Dem Klimawandel begegnen – Wasserressourcen erhalten, schützen und nachhaltig nutzen!

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

I.       Wasser nachhaltig schützen
Wasser ist eine unentbehrliche Ressource für jegliches Leben auf der Erde. Weltweit wird der Zugang zu sauberem Trinkwasser in Zukunft immer entscheidender. Neben der Herausforderung, Gewässer vor Einträgen zu schützen und eine hohe Qualität zu gewährleisten, werden insbesondere die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend spürbar. Allein die Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, welche Folgen extreme, lang anhaltende Trockenperioden auch in Nordrhein-Westfalen haben können. An zahlreichen Gewässern hat die Dürre ökologische Schäden angerichtet und auch die Wasservorräte dramatisch reduziert. Insbesondere in der öffentlichen Trinkwasserversorgung, Industrie, Schifffahrt, Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau und den wasserabhängigen Ökosystemen sind daraus resultierende Nutzungskonflikte spürbar gewesen.
Im Auftrag des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) ermittelt das Forschungszentrum Jülich mit dem Modell mGROWA landesweit die jährliche Grundwasserneubildungsrate. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage „Wasser in NRW nachhaltig nutzen und schützen“ (Drs. 17/8021) geht hervor, dass neueste Untersuchungen aus 2019 darauf hinweisen, dass die Grundwasserneubildung rückläufig ist. Auch in Zukunft wird sich die fortschreitende Klimaveränderung verstärkt auf Menge und die räumlich-zeitliche Verteilung der Niederschläge und damit auch auf die Abflussverhältnisse in den Gewässern, die Bodenfeuchte und die Grundwasserneubildung negativ auswirken.
Die abnehmende Grundwassermenge trägt dazu bei, dass die Konzentration von Schadstoffen in unseren Gewässern ansteigt. In Fließgewässern wie Flüssen und Bächen sind dies besonders Stoffe, die in Kläranlagen nicht vollständig herausgefiltert werden könnten. Dadurch verfehlen Wasserkörper die Kriterien eines guten chemischen Zustands, der neben einem Verschlechterungsverbot durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgeschrieben ist. Neben diesen Folgen für die Gewässerökologie wird sich die zunehmende klimabedingte Trockenheit auch auf die Verfügbarkeit und die Qualität des Rohwassers zur Trink- und Brauchwassergewinnung auswirken.
Die Ressource Wasser wird uns im Zuge des Klimawandels folglich nicht mehr so selbstverständlich zur Verfügung stehen wie bisher. Nutzungskonflikte können sich zuspitzen, das schließt neben der Industrie auch die Landwirtschaft mit ein. Im Sinne des im Wasserrecht festgeschriebenen Vorsorgeprinzips, gilt es jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um auch zukünftig bei voranschreitenden Klimaveränderungen ausreichend Wasservorräte zu sichern.

