Die von der Brückensperrung der A45 betroffene Region unterstützen und entlasten

Antrag der GRÜNEN im Landtag

I. Ausgangslage

Der schlechte Zustand der Rahmede-Brücke und vieler weiterer Brücken entlang der A45 ist schon seit längerem bekannt, doch bislang sind die Fachleute davon ausgegangen, dass die Brücken noch einige Zeit bestehen bleiben können. Der Ausbau der A45 in NRW von vier auf sechs und der Neubau von 36 Großbrücken wurde 2016 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Dies ist jedoch nur eines von unzähligen weiteren Aus- und Neubauprojekten, die in den letzten Jahrzehnten nach dem Willen des CSU-geführten Bundesverkehrsministeri­ums zur Planung und Umsetzung gebracht werden sollten. Auch die CDU/FDP-Koalition in NRW hat sich vor allem den Neu- und Ausbau von Straßen auf die Fahnen geschrieben und den bis 2021 für den Autobahnbau in NRW zuständigen Landesbetrieb Straßen.nrw vorzugs­weise mit diesen Projekten beschäftigt, offenkundig unter Vernachlässigung der immer maro­der werdenden vorhandene Straßeninfrastruktur. Der von der rot-grünen Vorgängerregierung verfolgte Ansatz „Erhalt vor Neubau“ wurde vom ehemaligen Verkehrsminister und jetzigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst nicht länger priorisiert, stattdessen wurden lieber zahlreiche Landesstraßen wieder in die weitere Planung aufgenommen, aus- und neugebaut. Die Folgen dieser falschen Politik wird nun am Beispiel der völlig desolaten Rahmede-Brücke und die dadurch resultierende Sperrung der wichtigen Nord-Süd-Verbindung A45 deutlich.

Denn die Region rund um Lüdenscheid ist durch die Anfang Dezember 2021 erfolgte Brücken­sperrung in vielerlei Hinsicht stark in Mitleidenschaft gezogen. Dabei steht besonders die Stadt Lüdenscheid im Fokus, da der Umleitungsverkehr absehbar auf Jahre durch die Innenstadt geleitet werden muss. Anwohnerinnen und Anwohner beklagen zurecht, dass sich schwere LKW mitten durch enge Wohnstraßen bewegen, die Lärmbelastung vor allem auch nachts stark zugenommen hat und sich kilometerlange Staus bilden. Die regionalen Wirtschaftsunter­nehmen leiden unter der Situation, da sie für die Zu- und Ablieferung lange Umwege fahren müssen, was zu großen Zeit- und Umsatzeinbußen führt und teilweise existenzgefährdend ist. Pendlerinnen und Pendler brauchen deutlich länger zu ihrer Arbeitsstelle, es besteht die Ge­fahr, dass sich der Fachkräftemangel in der wirtschaftsstarken Region noch weiter verschärft. Hinzu kommt, dass die Bahnlinie in Richtung Hagen immer noch wegen der Starkregenkata-strophe von Juli 2021 nicht nutzbar ist und deshalb weder für den Personen- noch für den Güterverkehr voraussichtlich bis Dezember diesen Jahres zur Verfügung steht.

Das Land ist deshalb gefordert, hier möglichst zügig die Belastungen der betroffenen Bürge­rinnen und Bürger zu senken. Wichtig wäre vor allem, dass eine zentrale Ansprechperson installiert wird, die alle getroffenen Maßnahmen zwischen den zahlreichen Akteurinnen und Akteuren sowie den unterschiedlichen Behörden und Institutionen koordiniert.

Auch muss es einen Hilfsfonds geben, der vor allem die in ihrer Existenz bedrohten Unterneh­men und Dienstleister unterstützt und durch den Umleitungsverkehr entstandene Schäden an privaten Grundstücken ersetzt. Die Bundesregierung hat bereits zugesagt, Mittel für den Lärm­schutz an den Umleitungsstrecken in Lüdenscheid und Umgebung zur Verfügung zu stellen, diese müssten ggfs. durch Landesmittel ergänzt werden. Auch bedarf es nach Fertigstellung der neuen Brücke weiterer Mittel, um die betroffenen Kommunen wieder zu attraktiven Stand­orten zu machen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Ebenso müssen die als Folge durch die jahrelange Belastung mit schwerem LKW-Verkehr entstande­nen Schäden an der kommunalen und Landesstraßeninfrastruktur zügig behoben werden.

