Ds. 16/58 Gesetz zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW sowie zur Anpassung des Landeszustellungsgesetzes an das De-Mail-Gesetz

Gesetzentwurf der Landesregierung

A Problem

Artikel 1 Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW (VwVG NRW)

Auf Grund des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 1. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707) sowie des Gesetzes zur Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258), das mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Kraft tritt, hat sich die Notwendigkeit für Änderungen des VwVG NRW ergeben, mit denen eine Anpassung an diese Änderungen der zivilprozessualen Vorschriften im Zwangsvollstreckungsrecht herbeigeführt wird.
Außerdem besteht Änderungsbedarf im Hinblick auf die Erweiterung der Möglichkeiten des VwVG NRW zur Beitreibung privatrechtlicher Geldforderungen durch öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute, soweit diese im Zusammenhang mit der Abwicklung von Förderprogrammen außerhalb des Wettbewerbs tätig werden.

Artikel 2 Anpassung des Landeszustellungsgesetzes an das De-Mail-Gesetz

Mit dem Ziel, den Bürgern, Unternehmen und Behörden für ihre elektronische Kommunikation per E-mail eine sichere Kommunikationsplattform zur Verfügung zu stellen, hat der Bund gemeinsam mit den Ländern den Rechtsrahmen für die sogenannten De-Mail-Dienste geschaffen. Das „Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten und zur Änderung weiterer Vorschriften" vom 28. April 2011 ist im BGBl. I S. 666 verkündet und am 3. Mai 2011 in Kraft getreten.
Mit diesem Gesetz sind in der Folge auch die zustellungsrechtlichen Regelungen für die Bundesbehörden angepasst worden. Die Länder mit eigenen Vollregelungen im Zustellungsrecht – so unter anderem auch das Land Nordrhein-Westfalen – haben im Interesse einer einheitlichen Handhabung und einer bundesweiten Stärkung des E-Government ihr Landesrecht in gleicher Weise zu modernisieren. Durch diese zustellungsrechtlichen Anpassungen wird die neue Kommunikationsmöglichkeit über De-Mail-Dienste auch für die Verwaltung Nordrhein-Westfalens nutzbar gemacht.

B Lösung

Artikel 1 Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW wird um die Möglichkeit erweitert, unbestrittene privatrechtliche Geldforderungen aus der Durchführung von Förderprogrammen öffentlich-rechtlicher Stellen durch zwischengeschaltete öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (einschl. Sparkassen) nach diesem Gesetz zu vollstrecken. Das Gesetz wird zudem an die am 1. Ja-nuar 2012 bzw. 1. Januar 2013 in Kraft tretenden Regelungen der ZPO zum Kontopfändungsschutz sowie zur Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung angepasst. Weitere Änderungen dienen der Beseitigung in der Praxis aufgetretener Vollzugsprobleme.

Artikel 2 Anpassung des Landeszustellungsgesetzes an das De-Mail-Gesetz

Das Landeszustellungsgesetz (LZG NRW) erfährt zwei wesentliche Fortentwicklungen: Zum einen wird die elektronische Zustellung mittels der neuen akkreditierten De-Mail-Dienste als eine weitere behördliche Zustellmöglichkeit aufgenommen (§§ 2, 5a LZG NRW) und zum zweiten wird in den Fällen, in denen der Bürger die elektronische Verfahrensabwicklung verlangt (z.B. über eine einheitliche Stelle), die Anforderung für eine Widerlegung der gesetzlichen Zustellfiktion von der einfachen Glaubhaftmachung in den Vollbeweis geändert (§ 5 Abs. 7 LZG NRW).

C Alternativen

Zu Artikel 1:

Keine. Die Änderungen sind zur Erleichterung der Vollstreckung privatrechtlicher Geldforderungen bei der Durchführung von Förderprogrammen öffentlich-rechtlicher Träger durch zwischengeschaltete öffentlich-rechtliche Kreditinstitute sowie zur Anpassung des VwVG an die Änderungen des Kontopfändungsschutzes sowie der Sachaufklärung nach der ZPO erforderlich.

Zu Artikel 2:

Würden diese Anpassungen nicht vorgenommen, hätten Bürger, Unternehmen und Behörden in Nordrhein-Westfalen nicht die Möglichkeit, die neuen De-Mail-Dienste für die förmliche Zustellung zu nutzen. Diese bieten jedoch eine sichere Kommunikationsplattform und stärken den Ausbau des E-Government. 

D Kosten

Zu Artikel 1:

Die Änderungen ermöglichen den Vollstreckungsbehörden eine raschere und effizientere Vollstreckung wegen Geldforderungen und wirken damit in der Tendenz eher kostensenkend.

Zu Artikel 2:

Mit diesen zustellungsrechtlichen Anpassungen sind unmittelbar keine Kosten verbunden, da der öffentlichen Verwaltung des Landes – wie auch im gesamten Bundesgebiet – lediglich die rechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, für die elektronische Verfahrensabwicklung auch die akkreditierten De-Mail-Dienste zu nutzen. Es dürfte zu erwarten sein, dass mit der Verbreitung der De-Mail-Dienste in den privaten Haushalten die Bürger und Unternehmen in ihrer Kommunikation mit den Behörden die Nutzung dieses Kommunikationsweges nachfragen werden. Hierauf muss die Verwaltung in Nordrhein-Westfalen vorbereitet sein. Mit der Nutzung der De-Mail-Dienste wird mittel- bis langfristig ein hohes Einsparpotential bei der Papierpost erwartet. Der Bund hat für die Bundesverwaltung ein Einsparvolumen von jährlich durchschnittlich ca. 20 Mio. bis 40 Mio. Euro in der Anfangsphase und später ca. 40 Mio. bis 80 Mio. Euro ermittelt (BT-Drs. 17/3630, Vorblatt D.2., Begründung A.V.).

E Zuständigkeit

Zuständig für den Gesetzentwurf ist das Ministerium für Inneres und Kommunales.

F Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände

Zu Artikel 1:

Die Änderungen verbessern die Möglichkeiten der kommunalen Vollstreckungsbehörden bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen und sind in der Tendenz geeignet, bei gleichzeitiger Verfahrensverbesserung auch die Vollstreckungsergebnisse zu optimieren.

Zu Artikel 2:

Da die Nutzung von De-Mail-Diensten nicht gesetzlich vorgeschrieben wird, sondern nur rechtlich die Möglichkeit dazu geschaffen wird, sind die Kommunen frei darin, für ihre Kommunikation mit dem Bürger und den Unternehmen De-Mail-Dienste zu nutzen. Damit ist die kommunale Selbstverwaltung nicht tangiert.

G Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte

Durch die Änderungen in Artikel 1 zum Kontopfändungsschutz und zur Sachaufklärung in der Vollstreckung wird den Interessen der Schuldner wie der Gläubiger gleichermaßen gedient. Den Schuldnern bleibt ein pfändungsfreier Betrag auf ihrem Pfändungsschutzkonto zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhaltes erhalten. Die Änderungen in Artikel 2 haben keine zwingenden finanziellen Auswirkungen auf Unternehmen und private Haushalte. Unternehmen und Privathaushalte sind frei darin, für ihre elektronische Kommunikation akkreditierte De-Mail-Dienste zu nutzen.

H Befristung

Da Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfes bereits befristete Gesetze ändern, bedarf es keiner besonderen Befristungsregelung.

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Begründung

A Allgemeiner Teil

1. Artikel 1
Neben einer Änderung in § 1 Absatz 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW, die die Beitreibung offener Forderungen aus Förderprogrammen erleichtern soll, enthält Artikel 1 des Entwurfes vor allem Regelungen zur Anpassung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes an die Reformen der Zivilprozessordnung zur Kontopfändung durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707) sowie der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung durch das Gesetz zur Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258). Darüber hinaus werden durch den Gesetzentwurf weitere Änderungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vorgenommen, die seit der letzten grundlegenden Überarbeitung gewonnene Erfahrungen aus der Praxis berücksichtigen.
Durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707) wurde die ZPO mit dem Ziel geändert, zum Ausgleich der berechtigten Belange von Schuldner und Gläubiger dem Kontoinhaber die zum Lebensunterhalt benötigten Geldmittel auch bei Überweisung auf sein Girokonto pfändungsfrei zu belassen. Damit soll ihm trotz der Kontopfändung die Möglichkeit zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr so weit wie möglich erhalten bleiben (vgl. BT-Drucks. 16/7615, S. 9). Gleichzeitig soll der Pfändungsschutz für die Einkünfte von selbständig tätigen Personen verbessert werden.
Der herkömmliche zivilprozessuale Kontopfändungsschutz ist zum 1. Januar 2012 ausgelaufen (vgl. Artikel 7 und 10 des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009). Ab diesem Zeitpunkt steht nur noch das Pfändungsschutzkonto zur Verfügung. Um eine Harmonisierung der Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz Nordrhein-Westfalen mit der Neuregelung des Kontopfändungsschutzes zu erreichen, werden entsprechende Regelungen geschaffen. Dadurch wird die Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Forderungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW der Vollstreckung nach der ZPO und der AO angeglichen.
Es hat sich weiterhin gezeigt, dass die Regelung des § 14 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes Nordrhein-Westfalen zum Betreten der Wohnung des Schuldners zu Missverständnissen in der Praxis geführt hat. Hier erfolgt eine eindeutige Klarstellung.
Das Gesetz zur Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258) tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Kraft. Das bisherige Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wird durch die Pflicht des Schuldners zur Erteilung von Auskunft über sein Vermögen abgelöst. Die Vermögensauskunft wird am Anfang des Vollstreckungsverfahrens stehen. Der Schuldner erhält während des Verfahrens, das bis zur Eintragung in ein Schuldnerverzeichnis reicht, mehrfach Gelegenheit, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die genannten, zum 1. Januar 2013 in Kraft tretenden Änderungen machen eine rechtzeitige Anpassung des nordrhein-westfälischen Rechts erforder-lich.
2. Artikel 2
Nach mehrjährigen Beratungen hat der Bund in Abstimmung mit den Ländern das „Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten und zur Änderung weiterer Vorschriften" vom 28.4.2011 verabschiedet und am 2.5.2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 666) verkündet. Das Artikelgesetz ist insgesamt am 3.5.2011 in Kraft getreten.
Mit diesem Gesetz sind Regelungen zu den sogenannten De-Mail-Diensten geschaffen und in der Folge die zustellungsrechtlichen Regelungen für die Bundesbehörden angepasst worden. Die Länder mit eigenen Vollregelungen im Zustellungsrecht – so unter anderem auch das Land Nordrhein-Westfalen – haben im Interesse einer einheitlichen Handhabung und einer bundesweiten Stärkung des E-Government ihr Landesrecht in gleicher Weise zu modernisieren. Durch diese zustellungsrechtlichen Anpassungen wird die neue Kommunikationsmöglichkeit über De-Mail-Dienste auch für die Verwaltung in Nordrhein-Westfalen nutzbar gemacht.

Inhalt des De-Mail-Gesetzes des Bundes

Die private, unternehmerische und behördliche Kommunikation erfolgt zunehmend über das Internet unter Verwendung von E-Mails. E-Mails sind jedoch so wenig sicher vor Manipulation wie Postkarten im konventionellen Postverkehr. Für eine sichere elektronische Kommunikation ist eine zuverlässige und geschützte Infrastruktur notwendig, die die Vorteile der E-Mail mit Sicherheit und Datenschutz verbindet. Mit den De-Mail-Diensten ist eine solche Infrastruktur eingeführt worden. Im Rahmen eines Akkreditierungsverfahrens haben De-Mail-Diensteanbieter nachzuweisen, dass die durch sie angebotenen E-Mail-, Identitätsbestätigungs- und Dokumentenablagedienste hohe Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz erfüllen. Mit dem verabschiedeten De-Mail-Gesetz bietet der Bund den rechtlichen Rahmen hierfür. Wegen der zahlreichen Details wird auf die Materialien des Bundesgesetzgebungsverfahrens verwiesen.

