Bund muss rasanten Anstieg von Mieten eindämmen

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Ausgangslage und Herausforderungen

Die Mietpreise in vielen Städten Deutschlands und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter haben sich in den letzten Jahren stark auseinanderentwickelt. Niedrigere Neubauzahlen, immer teurere Wohnungen und eine gestiegene Nachfrage treiben die Wohnkosten in die Höhe. Insbesondere in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten steigen die Mieten innerhalb kürzester Zeit rapide an. Laut dem Wohnungsmarktbericht NRW 2012 müssen zwei von fünf Haushalten in den wachsenden Städten am Rhein mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete ausgeben. Bei der Hälfte dieser Haushalte sind es über 40 Prozent.
Zahlreiche Mieterinnen und Mieter sind durch die rasant steigenden Mieten gezwungen, den oftmals langjährig bewohnten Stadtteil zu verlassen. Sie müssen dann in günstigere Bezirke, oft am Rande der Stadt, ziehen. Die sozialen Folgen für die Entwicklung unserer Städte sind unbestritten negativ.
Das von der Bundesregierung erarbeitete Mietrechtsänderungsgesetz, das am 1. Mai 2013 in Kraft getreten ist, wird den neuen Anforderungen nicht gerecht. Die Neureglung zur Mieterhöhung reicht nicht aus: Demnach sind die Landesregierungen nun zwar ermächtigt, Gemeinden oder Teile von Gemeinden zu bestimmen, in denen eine sogenannte „Wohnraummangellage" besteht. In diesen Gebieten beträgt dann die sog. Kappungsgrenze bei der Mietanpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nicht mehr 20 Prozent, sondern wird auf
15 Prozent gedeckelt. Doch hilft diese Verordnungsermächtigung in der Praxis nur den Stadtstaaten. Denn die Flächenländer wie Nordrhein-Westfalen mit sehr unterschiedlichen Wohnungsmarktlagen müssen zeit- und kostenintensive Gutachterverfahren beschreiten, um die in Betracht kommenden Gebiete klar voneinander abzugrenzen. Auch wenn diese Regelung schon im Ansatz unzureichend ist, wird die Landesregierung Nordrhein-Westfalen wie vom Landtag beschlossen die darin vorhandenen Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Unbeschadet dessen bleibt allerdings eine generelle gesetzliche „Deckelung“ der Mieterhöhungen zwingend erforderlich.
Das Mietrechtsänderungsgesetz hat darüber hinaus ein weiteres zentrales Thema, das der Wiedervermietungsmieten, ignoriert. Derzeit können Vermieterinnen und Vermieter, wenn sie eine Wohnung wiedervermieten, die Miete in der Regel soweit erhöhen, wie es der Markt hergibt. In Ballungsgebieten und attraktiven Wohngegenden können deshalb bei Wiedervermietungen heute schon Mieten in teilweise exorbitanter Höhe verlangt und erzielt werden. Auch diese Lücke zeigt, dass hier dringend gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Zum Schutz der Mieterinnen und Mieter vor rasant steigenden Mieten muss die Mieterhöhung bei einer Wiedervermietung grundsätzlich auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränkt werden.
Doch auch aus weiteren Gründen erweist sich das Mietrechtsänderungsgesetz als sozial unausgewogen und daher schon im Ansatz nicht geeignet, den Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen. Nach der früheren Rechtslage bis zum 30.04.2013 war es so, dass Mieterinnen und Mieter bei Modernisierungsmaßnahmen je nach Intensität der Bauarbeiten die Miete während der Bauarbeiten kürzen konnten, wenn die Wohnqualität oder die Nutzbarkeit der Wohnung erheblich eingeschränkt waren. Diese Möglichkeit zur Mietminderung veranlasste Vermieter/-innen, die Arbeiten schnell und effizient durchzuführen, um wie- der die volle Miete zu erhalten. Die Mieterinnen und Mieter hatten hingegen zumindest einen wirtschaftlichen Gegenwert für die erlittenen Beeinträchtigungen. Dieses gesellschaftlich hoch anerkannte und bekannte Instrument des Mietrechts, sowie des gesamten Vertragsrechts des BGB hat die Bundesregierung nunmehr ohne erkennbaren Grund deutlich eingeschränkt. Die Mieterinnen und Mieter sind nun bei energetischen Sanierungen für die Dauer von drei Monaten nicht mehr zu einer Mietminderung berechtigt.
