I. Ausgangslage
Der Kinderschutz ist in den vergangenen Jahren durch die verschiedenen Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und weiteren Fällen zur Kindeswohlgefährdung in Nordrhein-Westfalen in den Vordergrund gerückt. Durch die Einrichtung des Untersuchungsausschusses „Kindesmissbrauch“, der die Fälle von sexualisierter Gewalt in Lügde untersucht, und der „Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder“ („Kinderschutz-kommission“) hat sich der Landtag in der 17. Wahlperiode mit dem Kinderschutz intensiv beschäftigt. Diese Befassung wird auch in der 18. Wahlperiode fortgesetzt. Auf Grundlage des Handlungs- und Maßnahmenkonzepts der nordrhein-westfälischen Landesregierung im Bereich „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ – Prävention, Intervention, Hilfen wurde 2022 das erste und bundesweit stärkste Landeskinderschutzgesetz Nordrhein-Westfalen von allen demokratischen Fraktionen verabschiedet, das die Qualität des Kinderschutzes stärkt und die strukturellen Rahmenbedingungen verbessert. Das Gesetz wird in Zukunft kontinuierlich weiterentwickelt, um das Kinderschutzsystem in Nordrhein-Westfalen weiter zu stärken .
In Nordrhein-Westfalen wurden bereits zahlreiche Strukturen zur Verbesserung des Kinderschutzes und zur Wahrnehmung der Kinderrechte etabliert. Mit der Einrichtung einer Landes-fachstelle „Prävention sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ hat Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland eine Anlaufstelle für Fachkräfte und Personal bei Fragen zum Thema Prävention von sexualisierter Gewalt geschaffen. Darüber hinaus existiert die Stelle der Beauftragten für den Opferschutz als zentrale Anlaufstelle für Opfer von Straf- und Gewalttaten und ihnen nahestehende Personen. Unter anderem fördert sie die Kooperation der Opferhilfeeinrichtungen untereinander, leistet Netzwerkarbeit und bündelt Hilfsangebote Dritter. Neue und zusätzliche Strukturen und Positionen müssen sich in das bestehende System sinnvoll einfügen, um Doppelstrukturen zu vermeiden und um dem vordringlichen Auftrag, den Kinderschutz und die Wahrnehmung der Kinderrechte zu verbessern, gerecht zu werden.
Im Zuge der Verabschiedung des Landeskinderschutzgesetzes haben sich alle demokratischen Fraktionen dafür ausgesprochen, den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen stetig weiterzuentwickeln. So sollte auf Grundlage des Landeskinderschutzgesetzes geprüft werden, ob
Eine unabhängige Beauftragte oder einen unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte für Nordrhein-Westfalen eingerichtet wird.
Die Einrichtung der Stelle des bzw. der unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte in Nordrhein-Westfalen kann nicht nur für eine gesamtgesellschaftlichen Sensibilisierung bzgl. der Themen der Kinderrechte und des Kinderschutzes vorantreiben, sondern Bestrebungen und Prozesse um die Themen der Aufarbeitung, Prävention und Intervention nachhaltig fördern. Kinderschutz und Kinderrechte betreffende Themen kann der bzw. die Beauftragte in die öffentliche Diskussion bringen sowie weiterentwickeln und Impulse setzen. Neben der Opferschutzbeauftragten Nordrhein-Westfalen und weiteren Strukturen im Kinderschutz wird die Stelle des bzw. der unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte das Kinderschutzsystem im Sinne einer Stärkung des Kinderschutzes und einer besseren Umsetzung der Kinderrechte in Nordrhein-Westfalen bereichern.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest,
- sexualisierte, physische und psychische Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung,
- Kinderrechte sind noch zu wenig bekannt und werden zu wenig berücksichtigt,
- Eine unabhängige Beauftragte oder einen unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte kann das Kinderschutzsystem in Nordrhein-Westfalen sinnvoll ergänzen und stärken.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- eine Stelle eines bzw. einer unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte einzurichten,
- die eine Anlaufstelle für Fachkräfte, Expertinnen und Experten ist,
- die hinsichtlich Kinderschutz und Kinderrechten informiert, sensibilisiert und aufklärt,
- die Akteure des Kinderschutzes und der Kinderrechte, in Koordination mit der Landesfachstelle „Prävention sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ zusammenbringt und vernetzt,
- die die Situation von Prävention, Intervention und Hilfen in den Blick nimmt,
- die einen Raum für Beteiligungsformate über Kinder in der Gesellschaft sowie zwischen Kindern und dem Staat schafft,
- die Bestands- und Defizitanalysen durchführt, um Handlungsfelder zu identifizieren,
- die Umsetzung von Vorhaben und Maßnahmen im Kinderschutz und bei den Kinderrechten begleitet und berät,
- die mit der Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderschutz-kommission), deren zentrale Aufgabe es ist, Lücken in gesetzlichen und wissenschaftlichen Handlungsfeldern im Bereich des Kinderschutzes zu identifizieren, zusammenarbeitet,
- die mit anderen Landesbeauftragten und der Bundesbeauftragten kooperiert,
- die dem Landtag regelmäßig einen Bericht zur Lage des Kinderschutzes und der Wahrung sowie Stärkung der Kinderrechte in Nordrhein-Westfalen übergibt.
- die sich von etablierten Strukturen des Kinderschutzes und Kinderrechte sowie weiterer existierender Stellen wie der Opferschutzbeauftragten abgrenzt und nicht zu Doppelstrukturen führt;
- zu prüfen, wie der bzw. die unabhängige Beauftragte für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechte gesetzlich verankert wird;
- Beteiligungsformate für Betroffene zu entwickeln, damit die Perspektiven und Belange von Betroffenen über den Kinderschutz und die Kinderrechte besser wahrgenommen werden können.