Auswirkungen auf die Zustellungspraxis der Behörden in Nordrhein-Westfalen

Für die förmlichen Zustellungsverfahren der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts – ausgenommen die Landesfinanzbehörden – gilt das Landeszustellungsgesetz (LZG NRW). Dieses erfährt zwei wesentliche Änderungen: Zum einen wird die elektronische Zustellung mittels der neuen akkreditierten De-Mail-Dienste als eine weitere Zustellmöglichkeit aufgenommen (§§ 2, 5a LZG NRW) und zum zweiten wird in den Fällen, in denen der Bürger die elektronische Verfahrensabwicklung über eine einheitliche Stelle verlangt, die Anforderung für eine Widerlegung der gesetzlichen Zustellfiktion von der einfachen Glaubhaftmachung in den Vollbeweis geändert (§ 5 Abs. 7 LZG NRW). Die Begründung der Änderungen im Einzelnen entspricht im Wesentlichen derjenigen zum Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes. Sie basieren auf einer inhaltlichen Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Inhaltsverzeichnis)
Redaktionelle Anpassung.
Zu Nummer 2 (§ 1 Absatz 2 Satz 3)
Die Änderung soll die Beitreibung privatrechtlicher Geldforderungen im Verwaltungs-vollstreckungsverfahren erlauben, wenn öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen Gläubiger sind, die im Auftrag des Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes tätig werden und mit der zu erbringenden Leistung nicht am Wettbewerb teilnehmen.
§ 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW sieht vor, dass bestimmte privatrechtliche Forderungen in einem Vorverfahren zur üblichen ZPO-Vollstreckung öffentlich-rechtlich beigetrieben werden können. Ziel dieser Vorgehensweise ist eine effiziente und kostengünstige Realisierung ausstehender Forderungen. Grundsätzlich fallen auch die Wirtschaftsförderungs-angelegenheiten von Land und Kommunen unter diese Regelung.
Bislang sieht § 1 Absatz 2 Satz 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW vor, dass Forderungen von öffentlich-rechtlichen Versicherungen, Banken und Sparkassen wegen der Gefahr der Wettbewerbsverzerrung nicht öffentlich-rechtlich beigetrieben werden sollen. Diese Regelung ist entstanden, als Förderangelegenheiten noch ausschließlich Sache der Gebietskörperschaften waren. Inzwischen werden jedoch im Bereich der Wirtschafts-förderung immer häufiger Kreditinstitute eingebunden, so z. B. die NRW.BANK im Rahmen der Wirtschaftsförderung für das Land Nordrhein-Westfalen. Bei der Vergabe von Fördergeldern werden die Kreditinstitute nicht immer als Beliehene tätig, sondern erhalten öffentliche Mittel als Zuwendung, um die Gelder im Rahmen der Wirtschaftsförderung nach den Vorgaben der betreffenden Gebietskörperschaft zu verteilen. Sie nehmen mit dieser Aufgabe nicht am Wettbewerb teil und stehen somit auch nicht in Konkurrenz zu anderen Kreditinstituten. Es wird verdeutlicht, dass das Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen auch dann Anwendung findet, wenn beispielsweise eine Bank oder Sparkasse Gelder der öffentlichen Hand im Rahmen der Wirtschaftsförderung vergibt. Insoweit soll die zufällige Ausgestaltung des Verwaltungshandelns bei der Wirt-schaftsförderung weder dem Gläubiger noch dem Schuldner zum Nachteil gereichen. Die Verwaltungsvollstreckung ist vor allem für den Schuldner erheblich kostengünstiger als die zivilprozessuale Vollstreckung. Für die öffentliche Verwaltung lassen sich die Erfolgsaussichten schneller und zuverlässiger beurteilen, so dass unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden wird.
Satz 3 wird so geändert, dass nicht nur das Land mit der NRW.BANK den Weg der öffentlich-rechtlichen Vollstreckung nutzen kann, sondern auch die Kommunen, die häufig als Träger eine enge Bindung an die Sparkassen haben, hiervon profitieren und neue Wege in der Wirtschaftsförderung beschreiten können. Gleichzeitig wird weiterhin eine Wettbewerbsverzerrung ausdrücklich vermieden.
Zu Nummer 3 (§ 4a)
Durch die neu eingeführte Gläubigerfiktion wird die gemeinsame Vollstreckung von Ansprüchen verschiedener Gläubiger durch einen dieser Gläubiger erleichtert. Dies dient insbesondere der verbesserten Aufgabenwahrnehmung der kommunalen Vollstreckungsbehörden im kreisangehörigen Raum. Die Neuregelung in Absatz 2 dient der Erleichterung der Vollstreckung in Fällen, in denen die Vollstreckungsbehörde (auch) für einen anderen Hoheitsträger tätig wird. Absatz 2 Satz 2 dient der Klarstellung, dass auch die Forderungsabtretung zur Einziehung durch den Forderungsinhaber an die Körperschaft, der die Vollstreckungsbehörde angehört, zulässig ist.
Zu Nummer 4 (§ 5)
Die Befugnis zur Ermittlung des Schuldnervermögens wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes und des Gebührengesetzes vom 19. Februar 2003 neu eingeführt. Die Vorschrift hat sich bewährt und wird in unterschiedlichem Umfang von den Vollstreckungsbehörden genutzt. Der neue Absatz 2 stellt die Berechtigung der Vollstreckungsbehörde klar, dem Schuldner eine Teilzahlungsvereinbarung von sich aus anzubieten. Nach der bisher gängigen Praxis wurden Teilzahlungsvereinbarungen nur geschlossen, wenn mindestens ein Pfändungsversuch ergebnislos verlaufen war und der Schuldner die Teilzahlung beantragt. Im Rahmen der Ermittlungsbefugnis hat die Vollstreckungsbehörde jedoch in der Regel bereits einen Überblick über die Einkommens- und Vermögensverhält-nisse, so dass mit Blick auf einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand bereits zu diesem Zeitpunkt eine Teilzahlungsvereinbarung sinnvoll sein kann. Der bislang erforderliche Antrag des Schuldners kann somit entfallen. Zur Annahme des Angebotes der Teilzahlungsvereinbarung reicht das konkludente Handeln des Schuldners aus.
Zu Nummer 5 (§ 5 a)