Auch sieht das Mietrechtsänderungsgesetz keine Verpflichtung oder auch nur einen Anreiz zur zügigen Erledigung der Bauarbeiten innerhalb der ersten drei Monate vor. Doch es wird in der Sache noch gravierender, wenn man sich die Regelung des § 559 BGB vor Augen führt. Denn der Vermieter kann danach von den Mieterinnen und Mietern verlangen, dass diese bis zu elf Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten der Modernisierungsmaßnahmen jährlich bezahlen. Die Regelung des § 559 BGB wurde vor längerer Zeit eingeführt, als die Mietentwicklung moderat und die Zinsentwicklung hoch war. Beides hat sich nunmehr ins Gegenteil verkehrt. Insofern muss auch diese Regelung an die Realität angepasst werden.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hat sich daher von Anfang an gegen das Mietrechtsänderungsgesetz gewandt und auch im Bundesrat dagegen gestimmt. Denn tatsächlich ist dieses Gesetz nicht geeignet, die bestehende Schieflage am Wohnungsmarkt eines Flächenlandes zu beseitigen. Hierzu bedarf es vielmehr einer gesetzlichen Regelung, um insbesondere den rasanten Anstieg der Mieten einzudämmen. Gerade bei Wiedervermietung einer Wohnung werden nach Angaben des Deutschen Mieterbundes bundesweit in den Großstädten und Ballungszentren die Mieten um bis zu 20-30 Prozent erhöht. Diese Erhöhungen führen natürlich auch dazu, dass Mietspiegel der jeweiligen Wohngegend kontinuierlich steigt und daher auch die Mieten der Bestandsmieterinnen und -mieter sogar ohne energetische Sanierungen immer weiter erhöht werden können, ohne dass dem eine entsprechende Gegenleistung zugrunde läge. Wenn dieser Entwicklung in den wachsenden Städten nicht entgegengesteuert wird, werden die Mieten dort zukünftig oberhalb des Inflationsausgleichs und der Lohnentwicklung steigen. Die hohe Wohnkostenbelastung von einkommens- schwächeren Haushalten bis zu einem Einkommen von etwa 1.300 Euro von bis zu 40 Prozent würde weiter steigen. Wohnen wird so zu einem Luxusgut. Dies widerspricht je- doch dem bisherigen gesellschaftlichen Konsens, dass das Mietrecht elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge ist.

II. Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, gemeinsam mit anderen Bundesländern eine Bundesratsinitiative einzubringen, um den rasanten Anstieg der Mieten einzudämmen. Dabei sind folgende Forderungen von zentraler Bedeutung:
Bei der Wiedervermietung einer Wohnung darf die Miete zukünftig grundsätzlich nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dabei ist die Möglichkeit einzuräumen, die Wohnung zum gleichen Mietpreis wie an den Vormieter weiterzuvermieten.
Bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete wird zukünftig auf einen deutlich längeren Referenzzeitraum abgestellt (bisher vier Jahre). In die Ermittlung fließen sowohl unverändert gebliebene Bestandsmieten als auch Neuvertragsmieten sowie erhöhte Bestandsmieten ein.
Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete wird zukünftig auf 15 Prozent herabgesetzt (bisher 20 Prozent).
Bei Modernisierungsmaßnahmen darf die Vermieterin/der Vermieter zukünftig pro Jahr nur noch neun Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten auf die Miete umlegen (Modernisierungsumlage; bisher elf Prozent).
Das Mietminderungsrecht wird auch bei energetischen Modernisierungen beibehalten.