Das Schwarze-Peter-Spiel um den Unternehmerinnenlohn endlich beenden – NRW muss umgehend selbst handeln!

Entschließungsantrag zum Antrag "Solo-Selbstständige in Existenznöten" der Fraktionen von CDU und FDP

I.        Ausgangslage
Bereits seit März dieses Jahres hält die Corona-Pandemie unser Land im Griff. Neben den gravierenden gesundheitlichen Folgen und Risiken für Infizierte, aber auch die vielen Millionen Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich, stellen unsere Gesellschaft auch die wirt­schaftlichen Folgen der anhaltenden und wiederholten Corona-Beschränkungen vor dauer­hafte Herausforderungen.
Nachdem zu Beginn der Pandemie in Rekordzeit ein Soforthilfeprogramm für die deutsche und nordrhein-westfälische Wirtschaft beschlossen wurde, erwiesen sich in der Folge sowohl die vom Bundesfinanzministerium festgelegten Rahmenbedingungen, als auch die Umsetzung der Hilfsprogramme als fehlerhaft und zu wenig zielgenau. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist die seit April bundesweit geführte Diskussion um den sogenannten Unternehmerinnenlohn.
Zwar wurden im Rahmen der Soforthilfen zügig Hilfsgelder ausgezahlt, doch insbesondere für Solounternehmer, Freiberufler und Kulturschaffende folgte die Ernüchterung auf dem Fuße. Entgegen der ursprünglichen Ankündigungen aus Berlin und Düsseldorf, war das Soforthilfe-programm für diese zentralen Zielgruppen in weiten Teilen unbrauchbar. Gleiches gilt bis heute für das nochmals deutlich bürokratischere Folgeprogramm, die sogenannten Überbrü­ckungshilfen. Beide Programme ignorieren bis zum heutigen Tage, die besondere Situation von Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen, die aufgrund ihrer Betriebsgröße einerseits nur marginal vom Kurzarbeitergeld profitieren können und deren Kostenstruktur andererseits kaum mit der größerer Unternehmen zu vergleichen ist.
Hauptgrund hierfür ist die Fokussierung der Hilfsprogramme auf die Begleichung von Betriebs­kosten. Während Körperschaften und größere Personengesellschaften einen Großteil ihrer Kosten als Betriebskosten klar abgrenzen und geltend machen können, ist dies für viele Solo­selbstständige, Freiberufler und Freiberuflerinnen sowie Kulturschaffende kaum möglich. Von der Miete für das Büro in der heimischen Wohnung, über Telekommunikations- oder
Fahrtkosten bis hin zur technischen Ausstattung, Versicherungsverträgen und Zinsbelastun­gen sind die Übergänge zwischen betrieblichen und privaten Kosten für diese Gruppen flie­ßend. Eine Abgrenzung erfolgt hier in der Regel erst im Rahmen der Gewinn- und Verlustrech­nung zur Einkommenssteuer.
Auf diesen Webfehler der Corona-Hilfsprogramme weisen nicht nur eine breite Mehrheit der Wirtschaftsverbände seit über einem halben Jahr hin. Insbesondere die massiv von den Corona-Maßnahmen betroffenen Kulturschaffenden beklagen seit dem Start der Hilfspro­gramme, dass sie vollkommen durch deren Raster fallen. Auch und gerade für die Kulturszene ist eine unbürokratische Hilfe zum Lebensunterhalt existenziell – überlebenswichtig. Zuletzt am 4. November versendete der Kulturrat NRW einen Rundbrief in dem die dramatische Lage der Szene beschrieben wird. Seit Beginn der Krise hat sich hier also nichts Wesentliches bewegt. Der nordrhein-westfälische Landtag hat die offenkundigen Probleme bereits mehrfach anhand von Anträgen von GRÜNEN und SPD diskutiert. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Lan­desregierung und der sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP mussten eingestehen, dass ihre ursprünglichen Versprechungen gegenüber den genannten Zielgruppen gebrochen wur­den. Zwar ist anzuerkennen, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung bereits im April Gespräche mit der Bundesregierung aufgenommen hat, um insbesondere Finanzminister Olaf Scholz zu einer Überarbeitung der Hilfsprogramme zu bewegen, mit dem Ziel den sogenann­ten Unternehmerinnenlohn doch noch durchzusetzen. Jedoch muss bis jetzt festgestellt wer­den, dass sich die Landesregierung des größten deutschen Bundeslandes inklusive ihres Mi­nisterpräsidenten wieder einmal in Berlin nicht durchsetzen kann.