Mit Wirkung vom 1. Januar 2013 entfällt die bisherige eidesstattliche Versicherung (vgl. Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29. Juli 2009, BGBI. I S. 2258). Stattdessen wird es künftig eine Vermögensauskunft geben, die dem Gläubiger die bestehenden Pfändungsmöglichkeiten aufzeigen soll. Sie wird am Anfang des Vollstreckungsverfahrens stehen können, so dass die Voraussetzung der vorherigen fruchtlosen Pfändung beim Schuldner künftig entfällt. Damit die Vollstreckungsbehörden handlungsfähig bleiben, müssen diese Änderungen aus der ZPO im Verwaltungsvoll-streckungsrecht des Landes nachgezeichnet werden. Zur Vermeidung finanzieller Verluste bei Land und Kommunen ist ein Inkrafttreten zeitgleich mit den Änderungen der ZPO am 1. Januar 2013 geboten.
Soweit die kommunalen Vollstreckungsbehörden die Vermögensauskunft nicht selbst abnehmen können, sollen sie weiterhin die Option haben, den Vollstreckungsbeamten der Justiz hiermit zu beauftragen. Um dieses Verfahren zu beschleunigen, soll die Vollstreckungsbehörde dem Vollstreckungsauftrag keine Kopie des vollstreckbaren Titels beifügen müssen. Es soll vielmehr die schriftliche Erklärung der Vollstreckungs-behörde über die Vollstreckbarkeit, die Höhe und den Grund der Forderung gegenüber dem Vollstreckungsbeamten der Justiz ausreichen.
Mit dem neuen Absatz 3 soll deutlich werden, dass die Vollstreckungsbehörde auch weiterhin im Rahmen ihres Ermessens entscheiden kann, ob sie zunächst die Voll-streckung in körperliche Sachen versucht oder bereits zu Beginn des Verfahrens die Vermögensauskunft abnimmt. Erfolgt zunächst die Vollstreckung in körperliche Sachen, so erhält der Schuldner bereits eine Zahlungsaufforderung in schriftlicher oder mündlicher Form, so dass die Abnahme des Vermögensverzeichnisses nicht durch weitere Fristen verzögert wird. Diese Vorgehensweise sieht auch § 807 ZPO n. F. vor.
Zu Nummer 6 (§ 14)
Der bisherige Wortlaut des § 14 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes stimmt weder mit dem Wortlaut der §§ 758 und 758a ZPO noch mit dem insoweit identischen Wortlaut des § 287 AO überein, obwohl alle Vorschriften den gleichen Regelungszweck haben. Vor allem die Formulierung des § 14 Absatz 1 Satz 1 „Der Vollziehungsbeamte darf die Wohnung des Schuldners betreten" hat in der Praxis immer wieder zu Irritationen geführt, da der Wortlaut des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes bisher das Betreten der Schuldner-wohnung gestattet und die Einwilligung des Schuldners erst in Satz 2 bei der Durchsuchung verlangt. Diese Unterscheidung treffen Abgabenordnung und Zivilprozessordnung nicht. Nach deren Regelung kann bereits das Betreten der Schuldnerwohnung nicht ohne die Einwilligung der angetroffenen Person erfolgen. Gerade in dem sensiblen Bereich des Betretens und Durchsuchens der Wohnung des Schuldners durch den Vollziehungsbeamten ist eine Angleichung an die Vorschriften der Abgabenordnung und der Zivilprozessordnung erforderlich. Die Regelung des § 14 wird daher angepasst.
Zu Nummer 7 (§ 16 Absatz 2)
Die Änderung des § 16 Absatz 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz betrifft den Zeitraum der Nachtzeit, in der eine Vollstreckungshandlung nur mit schriftlicher Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde vorgenommen werden darf. Die bisherige Fassung entspricht dem § 761 ZPO alter Fassung, der durch die neue Regelung in § 758a Absatz 4 Satz 2 ZPO ersetzt wurde. Durch die vorgesehene Regelung des § 16 Absatz 2 erfolgt eine Angleichung an diese Regelung.
Zu Nummer 8 (§ 27)
Mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung werden die §§ 813a und b ZPO mit Wirkung vom 1. Januar 2013 aufgehoben. Insoweit sind die Verweisungen in § 27 Satz 1 entsprechend anzupassen.
Zu Nummer 9 (§ 40)
Mit dem Gesetz zur Reform des Kontenpfändungsschutzes wurde das Pfändungsschutzkonto eingeführt, das dem Schuldner trotz einer bestehenden Kontopfändung die Teilnahme am wirtschaftlichen Leben ermöglichen soll. In diesem Zusammenhang regeln § 833a und § 850l ZPO die Möglichkeit, dass Kontopfändungen auf einem Pfändungsschutzkonto durch das Vollstreckungsgericht aufgehoben werden können oder ein Konto über einen Zeitraum von 12 Monaten nicht der Pfändung unterworfen ist, soweit diesem Konto überwiegend unpfändbare Beträge gutgeschrieben werden. Mit den Änderungen in Absatz 3 wird der in § 835 Abs. 3 und 4 ZPO verlängerte Aufschub für die Überweisung der Forderung durch den Dritt-schuldner nachgezeichnet. Damit verbleiben dem Schuldner künftig vier Wochen (bisher zwei Wochen), um entsprechenden Vollstreckungsschutz für Sozialleistungen oder sonstige Einkünfte zu beantragen.
Der neue Absatz 6 regelt den Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, soweit der Schuldner seinen Wohnsitz außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hat, aber z.B. Forderungen aus einem Girovertrag oder einem Arbeitsverhältnis bei einem inländischen Drittschuldner. Derartige Fallgestaltungen haben in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten geführt, auch zu der Frage, welches Recht anzuwenden ist. Derartige Fälle häufen sich im Zusammenhang mit der Nutzung des Internet und dem grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr, da die Schuldner öfter ein Konto in Deutschland, aber keinen Wohnsitz unterhalten. Bei Online-Girokonten ist hier meist eine kontoführende Zweigstelle nicht zu ermitteln.
