Die „Reichsbürgerbewegung“ in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage von Verena Schäffer

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

In nur wenigen Monaten wurde die Zahl der Personen, die zur „Reichsbürgerbewegung“ zugerechnet werden, bundesweit und auch in NRW mehrfach nach oben korrigiert. Im November 2016 ging die Landesregierung noch von 200 bis 300 Personen in NRW aus. Medienberichten zufolge liegt die Zahl heute bei 2000 Personen in NRW. Diese schnelle Entwicklung der Zahlen ist einerseits auf eine gestiegene Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden, andererseits aber auch auf ein großes Dunkelfeld sowie einen Zulauf zur Reichsbürgerbewegung zurückzuführen. Es ist auch davon auszugehen, dass das Dunkelfeld bisher nicht vollständig aufgehellt wurde. Die Größe des Dunkelfeldes ist besorgniserregend, angesichts der hohen Affinität für Waffen in der Szene und der Nicht-Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland als Staat.
Der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ zufolge bestehe das Deutsche Reich in seinen Grenzen der 1930er Jahr fort. Die Bundesrepublik Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern wird häufig als GmbH bezeichnet. Somit erkennen die Reichsbürger/innen weder das geltende Recht noch das staatliche Gewaltmonopol an. Das führt dazu, dass sie fiktive Regierungen bilden und immer wieder Widerstandshandlungen gegen Beamtinnen und Beamte begehen. Auch wenn Menschen aus unterschiedlicher Motivation (bspw. das Nicht-Zahlen von Steuern und Bußgeldern) von der „Reichsbürgerbewegung“ angezogen werden, ist der Kern der Reichsbürgerideologie mit dem Bezug auf das Deutsche Reich in den Grenzen der 1930er Jahre eindeutig rechtsextremistisch.
Im Oktober 2016 wurde ein Polizeibeamter von einem Reichsbürger tödlich verletzt. Nach diesem schrecklichen Zwischenfall entstand eine höhere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in den Sicherheitsbehörden zum Phänomen „Reichsbürger“. In NRW wurde ein Abgleich des Waffenregisters mit Personen aus der rechtsextremen Szene und der „Reichsbürgerbewegung“ eingeleitet. Infolgedessen wurde im Falle von 30 Rechtsextremen und 77 Reichsbürgern der Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse geprüft bzw. durchgeführt (Vorlage 16/4941).
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich unterschiedlicher Gruppierungen, Organisationen, Mitgliederstärke sowie ideologischem Bezugsrahmen der
  2. „Reichsbürgerbewegung“ in NRW vor?
  3. In welchen Regionen in NRW treten welche Gruppierungen/Organisationen der „Reichsbürgerbewegung“ mit welchen Aktivitäten schwerpunktmäßig auf?
  4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu Ordnungswidrigkeiten und Straftaten vor, die einzelne Gruppierungen, Mitglieder, Anhängerinnen und Anhänger der
  5. „Reichsbürgerbewegung“ betreffen (bitte nach Ort, Datum und Art der festgestellten Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat auflisten)?
  6. Welche Verbindungen zwischen der „Reichsbürgerbewegung“ und rechtsextremen Gruppierungen und Organisationen sind der Landesregierung bekannt?
  7. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der Anzahl und Art der Waffen im Besitz von Reichsbürgern sowie ihrer waffenrechtlichen Erlaubnisse vor?

Verena Schäffer