus diversen Gründen in Tierheimen aufgenommen werden.

Der allgemeine Tierschutz ist seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz Artikel 20a verankert. Eine rechtliche Konkretisierung erfolgt über das Tierschutzgesetz. Die Aufnahme und Verwah­rung von aufgefundenen Tieren ist nach Artikel 2 Tierschutzgesetz eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Die Versorgung dieser Tiere übernehmen städtische oder, insbesondere im ländlichen Raum, vereinsgetragene Tierheime. Hier kümmern sich hauptamtliche Tierpflegerinnen und Tierpflegern, auch Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich um die Rettung, Pflege und Vermitt­lung von Tieren.

Insbesondere im Rahmen der Coronapandemie haben sich viele Bürgerinnen und Bürger ein Tier zugelegt. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen nach dem Ende der pandemiebedingten Maßnahmen haben sich jedoch verändert, sodass einige Tierhalterinnen und -tierhalter den Ansprüchen ihrer Tiere nicht mehr gerecht werden können. Die Coronapandemie erweist sich dabei als eine, aber bei weitem nicht einzige Ursache, dass sich die Tierheime in Deutschland und Nordrhein-Westfalen an ihrer Belastungsgrenze befinden.

Eine weitere Herausforderung sind eine Vielzahl von Tieren, die aus dem seit Jahren wach­senden, in Teilen illegalen, Onlinehandel stammen. Gerade Tiere aus dubiosen Onlinege­schäften kommen häufig bereits durch Krankheiten und schlechte Haltung gezeichnet zu ihren neuen Halterinnen und Haltern. Der Erwerb lebender Tiere über den Onlinehandel ist größ­tenteils anonym und verleitet, oftmals und insbesondere bei Hunden, zu unbedachten Käufen – häufig auch aufgrund scheinbar günstiger Preise.

Um tierschutzrelevante Missstände im Rahmen und im Umfeld des Onlinehandels mit Tieren und dessen Auswirkungen einzudämmen und sanktionieren zu können, wurde bereits im Februar 2024 eine Bundesratsinitiative verabschiedet.2 Die Entschließung des Bundesrates „Tierschutz stärken – Onlinehandel mit Wirbeltieren stärker reglementieren“ bezieht sich u. a. auf die Bitte an die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene verstärkt für eine umfas­sende Regelung zum Onlinehandel mit Wirbeltieren einzusetzen. In die weiteren Arbeitspro­zesse sollen die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) mit der Projektgruppe Internethandel der AG Tierschutz und, sofern Wirbeltiere wildlebender, besonders und streng geschützter Arten betroffen sind, die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Land­schaftspflege und Erholung (LANA), eingebunden werden. Unter anderem soll eine zentrale, länderübergreifende Datenbank geschaffen werden, die Informationen über Tierhaltungs- und Betreuungsverbote sowie erteilte oder versagte tierschutzrechtliche Erlaubnisse sowie ggfs. deren nachträglichen Entzug enthält.

Tierheime übernehmen ferner die Versorgung von ausgesetzten und entlaufenen sowie die Inobhutnahme von sichergestellten Tieren. Verträge über die Aufnahmen von Fundtieren und Inobhutnahmen werden von den privatrechtlich organisierten Tierheimen im Rahmen der Vertragsfreiheit mit den jeweiligen Kommunen ausgehandelt.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert über das Programm zur „Förderung baulicher Maßnah­men von Tierheimen“ anteilig die Kosten für eben solche Maßnahmen.3 Dieses Programm wurde bis 31.12.2027 verlängert. Mit diesem Programm stärkt das Land die Tierheime, aller­dings wurden viele Mittel jährlich nicht abgerufen. Viele Tierheime wünschen sich eine flexib­lere Investitionsförderung, die neben baulichen Maßnahmen insbesondere auch die Infrastruk­tur für den täglichen Betrieb fokussieren. Hierzu zählt insbesondere die digitale Ausstattung der Geschäftsbereiche. Eine zeitgemäße IT-Ausstattung hilft Kosten zu sparen und ermöglicht eine effizientere und übersichtlichere Aufnahme sowie eine punktgenaue Versorgung und Ver­mittlung der Tiere.

Damit Tierheime als Unternehmen gut funktionieren braucht es, neben der Erfüllung des ei­gentlichen Unternehmenszweckes – hier Aufnahme, Versorgung und Vermittlung von Tieren – auch fundiertes betriebswirtschaftliches Wissen der Mitarbeitenden. So will das Land die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch betriebswirtschaftliche Beratung und Weiterbildungen unterstützen.

Im Kontext der dargestellten Herausforderungen setzen sich die regierungstragenden Frakti­onen für eine Stärkung der Tierheime in Nordrhein-Westfalen ein, um die Arbeit der haupt-und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Tierschutz zu unterstützen und die Ausstattung zu verbessern.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Tierschutz ist ein Staatsziel nach Artikel 20a des Grundgesetzes. Tierheime in Nord­rhein-Westfalen tragen maßgeblich und mit großem, meist ehrenamtlichem Engagement zu diesem Ziel bei.
  • Die haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer im Tierschutz, respektive in den Tierheimen in Nordrhein-Westfalen, leisten zentrale Aufgaben bei der Versorgung von gefundenen, abgegebenen und beschlagnahmten Tieren.
  • Tierheime unterstützen die kommunalen Behörden bei deren Pflichtaufgabe, gefundene, und beschlagnahmte Tiere tierschutzgerecht unterzubringen.
  • Die finanzielle Lage vieler Tierheime in Nordrhein-Westfalen ist nicht erst seit Beginn der Pandemie, aber verstärkt durch diese, enorm angespannt.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung im Rahmen bereiter Haushaltsmittel,

  • gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Tierschutzverbänden, deren Mitglieder nordrhein-westfälischen Tierheime betreiben, unter der Moderation der Lan-destierschutzbeauftragten Empfehlungen für den wirtschaftlichen Betrieb von Tierhei­men zu erarbeiten.
  • im Rahmen der anstehenden Evaluierung der „Richtlinie über die Gewährung von Zu­wendungen zur Förderung baulicher Maßnahmen von Tierheimenim Jahr 2026 zu prü­fen, ob neben den Investitionen in Neu-, An- oder Umbauten auch eine Förderung der für administrative Aufgaben benötigten Ausstattung z. B. einer zeitgemäßen IT möglich ist.
  • geschäftsführenden Mitarbeitenden von Tierheimen eine betriebswirtschaftliche Bera­tung und Schulungen zur Verfügung zu stellen.
  • zu prüfen und dem Landtag darüber zu berichten, inwieweit die Forderungen der Ent­schließung des Bundesrates bereits umgesetzt wurden.
  • die für die Länder relevanten Punkte der Entschließung des Bundesrates, wie die zent­rale Recherchestelle und die länderübergreifende Datenbank zeitnah zu implementie­ren.

1 https://www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/tierische-liebe-warum-immer-mehr-menschen-haustiere-halten/
2 https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/24/1041/16.html?nn=20777060&cms_sel-ectedTab=section-6
3 https://www.lanuv.nrw.de/landesamt/foerderprogramme/tierheime