II.      Wasserbedarf erfassen und managen

Das Wasserentnahmeentgeltgesetz (WasEG NRW) regelt bereits einen gemeinwohlorientierten Gebrauch der Ressource Wasser. Eine entsprechende Weiterentwicklung des Gesetzes ist daher wesentlicher Baustein einer Anpassungsstrategie. Aus diesen Gründen ist die in § 12 vorgeschriebene Evaluation unverzüglich vorzunehmen.
Die landwirtschaftliche Nutzung hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiviert, nicht zuletzt durch eine deutliche Zunahme wasserintensiver Anbaukulturen wie beispielsweise Mais. Um Felder in Zeiten von Trockenheit ausreichend zu bewässern, findet eine Entnahme aus Grundwasserbrunnen oder direkt aus Bächen und Flüssen statt. Bislang ist die Wasserentnahme zu landwirtschaftlichen Zwecken gemäß § 1 Absatz 2 Nr. 10 des WasEG NRW nicht entgeltpflichtig. Dadurch findet keine amtliche Erfassung der entnommenen Mengen statt.
Notwendig ist nach den Dürreerfahrungen der letzten Monate eine vollständige Erfassung und Bilanzierung der Wasserentnahmen, auch im landwirtschaftlichen Bereich. Obwohl die Landwirtschaft eine wesentliche Größe bei der Wasserentnahme ausmacht, liegen der Landesregierung zur Grundwassernutzung durch landwirtschaftliche Betriebe keine verlässlichen Zahlen vor.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage macht außerdem deutlich, dass die bei den unteren Wasserbehörden eingehenden Anträge auf Wasserentnahme seitens der Landwirtschaft überwiegend genehmigt werden. Zum Schutz unserer Ressource Wasser muss hier ein Umdenken stattfinden, denn Entnahmegenehmigungen sind vor dem Hintergrund des Klimawandels neu zu bewerten. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Wassergebrauch die Grundwasserneubildungsrate nicht übersteigt.
Gerade vor dem Hintergrund der zurückliegenden Dürrejahre, ist davon auszugehen, dass zukünftig zur Bewässerung der Anbaugebiete größere Wassermengen nachgefragt werden. An dieser Stelle fehlt bislang jegliche Aussage der Landesregierung, ob und wie beabsichtigt ist, auch an dieser Stelle ein nachhaltiges Wassermanagement umzusetzen.
In vielen anderen Bundesländern sind landwirtschaftliche Betriebe nicht von der Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts ausgenommen. Die Höhe der Zahlung variiert hierbei stark. In Bayern hat die Landwirtschaft einen Betrag von 8 Cent pro m3 zu zahlen. Im Saarland sind es 12 Cent und in Berlin 31 Cent. In NRW zahlen Bergbau und Trinkwasserbetriebe 5 Cent pro m3, diese Höhe eines Wasserentnahmeentgeltes ist für landwirtschaftliche Betriebe auch in NRW anzustreben, um einen sparsamen und bewussten Umgang mit der Ressource Wasser zu erreichen. Dies macht eine Änderung der in § 1 Absatz 2 Nr. 10 WasEG NRW festgehaltenen Ausnahmeregelung für landwirtschaftliche Betriebe erforderlich.
Um weitere Erfassungslücken zu schließen, laufen beispielsweise in Niedersachen Daten zur Grundwasserneubildung und Daten zur Wasserentnahme zentral beim Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zusammen. Auch Wassernutzer, die von der Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts befreit sind, haben ihre Verbrauchsdaten zu melden. Nur so kann eine nachhaltige Wasserförderung gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gewährleistet und geprüft werden. Eine entsprechende Übertragung des Modells, mit der Einrichtung einer zentralen Stelle beim Landesamt für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz (LANUV), ist daher anzustreben.

III.    Grundwasserneubildung fördern

Neben den Klimaveränderungen nimmt auch die Art unserer Flächennutzung erheblich Einfluss auf die Ressource Wasser. Insbesondere der steigende Anteil versiegelter Fläche reduziert die Grundwasserneubildung auf dramatische Weise, da Regenwasser hier nicht mehr ausreichend versickern kann. Durch die Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) wurde das Ziel, den Flächenverbrauch in NRW auf 5 Hektar pro Tag zu begrenzen, aufgegeben. Durch diese Änderung werden hinsichtlich des Flächenverbrauchs falsche Anreize an die kommunalen Planungsbehörden gesetzt und eine zunehmende Versiegelung von Freiflächen befördert. Das von der Landesregierung zur Kompensation angekündigte Maßnahmenpaket zur flächensparenden Entwicklung wurde bis heute nicht vorgelegt.
Auch der Anteil an landwirtschaftlichen Dauergrünland, welches maßgeblich zur Versickerung von Wasser und zur Speicherung von Wasser im Erdreich beiträgt, wurde über die letzten Jahrzehnte immer kleiner. In 2015 ermittelte das LANUV, dass der Anteil an Dauergrünland in NRW bei landwirtschaftlichen Betrieben ab 5 Hektar zwischen 1977 und 2013 von über
650.000 Hektar auf weniger als 400.000 Hektar zurückgegangen ist. Das bedeutet landesweit einen Rückgang von 38,5 Prozent. Auch vor dem Hintergrund des anhaltenden Artenverlustes ist diese Entwicklung alarmierend.
Eine reduzierte Inanspruchnahme neuer Flächen und eine reduzierte Umwidmung landwirtschaftlichen Dauergrünlands trägt dazu bei, wertvolle Freiflächen für die Versickerung von Regenwasser zu erhalten. Zusätzlich müssen weitere Maßnahmen zur Entsiegelung von Flächen und zur künstlichen Grundwasseranreicherung ergriffen werden. Auch soll geprüft werden, wie der Anteil an Dauergrünland wieder angehoben werden kann.