Gleichzeitig gewährt die Landesregierung – zunächst als Vertrauensschutz für die gebroche­nen Versprechungen – Soloselbstständigen einen Rückforderungserlass in Höhe von 1.000 Euro pro Monat, sowie im Rahmen der Überbrückungshilfe plus eine Hilfe, die an die Beantra­gung der Bundeshilfen gekoppelt ist. Von andere Bundesländern werden jedoch wesentlich höhere Sätze für die Begleichung von Lebenshaltungskosten zugestanden. So beträgt der Satz in Baden-Württemberg 1.180 Euro, also immerhin 18% mehr als in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus zahlt das Land Baden-Württemberg Solo-Selbstständigen diese Hilfe bereits jetzt als fiktiven Unternehmerlohn und unabhängig vom Bundesprogramm der Überbrückungs­hilfe aus. So können auch Solo-Selbstständige, die die Voraussetzungen für Überbrückungs­hilfe nicht erfüllen, vom fiktiven Unternehmerlohn profitieren und müssen nicht von Monat zu Monat um ihre Existenzsicherung bangen. Das Land Baden-Württemberg schließt eine Rege­lungslücke auf Bundesebene, die das Land NRW bis heute nur beklagt.
Nach nunmehr acht Monaten von Beteuerungen, Absichtserklärungen und anderen warmen Worten an die Betroffenen, haben nun auch die Regierungsfraktionen von CDU und FDP ein­gestanden, dass die Landesregierung alleine nicht weiter kommt. Ein substanzieller Beitrag zur Problemlösung ist aber der vorliegende Antrag mit der Drucksachennummer 17/11660 in keiner Weise. Auch wenn die späte Aufforderung an die Landesregierung, sich auf Bundes­ebene für eine Einführung eines Unternehmerinnenlohns einzusetzen, richtig ist, kann den Betroffenen diese Forderung alleine, angesichts des wiederholten Scheiterns der Landesre­gierung in dieser Frage, nur wenig hilfreich scheinen. Schließlich ist es mehr als offensichtlich, dass diese Forderung einzig dazu dient, die Verantwortung in Richtung Bundesregierung ab­zuschieben.
Dieses Vorgehen wird der Lage der vielen hunderttausend Betroffenen, die in den vergange­nen Monaten stetig an Dramatik gewonnen hat, alles andere als gerecht. Es ist längst an der Zeit, dass die Landesregierung die Konsequenzen ihres Scheiterns zieht und selbst Verant­wortung für die nordrhein-westfälischen Unternehmen übernimmt.
II.       Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
·         Auch acht Monate nach dem Beschluss des ersten Hilfsprogramms sind die offenkundigen und vielfach diskutierten Webfehler der Corona-Hilfen für die deutsche und nordrhein-westfälische Wirtschaft nicht behoben.
·         Die wiederholten Interventionsversuche von Ministerpräsident Armin Laschet und sei­ner nordrhein-westfälischen Landesregierung auf Bundesebene hatten bis heute kei­nen Erfolg.
·         Ein erneuter Versuch, die Forderung nach einem Unternehmerinnenlohn auf Bundes­ebene durchzusetzen bleibt notwendig, kann für die Betroffenen aber längst keine glaubhafte Perspektive mehr darstellen.
·         Vor diesem Hintergrund muss die nordrhein-westfälische Landesregierung in Vorleis­tung treten und die Landeshilfen für Soloselbstständige, Freiberufler und Freiberufle­rinnen, Kleinunternehmen und Kulturschaffende dauerhaft verlässlich und auskömm­lich ausgestalten.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung:
·         Dem Landtag noch in diesem Jahr ein zielgenaues Landeshilfsprogramm in Form ei­nes nicht rückzuzahlenden Unternehmerinnenlohns vorzulegen, welcher sich mindes­tens an der Höhe des baden-württembergischen Modells, also 1.180 € pro Monat, orientiert.
·         Ein Antrags- und Bewilligungsverfahren für diesen Unternehmerinnenlohn zu imple­mentieren, welches eine Auszahlung noch in diesem Jahr gewährleistet.
·         Sich weiterhin auf Bundesebene für eine Übernahme der entstehenden Kosten einzusetzen.