Ausgangssituation
Grundlage für die Schaffung des Bildungs- und Teilhabepaketes (BuT) war die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2010. Unter anderem machten die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter darin deutlich, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auch die Teilhabe an der Gesellschaft einschließt. Insbesondere für Kinder muss dieses Recht gewährleistet werden. Zu diesem Zweck hat der Bund das Bildungs- und Teilhabepaket geschaffen.
Der Bund beteiligt sich seit 2011 an den Leistungen des BuT, indem er die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft (KdU) entsprechend angehoben hat. Seit dem Jahr 2013 wird der Bundesanteil für jedes Bundesland jährlich neu berechnet und entspricht dem Anteil der Ausgaben für Bildung und Teilhabe an den Ausgaben für KdU in Nordrhein-Westfalen gemessen im Vorjahr.
2014 erfolgte für das Jahr 2012 eine Revision zur Überprüfung der tatsächlich verausgabten Bundesmittel für das BuT. Im Zuge dessen wurde den kommunalen Trägern in den Monaten April bis Juni 2014 vom Bund zu Unrecht Mittel aus der dem Land und den Kommunen zustehenden Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) einbehalten. Damit sollte die Differenz der im Jahr 2012 vom Land für BuT verausgabten Mittel sowie der vom Bund für BuT erhaltenen Beträge rückwirkend ausgeglichen werden. Allein für NRW waren dies etwa 70 Mio. Euro.
Bei der Mehrzahl der kommunalen Träger mussten daraufhin aufgrund dessen Abzüge bei der Bundesbeteiligung vorgenommen werden, da deren Ausgaben für BuT unter der hierfür erhaltenen Bundesbeteiligung lagen. Einzelne kommunale Träger erhielten dem gegenüber Nachzahlungen, da deren Ausgaben für BuT über denen der Bundesbeteiligung lagen, die sie erhalten haben.
Der Klage einiger Länder unter Federführung von Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Vorgehen des Bundes wurde vom Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom 10.03.2015 stattgegeben.
Bedarfsgerechte Abrechnung der BuT-Mittel notwendig
Um eine bedarfsgerechtere Verteilung der vom Bund erstatteten Mittel auf die Kreise und kreisfreien Städte zu ermöglichen, ist seit 2014 in Nordrhein-Westfalen auf eine ausgabenorientierte Verteilung der Bundesmittel umgestellt worden. Die kommunalen Träger erhalten demnach eine Beteiligung an den Mitteln für Bildung und Teilhabe entsprechend ihres kommunalen Anteils an den NRW-Gesamtausgaben des Vorjahres. Demnach ist die Höhe der Ausgaben eines kommunalen Trägers für das BuT an den Gesamtausgaben in NRW maßgebend für die Höhe des Anteils, den die Kommune im Folgejahr aus den bereitgestellten Bundesmitteln für das BuT erhält.
Aufgrund der aktuellen bundesgesetzlichen Regelung ergeben sich derzeit dennoch erhebliche Fehlbeträge zwischen den vom Bund zur Verfügung gestellten Mitteln und den tatsächlichen Ausgaben für Bildungs- und Teilhabeleistungen. Diese Differenzen müssen die kommunalen Träger selbst tragen.
Laut Bericht der Landesregierung vom 27.08.2015 (Vorlage 16/3166) sind die Ausgaben für BuT in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2014 um 15,7 Mio. Euro bzw. 12 % gegenüber dem Jahr 2013 gestiegen. Die Ausgaben der Kommunen für Bildungs- und Teilhabeleistungen betrugen rund 151,6 Mio. Euro, wovon jedoch nur 142 Mio. Euro durch den Bund erstattet wurden. Wie bereits im Vorjahr mussten die kommunalen Träger auch im Jahr 2014 fast 10 Mio. Euro ihrer Ausgaben für Bildung und Teilhabe aus eigenen Mitteln bestreiten.
Nordrhein-Westfalen stellt zielgruppenorientierte Sozialarbeit zur Umsetzung des BuT sicher
Im Rahmen der Ausgestaltung des BuT hatten Bund und Länder 2011 vereinbart, zu dessen Umsetzung Schulsozialarbeit zunächst befristet bis zum 31.12.2013 aus Bundesmitteln zu finanzieren. Diese über das SGB II geförderte Schulsozialarbeit ist zur bedarfsgerechten Inanspruchnahme des BuT zwingend notwendig.
Da seit 2014 der Bund seiner Aufgabe, die Rahmenbedingungen für eine Inanspruchnahme der Leistungen aus dem BuT sicherzustellen, nicht mehr nachkommt, stellt das Land NRW den Kreisen und kreisfreien Städten im Rahmen eines landeseigenen Förderprogramms für die Jahre 2015 bis 2017 jährlich 47,7 Mio. Euro zur Verfügung, um zielgruppenorientierte Jugendarbeit an Schulen zum Ausgleich sozialer Benachteiligung zu gewährleisten.
Der Landtag stellt fest:
Der Bundesgesetzgeber hat zur Absicherung der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen und in Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums 2011 das sog. Bildungs- und Teilhabepaket geschaffen. Die kommunalen Träger setzen diese Regelungen verantwortungsvoll und engagiert um.
Um zugunsten der Kommunen eine auskömmliche Finanzierung der Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu erreichen und ihnen finanzielle Planungssicherheit bei der Umsetzung zu verschaffen, ist es erforderlich, auch einen Ausgleich für abgeschlossene Vorjahre vorzusehen.
Seit 2014 kommt der Bund seiner Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme der Leistungen aus dem BuT über die Finanzierung einer SGB II-bezogenen Schulsozialarbeit sicherzustellen, nicht mehr nach. Um diese wichtige Arbeit in den Kommunen aber weiterhin sicherzustellen, stellt das Land NRW im Rahmen eines landeseigenen Förderprogramms seit 2015 für drei Jahre jährlich 47,7 Mio Euro hierfür zur Verfügung.
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass zukünftig über die aktuell vorgesehene jährliche Anpassung der Quote für die erhöhte Bundesbeteiligung hinaus eine auskömmliche Finanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets durch den Bund erfolgt.