I. Ausgangslage
Das Dreiländereck Aachen-Lüttich-Maastricht bewirbt sich als Standort für das geplante Einstein-Teleskop, einem Gravitationswellendetektor der neuesten Generation. Damit sollen beispielsweise schwarze Löcher bis zurück in die Anfangszeit des Universums beobachtet werden, die mit heutigen optischen und anderen Teleskopen nicht erreicht werden. Dadurch wird es Forscherinnen und Forschern möglich, die Historie der Sternentwicklung nachzeichnen zu können. Dem Einstein-Teleskop wird in Gutachten die höchste wissenschaftliche Priorität zu-geschrieben. (Die Ergebnisse der EU-Studie sind online abrufbar: https://cordis.europa.eu/article/id/91484-proving-einstein-right-in-spacetime/de (zuletzt abgerufen am 26.08.2020)).
Das Teleskop soll tief unter der Erdoberfläche gebaut werden und aus einem Dreieck von je 10 km langen Armen bestehen. Der genannte Standort wird für den Bau des Teleskops in einer Studie des siebten Europäischen Forschungsrahmenprogramms als geeignet ausgewiesen. (Die Ergebnisse der EU-Studie sind online abrufbar: https://cordis.europa.eu/article/id/91484-proving-einstein-right-in-spacetime/de (zuletzt abgerufen am 26.08.2020))
Detaillierte geologische Messungen haben ergeben, dass für das Einstein-Teleskop neben dem Dreiländereck auch Sardinien als Standort geologisch geeignet ist. Ein Verfahren für die Standortentscheidung wurde zwischen allen europäischen Partnern entwickelt. Die Entscheidung hierzu soll im Jahr 2024 fallen. Bei entsprechender Finanzierungszusage kann die Entscheidung für eine Region auch vorgezogen werden. Politisch wird die Initiative aus dem Drei-länderdreieck von den Niederlanden, Belgien und deren angrenzenden Provinzen und Regionen stark unterstützt. Eine erhebliche finanzielle Beteiligung an den Baukosten ist in Aussicht gestellt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verhält sich bislang eher abwartend und unterstützt bisher lediglich die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch die Verbundforschung mit 2,3 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren. Das Projekt wird von der angrenzenden RWTH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich unterstützt.
Die RWTH Aachen und die Landesregierung sind bereits maßgeblich an Vorbereitungsprojekten des Einstein-Teleskops beteiligt (ETpathfinder, E-Test). Auch die Helmholtz-Gemein-schaft, die Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft engagieren sich bei der Konzeptionie-rung.
Die Ergebnisse der EU-Studie sind online abrufbar: https://cordis.europa.eu/article/id/91484-proving-einstein-right-in-spacetime/de (zuletzt abgerufen am 26.08.2020).
Kurzfristig soll im Jahr 2021 das Einstein-Teleskop durch das Europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) anerkannt und in die Liste priorisierter Großvorhaben aufgenommen werden. Im Anschluss erfolgt das weitere Entscheidungsverfahren zur Finanzierung sowie zum Standort im Jahr 2024.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich der Bau des Teleskops nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich positiv auf die Euregio und Nordrhein-Westfalen auswirken kann. Allein für die angrenzende Wallonie kann von über 4.000 wirtschaftlichen Akteuren ausgegangen werden, für die eine aktive Beteiligung am Projekt in Frage käme. Anhand von 25 Unternehmen zeigt die Studie, dass die wallonische Unternehmenswelt, vornehmlich Unternehmen aus dem Industriesektor, breites Interesse an dem Projekt angemeldet und die Bereitschaft zur Teilnahme am Prozess geäußert hat. Auch für Nordrhein-Westfalen und die Euregio besteht die Aussicht auf ein ganzes Paket von anspruchsvollen Aufträgen für Hightech-Unternehmen. Die Planung, der Bau und der Betrieb des Einstein-Teleskops schaffen direkte wie indirekte Arbeitsplätze. (Die Studie ist online abrufbar: https://www.einsteintelescope.nl/fr/wp-content/uploads/sites/6/2019/10/20190100_-_ET_Etude_d_impact_socio-e%CC%81conom ique_web-compres-sed.pdf (zuletzt abgerufen am 26.08.2020)).
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
Das Einstein-Teleskop ist ein Projekt der Spitzenforschung mit globaler Ausstrahlung. Ein vergleichbares Teleskop ist weder in den USA noch in China in Planung. Das Dreiländereck Aachen-Lüttich-Maastricht würde sich für Europa weltweit an die Spitze einer neuen Forschungsdisziplin (Gravitationsforschung) setzen.
Nordrhein-Westfalen hat über die Euregio hervorragende Voraussetzungen sich an den Chancen des Einstein-Teleskops zu beteiligen. Das internationale Großprojekt würde neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Historie der Sternentwicklung liefern und Forschungskooperationen in der Euregio Maas-Rhein nachhaltig stärken. Eine aktuelle Studie belegt zudem den wirtschaftlichen Nutzen für die involvierten Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ob das Dreiländereck den Vorzug vor anderen Standorten erhält, hängt ganz entscheidend von verbindlichen Finanzierungszusagen ab. Sowohl von belgischer als auch von niederländischer Seite wurden bereits mehrere hundert Millionen Euro zugesagt. Der deutsche Beitrag wurde bislang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung nicht beziffert. Eventuelle Kosten werden aus bereiten Mitteln bezahlt.
Das Einstein-Teleskop ist für Deutschland und Nordrhein-Westfalen darüber hinaus europapolitisch von Bedeutung, weil es am Standort Dreiländereck die bisherige grenzüberschreitende gute Zusammenarbeit und das Zusammenwirken verschiedener nationaler Ressourcen in Europa verdeutlicht und verstärkt und weil es nur im engen Austausch zwischen den Regionen und Staaten im Dreiländereck gebaut, geplant und betrieben werden kann.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
– sich zunächst für die Anerkennung des Einstein-Teleskops als wissenschaftliches Vorhaben von nationaler und europäischer Bedeutung (ESFRI-Antrag, s.o.) einzusetzen sowie darüber hinaus den Wunsch der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu unterstützen, das Einstein-Teleskop auf die Liste von Großforschungsvorhaben zu setzen.
– sich gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien auf allen Ebenen für das Einstein-Teleskop einzusetzen und insbesondere den EVTZ Euregio Maas Rhein bei seinen diesbezüglichen Aktivitäten zu unterstützen.
– sich aktiv dafür einzusetzen, den Prozess zur Realisierung des Einstein-Teleskops zu flankieren, durch finanzielle Unterstützung von begleitenden Forschungsvorhaben (E-Test s.o.), durch Fokussierung auf die regional- und wirtschaftspolitische Dimension des Vorhabens und durch Verstärkung der grenzüberschreitenden und trilateralen Netzwerkbildung und Zusammenhalt zugunsten des Vorhabens.
– sich gegenüber dem Bundesministerium für Bildung und Forschung dafür einzusetzen, den geplanten Bau des Einstein-Teleskops unter eventueller Beteiligung des Landes NRW finanziell zu unterstützen.