Zu Nummer 10 (§ 43)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 31.10.2003 – IXa ZB 200/03) ist für nicht bevorrechtigte Leistungen die Vorratspfändung, durch die eine rangwahrende Pfändung künftig fälliger Beträge im Voraus erfolgt, unzulässig. Als bevorrechtigte Leistungen werden lediglich Unterhaltsforderungen anerkannt. Nach Ansicht des Bundes-gerichtshofes werden die anderen Gläubiger in den Fällen der Vorratspfändung unangemessen benachteiligt, da die Forderung bereits im Voraus für erst fällig werdende Forderungen gepfändet und somit ihr Zugriff für andere Gläubiger gesperrt wird. Eine analoge Anwendung des § 850d ZPO kommt daher für nicht bevorrechtigte Leistungen nicht in Betracht. Gleichwohl ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung eine sog. Dauerpfändung zuzulassen. Insoweit ist hier eine gesetzliche Klarstellung erforderlich. Im Zuge der Dauerpfändung kann für wiederkehrende Leistungen (z. B. Kita-Beiträge) eine Pfändungsverfügung für die rück-ständigen und die künftigen Leistungen erlassen werden. Für die künftigen Leistungen entsteht das Pfändungspfandrecht jedoch erst mit der Fälligkeit der Leistung, so dass andere Gläubiger nicht benachteiligt werden. Für die Vollstreckungsbehörde tritt gleichzeitig eine erhebliche Erleichterung ein, da nicht monatlich eine neue Pfändungsverfügung erlassen werden muss. Um Irritationen zwischen dem Konstrukt der Vorratspfändung und dem der Dauerpfändung zu vermeiden, erfolgt der klarstellende Klammerzusatz.
Für Unterhaltsansprüche, und damit auch Leistungen nach dem Unterhaltvorschussgesetz, können bereits heute im Rahmen der zivilrechtlichen Vollstreckung nach § 850d ZPO die Pfändungsfreigrenzen abgesenkt werden oder es kann eine sog. Vorratspfändung i. S. d. § 850d Absatz 3 ZPO erfolgen. Mit der Vorratspfändung können Unterhaltsansprüche rangwahrend im Voraus gepfändet werden. Erfolgt die Pfändung jedoch nach § 1 Absatz 2 VwVG NRW, ist in Ermangelung einer entsprechenden Vorschrift derzeit eine Absenkung der Pfän-dungsfreigrenzen oder eine Vorratspfändung nicht möglich. Insoweit ist es für die Kommunen eher nachteilig, Unterhaltsansprüche nach § 1 Absatz 2 VwVG NRW zu vollstrecken. Diese Regelungslücke soll mit dem neuen Absatz 4 geschlossen werden, um den Kommunen die Beitreibung der nach der Zivilprozessordnung bevorrechtigten Leistungen in gleicher Weise auch bei der Nutzung des Verfahrens über § 1 Absatz 2 VwVG NRW zu ermöglichen.
Im Übrigen erfolgt durch die Ergänzung des Absatzes 3 und den neuen Absatz 4 eine eindeutige Abgrenzung der Vorratspfändung nach § 850d Absatz 3 ZPO von der bislang nur in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannten Dauerpfändung.
Zu Nummer 11 (§ 44a)
Der neue § 44a entspricht der Vorschrift des § 888 ZPO. Eine Regelung zu unvertretbaren Handlungen fehlt bislang im Gesetz völlig. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 12.12.2003 (IX a ZB 115/03) entschieden, dass etwa bei der Pfändung von Steuererstattungs-ansprüchen der Vollstreckungsgläubiger eine Möglichkeit zur Wahrung seiner Interessen haben muss, wenn der Schuldner die Abgabe der Steuererklärung (unvertretbare Hand-lung) verweigert. Diese Regelungslücke wird nunmehr durch den neuen § 44a geschlossen.
Zu Nummer 12 (§ 45 Absatz 1 Satz 1)
Durch § 45 Absatz 1 wird der Inhalt der Drittschuldnererklärung erweitert, so wie dies in § 840 Absatz 1 Nummer 4 und 5 ZPO und § 316 Absatz 1 Nummer 4 und 5 AO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes geregelt wird.
Mit der neu eingefügten Nummer 4 wird ein unaufwändiges Verfahren geschaffen, um die Vollstreckungsbehörde über die voraussichtliche Erfolglosigkeit ihres Vollstreckungsversuches zu informieren. Wenn innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, eine Pfändung nach § 40 Absatz 2, nach § 850l ZPO oder nach § 309 Absatz 3 AO wegen Fruchtlosigkeit aufgehoben oder die Unpfändbarkeit des Guthabens angeordnet worden ist, soll das Kreditinstitut der Vollstreckungsbehörde über diese Entscheidung in der Drittschuldnererklärung Auskunft geben.
Durch die neue Nummer 5 wird der Umfang der auf Verlangen der Vollstreckungsbehörde vom Drittschuldner abzugebenden Erklärung um die Angabe erweitert, ob es sich bei dem gepfändeten Konto um ein Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO handelt. Damit hat die Vollstreckungsbehörde möglichst schnell die Information, dass sie von einem dem Pflichtigen gewährten Pfändungsschutz auszugehen hat. Da der Umstand, ob es sich bei der von der Pfändung betroffenen Kontoverbindung um ein Pfändungsschutzkonto handelt, schnell und einfach festzustellen ist, werden die Kreditinstitute durch diese zusätzliche Angabe nur unerheblich belastet.
Zu Nummer 13 (§ 48 Absatz 2)
Im Rahmen des § 850k ZPO müssen die Schuldner gegenüber der Bank ihren persönlichen Pfändungsfreibetrag über eine Bescheinigung der dort bestimmten Stellen nachweisen, soweit sie mehr als den nach § 850k Absatz 1 ZPO festgesetzten Freibetrag beanspruchen wollen. Falls die Schuldner den Nachweis nicht führen können, kann das Vollstreckungsgericht die Beträge bestimmen, § 850k Absatz 5 Satz 4 ZPO. Die in den §§ 850 bis 852 ZPO geregelten Befugnisse nehmen die Vollstreckungsbehörden im Verwaltungsverfahren anstelle des Vollstreckungsgerichts wahr. Für das Ausstellen der Bescheinigungen nach § 850k Absatz 5 Satz 4 ZPO jedoch soll die Zuständigkeit bei dem Vollstreckungsgericht belassen werden, da diese Bescheinigungen nicht nur im eigenen Vollstreckungsverfahren, sondern gegenüber allen Gläubigern gelten.
Zu Nummer 14 (§ 61 Absatz 2)
Die §§ 901 bis 914 ZPO, die die Verhaftung des Schuldners regeln, werden ab dem 1. Januar 2013 durch die §§ 802g ff. ZPO ersetzt. Dadurch ergibt sich mit Wirkung vom 1. Januar 2013 die Notwendigkeit, Verweisungen auf die neue Vorschrift vorzusehen. Der so erwirkte Haftbefehl hat künftig eine Gültigkeit von zwei Jahren (bisher drei Jahre).
Zu Nummer 15 (§ 77)
Redaktionelle Änderungen.

