Artenvielfalt in NRW schützen – Landesnaturschutzgesetz erhalten!

Antrag der GRÜNEN im Landtag und der Fraktion der SPD

Portrait Norwich Rüße

I.         Von Bayern lernen
Das Volksbegehren „Stoppt das Artensterben – Rettet die Bienen“ im Freistaat Bayern ist das bisher erfolgreichste in der Geschichte dieses Bundeslandes. Knapp 1,8 Millionen Menschen – das sind 18,4 Prozent der Wahlbevölkerung – haben durch ihre Unterschrift ein ganzes Bündel an Maßnahmen zum Erhalt und Schutz der Artenvielfalt auf den Weg gebracht. Diese Forderungen befassen sich vorrangig mit Änderungswünschen für das landeseigene Naturschutzgesetz, mit denen sich nun die bayrische Landesregierung beschäftigen muss.
Hintergrund des Volksbegehrens ist der nachweislich dramatische Rückgang der Artenvielfalt bei Insekten, insbesondere Wildbienen und Schmetterlingen, aber auch Amphibien, Reptilien, Fischen, Vögeln und Wildkräutern. Der Verlust der Arten und die resultierende Störung der Lebensräume haben auch negative Folgen für den Menschen. Eine Vielzahl von Studien zeigen, dass der übermäßige Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in der Landwirtschaft wesentliche Ursache für den Biodiversitätsverlust ist, ebenso der anhaltend hohe Flächenverbrauch sowie die strukturelle Verarmung der Landschaft insgesamt.
Der beeindruckende Erfolg des bayrischen Volksbegehrens zeigt, wie ernst die Menschen den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen nehmen. Als Reaktion auf das Volksbegehren wurden mittlerweile in Baden-Württemberg und auch in Nordrhein-Westfalen ähnliche Initiativen angekündigt. Dies gibt Anlass zu prüfen, in welchem Umfang Artenschutz in der nordrhein-westfälischen Gesetzgebung derzeit festgeschrieben ist und wie dieser gegebenenfalls noch verbessert werden kann.

II.       Artenvielfalt erhalten und verbessern

Viele der im bayerischen Volksbegehren geforderten Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt sind in Nordrhein-Westfalen bereits durch die rot-grüne Landesregierung auf den Weg gebracht worden und daher geltende Gesetzeslage. Diese wurden insbesondere im Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG), im Landeswassergesetz (LWG) oder im Landesentwicklungsplan (LEP) festgeschrieben und umfassen konkrete Maßnahmen wie die Biodiversitätsstrategie. Dazu zählen beispielsweise die Vernetzung von Biotopen (§ 35 LNatSchG), die Einrichtung von Gewässerrandstreifen (§ 31 LWG), der Umgang mit Dauergrünland (§ 4 LNatschG) und die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme (LEP Grundsatz 6.1-2).
Das Umweltministerium hat kürzlich gegenüber dem Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz mitgeteilt (LT-Vorlage 17/1650), dass die Landesregierung für das 4. Quartal eine Novellierung des LNatSchG plant. Auch im Koalitionsvertrag wird eine „zügige“ und „grundlegende“ Überarbeitung der erst 2016 erfolgten Änderungen angekündigt. In dem von der Landesregierung nun verabschiedeten LEP manifestieren sich bereits erste naturschutzpolitische Rückschritte wie beispielweise die Streichung des Ziels, den täglichen Flächenverbrauch auf 5 ha zu reduzieren. Auch der Entschluss der schwarz-gelben Landesregierung, die Gründung eines Nationalparks Sennes nicht weiter zu verfolgen, ist besonders vor dem Hintergrund des Artenschutzes bedauerlich. Denn aufgrund seines Artenreichtums und der Größe der zusammenhängenden Landschaft ist die Senne ein bedeutsamer Lebensraum, den es zu erhalten und zu schützen gilt.
Einige Forderungen des bayerischen Volksbegehrens sind geeignet, um das LNatSchG NRW weiterzuentwickeln. Zu nennen sind beispielsweise die Forderungen, Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung zu vermeiden oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten gänzlich zu untersagen. Weiterhin fachlich angemessen ist der Beschluss des Landtags zur Drucksache 16/13407, in dem die Fraktionen von SPD und Die Grünen die Landesregierung aufgefordert haben, den Landtag regelmäßig über den Stand der Biodiversität, den Fortschritt des Biotopverbundes und der Streuobstbestände sowie die Anwendung des Vorkaufsrechts in NRW zu berichten; die Neuschaffung von Landschaftselementen einschließlich Feuchtgebieten und Feuchtgrünland durch Förderprogramme zu forcieren; eine einheitliche Datenbank zu entwickeln, die einen Überblick über die getätigten Kompensationsmaßnahmen im Außenbereich ermöglicht; Maßnahmen zu entwickeln, damit in Zukunft Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verstärkt mit dem Ökolandbau verbunden werden.
Daher fordern wir die Landesregierung auf, ihre Verantwortung für die Sicherung der Artenvielfalt ernst zu nehmen und sich bei zukünftigen Gesetzesvorhaben oder Novellierungsprozessen stärker für den Erhalt des Artenreichtums einzusetzen. Das aktuelle LNatSchG sollte allenfalls naturschutzfachlich zur Sicherung der Artenvielfalt weiterentwickelt werden. Eine Rückabwicklung der bestehenden gesetzlichen Regelungen würde dagegen einen Rückschlag für den Erhalt der Artenvielfalt bedeuten und ist daher abzulehnen.
III.      Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
1.     den von der Vorgängerregierung im LNatSchG, LWG und LEP verankerten Schutz der Artenvielfalt und des Wassers zu bewahren und auszubauen.
2.     die 2016 verabschiedeten Veränderungen im LNatSchG hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Natur und Umwelt umfangreich zu evaluieren.
3.     den vom Landeskabinett verabschiedeten Entwurf zum LEP insbesondere hinsichtlich der Zielsetzung einer effektiven Reduzierung des Flächenverbrauchs erneut zu überarbeiten.
4.     die im bayrischen Volksbegehren „Stoppt das Artensterben“ gefassten Forderungen, die bislang nicht in der nordrhein-westfälischen Gesetzgebung verankert sind, bei einer Weiterentwicklung der entsprechenden Gesetze zu berücksichtigen.