Corona-Prämie für Pflege- und Gesundheitsberufe gerecht gestalten

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Mehrdad Mostofizadeh

Die Beschäftigen in den Pflege- und Gesundheitsberufen leisten einen unschätzbaren gesellschaftlichen Beitrag. Während der Corona-Pandemie investieren viele von ihnen besonders viel Zeit und Kraft, um die ihnen Anvertrauten bestmöglich zu versorgen. Dafür verdienen sie Anerkennung und Schutz – nicht nur, aber ganz besonders während der Pandemie.
Seit Ende März wurde in Gesellschaft und Politik über eine Sonderzahlung für Pflegekräfte und medizinisches Personal, das während der Corona-Pandemie besonderen Belastungen sowie einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt ist, debattiert. Nachdem sich ver.di und der Arbeitgeberverband BVAP auf eine tarifliche Sonderprämie von 1.500 Euro für Beschäftigte in der Pflege geeinigt hatten, haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nach wochenlangem Ringen am 27. April einen Finanzierungsvorschlag für eine solche Sonderzahlung für die Altenpflege vorgelegt. Einen Tag später wurde dieser Vorschlag als Teil des Gesetzentwurfs zum „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom Bundeskabinett beschlossen. Vorgesehen ist eine Sonderzahlung ausschließlich an Beschäftigte der Altenpflege, die zu zwei Dritteln von den Pflegekassen und zu einem Drittel von den Ländern und Arbeitgebern finanziert werden. Dazu wird in das SGB XI ein neuer „§ 150a Sonderleistung während der Coronavirus SARS-CoV-2-Pandemie“ eingefügt, der Zielgruppen, Merkmale, Finanzierung und Verfahren der Sonderzahlung regeln soll. Laut Bundesministerium für Gesundheit werde in der zweiten Jahreshälfte 2020 „das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium der Finanzen miteinander festlegen, in welchem Umfang die Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der jeweiligen Beitragssätze, auch zur Refinanzierung der Corona-Prämien erhalten.“
Dass die Bundesregierung eine Corona-Prämie für die Altenpflege einführt, ist begrüßenswert. Sie greift jedoch zu kurz und ist nicht gerecht ausgestaltet. Nicht nur die Beschäftigten in der Altenpflege, sondern auch die Mitarbeitenden in anderen Pflege- und Gesundheitsberufen, etwa auf den Intensivstationen, arbeiten in direktem Kontakt mit Corona-Patientinnen und – Patienten und sind so einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Dies muss bei der Einführung der Prämie berücksichtigt werden.
Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Finanzierung, nämlich zwei Drittel, über die Pflegekassen erfolgen soll. Da diese aber während der Pandemie hohe Extra-Ausgaben zu verzeichnen haben und mit einer angespannten Haushaltslage rechnen müssen, besteht die Gefahr, dass letztendlich die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen die Corona-Prämie zum Beispiel über einen steigenden Eigenanteil für den Pflegeplatz finanzieren. Doch die finanzielle

Leistung zur Zahlung einer Corona-Prämie muss von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Somit ist eine Finanzierung aus Steuermitteln erforderlich.
Die Corona-Prämie als einmalige Sonderzahlung kann nur ein Zeichen der Anerkennung des besonderen Risikos für die Beschäftigten der Pflege- und Gesundheitsberufe sein. Grundsätzlich müssen diese gesellschaftlich bedeutenden Tätigkeiten finanziell aufgewertet und insbesondere in der Altenpflege endlich flächendeckend tarifgebunden bezahlt werden. Um das zu ermöglichen, ohne dass die Pflegebedürftigen zusätzlich finanziell belastet werden, muss allerdings die Pflegeversicherung reformiert werden.
Es ist deshalb begrüßenswert, dass der Bundesrat einem Entschließungsantrag Nordrhein- Westfalens zugestimmt hat, in der die Finanzierung der Prämie aus Steuermitteln gefordert wird. Wichtig ist auch die Forderung nach Klarstellung, dass die Anrechnung der Prämie auf Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern nicht zulässig ist.
Unklar bleibt allerdings, ob Gesundheitsminister Laumann bei der Umsetzung in Nordrhein- Westfalen die Möglichkeit nutzt, die Prämie aufzustocken und weitere Berufsgruppen einzuschließen.

I.       Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert,
1.      unmittelbar ein Signal zu senden und die Kostenübernahme von einem Drittel der Ausgaben sowie die Aufstockung der Prämie zu bestätigen, um den Ausgabenstreit nicht auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen.
2.      sich gegenüber der Bundesregierung für die zeitnahe Ausweitung der Prämie auf andere Berufsgruppen der Pflege- und Gesundheitsberufe, die einem besonderen Risiko durch die Corona-Pandemie ausgesetzt sind, einzusetzen;
3.      sich weiterhin gegenüber der Bundesregierung für eine Gegenfinanzierung der Corona- Prämie gänzlich aus Steuermitteln einzusetzen;
4.      einen Reformvorschlag zur Pflegeversicherung in den Bundesrat einzubringen, durch die der Eigenanteil der Pflegebedürftigen zukünftig gedeckelt wird und alle weiteren pflegerischen Kosten bedarfsgerecht von der Pflegeversicherung bei Bedarf mit Steuerzuschuss – aufgebracht werden.