Zu Artikel 2

Zu Nummer 1
Zu Buchstabe a (§ 2 Absatz 2 Satz 1)
Die Änderung ergänzt die nach dem bisherigen § 2 Absatz 2 LZG NRW abschließend dargestellten Zustellungsarten um die Zustellung über De-Mail-Dienste. Dabei wird der akkreditierte Diensteanbieter nach § 5 Absatz 6 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes als beliehener Unternehmer tätig.
Zu Buchstabe b (§ 2 Absatz 3 Satz 2)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 2 Buchstabe b.
Zu Nummer 2
Diese Änderung passt die zur Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12.5.2009 (GV. NRW. S. 296) erfolgten Änderungen des LZG NRW an die durch die neue De-Mail-Infrastruktur ermöglichte verbesserte Beweisführung über den Zugang elektronischer Dokumente an. Danach wird der bisherige § 5 Absatz 7 LZG NRW dahingehend nachjustiert, dass – bei vom Antragsteller gewünschter elektronischer Verfahrensabwicklung (z. B. über eine einheitliche Stelle nach §§ 71a ff. VwVfG NRW) – zur Widerlegung der Zustellungsfiktion das Erfordernis des Vollbeweises an Stelle der Glaubhaftmachung tritt. Diese Anpassung haben die Länder seinerzeit im Rahmen der bundesweiten Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie gefordert (BR-Drs. 174/09 [Beschluss], Nummer 21).
Zu Buchstabe a (§ 5 – Überschrift) 
Die Änderung soll verdeutlichen, dass in dieser Vorschrift auch die elektronische Zustellung durch die Behörde geregelt ist, soweit es sich nicht um eine elektronische Zustellung per Abholbestätigung über De-Mail-Dienste handelt.
Zu Buchstabe b (§ 5 Absatz 5)
Im Interesse einer besseren Les- und Zitierbarkeit und damit einer größeren Verständlichkeit werden aus den beiden Halbsätzen des ersten Satzes zwei selbständige Sätze gebildet.
Zu Buchstabe c (§ 5 Absatz 7)
Zu Buchstabe aa
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 2 Buchstabe b.
Zu Buchstabe bb
Mit der Einführung einer rechtssicheren elektronischen Abholbestätigung nach § 5 Absatz 9 De-Mail-Gesetz werden die Beweismöglichkeiten über den Zugang bei der elektronischen Zustellung erheblich verbessert. Dementsprechend werden mit der Änderung die in § 5 Ab-satz 7 Satz 3 LZG NRW geregelten Beweisanforderungen zur Widerlegung der Zustellungsfiktion gegenüber dem geltenden Recht angehoben: Danach kann der Nachweis der nicht erfolgten oder der verspäteten Zustellung nicht mehr durch Glaubhaftmachung, sondern nur durch einen Vollbeweis seitens des Adressaten erfolgen. Damit übernimmt der Zustellungsadressat in Fällen, in denen das Verwaltungsverfahren auf sein Verlangen elektronisch abgewickelt werden muss, die Beweislast für den Nichtzugang oder verspäteten Zugang des elektronischen Dokuments. Auf diese Weise wird der missbräuchlichen Widerlegung der Zustellungsfiktion durch den Zustellungsadressaten, z. B. um das Wirksamwerden eines belastenden Bescheides zu verhindern, entgegengewirkt. Die Zustellungsfiktion betrifft ausschließlich die Fälle, in welchen die elektronische Verfahrensabwicklung auf Verlangen des Zustellungsadressaten erfolgt und er dies aufgrund einer Rechtsvorschrift verlangen kann. Weil der Zustellungsadressat hier auf der elektronischen Verfahrensabwicklung bestanden hat, kann er auch nicht von der Zustellungsfiktion überrascht werden. Im „Normalfall", in welchem der Zustellungsadressat lediglich den Zugang z. B. im Sinne des § 3a VwVfG NRW eröffnet haben muss, gilt die Zustellungsfiktion dagegen nicht.
Zu Buchstabe cc
Nach dem bisherigen § 5 Absatz 7 Satz 4 LZG NRW hat die zustellende Behörde den Zustellungsadressaten vor der Übermittlung zu belehren, dass eine Zustellungsfiktion eintritt, wenn er eine elektronische Verfahrensabwicklung verlangt, aber seine Mitwirkung daran verweigert. Mit der Änderung wird die Belehrungspflicht auf das Erfordernis des Vollbeweises zur Widerlegung der Zustellungsfiktion ausgeweitet. Hierdurch wird der Zustellungsadressat auf das von ihm zu tragende Risiko einer elektronischen Übermittlung rechtzeitig hingewiesen und erhält somit die Möglichkeit, eine andere Form der Zustellung zu wählen.
Zu Nummer 3 (§ 5 a einfügen)
Diese in das LZG NRW neu eingefügte Vorschrift ergänzt die bisherigen Möglichkeiten der elektronischen Zustellung nach § 5 Absatz 4 und 5 LZG NRW. Danach kann die elektronische Zustellung künftig nicht nur im Wege der herkömmlichen E-Mail, sondern auch über sichere De-Mail-Dienste erfolgen. Bei der Zustellung über De-Mail-Dienste wird eine beweissichere elektronische Abholbestätigung eingeführt, die der akkreditierte Diensteanbieter des Zustellungsadressaten elektronisch erzeugt. Dadurch werden bei der elektronischen Zustellung die Beweismöglichkeiten über den Zugang bzw. die Möglichkeit der Kenntnisnahme erheblich verbessert.
