DS 16/1262 Realisierung des „Eisernen Rheins“ weiter vorantreiben – Entwicklung Nordrhein- Westfalens darf nicht blockiert werden

Antrag der Fraktion der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Piratenfraktion

I. Ausgangslage:
Die Realisierung der Schienengüterverkehrsstrecke „Eiserner Rhein“ ist neben der „Betuwe- Linie“ für Nordrhein-Westfalen von großer Bedeutung, um die weiterhin erheblich wachsenden Gütermengen aus dem Überseehandel, die in den belgischen und niederländischen Überseehäfen umgeschlagen werden, abwickeln zu können. Denn mit der „Betuwe-Linie“ allein werden die Kapazitäten nicht ausreichen, um die in Zukunft stark steigenden Gütermengen zu bewältigen. Dabei geht es nicht nur um den Import von Waren, sondern vor allem auch um den Export von NRW-Wirtschaftsgütern, insbesondere aus den Bereichen Automobilbau und Chemieindustrie. Die wirtschafts- und verkehrspolitische Bedeutung des Infrastrukturprojektes „Eiserner Rhein“ für das Land Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus für ganz Deutschland ist parteiübergreifend anerkannt. Eine leistungsfähige, zweigleisige, elektrifizierte und mit Lärmschutz versehene Schienengüterverkehrstrasse stellt zudem einen wichtigen Beitrag zur Veränderung des Modal-Split der Verkehrsträger zu Gunsten der Schienenwege und Wasserstraßen dar und kann einem drohenden Verkehrskollaps auf der Straße im Rhein-Ruhr-Raum vorbeugen. Seine besondere Bedeutung liegt nicht zuletzt in der Anbindung Nordrhein-Westfalens an die europäischen grenzüberschreitenden Güterkorridore.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat sich mit seinen Beschlüssen aus den Jahren 2007 (Drs. 14/5579 Neudruck) und 2011 (Drs. 15/2895) ausdrücklich für eine Realisierung des „Eisernen Rheins“ ausgesprochen und letztlich die Trasse entlang der A 52 / N 280 als einzig zielführende und realisierbare Variante angesehen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung aus SPD und Bündnis 90 / Die Grünen hat sich ebenfalls, sowohl im Koalitionsvertrag 2012 als auch persönlich durch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in der Regierungserklärung vom 12. September 2012, dafür ausgesprochen, dem Ausbau der Schieneninfrastruktur in NRW, namentlich dem Vorhaben des „Eisernen Rheins“, eine hohe Priorität beizumessen.
In Umsetzung der bisherigen Beschlüsse des Landtages hat sich Landesverkehrsminister Michael Groschek mit Schreiben vom 28. August 2012 an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer gewandt, um über die Ergebnisse der vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen beauftragten Untersuchung zu den Investitionskosten des Projektes (siehe Landtagsvorlage 16/134) zu informieren und auf Basis der Beschlüsse des Landtags für eine Realisierung des „Eisernen Rheins“ auf der A 52 / N 280 Trasse zu werben.
Denn nach dem Ergebnisbericht der Untersuchung ergeben sich für den deutschen Teilabschnitt der historischen Trasse des „Eisernen Rheins“ nahezu dreimal höhere Investitionskosten, als vom Bund bislang angenommen (445 Mio. statt 150 Mio. €). Dieselben Gutachter hatten bereits die Kosten für die vom Land präferierte A 52-Variante des Eisernen Rheins mit rund 555 Mio. € berechnet.
Betrachtet man die Investitionskosten pro Kilometer, ergeben sich auf der historischen Trasse 21,2 Millionen Euro pro Kilometer, während für die A 52-Lösung lediglich 16,6 Millionen Euro/km fällig werden.
Die im Antwortschreiben von Bundesverkehrsminister Ramsauer vom 20. September 2012 erkennbare Position geht nun dahin, ungeachtet der Interessenlage des Landes Nordrhein- Westfalens und der neuen Kostenschätzung weitere Aktivitäten der Nachbarländer Belgien und Niederlande auf Grundlage der Planungen für die historische Trasse des „Eisernen Rheins“ abzuwarten. Das Schreiben lässt keine Bereitschaft erkennen, auf Basis eines ergebnisoffenen Abwägungsprozesses und insbesondere der neuen Kostenschätzung die von Nordrhein-Westfalen favorisierte Trassierung in den Blick zu nehmen.
II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die Beschlüsse des Landtages vom 27.11.2007 und 26.09.2011 haben immer noch Gültigkeit. Die Realisierung des „Eisernen Rheins“ auf der A 52/N 280 Trasse bleibt weiterhin ein vorrangiges verkehrspolitisches Ziel des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Finanzierungsverantwortung liegt beim Bund.
  2. Die vom MBWSV NRW in Auftrag gegebene Untersuchung zu den Investitionskosten der Realisierung des deutschen Teilabschnitts des „Eisernen Rheins“ bestätigt die bisher vertretene Einschätzung des Landes NRW, dass die Kostenschätzung des Bundes für die historische Trasse deutlich zu niedrige Werte ausgewiesen hat. Die vom Land NRW favorisierte Variante ist im Vergleich deutlich wirtschaftlicher.
  3. Der „Eiserne Rhein“ übernimmt ähnlich wie die Stadtstaaten Hamburg und Bremen aufgrund seiner Seehafenanbindung eine verkehrliche Funktion für ganz Deutschland. Blockadehaltungen schaden den Interessen Nordrhein-Westfalens und verkennen zugleich die europaweite Bedeutung eines Anschlusses an die Schienengüterverkehrs- korridore.
  4. Im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen müssen zur Realisierung des „Eisernen Rheins“ parallel zu den weiterhin erforderlichen Bemühungen in Richtung des Bundesverkehrsministeriums auch alternative Entwicklungs- und Finanzierungskonzepte geprüft, entwickelt und umgesetzt werden.
  5. Der Landtag hat das Ziel, eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe „Eiserner Rhein“ einzusetzen.

III. Der Landtag beschließt:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • ihre Überzeugungsarbeit gegenüber dem Bundesverkehrsministerium für eine Realisierung des „Eisernen Rheins“ nach Maßgabe der Beschlüsse des Landtages und damit im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen fortzusetzen
  • die Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium und den Regierungen von Belgien und den Niederlanden fortzusetzen, um auch vor dem Hintergrund der neuen Kostenschätzung bei diesen auf eine auch für das Land NRW akzeptable, lärmarme und realisierbare Trassenführung für den „Eisernen Rhein“ entlang der A 52/N 280 gemäß der genannten Landtagsbeschlüsse zu dringen
  • zu prüfen, welche aktuellen alternativen Projektierungs-, Entwicklungs- und Finanzierungsmöglichkeiten zur Realisierung des „Eisernen Rheins“ möglich sind
  • in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, welche Fördermöglichkeiten durch die Europäischen Union gesehen werden.