IV.    Der Landtag stell fest:

·           Die monatelange Trockenheit in den Sommern 2018, 2019 und im Frühjahr 2020 haben verdeutlicht, dass unsere bisherige Form der Wasserbewirtschaftung an die klimatischen Veränderungen angepasst und neu ausgerichtet werden muss.
·           Die Entnahme von Wasser beeinflusst die Grundwasserstände, sie ist daher zu erfassen, um eventuelle Engpässe rechtzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
·           Die Grundwasserneubildung wird durch die permanente weitere Flächenversiegelung erheblich beeinträchtigt. Daher muss der Flächenverbrauch stärker als bisher reduziert und der Versiegelung wieder stärker entgegengewirkt werden.

V.     Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1.      Eine „Zukunftsstrategie Wasser“ für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln, mit dem Ziel, eine flächendeckende Ermittlung der Wasserverfügbarkeit, ein Monitoring der Auswirkung der klimatischen Veränderungen auf die Ressource Wasser und eine Anpassung und Überprüfung der Wassernutzung und Grundwasserneubildung vorzunehmen. Auch die Herstellung beziehungsweise Gewährleitung einer hohen Gewässerqualität ist hier zu berücksichtigen.
2.      Der in § 12 des WasEG NRW festgelegten Berichtspflicht mittels einer Bestandsaufnahme und Evaluation nachzukommen, da nur so die klimatischen und technologischen Veränderungen sowie Schlussfolgerungen daraus berücksichtigt werden können.
3.      Festzuschreiben, dass wesentliche Entnahmen von Wasser, die gemäß § 1 Absatz 2 des WasEG NRW von der Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts befreit sind, zukünftig mitzuteilen sind. Dafür ist beim LANUV eine zentrale Stelle einzurichten, bei der sämtliche Daten über die Wasserentnahme zusammenlaufen. Daran anlehnend sind Empfehlungen zur Genehmigung der Wasserentnahme an die regelmäßig zu ermittelnden Grundwasserneubildungsraten anzupassen.
4.      Die Ausnahmegenehmigung für landwirtschaftliche Betriebe gemäß § 1 Absatz Nr. 10 WasEG NRW zu streichen und ein Wasserentnahmeentgelt von 5 Cent pro m3 für landwirtschaftliche Betriebe festzulegen.
5.      Über eine Verpflichtung gegenüber den Überwachungsbehörden sicherzustellen, dass keine Wasserentnahmerechte erteilt werden, die über das Dargebot an Wasserressourcen hinausgehen.
6.      Dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil des für die Grundwasserneubildung wichtigen Dauergrünlandes wieder erhöht wird.
7.      Weitere effektive Maßnahmen für eine Entsiegelung der Flächen sowie eine Eindämmung der neuen Flächeninanspruchnahme zu ergreifen.
8.      Für die Grundwasserneubildung und Wasserspeicherung wichtige Landschaftselemente wie Moore oder Feuchtwiesen zu schützen, auszubauen und weiterzuentwickeln.
9.      Die Überwachung der Wasserentnahme zu verstetigen und weitergehende Maßnahmen zu prüfen, um illegale Entnahmen zu unterbinden.