Zu § 5 a Absatz 1
In Satz 1 wird alternativ zu der bisherigen elektronischen Zustellung nach § 5 Absatz 4 und 5 LZG NRW die Möglichkeit der förmlichen Zustellung von elektronischen Dokumenten durch Übersendung an das De-Mail-Postfach des Zustellungsadressaten ermöglicht. Dies gilt sowohl für die fakultative als auch für die obligatorische elektronische Zustellung (§ 5 Absatz 5 Satz 1 und Satz 2 LZG NRW) und erfasst auch die Adressaten der Zustellung nach § 5 Ab-satz 4 LZG NRW.
Entsprechend der Zielsetzung des Gesetzentwurfs, den elektronischen Geschäftsverkehr zu fördern, knüpft die Verwaltungszustellung über De-Mail-Dienste – ebenso wie die Nutzung von De-Mail-Diensten im Übrigen – an die freiwillige Entscheidung des Nutzers an. Daher ist weder eine rechtliche noch eine faktische Verpflichtung weder des Senders noch des Empfängers zur Zustellung über De-Mail-Dienste vorgesehen. Dies gilt sowohl für die Anmeldung des Nutzers zum De-Mail-Konto, als auch für die elektronische Zustellung über den De-Mail-Dienst im Einzelfall.
Hinsichtlich der Zugangseröffnung z. B. im Sinne des § 3a VwVfG NRW in Bezug auf ein De-Mail-Postfach gilt Folgendes: Der Begriff „Zugang" stellt auf die objektiv vorhandene technische Kommunikationseinrichtung ab, also z. B. auf die Verfügbarkeit eines elektronischen Postfachs, hier also eines De-Mail-Postfachs. Den individuellen Möglichkeiten wird durch das Erfordernis der „Eröffnung" dieses Zugangs Rechnung getragen. Der Empfänger eröffnet seinen Zugang durch entsprechende Widmung. Dies kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Im Einzelfall wird hier die Verkehrsanschauung, die sich mit der Verbreitung elektronischer Kommunikationsmittel fortentwickelt, maßgebend sein. Eine gewisse Verkehrsan-schauung hat sich bereits herausgebildet: Die Behörde, eine Firma oder ein Rechtsanwalt, die auf ihren Briefköpfen im Verkehr mit dem Bürger oder der Verwaltung eine De-Mail-Adresse angeben, erklären damit konkludent ihre Bereitschaft, Eingänge auf diesem Weg anzunehmen. Sie haben durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass z. B. De-Mail-Postfächer regelmäßig abgefragt werden. Gegenteiliges müssen sie ausdrücklich erklären, z. B. durch Hinweise auf dem Briefkopf oder auf ihrer Internetseite. Beim Bürger wird hingegen die bloße Angabe einer De-Mail-Adresse auf seinem Briefkopf noch nicht dahin gehend verstanden werden können, dass er damit seine Bereitschaft zum Empfang von rechtlich verbindlichen Erklärungen kundtut. Bei ihm kann in aller Regel von der Eröffnung eines Zugangs nur ausgegangen werden, wenn er dies gegenüber der Behörde ausdrücklich erklärt. Hat der Zustellungsadressat in diesem Sinne der Behörde seine De-Mail-Adresse und die entsprechende Widmung mitgeteilt, so sollte die Behörde in diesen Fällen elektronische Zustellungen nach Möglichkeit über die De-Mail-Adresse des Nutzers vornehmen. Dies setzt voraus, dass sie selbst an die De-Mail-Infrastruktur angebunden ist.
Satz 2 stellt für die Zustellung über De-Mail-Dienste klar, dass anstelle des Empfangsbe-kenntnisses die Abholbestätigung nach § 5 Abs. 9 De-Mail-Gesetz tritt. Dies ist insbesondere bei den Zustellungsformalitäten nach § 5 Abs. 6 LZG NRW zu berücksichtigen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 verpflichtet die akkreditierten Diensteanbieter, eine elektronische Versandbestätigung und eine elektronische Abholbestätigung zu erzeugen und beide Bestätigungen der Behörde unverzüglich zu übermitteln. Da die Feststellungen in der elektronischen Abholbestätigung nach Absatz 3 gegenüber dem Gericht Bindungswirkung entfalten, handelt der Diensteanbieter bei der Erzeugung der elektronischen Abholbestätigung in Ausübung hoheitlicher Befugnisse, die ihm über § 5 Absatz 6 Satz 2 De-Mail-Gesetz mit seiner Akkreditierung übertragen werden.
Die Normierung der Pflichten des akkreditierten Diensteanbieters im Rahmen der förmlichen Zustellung nach dieser Vorschrift lehnt sich an die Vorschriften über die Postzustellungsurkunde nach § 182 der Zivilprozessordnung an. Die elektronische Abholbestätigung muss den in § 5 Absatz 9 Satz 4 ff. De-Mail-Gesetz geregelten Anforderungen genügen, um die Zustellung nachweisbar und nachvollziehbar zu machen.
Nach § 5 Absatz 9 Satz 6 De-Mail-Gesetz hat der akkreditierte Diensteanbieter die Abholbestätigung zur Sicherung ihrer Authentizität und Integrität mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen. Die unverzügliche Übermittlung der Abholbestätigung an die absendende Behörde dient der sicheren Nachweisbarkeit der über das De-Mail-Konto des Zustellungsadressaten vorgenommenen förmlichen Zustellung.
Zu Absatz 3
