Bildung für nachhaltige Entwicklung in Nordrhein-Westfalens Schulen weiterentwickeln

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Portrait Lena Zingsheim-Zobel

I. Ausgangslage

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist ein wichtiges Handlungsfeld mit dem Ziel, das Bewusstsein für eine sozial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche, ökologisch verträgliche, kul­turell vielfältige und demokratische gesellschaftliche Gestaltung der Welt sowie des eigenen direkten Umfeldes zu stärken. Mit der BNE-Landesstrategie und den Leitlinien zur Bildung für nachhaltige Entwicklung hat Nordrhein-Westfalen einen klaren Rahmen geschaffen, der stetig fortgeschrieben und der von vielen Akteurinnen und Akteuren seit Jahren sehr engagiert mit Leben gefüllt wird.

Dabei ist BNE ausdrücklich nicht nur Aufgabe der Schule an sich. Auch außerschulische Lernorte und zivilgesellschaftliche Institutionen tragen durch Kooperation mit Schulen maßgeblich zur Umsetzung bei. BNE ist nicht als Fach zu implementieren, sondern als fächer- und jahrgangsübergreifende Querschnittsaufgabe anzusehen.

BNE beginnt bereits in der frühkindlichen Bildung und soll sich bis in die berufliche und Erwachsenenbildung fortsetzen. So wird dem Ansatz lebenslangen Lernens Rechnung getragen. Schulen sind auf diesem Weg der Ort, an dem alle Menschen erreicht werden können.

BNE geht längst über grundlegende Umweltbildung hinaus und hat sich zu einem ganzheitlichen Bildungsansatz weiterentwickelt, der unterschiedlichste Kompetenzen vermittelt und Nachhaltigkeit als ein umfassendes, mehrdimensionales Konzept versteht, in dem die ökologische Dimension, u.a. mit ihrem Einsatz gegen den Klimawandel, eine herausragende Rolle spielt.

In diesem Sinne sind auch die ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit sowie die Entwicklung einer global wettbewerbsfähigen und zugleich ökologischen Wirtschaft bedeutsam.

Das zugrundeliegende Nachhaltigkeitskonzept hat zudem eine gesellschaftliche Dimension. BNE strebt die Schaffung bzw. Stabilisierung einer gerechteren Gesellschaft an, was neben Generationengerechtigkeit beispielsweise Geschlechtergleichstellung beinhaltet.

Unter der Überschrift der 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) existiert ein umfassender programmatischer Rahmen zur Verwirklichung einer weltweiten nachhaltigen Gesellschaft. BNE kommt bei der Erreichung dieser Ziele eine Schlüsselrolle zu. Die Vereinten Nationen heben explizit hervor, dass BNE zentral ist, um Lernende mit den notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Lebensweise und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung auszustatten. Junge Menschen werden befähigt, ihr Handeln und seine Folgen für sich und für die Gesellschaft als Ganzes zu reflektieren. Die Schaffung einer nachhaltigen Welt verlangt eine zukunftsmutige Gesellschaft. BNE gibt Kindern und Jugendlichen einen Werkzeugkoffer an die Hand, mit dessen Hilfe sie immer wieder aufs Neue die wechselnden Herausforderungen, vor die sie die Zukunft stellt, bewältigen können.

Zudem besteht gesellschaftlich ein großes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen. Das Engagement für eine lebenswerte Welt – nicht nur für sich selbst, sondern auch für Menschen im Globalen Süden und für kommende Generationen – ist für viele Jugendliche und junge Erwachsene bedeutsam.

Ziel der Zukunftskoalition ist es, die schulische Bildung stärker an den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft auszurichten und das Bildungssystem zukunftsfähig und krisenresilient zu gestalten. Junge Menschen, die heute zur Schule gehen, werden laut OECD zum Teil Berufe ausüben, die wir heute noch nicht kennen. Auch schon in der Gegenwart sind Transdisziplinarität, vernetztes Denken und Kooperationsfähigkeit Kompetenzen, die auf dem Ar­beitsmarkt dringend gebraucht werden.

Auf diese Zukunftsaufgaben und die Gestaltung einer nachhaltigen Welt müssen Schülerinnen und Schüler durch ein umfangreiches und hochwertiges Bildungsangebot angemessen vorbe­reitet werden. Eine qualitativ hochwertige Bildung ist damit schon an sich ein wichtiger Be­standteil von Nachhaltigkeit. Die Selbstwirksamkeitserfahrung und die Resilienz junger Men­schen stärken den Umgang mit steigenden Herausforderungen und zeigen Handlungsoptio­nen auf (so genannter „Epistemic Fit“). Ziel von BNE ist die Entwicklung von Schülerinnen und Schülern zu eigenverantwortlich gestaltenden Mitgliedern unserer Gesellschaft, die lernen, sich kritisch mit Themen auseinanderzusetzen, und die Motivation erlangen, nachhaltig zu handeln. Durch BNE sollen sie eine transformative Handlungskompetenz ausbilden.

