Bergehalde Brinkfortsheide (Marl) – Wann wird endlich der bergrechtliche Abschluss durchgesetzt und wie können Gefährdungen für Natur und Umwelt sowie Anwohnerinnen und Anwohner sicher ausgeschlossen werden?

Kleine Anfrage von Norwich Rüße und Johannes Remmel

Portrait Norwich Rüße

Für künftig benötigte Deponien sollten nach Möglichkeit bereits genutzte Flächen verwendet werden. Hinsichtlich der geplanten Deponie der Klasse DK I auf dem Gelände der Berghalde Brinkfortsheide in Marl ist der zukünftige Bedarf an weiteren Kapazitäten fraglich.
Nach Nutzung der rechtlich maximal 10-jährigen Beeinträchtigungszeit der Anwohnerinnen und Anwohner durch die Bergeschüttung (Bergehaldenrichtlinie), sollen diese nach Vorstellung der RAG AG nun die maximale Zeit von 15 Jahren zusätzlich erdulden (Deponieverordnung).
Die Schüttung und Rekultivierung der Bergehalde Brinkfortsheide Erweiterung (BE) sollte gemäß des Planfeststellungsbeschlusses (PFBS) vom 18.05.2004 der Abt. Bergbau und Energie in NRW, Bezirksregierung Arnsberg, erfolgen. Anwohnerinnen und Anwohner, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik haben vorausgesetzt, dass der Betreiber der RAG AG diese Vorgaben einhält.
Im Planfeststellungsverfahren wird die Nutzungsfolge der Halde mit Bergeschüttung, Renaturierung und Naherholung klar festgelegt. Sollte die Schüttung der Berge nicht über das Jahr 2015 hinausgehen (damalig geplantes Ende des Bergwerks Auguste Viktoria), so war vorgesehen, dass die südliche, nicht aufgeschüttete Teilfläche für die Erweiterung eines Gewerbebereichs genutzt werden kann. Die jetzt diskutierte Aufsattelung einer Deponie ist allein deswegen nicht vorgesehen gewesen, weil der geforderte Mindestabstand von 300 Metern gemäß der damals gültigen Technische Anweisung Siedlungsabfall (TaSi) nicht eingehalten wurde. Zudem fand die schon 1994 von der AV-Wohnungsbaugesellschaft geplante und Anfang des Jahrtausends erfolgte Bebauung von Wohnhäusern in 110 Metern und Handwerkergebäuden in 60 Metern Entfernung zum Haldenrand keinerlei Berücksichtigung in der Planfeststellung 2004 (Bebauungsplan Nr. 190a der Stadt Marl vom 24.9.2001). Auch nach heute gültigen Sicherheitsabständen würde eine Deponie auf dem Gelände zu nah an den Siedlungsgebieten errichtet werden.
Trotz der auf Berge und Renaturierungsböden begrenzten Genehmigung zur Schüttung hat die RAG AG 10.000 Tonnen schwach radioaktiven Schwerspat unter der 50 cm starken Basisabdichtung gelagert. Weder im Standsicherheits-Nachweis noch als Faktor, der strahlenphysikalisch-chemisch unmittelbar auf die Basisabdichtung einwirkt, ist Radiobaryt im PFBS oder in einem Sonderbetriebsplan betrachtet worden.

Obwohl der Planfeststellungsbeschluss vorschreibt, die fertigen Haldenoberflächen möglichst schnell zu renaturieren und das Ergebnis der Wasseroberflächenmonitorings in 2016 aufgrund des „bedenklich hohen Schwermetallaustrages“ dringend empfohlen hat, die Halde zu übererden, ist dies auch vier Jahre nach Beendigung der Bergeschüttung bis dato nicht geschehen. Mit der Haldenschüttung sollte durch die dortige Abdeckung der alten Kokerei die Ausbreitung von kokereispezifischen Gefahrstoffen über das Grundwasser unterbunden werden. Mit der Erstellung eines Konzeptes durch eine Ingenieurgesellschaft für das GWM 2019 wurden im Bereich der Klär- und Rückhaltebecken der Halde Eisen- und Manganwerte nachgewiesen, die um das 100- bis 150-fache über den Grenzwerten der Trinkwasserverordnung liegen, somit scheinen die Becken offensichtlich undicht zu sein. Noch schwerwiegender aber sind die Analysen von Benzol und Polycyclischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) im Grundwasser-Abstrom der Kokerei. Dort sind von 2012 bis 2018 stetig ansteigende PAK- und Benzolgehalte festgestellt worden. Nur 20 Meter vor den Grenzen der Wohnbebauung sind 2018 PAK-Werte analysiert worden, die mit 138 und 507 mg/l um das 700- bis 2.500-fache über dem Geringfügigkeitsschwellenwert der BBodSchV liegen. Dennoch wurde die Halde bislang nicht abgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.         Wann setzt die Landesregierung die im Planfeststellungsbeschluss vom 18.05.2004 der Abteilung Bergbau und Energie vorgesehene Schüttung und Rekultivierung der Halde Brinkfortsheide durch?
2.         Warum wurde und wird keine Randwallbepflanzung von mindestens 25 m Breite zwischen Halde und Wohnbebauung Marl-Hüls gesetzt?
3.         Wie lange hält die Basisabdichtung der Bergehalde der Ortsdosisleistung von 21 µSv/h des dort eingebrachten strahlenden Radiobaryt stand, bevor diese von der hohen Salz-, Säuren-/Laugen- und Metallkonzentration im Inneren der Halde durchdrungen wird?
4.         Wann wird die Halde zur Staubminimierung von gesundheitsbeeinträchtigendem Aluminium und Mangan der Berge und der Reduzierung des Schwermetallaustrags von Nickel, Zink, Cadmium usw. in die Gewässer überdeckt?
5.         Warum wird der RAG AG in Marl keine Grundwasseraufbereitung des Kokereiabstroms vorgeschrieben, wie an vielen anderen ehemaligen Kokereistandorten in NRW?