Wichtig ist auch, dass die noch nicht begonnenen größeren Straßenausbauprojekte in der Region erst einmal ruhen, damit nicht die wenigen Umleitungsstrecken durch längere Baustel­len behindert werden. Gleichzeitig müssen vor allem die vorhandenen Gleisanschlüsse zu den Unternehmen und Gewerbegebieten reaktiviert und ggfs. neue Bahnstrecken für Lücken­schlüsse zügig umgesetzt werden. Daneben bedarf es auch Anlagen für kombinierte Verkehre in der Region, damit Güter zügig verladen werden können.

Noch immer suchen sich LKWs illegaler Weise Schleichwege durch die Wohngebiete. Dies kann nur mit verstärkter Kontrolle durch Polizei und Ordnungskräfte verhindert werden. Das Land ist deshalb gefordert, hier mehr zu tun, um die örtlichen Kräfte zu unterstützen und für Abhilfe zu sorgen.

Damit es nicht noch an anderen Stellen in NRW zu ähnlichen Situationen wie in Lüdenscheid kommt, muss die vorhandene Brückeninfrastruktur der Autobahnen stärker in den Blick ge­nommen und dichter getaktet als in der Vergangenheit kontrolliert werden. Da die starken Schäden an der Rahmede-Brücke vermutlich durch einen oder mehrere sehr schwere und viel zu schnell fahrende LKW verursacht wurden, muss an den dadurch gefährdeten Brücken stär­ker kontrolliert werden, um die Schäden zu begrenzen.

II. Der Landtag stellt fest

  • Der Erhalt der Straßeninfrastruktur und insbesondere der Brücken muss erste Priorität im Straßenbau sein, „Erhalt vor Neubau“ muss wieder gelten.
  • Die Stadt Lüdenscheid und die gesamte von der Sperrung betroffenen Region brauchen vom Land stärkere Unterstützung, um die Belastungen durch die Umleitungsverkehre möglichst gering zu halten und die vorhandenen Maßnahmen zu koordinieren.
  • Land und Bund müssen alles dafür tun, damit sich eine solche Situation wie jetzt an der A45 nicht an anderer Stelle wiederholt.

III. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert:

  • im Bund darauf hin zu wirken, dass der Neubau der Rahmede-Brücke zügig und rechtssi­cher durchgeführt wird,
  • sich gegenüber dem Bund dafür stark zu machen, dass die Autobahn GmbH den Erhalt und die Sanierung der Straßen- und Brückeninfrastruktur zu ihrem Schwerpunkt macht,
  • sich ebenfalls dafür einzusetzen, dass insbesondere die heute schon als sanierungsbe­dürftig erkannten Brücken deutlich häufiger auf Schäden kontrolliert werden, mindestens einmal im Jahr,
  • als Vorsorgemaßnahme an den betroffenen Brücken Geschwindigkeitsbegrenzungen für LKW einzurichten und verstärkt zu kontrollieren,
  • für die von der Brückensperrung betroffene Region eine Person einzusetzen, der oder die die verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen koordiniert und als Ansprechpartner oder -partnerin für die Bevölkerung, Unternehmen und Kommunen fungiert,
  • einen Hilfsfonds aufzulegen,
  • der in Ergänzung der Bundesfördermittel wirksamen Lärmschutz für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner der Umleitungstrecken finanziert,
  • bereits entstandene Schäden an Privatbesitz und kommunaler Infrastruktur aus­gleicht,
  • in ihrer Existenz bedrohte örtliche Unternehmen und Dienstleister unterstützt und die durch Umleitungsfahrten entstandenen Verluste regionaler Unternehmen ausgleicht,
  • nach Wiederöffnung der Autobahn die Behebung der durch den Schwerlastverkehr entstandenen Schäden an der kommunalen Straßeninfrastruktur finanziert,
  • eine Offensive für die Reaktivierung von Gleisanschlüssen, Schienenstrecken und Verla­deanlagen auf die Bahn zu starten, damit zukünftig mehr Güter aus der Region über die Schiene transportiert werden können,
  • die betroffenen Kommunen bei der Kontrolle insbesondere des LKW-Verkehrs zur Ver­hinderung von Schleichwegfahrten personell zu unterstützen,
  • die geplanten größeren Straßenausbaumaßnahmen in der Region bis zur Wiederöffnung der Autobahn auszusetzen.