Nordrhein-Westfalen hat hierzu mit der Leitlinie BNE und dem Landesprogramm „Schule der Zukunft“, an dem bereits rund zehn Prozent aller Schulen in Nordrhein-Westfalen teilnehmen, wichtige Schritte gemacht, um den Schulen auf der Grundlage der BNE-Landesstrategie die Umsetzung des ganzheitlichen Bildungskonzeptes BNE zu ermöglichen. Auch mit der Förderung von zur Zeit 27 sogenannter BNE-Regionalzentren zur gezielten Unterstützung der am Landesprogramm teilnehmenden Schulen leistet die Landesregierung einen wichtigen Beitrag.

Einige Schulen in Nordrhein-Westfalen gehen bei BNE bereits mit gutem Beispiel voran. Hierzu zählen zum Beispiel die UNESCO-Projektschulen wie die Gesamtschule Ückendorf. Dort werden seit 20 Jahren die UNESCO-Bildungsansätze u.a. durch Waldklassen und einen Indienaustausch umgesetzt. Auch für die zertifizierten Nationalparkschulen Eifel wie z.B. das Franziskus-Gymnasium in Vossenack sind Nachhaltigkeit und der Schutz des umliegenden Nationalparks wichtige Bestandteile ihrer Schulkultur. Durch die Sensibilisierung für Naturschutz im konkreten Lebensumfeld leisten sie einen wichtigen Beitrag, um die Schülerinnen und Schüler zu einer reflektierten und nachhaltigen Lebensweise anzuregen.

Daher gilt es jetzt, das Landesprogramm „Schule der Zukunft“ auszubauen und vorhandene Initiativen stärker miteinander zu verknüpfen. Denn auf multiple Herausforderungen braucht es Antworten und zugleich Heranwachsende, die diesen gewachsen sind. Schulen benötigen weitere, vielfältige Lernformate sowie Freiräume, um sich auch jenseits der curricularen Vorgaben projekt- und fächerübergreifend BNE-Themen und Herausforderungen stellen zu können.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Im Sinne einer sozial gerechten, wirtschaftlich erfolgreichen und ökologisch verträgli­chen gesellschaftlichen Entwicklung leistet Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) einen wichtigen Beitrag.
  • Viele Schulen arbeiten sehr erfolgreich und kreativ fächerübergreifend zu vielfältigen Themen einer nachhaltigen Entwicklung.
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung hat einen hohen Stellenwert für das lebenslange Lernen und kann im Hinblick auf vielfältige und komplexe Herausforderungen unserer Zeit unterstützen.
  • Die Stärkung der Urteils- und Handlungsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Schüler­innen und Schüler ist ein zentrales Ziel der Landesregierung.
  • In allen Schulformen und Schulstufen gibt es auf Basis der Kernlehrpläne Anknüpfungs­punkte für BNE. Fachübergreifend wird sie vermittelt.
  • Die Landesregierung unterstützt die nordrhein-westfälischen Schulen bereits mit dem Landesprogramm „Schule der Zukunft“ und begrüßt ausdrücklich, Initiativen wie „Fairt-rade-Schools“, die UNESCO-Projektschulen, die Nationalpark-Schulen, Naturparkschulen oder die Verbraucherschulen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, bei der Fortschreibung der BNE-Leitlinien fol­gende Punkte im Rahmen vorhandener Mittel zu berücksichtigen:

  • Prüfung, inwieweit die BNE-Leitlinie auch bei der Evaluierung und Reform des Lehrerausbildungsgesetzes (LABG) berücksichtigt, sowie in verschiedenen Phasen der Leh­rerausbildung integriert werden kann.
  • Systematische Verankerung von BNE in regionalen Bildungsnetzwerken.
  • Prüfung der Verankerung von BNE im Referenzrahmen Schulqualität.
  • Eröffnung von Möglichkeiten, dass außerschulische Lernorte als Unterrichtsorte aner­kannt werden können.
  • Einbindung außerschulischer Expertinnen und Experten.
  • Prüfung der Verankerung von BNE durch Umsetzung des ganzheitlichen Ansatzes („Whole School Approach“ – WSA).
  • Erleichterungen für projektorientiertes und fächerübergreifendes Arbeiten, um dies auch für BNE nutzen zu können.
  • Prüfung, wie die optionale Berücksichtigung von einzelnen BNE- Handlungsfeldern in den Lehrplänen möglich ist.
  • Prüfung, wie Schulen durch Berücksichtigung bereits bestehender Programme und Best-Practice-Beispiele stärker profitieren können, um Schülerinnen und Schüler noch intensiver mit BNE und ihren verschiedenen Dimensionen zu befassen.
  • Prüfung, wie Lehrerfortbildungen im Bereich BNE in die Fläche gebracht werden können.
  • Option der Flexibilisierung von Prüfungsformaten zur erleichterten Einbindung von BNE-Konzepten.