Arbeitsschutzkontrollen in der Firma Tönnies: Nach Recht und Gesetz oder nach „Kooperationsprinzip“?

Kleine Anfrage von Johannes Remmel, Norwich Rüße und Mehrdad Mostofizadeh

Portrait Norwich Rüße
Mehrdad Mostofizadeh

Kurz nach dem Corona-Ausbruch auf dem Werksgelände der Firma Tönnies in Rheda- Wiedenbrück mit seinen weitreichenden Konsequenzen für die Beschäftigten und die beiden Kreise Gütersloh und Warendorf musste sich Gesundheitsminister Laumann den Fragen der Abgeordneten im Landtag stellen. In der Fragestunde (http://landtag/home/aktuelles-presse/parlaments-tv/video.html?kid=55ae203d-6379-453b-8a4b- c752dd58a605&t=24023) am 24.06.2020 sagte er: „Ich habe bewusst nicht das Gespräch mit Tönnies gesucht. Ich habe mit Herrn Tönnies nach den Fleischproblemen in Coesfeld zweimal telefoniert; er hat mich angerufen. Einmal war er bei mir im Büro. Das war aber nach dieser großen Kontrollaktion im Jahre 2019. Ich habe das auch deswegen nicht gemacht – er hat darüber hinaus auch nicht versucht, mich anzurufen, um das auch zu sagen –, weil mir ganz wichtig ist, dass ich in diesem Zusammenhang nicht in einen engeren Zusammenhang mit den Unternehmensinhabern gebracht werde.“
Mit Blick auf den Arbeitsschutz erklärte Minister Laumann: „[…] ich möchte aus einem Bericht des Arbeitsschutzes der Bezirksregierung Detmold zitieren: ‚[…] In der gesamten Abteilung der Schlachtung tragen die Mitarbeiter keine Mund- und Nasenbedeckung. Der Bereich der Schlachtung umfasst die Untereinheiten Stallungen, Tötung, Vorbereitung, Ausnehmen, Fleischbeschau sowie Zerlegung der Schweine in Hälften. Hier sind insgesamt 460 Personen in mehreren Schichten beschäftigt. Der vorgeschriebene Mindestabstand wird während der Tätigkeit regelmäßig unterschritten.‘“
Und weiter: „Jetzt will ich noch einmal aus einem Bericht der Bezirksregierung Detmold vom
17.   Mai 2020 vorlesen. Da steht Folgendes – es richtet sich an Tönnies –: ‚Ich bitte Sie, bis Freitag, den 22.05.2020, die oben aufgeführten Mängel abzustellen und die Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen. Insbesondere für den Bereich der Schlachtung muss kurzfristig eine tragfähige Lösung für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten gefunden werden, die dem BMAS-COVID-Arbeitsschutz entspricht. Ich bitte, bis Freitag, den 22.05., ebenfalls um Mitteilung, ob diese Mängel beseitigt sind. Sollte keine Mitteilung vorliegen, beabsichtige ich, die erforderlichen Maßnahmen unverzüglich mit den gebührenpflichtigen Ordnungsverfügungen nach § 22 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz anzuordnen.‘“
In dieser Fragestunde sowie in der Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 26.06. war wiederholt ein Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Rheda- Wiedenbrück Gegenstand der Diskussion, in dem es heißt „Der Kreis Gütersloh und das Land NRW haben in Abstimmung festgestellt, dass Tönnies einen Versorgungsauftrag als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat, was dazu führt, dass nicht an allen Stellen der Mindestabstand gewährleistet werden kann, um die notwendige Produktion fortzusetzen. Der Schutz der Mitarbeitenden wird, so Tönnies, aber auch unter diesen Voraussetzungen bestmöglich gewährleistet.“ (https://gruene-rheda- wiedenbrueck.de/userspace/NW/ov_rheda_wiedenbrueck/Presseartikel/20200504_Antwort_Frakt._B9 0_Die_Gruenen_Toennies_Schutzmassnahmen.pdf). Das Ministerium stufte den Inhalt des Schreiben als „Fehlinterpretation“ der Firma Tönnies ein.
Hingegen betonte Ministerpräsident Laschet in der Pressekonferenz am 30.06.2020: „Die Zeit, dass man da kooperiert, da es möglicherweise in der Vergangenheit mal der Fall gewesen sein mag, ist vorbei. Hier wird jetzt streng nach Recht und Gesetz verfahren.“ (https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/laschet-entkanzlert-100.html)
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1.    Welche konkreten Vor-Ort-Kontrollen des Arbeitsschutzes der Bezirksregierung Detmold hat es in der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück in der Zeit vom 25.02.2020 bis zum 18.06.2020 gegeben?
2.    Welche Verstöße sind jeweils festgestellt worden? (Bitte nach Datum der Kontrolle aufschlüsseln.)
3.    Welche Konsequenzen sind jeweils gezogen worden? (Bitte nach Datum der Kontrolle und nach Art des festgestellten Verstoßes aufschlüsseln.)
4.    Welche Absprachen hinsichtlich der Einhaltung der Hygieneregeln am Arbeitsplatz sind zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Arbeitsschutzes der Bezirksregierung Detmold, des Gesundheitsamtes Gütersloh und der Firma Tönnies getroffen worden?
5.    Auf welcher konkreten Grundlage oder Aussage der Landesregierung und des Kreises Gütersloh (z.B. Erlass, Telefonat, Schreiben etc.) konnte die Firma zu dieser Einschätzung kommen: „Der Kreis Gütersloh und das Land NRW haben in Abstimmung festgestellt, dass Tönnies einen Versorgungsauftrag als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat, was dazu führt, dass nicht an allen Stellen der Mindestabstand gewährleistet werden kann, um die notwendige Produktion fortzusetzen“?