Absatz 3 regelt die Beweiskraft der elektronischen Abholbestätigung. Nach Satz 1 erbringt diese Beweis über die förmliche Zustellung durch die absendende Behörde. Satz 2 stellt hierzu durch den Verweis auf § 371a Absatz 2 ZPO klar, dass die von einem akkreditierten Diensteanbieter erstellte elektronische Abholbestätigung die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde hat. Damit begründet die elektronische Abholbestätigung nach § 418 ZPO vollen Beweis für die in ihr bezeugten Tatsachen, die die Mindestinhalte nach § 5 Absatz 9 Satz 5 De-Mail-Gesetz umfassen müssen. Mithin erstreckt sich die Beweiskraft darauf, dass die in der Abholbestätigung genannte Nachricht im Zeitpunkt des Anmeldens des Zustellungsadressaten an seinem De-Mail-Konto gemäß § 4 De-Mail-Gesetz – was zeitlich nach dem Eingang der Nachricht im De-Mail-Postfach des Zustellungsadressaten liegen muss (daher wird auch der Zeitpunkt des Einlegens der Nachricht in das Postfach in der Abholbestätigung angegeben) – diesem zugestellt worden ist. Über diese Rechtswirkung der Abholbestätigung wird der Zustellungsadressat auch im Rahmen der umfassenden Informationspflicht nach § 9 De-Mail-Gesetz durch den akkreditierten Diensteanbieter hingewiesen.
Zu Absatz 4
Die Regelung orientiert sich an § 5 Absatz 7 LZG NRW. Sie regelt die Fälle, in denen auf Grund einer Rechtsvorschrift das Verfahren auf Verlangen des Zustellungsadressaten elektronisch abgewickelt werden muss und für die Verfahrensabwicklung ein Zugang über De-Mail-Dienste eröffnet worden ist. Hier – wie bei § 5 Absatz 7 LZG NRW – gilt, dass das Verlangen nach elektronischer Verfahrensabwicklung als zusätzliche Voraussetzung neben die Zugangserföffnung – hier: über De-Mail-Dienste – tritt. Wird auf Verlangen des Zustellungsadressaten das Verfahren elektronisch – hier über De-Mail-Dienste – abgewickelt, schafft Satz 1 eine Zustellfiktion für die Fälle, in denen der Zustellungsadressat sich nicht an seinem De-Mail-Konto anmeldet, so dass keine Abholbestätigung erzeugt werden kann, und er dadurch seine Mitwirkung an der Zustellung verweigert. Wie in § 5 Absatz 7 LZG NRW kann der Zustellungsadressat diese gesetzliche Zustellungsfiktion nur durch einen Vollbeweis widerle-gen.
Zu Nummer 4 (§ 9)
Die Änderungen in § 9 LZG NRW sind notwendige Anpassungen zum einen infolge der neuen De-Mail-Dienste und zum anderen – als Nachjustierung – infolge der Vorgaben der EG-Dienstleistungsrichtlinie.
Zu Buchstabe a (§ 9 Absatz 1 Nr. 4)
Durch die Streichung des gesetzlichen Verweises in der Nummer 4 wird erreicht, dass eine nach Völkerrecht zulässige Zustellung elektronischer Dokumente in das Ausland künftig nicht nur im Wege der herkömmlichen E-Mail, sondern auch über De-Mail-Dienste erfolgen kann.
Für die Frage, ob eine Auslandszustellung vorliegt, ist der Standort der Server nicht ausschlaggebend. So handelt es sich nicht um eine Auslandszustellung, sondern um eine Inlandszustellung, wenn der Absender und der Zustellungsadressat in Deutschland wohnen, der De-Mail-Server, auf dem die Eingangs- oder Abholbestätigung generiert wird, sich aber im Ausland befindet (Innenausschuss des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 17/4893, Punkt II.).
Zu Buchstabe b (§ 9 Absatz 2 Satz 3)
Satz 3 wird um die Verweise auf die Regelungen zur elektronischen Zustellung über De-Mail-Dienste ergänzt.
Zu Buchstabe c (§ 9 Absatz 3)
Die Ergänzung des bisherigen § 9 Absatz 3 LZG NRW (Zustellungsbevollmächtigter im Inland) stellt – in Anknüpfung an die parallele Vorschrift in § 71b Absatz 6 Satz 3 VwVfG NRW (Empfangsbevollmächtigter im Inland) – ausdrücklich auch für die Verwaltungszustellung klar, dass – sofern es durch Rechtsvorschrift ermöglicht ist, das Verfahren über eine einheitliche Stelle abzuwickeln – von einem Antragsteller oder Anzeigepflichtigen im Ausland nicht verlangt werden kann, einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen. Durch die ausdrückliche Regelung soll auch bei nicht-elektronischen Zustellungsverfahren eine mögliche Benachteiligung ausländischer Antragsteller oder Anzeigepflichtiger ausgeschlossen werden. Dies dient der wirksamen Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 der EG-Dienstleistungsrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, sicherzustellen, dass Verfahren über den einheitlichen Ansprechpartner „problemlos aus der Ferne" abgewickelt werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob der ausländische Dienstleistungserbringer das konventionelle oder das elektronische Verfahren wählt.
Zu Artikel 3
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Abweichend hiervon treten Artikel 1 Nummern 4, 5, 10 und 14 am 1. Januar 2013 in Kraft.